TE Vwgh Erkenntnis 2022/10/3 Ra 2021/11/0049

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Veröffentlicht am 03.10.2022
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Index

Auswertung in Arbeit!

Norm

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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des R I in T (Ungarn), vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Landhausgasse 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 2. September 2020, Zl. LVwG-302401/21/GS, betreffend Übertretungen des LSD-BG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Wels), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der F. Kft. mit Sitz in Ungarn, in teilweiser Bestätigung und teilweiser Abänderung eines Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 21. März 2019 wegen der Unterentlohnung von sieben namentlich genannten Arbeitnehmern der Übertretung des § 29 Abs. 1 und § 3 Abs. 4 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz iVm. § 10 Abs. 1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) sowie des § 3a Kollektivvertrag für Arbeiter im Bauhilfsgewerbe (Oberösterreich) im Zeitraum von 29. Oktober bis 16. November 2018 schuldig erkannt. Aus diesem Grund wurden über ihn sieben Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 4.000,-- (sieben Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 34 Stunden) verhängt. Weiters wurde er zur Entrichtung eines Beitrages zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen sowie zu jenen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und zum Ersatz von Barauslagen verpflichtet. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2        Das Verwaltungsgericht führte aus, der Unternehmensgegenstand der F. Kft. bestehe in der Montage von Ladeneinrichtungen und -strukturen. Am 15. November 2018 seien bei einer finanzpolizeilichen Kontrolle im Innenbereich der in W. neu errichteten M. Filiale sieben Personen angetroffen worden, die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Dienstnehmer der F. Kft. gewesen seien. Für diese Personen seien Dienstzettel bzw. Arbeitsverträge vorgelegt worden, in denen jeweils die F. Kft. als Arbeitgeberin angeführt sei. Der Revisionswerber habe eine näher dargestellte „Aussage“ zur Lohnqualifizierung vorgelegt und hinsichtlich der betreffenden Arbeitnehmer „Entsendungsmeldungen“ (ZKO3-Meldungen) erstattet. Mit Erkenntnis vom 1. September 2020 habe das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich jedoch zu einer näher angeführten (nicht den Revisionsfall betreffenden Geschäftszahl) aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse festgestellt, dass es sich um eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung gehandelt habe. Anschließend führte das Verwaltungsgericht aus, die fallbezogen betroffenen Arbeitnehmer seien laut den vorliegenden Arbeitsverträgen jeweils seit einem bestimmten Zeitpunkt bei der F. Kft. beschäftigt gewesen. Aus den Arbeitsaufzeichnungen sei jeweils ein bestimmter Zeitraum ersichtlich, innerhalb dessen die Arbeitnehmer in Österreich gearbeitet hätten.

3        Im Hinblick auf die in den Arbeitsverträgen ausgewiesenen Bruttolöhne und die von den Arbeitern geführten Stundenlisten ergebe sich unter Berücksichtigung des Arbeitnehmern laut dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Bauhilfsgewerbe (Oberösterreich) zustehenden Bruttolohns eine dem Betrag nach errechnete und im angefochtenen Erkenntnis betreffend jeden Arbeitnehmer angeführte Höhe der Unterentlohnung.

4        In rechtlicher Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht - soweit im gegenständlichen Revisionsverfahren wesentlich - fest, der Straftatbestand der Unterentlohnung des § 29 LSD-BG setze die Existenz eines Arbeitsverhältnisses voraus. Darunter falle auch der Einsatz eines Arbeitnehmers durch den Überlasser im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung. Der Revisionswerber sei daher als Überlasser Adressat des Straftatbestandes des § 29 LSD-BG. Es „gehöre“ zum Tatbild der genannten Norm, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer beschäftige oder, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die zuständige Behörde bereits beendet sei, beschäftigt habe. Aufgrund der vom Revisionswerber vorgelegten Arbeitsverträge bzw. Dienstzettel seien die in Rede stehenden Arbeitnehmer unstrittig von der F. Kft. beschäftigt worden. Somit sei der Revisionswerber Adressat der gegenständlichen Strafnorm. Aus näher genannten Gründen sei das „Montageprivileg“ des § 3 Abs. 5 LSD-BG fallbezogen nicht anwendbar.

