TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 95/05/0041

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
AVG §56;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. Jänner 1995, Zl. R/1-V-91002/07, betreffend Aussetzung eines Bauverfahrens (mitbeteiligte Parteien: 1. J und FS in A, beide vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in P; 2. Marktgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 13. Juli 1988 rügte der Beschwerdeführer beim Gendarmerieposten A die äußerst mangelhafte Schweinehaltung der Erstmitbeteiligten, durch die eine Gefahr für die Umwelt, insbesondere aber für ihn als unmittelbaren Anrainer bestehe. Es würden in einer angrenzenden Scheune ohne baubehördliche Bewilligung Schweine gehalten. Dadurch sickere Schweinegülle durch die angrenzende Betonmauer in den Keller des Beschwerdeführers, sodaß dadurch eine beträchtliche Gefahr für ihn und das Grundwasser bestehe. Der Beschwerdeführer ersuchte, daß seitens der zweitmitbeteiligten Partei geeignete Maßnahmen getroffen werden und diese mangelhafte Schweinehaltung abgestellt werde.

In einem Schreiben des Beschwerdeführers (eingelangt bei der Zweitmitbeteiligten am 20. Juli 1988) machte der Beschwerdeführer auch auf die seines Erachtens auf dem Nachbargrundstück bestehenden baurechtlichen Mißstände aufmerksam. Abschließend stellte der Beschwerdeführer darin fest, er verlange nur, daß der Nachbar keine Schweine mehr in der Scheune halte, weiters die Fenster geschlossen halte sowie das Abflußrohr zumauere.

In der Folge wurden die Erstmitbeteiligten von der Gemeinde aufgefordert, zu diesen Beschwerden Stellung zu nehmen. Am 16. August 1988 fand dazu eine mündliche Verhandlung statt, in der als strittige Punkte festgestellt wurden: a) das Abflußrohr, b) die Schweinehaltung, c) das straßenseitige Fenster, d) die Errichtung von Silos in der bestehenden Scheune und e) die Verlegung eines Wasserleitungsrohres über öffentliches Gut. In bezug auf die Düngerplatte der Erstmitbeteiligten ist unter Punkt a) in der Niederschrift über diese Verhandlung festgehalten, zur Behebung des Mißstandes sei einvernehmlich festgelegt worden, daß "die Düngerplatte gegenüber der Hoffläche und dem Wassereinlaufschacht mit einem Gefälle zum Einlaufschacht in die Düngergrube ausgebildet" werde. Gegenüber dem derzeitigen Niveau werde "eine Erhöhung um mindestens 10 cm eintreten". Diese Düngerplatte sei außerhalb der Grube flüssigkeitsdicht auszubilden. Das Waschen von landwirtschaftlichen Maschinen dürfe nur auf der sanierten Düngerplatte durchgeführt werden. Über den außerhalb dieser Platte befindlichen Regenwasserschacht dürfe nur Regenwasser oberflächlich gesammelt eingeleitet, durch den Altbestand abgeleitet und an der nordöstlichen Hausecke des Beschwerdeführers in den öffentlichen Regenwasserkanal über eine Wallungsrinne laut Bestand eingebracht werden. Als Fertigstellungstermin für die verschiedenen, den Erstmitbeteiligten in dieser Verhandlung auferlegten Maßnahmen wurde der 31. Dezember 1988 bestimmt. Über die durchgeführten Arbeiten sei der Baubehörde von den Erstmitbeteiligten schriftlich zu berichten.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom 25. August 1988 wurde den Erstmitbeteiligten (ohne daß ein entsprechendes Bauansuchen der Erstmitbeteiligten vorgelegen wäre) die baurechtliche Bewilligung "zur Umwidmung der bestehenden Scheune in einen Schweinestall, zur Instandsetzung der bestehenden Düngerplatte und zur Einleitung von oberflächlich gesammeltem Regenwasser über eine bestehende Wallungsrinne in den öffentlichen Regenwasserkanal auf dem Bauplatz in M Grundstücknr. n, EZ nn, KG M", erteilt.

