TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 93/05/0230

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

L83003 Wohnbauförderung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs3;
AVG §68 Abs4;
AVG §68 Abs5;
AVG §68 Abs6;
AVG §68 Abs7;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3 Z4;
EStG 1988 §25 Abs1 lita;
EStG 1988 §67;
VwRallg;
WohnbeihilfenV NÖ 1990 §4;
WohnungsförderungsG NÖ 1989 §3 Abs2 lita;
WohnungsförderungsG NÖ 1989 §48 Abs2;
WohnungsförderungsG NÖ 1989 §50 Abs3;
WohnungsförderungsG NÖ 1989 §51 Abs1 Z1;
WohnungsförderungsG NÖ 1989 §51 Abs1;
WohnungsförderungsG NÖ 1989 §51 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. HM, Rechtsanwalt in K, und der BM in K, vertreten durch den Erstbeschwerdeführer, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung (nunmehr vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W) vom 6. September 1993, Zl. I/6a-WB-22/311.471/12-93, betreffend Wohnbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer beantragten am 14. Jänner 1992 Wohnbeihilfe. Mit Bescheid vom 11. März 1992 wurde ihnen, ausgehend von einem ausschließlich vom Erstbeschwerdeführer ins Verdienen gebrachten Haushaltseinkommen von S 14.883,-- pro Monat Wohnbeihilfe in der Höhe von S 1.307,-- pro Monat zugesprochen.

Anläßlich des Antrages vom 21. Jänner 1993 für das Jahr 1993 erlangte die Behörde Kenntnis davon, daß der Zweitbeschwerdeführerin am 15. Oktober 1992 von ihrem früheren Dienstgeber eine Nettoabfertigung in Höhe von S 42.260,50 ausgezahlt wurde. Mit Schreiben vom 25. März 1993 hielt die belangte Behörde den Beschwerdeführern vor, daß sich dadurch (anteilsweise) das monatliche Haushaltseinkommen auf S 18.405,-- seit 1. Februar 1992 erhöht hätte, weshalb für die Monate Februar bis Dezember nur S 205,-- pro Monat Wohnbeihilfe zustünden.

Die Beschwerdeführer erwiderten in ihrer Stellungnahme vom 10. April 1993, daß die Voraussetzungen eines Anspruchsverlustes gemäß § 51 Abs. 1

NÖ Wohnungsförderungsgesetz (in der Fassung LGBl. 8304-2, im folgenden: WFG) nicht erfüllt seien. Die Zweitbeschwerdeführerin habe außer der Abfertigung 1992 kein eigenes Einkommen erzielt. Der Bezug der Wohnbeihilfe sei weder durch unwahre Angaben noch durch Verschweigung von maßgeblichen Tatsachen herbeigeführt worden. Die in Frage stehenden Beträge seien gutgläubig verbraucht worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde in Anwendung des § 50 Abs. 3 WFG den Bescheid vom 11. März 1992 dahingehend ab, daß für die Zeit vom 1. Februar 1992 bis 30. Dezember 1992 eine Wohnbeihilfe von nur mehr S 205,-- monatlich zugesprochen wurde. Gemäß § 51 Abs. 2 WFG wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, die zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfe von S 12.122,-- zurückzuzahlen, wobei in Aussicht gestellt wurde, daß dieser Betrag im Zuge der Wiederbewilligung der Wohnbeihilfe einbehalten werde. In der Begründung wurde angeführt, daß ein Zwölftel der Abfertigung pro Monat im Kalenderjahr des Bezuges der Abfertigung (somit elf Zwölftel) dem Haushaltseinkommen hinzuzurechnen gewesen sei, sodaß sich nunmehr ein monatliches Haushaltseinkommen von S 18.405,-- anstelle von S 14.883,-- ergeben habe. Im Zeitraum vom 1. Februar 1992 bis 30. Dezember 1992 sei ein Betrag von S 14.377,-- ausbezahlt worden, während lediglich ein Anspruch von 11 x S 205,-- = S 2.255,-- ableitbar gewesen wäre. Daher müsse die zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfe von S 12.122,-- zurückbezahlt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Wenn auch der Beschwerdepunkt nicht ausdrücklich angeführt ist, läßt sich der Beschwerde doch entnehmen, daß sich die Beschwerdeführer allein durch die Einbeziehung von je einem Zwölftel der Abfertigung in die Bemessungsgrundlage für elf Monate beschwert erachten.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 1 WFG wird zur Vermeidung einer unzumutbaren Belastung durch den Aufwand für das Wohnen auf Antrag mit Bescheid eine Wohnbeihilfe bewilligt. Die Höhe der Wohnbeihilfe ist gemäß § 49 Abs. 1 WFG die Differenz zwischen dem auf eine angemessene Nutzfläche umgelegten anrechenbaren Aufwand und dem zumutbaren Aufwand zum Wohnen. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung setzt die Landesregierung den zumutbaren Aufwand zum Wohnen durch Verordnung fest. Gemäß § 3 Abs. 1 der NÖ Wohnbeihilfenverordnung 1990, LGBl. 8304/2-0 (im folgenden: VO), gilt als zumutbarer Aufwand zum Wohnen jener Betrag, der sich aufgrund der Haushaltsgröße und dem Haushaltseinkommen aus der Tabelle in der Anlage ergibt. Die Tabelle in der Anlage gliedert den zumutbaren Aufwand nach 500 S-Stufen des monatlichen Haushaltseinkommens von 5.500 S bis 33.500 S.

