TE Lvwg Erkenntnis 2022/7/19 LVwG 70.35-5019/2022

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Veröffentlicht am 19.07.2022
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Entscheidungsdatum

19.07.2022

Index

L92106 Behindertenhilfe Rehabilitation Steiermark

Norm

BehindertenG Stmk 2004 §9 Abs5
StSUG §9
ASVG §123
  1. ASVG § 123 heute
  2. ASVG § 123 gültig ab 01.01.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2018
  3. ASVG § 123 gültig von 01.01.2016 bis 31.12.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 162/2015
  4. ASVG § 123 gültig von 01.08.2013 bis 31.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 139/2013
  5. ASVG § 123 gültig von 01.02.2013 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2013
  6. ASVG § 123 gültig von 01.01.2013 bis 31.01.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2012
  7. ASVG § 123 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  8. ASVG § 123 gültig von 01.08.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2009
  9. ASVG § 123 gültig von 01.07.2007 bis 31.07.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2007
  10. ASVG § 123 gültig von 01.08.2006 bis 30.06.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2006
  11. ASVG § 123 gültig von 01.08.2006 bis 31.07.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2005
  12. ASVG § 123 gültig von 01.09.2002 bis 31.07.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 140/2002
  13. ASVG § 123 gültig von 01.01.2002 bis 31.08.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 1/2002
  14. ASVG § 123 gültig von 01.08.2001 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2001
  15. ASVG § 123 gültig von 18.04.2001 bis 31.07.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2001
  16. ASVG § 123 gültig von 25.08.2000 bis 17.04.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2000
  17. ASVG § 123 gültig von 01.01.1998 bis 24.08.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/1998
  18. ASVG § 123 gültig von 01.01.1998 bis 31.12.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 139/1997
  19. ASVG § 123 gültig bis 31.12.1997

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Schönegger über die Beschwerde der Frau A B, geb. am ***, vertreten durch Mag. C D, E F, H E Gasse, B a d M, gegen Spruchpunkt III. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag vom 22.12.2021, GZ: BHBM-265218/2021-7,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet

abgewiesen.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

A. Mit Bescheid vom 22.12.2021 hat die Bezirkshauptmannschaft (BH) Bruck-Mürzzuschlag Frau A B, geb. am ***, folgende Leistungen nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz (StBHG) gewährt:

I.       Hilfe zum Lebensunterhalt in der Höhe von monatlich € 767,47 für den Zeitraum vom 01.02.2022 bis 31.01.2023, wobei in den Monaten April und Oktober zusätzlich ein Betrag von jeweils € 510,00 gebühre.

II.      Hilfe zum Lebensunterhalt in Form der Nachzahlung des richtsatzgemäßen Differenzbetrages in der Höhe von € 8,00 für Jänner 2022.

Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Hilfe zum Lebensunterhalt monatlich im Vorhinein auszuzahlen sei und in den Monaten Februar und August zur Abdeckung der Energiekosten ein Betrag von € 57,00 ausbezahlt werde.

III.    Der Antrag vom 02.09.2021 auf Übernahme der Kosten für die Krankenversicherung wurde abgewiesen.

Begründend wurde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. auf die StBHG-Richtsatz-Verordnung (StBHG-RSVO) verwiesen, aus der sich die zugesprochenen Beträge ableiten.

Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass gemäß § 2 Abs 3 StBHG ein Mensch mit Behinderung nur dann einen Rechtsanspruch auf Hilfeleistungen habe, wenn er keine gleichartigen oder ähnlichen Leistungen aufgrund anderer gesetzlicher, statutarischer oder vertraglicher Regelung erhält oder geltend machen könnte. Im Zuge der von der Behörde durchgeführten Subsidiaritätsprüfung sei festgestellt worden, dass Frau A B bei ihrer Mutter mitversichert sei, weswegen der entsprechende Antrag auf Übernahme der Kosten für die Selbstversicherung nach dem StBHG abzuweisen sei. Dieser Bescheid wurde von A B am 27.12.2021 persönlich übernommen.