5        Weiters ist den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur kollektivvertragsrechtlichen Einstufung der Arbeitnehmer zu entnehmen, dass zwischen der R. Kft., ebenfalls einem ungarischen Unternehmen, und der F. Kft. ein „Werkvertrag“ bestanden habe. Im Übrigen führte das Verwaltungsgericht aus, weshalb nicht nur die objektive, sondern auch die subjektive Tatseite der dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht sei und die Strafbemessung spruchgemäß vorzunehmen gewesen sei.

6        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 26. November 2020, E 3583/2020-10, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

7        In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird vorgebracht, es mangle dem angefochtenen Erkenntnis hinsichtlich der dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretung, insbesondere in Ansehung der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Arbeitskräfteüberlassung, an sämtlichen relevanten Feststellungen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei in Anbetracht der konkreten Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen zwischen der F. Kft. und den im vorliegenden Fall involvierten weiteren drei Unternehmen, nämlich der R. Kft. sowie einem deutschen und einem österreichischen Unternehmen, nicht von einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung durch die F. Kft. auszugehen.

8        Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9        Im Hinblick auf das dargestellte Zulässigkeitsvorbringen erweist sich die Revision als zulässig und begründet.

10       Das LSD-BG, BGBl. I Nr. 44/2016 in der Fassung BGBl. I Nr. 174/2021, lautet auszugsweise:

„Anspruch auf Mindestentgelt, Aufwandersatz und Bedingungen für angemessene Unterkünfte

§ 3.

...

(4) Sind nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag Sonderzahlungen vorgesehen, hat der Arbeitgeber diese dem entsandten Arbeitnehmer oder der grenzüberschreitend überlassenen Arbeitskraft aliquot für die jeweilige Lohnzahlungsperiode zusätzlich zum laufenden Entgelt (Fälligkeit) zu leisten.

...

Unterentlohnung

§ 29. (1) Wer als Arbeitgeber einen oder mehrere Arbeitnehmer beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm oder ihnen zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebührende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leisten, begeht unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer eine einzige Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 50 000 Euro zu bestrafen. Ist im Erstfall bei Arbeitgebern mit bis zu neun Arbeitnehmern die Summe des vorenthaltenen Entgelts geringer als 20 000 Euro beträgt die Geldstrafe bis zu 20 000 Euro. Ist die Summe des vorenthaltenen Entgelts höher als 50 000 Euro, beträgt die Geldstrafe bis zu 100 000 Euro. Ist die Summe des vorenthaltenen Entgelts höher als 100 000 Euro beträgt die Geldstrafe bis zu 250 000 Euro. Ist die Summe des vorenthaltenen Entgelts höher als 100 000 Euro und wurde das Entgelt in Lohnzahlungszeiträumen der Unterentlohnung vorsätzlich um durchschnittlich mehr als 40 vH des Entgelts vorenthalten, beträgt die Geldstrafe bis zu 400 000 Euro. Wirkt der Arbeitgeber bei der Aufklärung zur Wahrheitsfindung unverzüglich und vollständig mit, ist anstelle des Strafrahmens bis 100 000 Euro oder bis 250 000 Euro der jeweils niedrigere Strafrahmen anzuwenden. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, liegt eine einzige Verwaltungsübertretung vor. Entgeltzahlungen, die das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebührende Entgelt übersteigen, sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen. Hinsichtlich von Sonderzahlungen für Arbeitnehmer im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 1 und 2 liegt eine Verwaltungsübertretung nach dem ersten Satz nur dann vor, wenn der Arbeitgeber die Sonderzahlungen nicht oder nicht vollständig bis spätestens 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres leistet. Ebenso ist zu bestrafen, wer als Auftraggeber im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 3 einen Heimarbeiter beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm zumindest das nach Gesetz oder Verordnung gebührende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leisten.