§ 3 Z. 4 WFG definiert das Haushaltseinkommen als Summe der Einkommen des Förderungswerbers und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen. Nach Z. 2 lit. a) dieser Bestimmung besteht das Einkommen aus Einkünften gemäß § 2 Abs. 2 und den Sonderausgaben gemäß § 18 und den außergewöhnlichen Belastungen gemäß §§ 34 und 35 und den Sanierungsgewinnen gemäß § 36 Einkommensteuergesetz 1988, vermindert um die Einkommensteuer.

§ 38 WFG verweist zur Berechnung des Einkommens bei Inanspruchnahme einer Wohnbeihilfe auf § 16 WFG; allerdings sieht § 48 Abs. 2, abweichend von § 16 Abs. 4 Z. 2 WFG, vor, daß bei Arbeitnehmern, die nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden, der Nachweis durch Vorlage eines Einkommensnachweises über die letzten drei Kalendermonate vor Antragstellung erfolgt.

Unbestritten ist, daß die Zweitbeschwerdeführerin in dem Zeitraum, auf den sich der Antrag vom 14. Jänner 1992 bezogen hat, und zwar am 15. Oktober 1992, eine Abfertigung in Höhe von S 42.260,-- bezogen hat. Die Auffassung der Beschwerdeführer, diese Abfertigung sei kein Einkommen im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a WFG, ist mit den verwiesenen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes nicht in Einklang zu bringen. Es handelt sich dabei um eine Einkunftsart, auf die § 2 Abs. 2 EStG Bezug nimmt, nämlich um Einkünfte aus unselbständiger Arbeit. Die Abfertigung gehört zu den in § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a Einkommensteuergesetz genannten Bezügen und Vorteilen aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis (Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, "ABC der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit", Rz 11 zu § 25 Einkommensteuergesetz). Darüberhinaus wird die Abfertigung in den sonstigen Bezügen gemäß § 67 Einkommensteuergesetz mehrfach genannt.

Bei Auszahlung der Abfertigung am 15. Oktober 1992 ist ein Ereignis eingetreten, welches zu einer Änderung der Bewilligungsvoraussetzungen gemäß § 50 Abs. 3 WFG führte. Nach dieser Bestimmung wird die Wohnbeihilfe ab dem Monatsersten entzogen oder ihre Höhe geändert, der dem Tag folgt, an dem sich die Bewilligungsvoraussetzungen geändert haben. Daher muß der Antragsteller innerhalb von zwei Monaten alle Tatsachen bekanntgeben, die einen Anspruchsverlust oder eine Änderung der Höhe der Wohnbeihilfe begründen könnten.

Der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung erlaubt aber nur, daß ab dem folgenden Monatsersten die neuen Verhältnisse Berücksichtigung finden. Auch § 51 Abs. 1 Z. 1 WFG, wonach der Anspruch auf Wohnbeihilfe erlischt, SOBALD der anrechenbare Aufwand zum Wohnen für den Wohnbeihilfenbezieher zumutbar wird, läßt den Erlöschenstatbestand erst nach einem entsprechenden Ereignis eintreten. Erst ab diesem Zeitpunkt können "zu Unrecht" empfangene Beträge entstehen, die gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung zurückzuzahlen sind. Für eine Rückwirkung des Ereignisses vom 15. Oktober 1992 auf die Monate Februar bis Oktober 1992 läßt sich somit aus den genannten Bestimmungen keine Rechtsgrundlage ableiten; § 68 Abs. 2 bis 7 AVG ist nicht anwendbar.

Die Behörde hätte daher erst ab dem 1. November 1992 mit einer Neubemessung vorgehen dürfen. Im Hinblick auf die in § 4 VO geregelte Höchstbewilligungsdauer von einem Jahr erscheint es durchaus sachgerecht - insofern kann auch den Erwägungen in der Gegenschrift zum Jahreseinkommen gefolgt werden -, daß ein einmalig ausgezahlter Betrag, wie im vorliegenden Fall, auf die gesamte Periode aufgeteilt und von da an mit je einem Zwölftel berücksichtigt wird. Gerade aus § 51 Abs. 1 WFG ergibt sich ja deutlich, daß trotz der - nicht unpraktischen - Nachweisregelung des § 48 Abs. 2 WFG der Gesetzgeber auf die tatsächlichen Verhältnisse Bedacht nehmen wollte. Durch die Umlegung einmaliger Einkünfte auf die gesamte (folgende) Beihilfenperiode wird diesem Erfordernis Rechnung getragen und werden Zufallsergebnisse vermieden.

Ab dem 1. November 1992 bildete somit - bis auf weiteres - ein Zwölftel der Abfertigung einen Bestandteil des Haushaltseinkommens. Die belangte Behörde belastete dadurch, daß sie die Abfertigung schon ab dem 1. Februar 1992 berücksichtigte, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2; die Beschwerdeführer haben nur Aufwandersatz für den Schriftsatzaufwand begehrt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993050230.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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