TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/28 93/07/0190

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Veröffentlicht am 28.02.1996
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Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §15;
FlVfGG §35 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §33 Abs3;
FlVfLG Tir 1978 §73 lite;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Gemeinde Reith bei Seefeld, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 28. Oktober 1993, Zl. LAS-396/2, betreffend Erlöschen eines Teilwaldrechtes (mitbeteiligte Partei: S in R, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 23. März 1993 beantragte die Beschwerdeführerin "in Genehmigung" näher angeführter "Rechtsgeschäfte" nach dem Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978 (TFLG 1978) festzustellen, daß das Holz- und Streunutzungsrecht auf Teilflächen des Grundstückes Nr. n1, KG L, Teilwald Nr. nn, die auf einer beigelegten Planskizze gelb eingefärbt sind, erloschen sei.

Mit Bescheid vom 24. Mai 1993 wies das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz diesen Antrag gemäß § 73 lit. e TFLG 1978 als unbegründet ab.

In ihrer Begründung führte die Agrarbehörde hiezu aus, ihr liege ein Bescheid vom 28. Februar 1969 vor, mit welchem die Absonderung der Holz- und Streunutzungsrechte auf den Grundstücken Nr. n2, n3 und n4 genehmigt worden sei. Somit seien diese drei konkreten Baugrundstücke nicht mehr mit dem Teilwaldrecht belastet, die übrigen Flächen jedoch schon. Eine Freistellung könne jedoch nur mit Bescheid der Agrarbehörde erfolgen. Ein derartiger Bescheid, welcher eine Befreiung von den Teilwaldrechten hätte bewirken können, liege hinsichtlich der darüber hinausgehenden Flächen nicht vor. Auch ein Rechtsakt, welcher die Teilwaldrechte auf der strittigen Fläche zum Erlöschen gebracht haben könnte, liege nicht vor, sodaß auch keine Genehmigung der Aufhebung des Teilwaldrechtes auf allen Flächen betreffend Teil 4 erfolgen könne.