...

Inkrafttreten

§ 72.

...

(10) Die §§ 1 Abs. 2, 3, 5 bis 9, 2 Abs. 2, 3 und 4, 3 Abs. 5 und 7, 12 Abs. 1 Z 3 bis 6, 14 samt Überschrift, 15 Abs. 2, 19, 21, 22, 24 Abs. 1 erster Satz, 25a, 26 bis 28 samt Überschriften, 29 Abs. 1, 33, 34 samt Überschrift, 35 Abs. 2 und 4 und die Überschrift zu § 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 174/2021 treten mit 1. September 2021 in Kraft und sind auf Entsendungen und Überlassungen anzuwenden, die nach dem 31. August 2021 begonnen haben. Die §§ 2 Abs. 3 und 35 Abs. 6 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 174/2021 treten mit Ablauf des 31. August 2021 außer Kraft und sind auf Sachverhalte anzuwenden, die sich vor dem 1. September 2021 ereignet haben. Die §§ 2 Abs. 3 und 3 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 174/2021 gelten nicht für Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Abs. 9. Die §§ 11 Abs. 1 Z 3, 20 Abs. 1 und 2 Z 1, 32 Abs. 1 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 174/2021 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft. Die §§ 26 bis 29 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 174/2021 sind auf alle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmungen anhängigen Verfahren einschließlich von Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof anzuwenden.

...“

11       § 10 AÜG, BGBl. Nr. 196/1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 98/2012, lautet auszugsweise:

„Ansprüche der Arbeitskraft

§ 10. (1) Die Arbeitskraft hat Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt, das mindestens einmal monatlich auszuzahlen und schriftlich abzurechnen ist. Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, denen der Überlasser unterworfen ist, bleiben unberührt. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist für die Dauer der Überlassung auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche oder gesetzlich festgelegte Entgelt Bedacht zu nehmen. Darüber hinaus ist auf die im Beschäftigerbetrieb für vergleichbare Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten geltenden sonstigen verbindlichen Bestimmungen allgemeiner Art Bedacht zu nehmen, es sei denn, es gelten ein Kollektivvertrag, dem der Überlasser unterworfen ist, sowie eine kollektivvertragliche, durch Verordnung festgelegte oder gesetzliche Regelung des Entgelts im Beschäftigerbetrieb.

...“

12       Das Verwaltungsgericht vertrat die Ansicht, es handle sich fallbezogen um eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung, und lastete dem Revisionswerber im Hinblick auf die betragsmäßig errechnete Unterentlohnung der in Rede stehenden Arbeitnehmer die Übertretung der §§ 3 Abs. 4 und 29 LSD-BG iVm. (u.a.) § 10 Abs. 1 AÜG an.

13       Diesbezüglich rügt der Revisionswerber zu Recht, dass es dem angefochtenen Erkenntnis an jenen Feststellungen fehlt, die für die rechtliche Subsumption des gegenständlichen Sachverhalts unter die soeben genannten Rechtsvorschriften bzw. für die Annahme des Vorliegens einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung erforderlich wären, sodass sich das angefochtene Erkenntnis insoweit einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht.

14       Nach der Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist für die Beurteilung, ob ein Sachverhalt als grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung zu beurteilen ist, aus unionsrechtlicher Sicht „jeder Anhaltspunkt“ zu berücksichtigen. Entsprechend dem Urteil des EuGH vom 18. Juni 2015, C-586/13, Martin Meat, sind dabei die Fragen, ob die Vergütung/das Entgelt auch von der Qualität der erbrachten Leistung abhängt bzw. wer die Folgen einer nicht vertragsgemäßen Ausführung der vertraglich festgelegten Leistung trägt, ob also der für einen Werkvertrag essenzielle „gewährleistungstaugliche“ Erfolg vereinbart wurde, wer die Zahl der für die Herstellung des Werkes jeweils konkret eingesetzten Arbeitnehmer bestimmt und von wem die Arbeitnehmer die genauen und individuellen Weisungen für die Ausführung ihrer Tätigkeiten erhalten, von entscheidender Bedeutung (vgl. VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068; zuletzt etwa VwGH 7.4.2022, Ra 2021/11/0079).