B. Mit Bescheid vom 22.02.2022 hat die BH Bruck-Mürzzuschlag ihren Bescheid vom 22.12.2021 von Amts wegen betreffend Spruchpunkt I. derart abgeändert, dass für den Zeitraum von 01.02.2022 bis 31.01.2023 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von monatlich € 815,00 gebühre. Begründet wurde dies damit, dass die nunmehrige Erwachsenenvertreterin der Frau A B am 18.02.2022 mitgeteilt habe, dass diese derzeit keine Wohnunterstützung des Landes Steiermark beziehe, weswegen eine Abänderung des Zuerkennungsbescheides vom 22.12.2021 begehrt wurde. Ausdrücklich wurde festgehalten, dass die Spruchpunkte II. und III. des ursprünglichen Bescheides vom 22.12.2021 von dieser Abänderung unberührt bleiben. Dieser Bescheid wurde am 24.02.2022 vom E F übernommen.

C. Am 08.03.2022 wurde von Mag. (FH) C D, E F, B a d M, in formal zulässiger Weise Beschwerde erhoben, wobei ausdrücklich festgehalten wurde, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen Spruchpunkt III. des Bescheides vom 22.12.2021, mit welchem die Übernahme der Kosten der Krankenversicherung abgelehnt wurde, richten solle. Zur Rechtzeitigkeit dieser Beschwerde wurde ausgeführt, dass mit Beschluss des Bezirksgerichts Mürzzuschlag vom 14.12.2021 Frau A B Erwachsenenvertretung um die Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern erweitert wurde, wobei dies mit der mangelnden Entscheidungsfähigkeit von Frau A B begründet worden war. Der Bescheid vom 22.12.2021, der an Frau A B persönlich übermittelt und von dieser am 27.12.2021 übernommen wurde, sei aus diesem Grund nicht rechtswirksam zugestellt worden und sei dies erst durch die Zustellung dieses Bescheides an die Erwachsenenvertretung, welche am 11.02.2022 durchgeführt worden ist, erfolgt.

In der Sache wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass A B mit ihrer Mutter in der Krankenversicherung gemäß § 123 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) mitversichert ist. Dieser Umstand dürfe aber nach den Beschwerdeausführungen nicht dazu führen, die in § 9 Abs 5 StBHG normierte Einbeziehung in die gesetzliche Krankenversicherung nicht zu gewähren. Mit Erlassung des Steiermärkischen Sozialunterstützungsgesetzes sei auch das Stmk. Behindertengesetz dahingehend geändert worden, dass Menschen mit Behinderung, die Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 9 StBHG erhalten und nicht krankenversichert sind, künftig – vergleichbar Bezugsberechtigten nach dem StSUG - in die Krankenversicherung einbezogen werden könnten. Nachdem der Beschwerdeführerin Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem StBHG gewährt werde, bestehe somit auch für sie Anspruch auf diese Krankenversicherung und hätte die Behörde dies als Konnexleistung zum Lebensunterhalt bestätigen müssen. Die Berücksichtigung der Mitversicherung nach § 123 ASVG als Ausschließungsgrund für eine derartige Einbeziehung in die Krankenversicherung würde die bundesgesetzliche Regelung des § 123 ASVG unterlaufen und somit eine Verletzung des Torpedierungsverbotes darstellen, wonach es dem Landesgesetzgeber grundsätzlich verboten sei, die Intentionen des Bundesgesetzgebers zu unterlaufen.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin müsste trotz einer Mitversicherung ein Anspruch gemäß § 9 Abs 5 StBHG gegeben sein und möge eine solche vom Landesverwaltungsgericht zuerkannt werden.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:

Nach Einlangen des Beschwerdeaktes hat das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Abteilung 11 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung (Sozialabteilung) um Stellungnahme hinsichtlich des Beschwerdevorbringens und insbesondere bezugnehmend auf den Vorwurf der Verletzung des Torpedierungsverbotes ersucht, wobei diese am 10.05.2022 erstattet worden ist und im Wesentlichen auf § 1 Z 20 der Verordnung über die Durchführung der Krankenversicherung für die gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogenen Personen verwiesen hat. Demnach sei in dieser Verordnung, welche Grundlage für die Einbeziehung in die gesetzliche Krankenversicherung sei, selbst der Personenkreis der anspruchsberechtigten Angehörigen einer nach einer anderen Bestimmung pflichtversicherten Person ausdrücklich von der Einbeziehung in die Krankenversicherung ausgeschlossen. Diese Stellungnahme wurde der Erwachsenenvertreterin der Beschwerdeführerin übermittelt und ihr gleichzeitig bekanntgegeben, dass eine Entscheidung auf Basis der Aktenlage und ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beabsichtigt ist.

