TE Vwgh Beschluss 2022/10/6 Ra 2022/01/0291

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Veröffentlicht am 06.10.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Fasching und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Röder, über die Revision der S A in W, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher und Dr. Thomas Neugschwendtner, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen das am 21. März 2022 mündlich verkündete und mit 5. April 2022 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, Zl. VGW-152/071/16801/2021-8, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) in der Sache gemäß § 39 und § 42 Abs. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) fest, dass die Revisionswerberin mit Wirkung vom 14. Jänner 1998 die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG durch Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit verloren hat und sie nicht österreichische Staatsbürgerin ist. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis wurde für nicht zulässig erklärt.

2        Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, der Revisionswerberin sei nach Vorlage der Bewilligung zur Entlassung aus dem türkischen Staatsverband von der belangten Behörde mit Wirkung vom 4. Juni 1996 gemäß § 10 Abs. 1 StbG die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden.

3        Die Revisionswerberin, die für die türkische Präsidentschafts- und Parlamentswahl am 24. Juni 2018 in der türkischen Wählerevidenz eingetragen gewesen sei, habe im gegenständlichen Beschwerdeverfahren einen am 15. Februar 2022 ausgestellten Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister (Nüfus Kayit Örnegi) vorgelegt, dem zufolge sie mit Beschluss des türkischen Ministerrates vom 14. Jänner 1998, Zl. 98/10570, die türkische Staatsbürgerschaft erneut erworben habe. Weiters sei dem Personenstandsregisterauszug zu entnehmen, dass die Revisionswerberin mit Beschluss des türkischen Ministerrates die türkische Staatsangehörigkeit mit Wirkung vom 4. September 2018 verloren habe.

4        Der Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit sei nach der - näher dargestellten - türkischen Rechtslage nur auf Antrag der Betroffenen zulässig gewesen. Die Revisionswerberin habe nie einen Antrag auf Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt.

5        Die Revisionswerberin habe demnach die türkische Staatsangehörigkeit aufgrund eines Antrags, ohne dass ihr zuvor die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft bewilligt worden sei, wiedererworben und dadurch im Jahr 1998 die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG verloren. Der Umstand, dass die Revisionswerberin im Jahr 2018 neuerlich aus dem türkischen Staatsverband entlassen worden und seither staatenlos sei, vermöge daran nichts zu ändern.

6        Entsprechend näher dargelegter Erwägungen, insbesondere zur Möglichkeit der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der neuerlichen Beantragung der österreichischen Staatsbürgerschaft, sei der Verlust der Staatsbürgerschaft - vor dem Hintergrund der in § 28 StbG geregelten Möglichkeit, die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft trotz beabsichtigter Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit zu beantragen - für die Revisionswerberin insgesamt nicht unverhältnismäßig.

7        Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) lehnte mit Beschluss vom 14. Juni 2022, E 1327/2022-5, die Behandlung der dagegen von der Revisionswerberin eingebrachten Beschwerde ab. Begründend führte der VfGH u.a. aus, dass spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen „zur Beantwortung ... der Fragen, ob das Verwaltungsgericht Wien die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin die türkische Staatsangehörigkeit wiedererworben hat, zu Recht auf den Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister gestützt hat (vgl. VwGH 21.2.2022, Ra 2022/01/0041 mwN) und eine unionsrechtlich gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung zutreffend vorgenommen hat, nicht anzustellen (VfGH 17.6.2019, E 1302/2019).“ seien.

8        Mit weiterem Beschluss vom 7. Juli 2022, E 1327/2022-7, trat der VfGH die Beschwerde über nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

9        Sodann erhob der Revisionswerberin die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

10       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13       Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.3.2022, Ra 2021/01/0103, mwN).

14       Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass dem Erfordernis der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, nicht entsprochen wird, wenn eine außerordentliche Revision die Ausführungen zur Begründetheit der Revision wortident auch als Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision enthält (vgl. etwa VwGH 11.12.2018, Ra 2017/01/0111; 26.6.2019, Ra 2019/01/0219; 8.6.2022, Ra 2021/11/0101, jeweils mwN).

15       Die vorliegende Revision enthält unter der Überschrift „Zulässigkeit der Revision“ umfangreiche Ausführungen, die ihrem Inhalt nach sowohl Zulässigkeits- als auch Revisionsgründe darstellen, und die zudem unter der Überschrift „Revisionsgründe“ - abgesehen von unwesentlichen Ergänzungen - wörtlich wiederholt werden.

16       Die gegenständliche Revision ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt. Ein Mängelbehebungsauftrag ist in einem solchen Fall nicht geboten (vgl. abermals VwGH Ra 2022/11/0101, mwN).

17       Abgesehen davon, dass sich die Revision bereits deshalb als unzulässig erweist, sei noch bemerkt, dass das Verwaltungsgericht von der zum Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft durch den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zum erheblichen Beweiswert eines Auszugs aus dem türkischen Personenstandsregister für die Frage des Verlusts der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG vgl. etwa VwGH 10.7.2018, Ra 2018/01/0094; 21.2.2022, Ra 2022/01/0041 bis 0042, mwN) bzw. von den vom Verwaltungsgerichtsgerichtshof aufgestellten Leitlinien zur unionsrechtlich gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. etwa VwGH 8.6.2020, Ra 2020/01/0134; 22.10.2020, Ra 2020/01/0371; 17.12.2021, Ra 2019/01/0381, mwN) nicht abgewichen ist.

18       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 6. Oktober 2022

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022010291.L00

Im RIS seit

03.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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