15       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind in einem Fall wie dem vorliegenden eindeutige Sachverhaltsfeststellungen dahin zu treffen, ob und welche der für die Arbeitskräfteüberlassung ausschlaggebenden Kriterien verwirklicht sind, um im Rahmen einer rechtlichen Gesamtbeurteilung fallbezogen das Vorliegen von grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung bejahen oder verneinen zu können (vgl. VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068, Rn 34).

16       Solche - der zitierten Judikatur entsprechende, nach dem Revisionsvorbringen vertragliche Verpflichtungen von vier Unternehmen betreffende - Sachverhaltsfeststellungen fehlen in dem angefochtenen Erkenntnis zur Gänze. Diesbezüglich verwies das Verwaltungsgericht lediglich auf Feststellungen zu den „tatsächlichen Verhältnissen“ in einer anderen Entscheidung, ohne diese Feststellungen in das angefochtene Erkenntnis aufzunehmen.

17       Der im angefochtenen Erkenntnis enthaltene pauschale Verweis auf eine andere Entscheidung des Verwaltungsgerichts vermag die im vorliegenden Fall zu treffenden konkreten Feststellungen nicht zu ersetzen. Für einen derartigen Verweis, der an die Stelle einer eigenständigen Begründung des angefochtenen Erkenntnisses tritt, fehlt in den vom Verwaltungsgericht anzuwendenden Verfahrensbestimmungen des VwGVG jegliche Rechtsgrundlage (vgl. etwa VwGH 22.3.2019, Ra 2017/04/0135; 2.9.2015, Ra 2015/02/0115). Zudem ist das verwiesene Erkenntnis weder Bestandteil des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Akts noch gibt es einen Hinweis dafür, dass es der Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses beigeschlossen worden wäre (vgl. VwGH 19.11.2020, Ra 2020/12/0010). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach den Ausführungen des angefochtenen Erkenntnisses jene Entscheidung, auf die das Verwaltungsgericht verwies, mit dem gegenständlichen Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht verbunden worden war.

18       Das angefochtene Erkenntnis war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

19       Im Übrigen ist festzuhalten, dass durch die mit der Novelle BGBl. I Nr.174/2021 in den §§ 26 bis 28 und § 29 Abs. 1 LSD-BG vorgenommenen Änderungen klargestellt wird, dass - unabhängig von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer - nur mehr eine einzige Verwaltungsübertretung vorliegt, die mit einer einzigen Geldstrafe zu bestrafen ist. Gleichzeitig wird eine Höchstgrenze für diese Geldstrafe festgelegt, während die Untergrenze (Mindeststrafe) entfällt. Diese Bestimmung ist nach § 72 Abs. 10 letzter Satz der Novelle auf alle am 1. September 2021 - auch vor dem Verwaltungsgerichtshof - anhängigen Verfahren anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof hat somit in bei ihm anhängigen Revisionsverfahren sämtliche angefochtenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen nach dem LSD-BG, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Erlassung, am Maßstab der §§ 26 bis 28 und § 29 Abs. 1 LSD-BG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 174/2021 zu prüfen (vgl. VwGH 12.10.2021, Ra 2021/11/0033, 0034). Vor diesem Hintergrund erweist sich das angefochtene Erkenntnis auch insoweit als inhaltlich rechtswidrig, als es § 29 Abs. 1 LSD-BG idF der Novelle BGBl. I Nr. 174/2021 widerspricht.

20       Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 3. Oktober 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021110049.L00

Im RIS seit

03.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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