In der daraufhin von der Erwachsenenvertreterin am 03.06.2022 erstatteten Stellungnahme wurde ausgeführt, dass eine Krankenversicherung gemäß § 123 ASVG in diesen Fällen nicht möglich sein dürfte, da eine gesetzliche Krankenversicherung vorgehe. Der genannte Punkt der Einbeziehungsverordnung sei gesetzeswidrig und dürfte nicht angewendet werden.

Die ÖGK hat dem Landesverwaltungsgericht Steiermark auf Nachfrage am 16.05.2022 mitgeteilt, dass Frau A B als Angehörige der Frau G H bis 31.12.2024 befristet gemäß § 123 ASVG in der Krankenversicherung vorgemerkt ist.

Es wird folgender Sachverhalt festgestellt:

A B, geb. am ***, ist als Angehörige ihrer Mutter, Frau G H, gemäß § 123 ASVG wegen Erwerbsunfähigkeit in der Krankenversicherung bei der ÖGK mitversichert, wobei dies aktuell bis 31.12.2024 befristet ist.

Mit Bescheid vom 19.02.2021 hat ihr die Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag Hilfe zum Lebensunterhalt in der Höhe von monatlich € 542,66 für den Zeitraum von 01.02.2021 bis 31.01.2022 gemäß § 9 Steiermärkisches Behindertengesetz zuerkannt; für den Monat April und Oktober gebühre zusätzlich ein Betrag von jeweils € 443,00. Mit Abänderungsbescheid vom 17.05.2021 wurde aufgrund einer Änderungsmeldung die Hilfe zum Lebensunterhalt für den Zeitraum von 01.05.2021 bis 31.01.2022 neu mit monatlich € 759,47 bemessen.

Am 02.09.2021 hat A B einen neuerlichen Antrag auf Gewährung der Hilfe zur Deckung des Lebensunterhalts sowie auf Selbstversicherung bei der BH Bruck-Mürzzuschlag eingereicht.

Mit Bescheid vom 22.12.2021, der unter den „Entscheidungsgründen“ im Detail wiedergegeben wurde, erfolgte die dort näher beschriebene Zuerkennung der Hilfe zum Lebensunterhalt und die Abweisung des Antrags vom 02.09.2021 auf Übernahme der Kosten für die Krankenversicherung. Dieser Bescheid wurde nach seiner Entfertigung an A B selbst übermittelt und von dieser am 27.12.2021 übernommen.

Mit Eingang vom 28.12.2021 hat Mag. (FH) C D, E F, für Frau A B die Hilfeleistungen Heilbehandlung, Lebensunterhalt, Hilfe zum Wohnen sowie die Anerkennung als Härtefall und die Übernahme der Krankenversicherung beantragt und einen Beschluss des Bezirksgerichts Mürzzuschlag vom 14.12.2021 (6 P 50/21f-39) angeschlossen, mit welchem der Wirkungsbereich des gerichtlichen Erwachsenenvertreters der A B unter anderem um die Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern erweitert wurde.

Mit Schreiben vom 09.02.2022 hat die BH Bruck-Mürzzuschlag gegenüber der Erwachsenenvertretung der A B ausgeführt, zum Zeitpunkt der Bescheidzustellung keine Kenntnis über die neue Vertretungsurkunde gehabt zu haben und wurde der Bescheid vom 22.12.2021 nunmehr der Erwachsenenvertreterin übermittelt.

Aufgrund einer von der Erwachsenenvertreterin am 18.02.2022 telefonisch erfolgten Änderungsmeldung hat die belangte Behörde am 22.02.2022 den unter den „Entscheidungsgründen“ näher beschriebenen Abänderungsbescheid (B.) erlassen, mit welchem die Hilfe zum Lebensunterhalt neu bemessen und die Punkte II. und III. des ursprünglichen Bescheides ausdrücklich als von dieser Abänderung unberührt erklärt haben lassen.

Am 10.03.2022 ging in der BH Bruck-Mürzzuschlag die nunmehr gegenständliche Bescheidbeschwerde (C.) gegen den Bescheid vom 22.12.2021 ein, welche sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut ausschließlich gegen Spruchpunkt III., also gegen die Verweigerung der Übernahme der Kosten für die Krankenversicherung, richten sollte.