Dagegen richtete sich die Berufung der Beschwerdeführerin, in der insbesondere vorgebracht wurde, daß eine Genehmigung der Veräußerung agrargemeinschaftlicher Grundstücke gemäß § 40 Abs. 2 lit. c TFLG 1978 nur erteilt werden dürfe, wenn der Teilwaldberechtigte zustimme. Die Beschwerdeführerin habe bereits durch schriftliche Urkunden nachgewiesen, daß die Ablöse für den gesamten Teilwald 4 geleistet worden sei. Die Behauptung der mitbeteiligten Partei (MP), ein Teil der Ablöse sei nicht entrichtet worden, grenze an Mutwillen. Die Erstbehörde hätte daher die Zustimmung des Rechtsvorgängers der MP zur Veräußerung des Teilwaldes 4 allenfalls nach Zeugeneinvernahmen feststellen müssen. Keinesfalls sei es richtig, daß diese Frage durch die ordentlichen Gerichte abgeklärt werden müsse. Dies wäre als Vorfrage von der Erstbehörde zu ermitteln und festzustellen gewesen. Schon in ihrem Antrag habe die Beschwerdeführerin behauptet, daß das gesamte Gebiet des Teilwaldes 4 im gültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Bauland gewidmet sei. Die Agrarbehörde habe daher gemäß § 40 Abs. 4 TFLG 1978 das auf dem in Rede stehenden Grundstücksteil bestehende Teilwaldrecht als erloschen zu erklären, weil dieses für die Errichtung eines Wohnhauses, sohin für Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse, wie eben für die Schaffung von Bauland, dringend benötigt werde. Auch wenn die Erstbehörde zur Ansicht gelangt wäre, daß dem Rechtsvorgänger der MP nicht die gesamte Ablöse für den Teilwald 4 entrichtet worden sei, so hätte sie nach § 40 Abs. 4 TFLG 1978 vorgehen müssen. Jedenfalls sei es unrichtig, daß die ordentlichen Gerichte in dieser Sache zuständig seien, da die Bestimmung des § 40 TFLG 1978 ausschließlich den Agrarbehörden die Zuständigkeit in dieser Sache zuweise, ohne daß auf die allgemeinen Zuständigkeitsbestimmungen des dritten Hauptstückes des TFLG 1978 eingegangen werden müßte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 73 lit. e TFLG 1978 als unbegründet ab.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die "Katastralgemeinde L", vertreten durch die Beschwerdeführerin, habe mit Kaufvertrag vom "15./18./21. Februar 1969" aufgrund des Teilungsausweises vom 14. September 1968, die Gp. n2 an Ing. E. (1.), die Gp. n3 an Ing. G. (2.) sowie die Gp. n4 an Dr. O. (3.) verkauft. Punkt 4 lit. a des Vertrages enthalte die Bestimmung, daß die Gp. n1 im Grundbuch mit der Dienstbarkeit des ausschließlichen Holz- und Streunutzungsrechtes im Teil 4 der dem Erhebungsprotokoll Nr. 15 beigelegten Skizze zugunsten des Grundbuchskörpers in EZ 21 II, KG L, "C-OZl. 1", belastet erscheine. Der Eigentümer dieses Grundbuchkörpers H.N. (der Rechtsvorgänger der MP) habe erklärt, von diesem Recht hinsichtlich der neu gebildeten Gp. n2, n3 und n4 abzusehen. Er habe daher durch die Mitunterfertigung dieses Vertrages in die lastenfreie Abschreibung der Gp. n2, n3 und n4 in EZ 15 II, KG L, eingewilligt. Dieser Vertrag sei vom Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz mit Bescheid vom 28. Februar 1969 "gemäß § 38 Abs. 3 FLG 1952" genehmigt worden. Der diesem Kaufvertrag zugrundeliegende Rechtsvorgang sei sohin als "Absonderung im Sinne des § 38 Abs. 3 TFLG 1978" zu qualifizieren. Voraussetzung für eine Absonderung sei sowohl das Vorliegen eines zivilrechtlichen Aktes (Rechtsgeschäft) als auch eines öffentlich-rechtlichen Aktes (Genehmigung der Agrarbehörde, Bescheid). Gegenstand der seinerzeitigen Bewilligung sei der Inhalt des Kaufvertrages vom 15./18./21. Februar 1969 gewesen, sodaß lediglich die drei genannten Grundparzellen nicht mehr mit dem Teilwaldrecht belastet seien. Ein Erlöschen des Teilwaldrechtes auf der übrigen Teilfläche wäre wiederum nur mit agrarbehördlicher Genehmigung möglich. Dies würde jedoch einer "entsprechenden vertraglichen Regelung" bedürfen, welche nicht vorliege. Auch die agrarbehördliche Genehmigung der Ablöse habe sich lediglich auf die drei explizit im Punkt 4 des Kaufvertrages (aus dem Jahre 1969) genannten Grundparzellen bezogen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die belangte Behörde im Sinne des TFLG 1978, insbesondere der Bestimmung des § 40 leg. cit., das auf der Gp. Nr. n1, KG L, lastende Teilwaldrecht 4 der MP nicht für erloschen erklärt oder dem zugrundeliegenden Ablösungsvertrag keine Genehmigung erteilt und die meritorische Entscheidung verweigert habe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift ebenso wie die MP die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 3 TFLG 1978 sind Teilwaldrechte Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zugunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen. Teilwaldrechte gelten als Anteilsrechte im Sinne dieses Gesetzes.

Die Gp. Nr. n1 ist laut Grundbuchsauszug, der als Eigentümerin die "Gemeinde L" (richtig wohl: die Beschwerdeführerin, da lediglich eine Katastralgemeinde L, nicht jedoch eine politische Gemeinde dieses Namens existiert) nennt, mit Holz- und Streubezugsrechten in bestimmten Teilen für konkret angeführte Liegenschaften belastet. Es handelt sich somit um ein agrargemeinschaftliches Grundstück, auf welchem Teilwaldrechte lasten.

Die Beschwerdeführerin beantragte in der Eingabe vom 23. März 1993, festzustellen, daß das Teilwaldrecht auf der in einer beigelegten Planskizze gelb eingefärbten Flächen betreffend den Teilwald Nr. 4 erloschen sei. Diese Feststellung solle in Genehmigung des Vertrages aus dem Jahre 1969 erfolgen.

Gemäß § 73 lit. e TFLG 1978 steht der Agrarbehörde außerhalb eines Verfahrens (§ 72) die Entscheidung über die Frage zu, ob und in welchem Umfang einer Stammsitzliegenschaft oder einer Person an agrargemeinschaftlichen Grundstücken Anteilsrechte zustehen.

Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmung ergibt sich, daß auch der Bestand von Teilwaldrechten von der Agrarbehörde festzustellen ist.

Aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden ergibt sich, daß sich der Wille der Vertragsparteien hinsichtlich einer "lastenfreien Abschreibung" NUR auf die Gp. Nrn. n2, n3, n4 bezogen hat. Dieses Auslegungsergebnis läßt sich aus dem den Verwaltungsakten zuliegenden Anbot des H.N. vom 10. August 1968 und aus Punkt 4 lit. a des Kaufvertrages aus dem Jahre 1969 gewinnen. Sowohl der Wortlaut des Anbotes und des Vertrages als auch die Erforschung der Absicht der Vertragsparteien (vgl. § 914 ABGB) erlauben lediglich eine Deutung des "Abschreibungswillens" mit den aus den Urkunden ersichtlichen Einschränkungen. Aus den vorgelegten Urkunden sind keine Nachweise für ein Erlöschen des Teilwaldrechtes auf der gesamten Teilwaldfläche Nr. 4 der Gp. Nr. n1 ersichtlich. Die Beschwerdeführerin konnte in diesem Zusammenhang auch das Vorliegen eines Rechtsgeschäftes bezüglich der restlichen Teilflächen dieses Teilwaldrechtes nicht dartun. Auch sind für den Verwaltungsgerichtshof aus den vorgelegten Verwaltungsakten keine Anhaltspunkte hervorgekommen, daß sich der Wille aller Vertragsparteien auf eine "lastenfreie Abschreibung" der gesamten Teilfläche 4 bezogen hätte.

Die "Genehmigung der Absonderung" durch die Agrarbehörde "gemäß § 38 Abs. 3 FLG 1952" (gemeint wohl: Genehmigung der Veräußerung von Teilflächen des Teils 4 gemäß § 39 Abs. 1 FLG 1952) erstreckte sich gleichfalls lediglich auf die drei explizit im Kaufvertrag aus dem Jahre 1969 in Punkt 4 lit. a genannten Grundparzellen. Eine neuerliche agrarbehördliche Bewilligung dieser Absonderung betreffend eine Teilfläche von Teil 4 des genannten Teilwaldrechtes war angesichts der bereits erfolgten Bewilligung für die Teilflächen Gp. Nrn. n2, n3 und n4 - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht erforderlich.

Aufgrund des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes war daher eine Grundlage für die Feststellung des Erlöschens des Teilwaldrechtes auch auf den restlichen Teilflächen des Teiles 4 nicht gegeben. Für eine Vorgangsweise nach § 40 Abs. 4 TFLG 1978 bestand jedoch für die belangte Behörde keine Veranlassung, weil die Beschwerdeführerin mit ihrem an die Agrarbehörde erster Instanz gerichteten Antrag vom 23. März 1993 lediglich die Feststellung des Erlöschens des Holz- und Streubezugsrechtes der in einem dem Antrag zuliegenden Plan gelb gefärbten Flächen des sogenannten Teiles 4 des Teilwaldrechtes auf Gp. Nr. n1 - gestützt auf das von ihr genannte Rechtsgeschäft -, nicht jedoch eine Erlöschenserklärung für das Teilwaldrecht auf der gesamten Fläche dieses Teiles 4 aus dem Grunde des § 40 Abs. 4 leg. cit. begehrte. Damit war der Gegenstand des behördlichen Verfahrens auf eine entsprechende Feststellung beschränkt. Es erübrigt sich daher auch auf die Frage einzugehen, ob allenfalls die Voraussetzungen nach § 40 Abs. 4 TFLG 1978 im Beschwerdefall vorgelegen wären oder nicht.

Schließlich ist auch darin kein Verfahrensverstoß der belangten Behörde zu erblicken, daß die von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren beantragten Zeugen nicht zur Frage vernommen wurden, ob der Ablösepreis für das gesamte Teilwaldrecht 4 bezahlt worden sei. Im vorliegenden Fall ging es nämlich nicht um die Frage, ob der Ablösepreis bezahlt wurde, sondern darum, ob sich die agrarbehördliche Bewilligung im Einklang mit dem vorgelegenen Rechtsgeschäft auf das gesamte Teilwaldrecht Nr. 4 oder nur auf einen Teil desselben erstreckt hat.

Aus den dargestellten Überlegungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993070190.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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