Aufgrund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung behob der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 20. Oktober 1988 den erstinstanzlichen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurück. Eine Befangenheit des Bürgermeisters könne nicht ausgeschlossen werden, er hätte sich daher in der verfahrensgegenständlichen Bausache vertreten lassen müssen.

In der Folge fand am 4. August 1989 eine mündliche Verhandlung betreffend die Umwidmung der bestehenden Scheune in einen Schweinestall und die Instandsetzung der bestehenden Düngerplatte statt, in der die bisherigen Ereignisse zusammengefaßt wurden und neuerlich festgestellt wurde, daß es sich bei dem Schweinestall um ein konsensloses Vorhaben handle, welches nachträglich bewilligt werden könne, wenn mit entsprechenden Unterlagen darum angesucht werde. Da dieses Vorhaben bereits abgeschlossen sei, wäre gemäß § 113 Bauordnung für Niederösterreich vorzugehen. Betreffend die Düngerstätte wäre, sofern eine Sanierung durch die Erstmitbeteiligten nicht beabsichtigt sei bzw. nicht angezeigt werde, gemäß § 112 Nö Bauordnung vorzugehen. Es müsse ein flüssigkeitsdichter und säurebeständiger Fußboden und Wandbelag im Bereich der Düngerstätte mit einem Ablauf in die Jauchegrube hergestellt werden, die dem § 56 Nö Bauordnung entsprechen müsse.

Mit Schreiben vom 30. August 1989 beantragten die Erstmitbeteiligten die Erteilung der Baugenehmigung sowie der Benützungsbewilligung für den vor zehn Jahren erbauten Schweinestall auf dem Grundstück M, Nr. n, EZ nn.

Mit Schreiben vom 7. November 1989 wurde der zweitmitbeteiligten Partei von den Erstmitbeteiligten bekanntgegeben, daß die Bodenplatte der Düngerstätte flüssigkeitsdicht ausgeführt und mit einem Anstrich, der näher beschrieben wird, versehen worden sei. Es wurde um Kenntnisnahme dieser Maßnahmen ersucht.

Mit Schriftsatz vom 26. Februar 1992 stellte der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom 25. August 1988 durch den Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Partei (mit Bescheid vom 20. Oktober 1988) einen Devolutionsantrag auf Übergang der Entscheidungspflicht in der betreffenden Bausache auf den Gemeinderat. Als Gegenstand wird angeführt: "baubehördliche Bewilligung zur Umwidmung der bestehenden Scheune in einen Schweinestall, zur Instandsetzung der bestehenden Düngerplatte und zur Einleitung von oberflächlich gesammeltem Regenwasser über eine bestehende Wallungsrinne in den öffentlichen Regenwasserkanal auf dem Bauplatz in M, Grundstück Nr. n, KG M". Der Devolutionsantrag wird weiters wie folgt begründet:

"In umseits näher bezeichneter Bausache stelle ich durch meinen ausgewiesenen Vertreter infolge Säumigkeit der Baubehörde

1. Instanz nachstehenden

DEVOLUTIONSANTRAG

an den Gemeinderat der Marktgemeinde A und führe wie folgt aus:

Mit Bescheid vom 20. 10. 1988, AZ: ..., hat der Gemeinderat der Marktgemeinde A als Baubehörde 2. Instanz meiner Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde A vom 25.8.1988 Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die 1. Instanz zurückverwiesen. Als Begründung ...

Ich   b e a n t r a g e   sohin den Übergang der

Entscheidungspflicht in der gegenständlichen Bausache auf den

Gemeinderat der Marktgemeinde A . ... "

    Mit Schreiben vom 28. Juli 1993 stellten die

Erstmitbeteiligten das Ansuchen um nachträgliche Bewilligung

für den Umbau einer Düngerlagerstätte, das bei der

zweitmitbeteiligten Partei am 26. Jänner 1994 einlangte.