Beweiswürdigung:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei und unbestrittenermaßen aus dem vorliegenden Akteninhalt, sodass von einer ausführlichen Beweiswürdigung Abstand genommen werden konnte.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 24 Abs 4 VWGVG konnte die gegenständliche Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfolgen, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen steht. Die Erwachsenenvertreterin der Beschwerdeführerin hat sich zu der hg. bekanntgegebenen Absicht, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen, nicht geäußert.

Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG ist zuallererst der Beschwerdeführerin dahingehend Recht zu geben, dass eine rechtsgültige Zustellung des nunmehr bekämpften Bescheides vom 22.12.2021 tatsächlich nicht am 27.12.2021, sondern erst durch die per Gerichtsbeschluss vom 14.12.2021 als dafür zuständig erklärte Erwachsenenvertretung, also am 24.02.2022, erfolgt ist. Die am 10.03.2022 in der belangten Behörde eingegangene Beschwerde ist daher in diesem Sinne jedenfalls als rechtzeitig anzuerkennen.

In der Sache ist auszuführen, dass die Beschwerde sich nach dem ausdrücklichen Vorbringen ausschließlich gegen Spruchpunkt III. dieses Bescheides, also gegen die Abweisung des Antrages auf Übernahme der Kosten für die Krankenversicherung, richtet, welche von der belangten Behörde mit Verweis auf das Subsidiaritätsprinzip und die aufrecht bestehende Mitversicherung in der Krankenversicherung der A B bei ihrer Mutter begründet worden ist.

In § 9 StBHG sind Bestimmungen zum Lebensunterhalt für Menschen mit Behinderung enthalten und wurde mit der Novelle LGBl. Nr. 51/2021, mit welcher unter anderem auch das Steiermärkische Sozialunterstützungsgesetz in Kraft gesetzt und das Steiermärkische Sozialhilfegesetz geändert worden ist, in § 9 StBHG folgender Absatz 5 eingefügt:

„(5) Menschen mit Behinderung, die Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten, haben Anspruch auf Leistungen zum Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung wie sie Ausgleichzulagenbezieherinnen/Ausgleichzulagenbeziehern zustehen. Diese Leistung wird durch Entrichtung der Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung an den Krankenversicherungsträger erbracht.“

Die Erläuterungen (XVIII. GPStLT RV EZ 1113/1) zu dieser Neufassung des § 9 Abs 5 StBHG lauten wie folgt:

„Zu Z 4 (§ 9 Abs. 5):

Menschen mit Behinderung, die in das Versorgungssystem der Steiermärkischen Behindertenhilfe fallen, verfügen oftmals über keine eigene Krankenversicherung. Häufig werden diese Personen bei Angehörigen „mitversichert“, trotzdem gibt es Menschen mit Behinderung, bei denen auch diese Möglichkeit nicht besteht.

Die Kosten für eine Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 16 ASVG können nicht im Rahmen des § 11 StBHG berücksichtigt werden, da dem der Wortlaut des § 11 Abs. 3 Z 2 StBHG entgegensteht. Die zitierte Bestimmung in der derzeitigen Fassung bezieht sich auf generell zu leistenden Sozialversicherungsbeiträge aus einer Pflichtversicherung, nicht jedoch die Kosten einer Selbstversicherung.

Menschen mit Behinderung, die Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 9 erhalten und nicht krankenversichert sind, sollen künftig – vergleichbar Bezugsberechtigten nach dem StSUG – in die Krankenversicherung einbezogen werden können. Näheres siehe Erläuterungen zu § 9 StSUG.“

In den Erläuterungen zu § 9 StSUG, auf die diese Erläuterungen zur Novelle des StBHG ausdrücklich verweisen, ist unter anderem auszugsweise ausgeführt wie folgt (Hervorhebung durch das LVwG Steiermark):

„….Gemäß § 9 ASVG können Personen, die keinem Erwerb nachgehen […] und einer gesetzlichen Pflichtversicherung für den Fall der Krankheit nicht unterliegen, aber eines Versicherungsschutzes bedürfen, durch Verordnung in die Krankenversicherung einbezogen werden. Nach der aufgrund dieser Bestimmung erlassenen Verordnung über die Durchführung der Krankenversicherung für die gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogenen Personen, BGBl. II Nr. 420/1969 idF BGBl. II Nr. 419/2019, sind Bezieherinnen/Bezieher von Sozialhilfe (derzeit befristet bis 31.12.2020) in die Sozialversicherung einbezogen, wenn das Land, das für die Sozialhilfe der Person zuständig ist, die bescheidförmig zuerkannten Sozialversicherungsbeiträge entrichtet.

