TE Vwgh Beschluss 2022/10/5 Ro 2022/21/0011

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Veröffentlicht am 05.10.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulzbacher und den Hofrat Dr. Pfiel als Richter sowie die Hofrätin Dr. Wiesinger als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juni 2022, 1. W242 2209958-2/5E und 2. W242 2209957-2/5E, jeweils betreffend Erteilung einer Auflage gemäß § 56 FPG (mitbeteiligte Parteien: 1. M S, und 2. A K, beide vertreten durch DDr. Rainer Lukits, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Die von den Mitbeteiligten, zwei iranischen Staatsangehörigen, nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet am 11. Juli 2018 gestellten Anträge auf internationalen Schutz wurden mit dem im Beschwerdeweg ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 10. November 2021 - verbunden mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung, der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat und Setzung einer Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung - zur Gänze abgewiesen.

2        Mit Mandatsbescheiden jeweils vom 9. März 2022 trug das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Mitbeteiligten auf, sich gemäß § 56 Abs. 1 und 2 Z 2 FPG jeden zweiten Tag in der Zeit zwischen 08:00 und 12:00 Uhr bei einer näher genannten Polizeiinspektion regelmäßig zu melden.

3        Über die von den Mitbeteiligten dagegen erhobenen Vorstellungen verpflichtete das BFA sie mit Bescheiden jeweils vom 22. April 2022 gemäß § 56 Abs. 1 und 2 Z 2 FPG, sich „für den Zeitraum der mit diesem Bescheid festgelegten Frist für die freiwillige Ausreise bzw. bis zur tatsächlichen Ausreise aus Österreich“ beginnend mit 9. März 2022 jeden zweiten Tag in der Zeit zwischen 08:00 Uhr und 12:00 Uhr bei der näher genannten Polizeiinspektion regelmäßig zu melden.

4        Den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden gab das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 3. Juni 2022 statt und behob die angefochtenen Bescheide ersatzlos. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere zur Frage fehle, ob die Festsetzung von Auflagen im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit (auch) nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise nach den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 7 Abs. 3 Rückführungs-Richtlinie möglich sei.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die gegenständliche ordentliche Amtsrevision vom 11. Juli 2022, zu der die Mitbeteiligten eine Revisionsbeantwortung erstatteten.

6        Darin brachten die Mitbeteiligten unter Punkt 4. vor, dass ihre am 23. Juni 2022 gestellten Asylfolgeanträge noch am selben Tag zugelassen und ihnen ebenfalls noch an diesem Tag Aufenthaltsberechtigungskarten gemäß § 51 Abs. 1 AsylG 2005 ausgestellt worden seien. Die Amtsrevision sei erst nach Erteilung der Aufenthaltsberechtigung und somit in Bezug auf bereits gegenstandslos gewordene Bescheide eingebracht worden.

7        Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes teilte das BFA in einer Stellungnahme vom 30. August 2022 dazu mit, dass dem Vorbringen unter Punkt 4. der Revisionsbeantwortung nicht entgegen getreten werde.

8        Die Mitbeteiligten erlangten somit - dokumentiert durch die Ausstellung von Aufenthaltsberechtigungskarten nach § 51 AsylG 2005 - am 23. Juni 2022 den Status von Asylwerbern, die gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 zum (vorläufigen) Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind. Die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthalts bewirkte aber - über die Fälle des § 60 Abs. 3 FPG hinaus - die Gegenstandslosigkeit der im ersten Asylverfahren ergangenen Rückkehrentscheidungen sowie der damit im Zusammenhang stehenden Aussprüche, insbesondere der Festlegung der Ausreisefrist. Der Eintritt der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts steht nämlich der Aufrechterhaltung einer Rückkehrentscheidung, die an die Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts anknüpft, entgegen (vgl. VwGH 15.3.2016, Ra 2015/21/0174, Punkt 2., mwN). Demzufolge wurden auch die nach § 56 Abs. 1 und 2 Z 2 FPG erteilten Auflagen, die eine Pflicht zur Ausreise voraussetzen, im vorliegenden Fall bereits am 23. Juni 2022 gegenstandslos.

9        Aus diesen Erwägungen konnte die revisionswerbende Partei in Bezug auf die ersatzlose Behebung der den Mitbeteiligten erteilten Auflagen im Zeitpunkt der Revisionserhebung am 11. Juli 2022 kein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung mehr geltend machen. Gegenteiliges behauptet die revisionswerbende Partei in ihrer Stellungnahme auch gar nicht, weshalb die Revision mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen war.

10       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG und dem sinngemäß auch für Revisionsbeantwortungen geltenden § 53 Abs. 1 VwGG (vgl. etwa VwGH 24.10.2017, Ra 2017/06/0035, Rn. 15, mwN), in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 5. Oktober 2022

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022210011.J00

Im RIS seit

09.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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