Mit Schreiben der Erstmitbeteiligten vom 16. Mai 1994 wurde das Bauansuchen betreffend die Errichtung des Hühner- und Schweinestalles zurückgezogen, da der betreffende Gebäudeteil durch Brand zur Gänze vernichtet worden sei.

Mit Schreiben vom 19. Mai 1994 teilte der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Partei dem Beschwerdeführer u.a. betreffend die Düngerstätte mit, er habe in seiner Sitzung vom 18. Mai 1994 beschlossen, daß die Entscheidung über die Anträge des Beschwerdeführers "vom 30. August 1989 und vom 26. Februar 1992 (Abbruch der Düngerstätte)" im Hinblick auf das Ansuchen der Erstmitbeteiligten vom 26. Jänner 1994 um nachträgliche baubehördliche Bewilligung zum Umbau der Düngerlagerstätte (aufgrund der Akten ergibt sich ein solches Bauansuchen vom 28. Juli 1993) gemäß § 38 Abs. 1 AVG solange ausgesetzt "wird", bis über das Bewilligungsverfahren durch die sachlich zuständige Baubehörde erster Instanz entschieden worden sei.

Die vom Beschwerdeführer gegen dieses, die Aussetzung des Verfahrens betreffende Schreiben erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer "1989" die Erteilung eines Abbruchsauftrages bezüglich der erweiterten Düngerstätte auf dem Grundstück Nr. n, KG M, beantragt habe. Aufgrund des Devolutionsantrages des Beschwerdeführers vom 26. Februar 1992 sei die Entscheidungsbefugnis auf den Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Partei übergegangen. Mit Schreiben vom 19. Mai 1994 sei das baupolizeiliche Verfahren gemäß § 38 AVG solange ausgesetzt worden, "bis über das Bewilligungsverfahren durch die sachlich zuständige Baubehörde I. Instanz (Bürgermeister) entschieden" sei. Bei der Aussetzung gemäß § 38 AVG handle es sich um einen im Instanzenzug anfechtbaren verfahrensrechtlichen Bescheid. Die Frage der Bewilligungsfähigkeit der baulichen Änderungen an der Düngerstätte stelle eine Vorfrage im Zusammenhang mit der Erteilung eines Abbruchsauftrages gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 Nö Bauordnung 1976 dar, welcher voraussetze, daß ein konsensloses Bauwerk vorliege und eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt werden dürfe oder eine solche nicht rechtzeitig beantragt worden sei. Aus dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes könne nur abgeleitet werden, daß die Baubehörde in einem baupolizeilichen Verfahren auch berechtigt sei, die Vorfrage nach der Bewilligungsfähigkeit des verfahrensgegenständlichen Bauwerkes zu beurteilen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf rechtsrichtige Anwendung der §§ 38 und 113 Nö Bauordnung 1976 und des § 61 Abs. 4 Nö Gemeindeordnung 1973 verletzt.

Die belangte Behörde hat - wie die Erstmitbeteiligten - eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG hat die Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Gemäß § 73 Abs. 2 AVG geht auf den schriftlichen Antrag einer Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über, wenn der Bescheid der Partei nicht innerhalb der in § 73 Abs. 1 AVG vorgesehenen Frist zugestellt wird. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Gemäß § 38 AVG ist die Behörde berechtigt, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Zunächst ist die Frage zu klären, ob die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen ist, daß die Mitteilung des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Partei, daß das Verfahren betreffend die Anträge "vom 30. August 1989 und vom 26. Februar 1992" ausgesetzt wird, als Bescheid zu qualifizieren ist. Gemäß der hg. Judikatur (vgl. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A) ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Wenn der Gemeinderat im vorliegenden Fall in dem angeführten Verwaltungsakt vom 19. Mai 1994 mitgeteilt hat, daß "die Entscheidung über die Anträge vom 30. August 1989 und vom