Der Bund ist dem Wunsch der Länder auf Aufhebung der Befristung … nicht nachgekommen. Er hat lediglich eine „Absichtserklärung“ in den Erläuterungen zum SH-GG abgegeben, die besagt, dass „Bezugsberechtigte weiterhin in die Krankenversicherung einbezogen seien“ werden …

Auch diese Leistung soll nur subsidiär gewährt werden und soweit Hilfsbedürftigkeit besteht. Es hat daher eine gesetzliche Pflichtversicherung (zum Beispiel wegen Bezugs von Notstandshilfe oder Kinderbetreuungsgeld), eine allfällige Selbstversicherung gemäß § 16 ASVG und auch eine Versicherung aufgrund der Angehörigeneigenschaft gemäß § 123 ASVG Vorrang gegenüber der Einbeziehung in die gesetzliche Pflichtversicherung nach diesem Gesetz...“

Die Verordnung, auf die sich diese Ausführungen beziehen, ist die Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 28.11.1969 über die Durchführung der Krankenversicherung für die gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogenen Personen (Stammfassung BGBl. Nr. 420/1969), die derzeit in der Fassung BGBl. II Nr. 104/2022 in Geltung steht. Mit dieser Verordnung wird aufgrund explizit genannter Bestimmungen des ASVG normiert, dass bestimmte Gruppen von Personen gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogen werden, wenn diese Personen ihren Wohnsitz im Inland haben und nicht schon nach anderer gesetzlicher Vorschrift in der Krankenversicherung pflichtversichert sind. § 1 dieser Verordnung regelt den betroffenen Personenkreis und lautet dessen Ziffer 20 wie folgt (Hervorhebung durch das LVwG Steiermark):

Bezieherinnen und Bezieher einer Leistung der Sozialhilfe oder der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach den in Ausführung der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung beschlossenen Sozialhilfe- oder Mindestsicherungsgesetzen der Länder mit Ausnahme der nach § 19a ASVG selbstversicherten Personen sowie der anspruchsberechtigten Angehörigen einer nach einer anderen Bestimmung pflichtversicherten Person.“

Nach Prüfung und in Würdigung der hier zu beachtenden Rechtsgrundlagen ist festzuhalten, dass Personen, die in Bezug auf Gewährung von Leistungen der Sozialunterstützung bezugsberechtigt sind, Anspruch auf Leistungen zum Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung haben, wie sie Ausgleichszulagenbezieherinnen/Ausgleichzulagenbeziehern zustehen, wobei diese Leistung durch Entrichtung der Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung an den Krankenversicherungsträger erbracht wird (§ 9 StSUG). Diese Möglichkeit der Krankenversicherung wird abgeleitet aus § 9 ASVG, der die Einbeziehung in die Krankenversicherung im Verordnungsweg ermöglicht, und durch die dazu ergangene Verordnung, die in ihrem § 1 Z 20 für die nunmehr in Geltung stehenden Sozialunterstützungs-Leistungen vorgesehen ist. Es handelt sich also bei dieser Krankenversicherung nicht um eine klassische Pflichtversicherung und auch nicht um eine Selbstversicherung, sondern um eine eigenständige Art durch Einbeziehung in die Krankenversicherung mittels Verordnungsweg.

Schon für diesen Kreis der Anspruchsberechtigten ist in § 1 Z 20 der genannten Verordnung ausdrücklich eine Ausnahme der nach § 19a ASVG selbstversicherten Personen sowie der anspruchsberechtigten Angehörigen einer nach einer anderen Bestimmung pflichtversicherten Person vorgesehen. Dieser Ausschließungsgrund ist auch in den oben zitierten Materialien zum StSUG ausdrücklich wiedergegeben.

Die nunmehr in § 9 Abs 5 Steiermärkisches Behindertengesetz vorgesehene Einbeziehung in die gesetzliche Krankenversicherung von Menschen mit Behinderung, die Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten, soll nach den Erläuterungen ausdrücklich eine Angleichung an diese Möglichkeit, die für Bezugsberechtigte nach dem StSUG besteht, darstellen.

Auch wenn die genannte Verordnung des Bundesministers auf die nunmehr vom Landesgesetzgeber im StBHG vorgesehene Einbeziehung in die gesetzliche Krankenversicherung nicht direkt Anwendung finden kann, weshalb diese Personengruppe der Menschen mit Behinderung auch nicht ausdrücklich in dieser Bestimmung der Verordnung genannt ist, so ist doch eine analoge Auslegung dieser Bestimmungen und ein Ausschluss von dieser Leistung von Personen, die gemäß § 123 ASVG als Angehörige mitversichert sind, nicht als rechtswidrig zu erachten.

Hierbei ist ausdrücklich auf § 2 Abs 3 StBHG zu verweisen, welcher wie folgt lautet:

„(3) Ein Rechtsanspruch gemäß Abs. 2 besteht nur, soweit der Mensch mit Behinderung nicht aufgrund anderer gesetzlicher, statutarischer oder vertraglicher Regelungen – ausgenommen dem Steiermärkischen Sozialunterstützungsgesetz – gleichartige oder ähnliche Leistungen erhält oder geltend machen kann. Hierbei ist unerheblich, ob dem Menschen mit Behinderung ein Rechtsanspruch auf die Gewährung der gleichartigen oder ähnlichen Leistung zusteht.“

Diese als Subsidiaritätsprinzip bezeichnete Bestimmung besagt, dass Leistungen nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz grundsätzlich nur subsidiär gewährt werden, also nur soweit tatsächlich Hilfsbedürftigkeit besteht. Dieser Leistungsanspruch besteht mangels Hilfsbedürftigkeit immer dann nicht, insoweit der Mensch mit Behinderung gleichartige oder ähnliche Leistungen aufgrund anderer Regelungen erhält oder zumindest geltend machen kann. Das Subsidiaritätsprinzip gilt grundsätzlich und allgemein für alle Leistungen nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz und besteht keinerlei Anlass, das Subsidiaritätsprinzip gerade bei der Einbeziehung in die Krankenversicherung nicht zu beachten.

Dies gilt umso mehr in Berücksichtigung des Umstandes, dass aus den Erläuterungen zu § 9 Abs 5 StBHG ja ausdrücklich hervorgeht, dass diese Novellierung eine Angleichung an § 9 StSUG darstellen soll, wobei auch in diesem Fall ein Ausschluss von Personen, die bereits gemäß § 123 ASVG als Angehörige mitversichert sind, besteht.

Den Erläuterungen zu § 9 Abs 5 StBHG ist zu entnehmen, dass der Landesgesetzgeber mit dieser Bestimmung gerade keine grundsätzliche und allgemein geltende Krankenversicherung vorsehen wollte, wenn in den Erläuterungen ausgeführt wird, dass Menschen mit Behinderung häufig mit Angehörigen „mitversichert“ werden, es darüber hinaus aber trotzdem Menschen mit Behinderung gibt, bei denen diese Möglichkeit nicht besteht. Diese Formulierung verdeutlicht im Einklang mit den Regelungen für den bezugsberechtigten Personenkreis nach dem StSUG geradezu, dass diese Regelung eben gerade für jene Menschen mit Behinderung geschaffen werden sollte, die ansonsten überhaupt keine Krankenversicherung haben.

In einer Zusammenschau kann somit in der Entscheidung der Behörde, den Antrag auf Einbeziehung in die Krankenversicherung durch Entrichtung der Beiträge zur Krankenversicherung abzuweisen, keine Rechtswidrigkeit und vor dem Hintergrund des Umstandes, dass auch die entsprechende Bundesverordnung einen Ausschluss von gemäß § 123 ASVG mitversicherten Personen von dieser Möglichkeit vorsieht, auch kein Verstoß gegen das Torpedierungsverbot erkannt werden.

Der Beschwerde musste daher ein Erfolg versagt sein und es war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Lebensunterhalt, Krankenversicherung, subsidiärer Anspruch, Vorrang der Mitversicherung aufgrund Angehörigeneigenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2022:LVwG.70.35.5019.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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