26. Februar 1992 ... gemäß § 38 Abs. 1 AVG so lange ausgesetzt"

wird, "bis über das Bewilligungsverfahren durch die sachlich zuständige Baubehörde I. Instanz (Bürgermeister) entschieden wurde", ist daraus eindeutig ein normativer Abspruch über die Aussetzung des Verfahrens abzuleiten. Es ist also davon auszugehen, daß die verfahrensgegenständliche Mitteilung des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Partei betreffend die Aussetzung des Verfahrens einen Bescheid darstellt.

Dieser Aussetzungsbescheid des Gemeinderates bezog sich seinem Wortlaut nach auf einen Antrag des Beschwerdeführers vom 30. August 1989 und auf den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 26. Februar 1992 betreffend das von amtswegen eingeleitete Bauverfahren. Ein Antrag des Beschwerdeführers vom 30. August 1989 ist im Akt nicht aufzufinden (der Gemeinderat dürfte sich dabei irrtümlich auf den mit diesem Datum versehenen Antrag der Erstmitbeteiligten auf Erteilung der Baubewilligung bzw. Benützungsbewilligung des Schweinestalles beziehen, der im Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Aussetzung von den Erstmitbeteiligten bereits zurückgezogen worden war). In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß selbst dann, wenn man das Vorliegen eines Antrages des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Auftrages zum Abbruch der Düngerstätte annähme, der Gemeinderat zur Entscheidung über diesen mangels Vorliegens eines Devolutionsantrages jedenfalls nicht zuständig gewesen wäre. Die Aussetzung bezieht sich daher auf den bereits näher beschriebenen Devolutionsantrag vom 26. Februar 1992, dessen Gegenstand - wie dargelegt - das angeführte, amtswegig eingeleitete Baubewilligungsverfahren war.

In diesem Zusammenhang ist allerdings auf die weitere Frage einzugehen, ob dem Beschwerdeführer im Rahmen des Verfahrens, in dem dieser Devolutionsantrag gestellt wurde, ein Anspruch auf Entscheidung gemäß § 73 Abs. 1 AVG gegenüber der Baubehörde erster Instanz zustand, da nur in diesem Fall die Zuständigkeit zur Entscheidung in diesem Verfahren in der Sache (also in dem von amtswegen eingeleiteten Baubewilligungsverfahren) auf den Gemeinderat übergegangen ist. Diese Frage ist zu verneinen, da dem Nachbarn weder in einem auf Antrag eingeleiteten noch in einem - wenn auch zu Unrecht - von amtswegen eingeleiteten Baubewilligungsverfahren im anhängigen erstinstanzlichen Verfahren ein Rechtsanspruch auf Entscheidung im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG zusteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1985, Zl. 84/05/0184, betreffend den Fall eines auf Antrag eingeleiteten erstinstanzlichen Bauverfahrens).

Daraus ergibt sich, daß die Zuständigkeit betreffend das amtswegig eingeleitete Baubewilligungsverfahren nicht auf den Gemeinderat übergegangen ist. Der Devolutionsantrag hat nur eine Zuständigkeit des Gemeinderates zur Zurückweisung dieses Antrages begründet. Im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Zurückweisung eines Devolutionsantrages kann jedoch die Frage der Bewilligungsfähigkeit eines Projektes keine Vorfrage darstellen. Der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Partei nahm daher zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 AVG an.

Da die belangte Behörde diese inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Partei vom 19. Mai 1994 betreffend die Aussetzung nicht aufgegriffen und die Vorstellung abgewiesen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Baurecht PlanungswesenBescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des BescheidcharaktersParteistellung ParteienantragBesondere Rechtsgebiete BaurechtBescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche ErfordernisseKassatorische Entscheidung Formalentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995050041.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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