TE Vwgh Beschluss 2022/10/7 Ra 2022/09/0113

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Veröffentlicht am 07.10.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie Hofrat Mag. Feiel und Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision 1. des A B und 2. der C GmbH, beide in Pöndorf, vertreten durch die Aigner Fischer Stranzinger Rechtsanwaltspartnerschaft in 4921 Hohenzell, Gonetsreith 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 15. März 2022, LVwG-302897/20/KHa-302898/2, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen angefochtenen Erkenntnis erkannte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den Erstrevisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer und damit als das gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der zweitrevisionswerbenden Partei 27 Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) schuldig, weil er es zu verantworten habe, dass die zweitrevisionswerbende Partei 27 namentlich genannte irakische Staatsangehörige in näher ausgeführten Zeiträumen beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Das Verwaltungsgericht verhängte hiefür über den Erstrevisionswerber gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 dritter Strafsatz AuslBG 21 Geldstrafen zu jeweils 2.500 Euro und 6 Geldstrafen zu jeweils 3.000 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) und sprach ferner die Haftung der zweitrevisionswerbenden Partei gemäß § 9 Abs. 7 VStG aus. Hinsichtlich eines weiteren Vorwurfs behob es das behördliche Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein.

Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2        Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 29. Juni 2022, E 1123/2022-7, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

3        Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5        Die revisionswerbenden Parteien bringen unter diesem Gesichtspunkt in ihrer - in der nach § 26 Abs. 4 VwGG eröffneten Frist erhobenen - Revision zusammengefasst vor, dass es sich bei den Ausländern um Asylwerber handle. Für Asylwerber sei es nach der zum Tatzeitpunkt geltenden Gesetzeslage nicht möglich gewesen, eine Beschäftigungsbewilligung für die von ihnen durchgeführten Tätigkeiten zu erlangen. Da Asylwerbern eine unselbständige Arbeit nicht möglich gewesen wäre, sie aber eine selbständige Arbeit hätten ausüben dürfen, stelle sich die Rechtsfrage, ob die bis dato entwickelten Kriterien für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmern, arbeitnehmerähnlichen Personen und selbständigen Personen in Bezug auf Asylwerber aufrechtzuerhalten seien. Dies komme letztlich einem Beschäftigungsverbot von Asylwerbern gleich, weil die Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit mangels Erhalt einer Beschäftigungsbewilligung nicht möglich sei und nach den vom Verwaltungsgericht zitierten Kriterien auch bei Anmeldung eines Gewerbes in den meisten Fällen von einer Scheinselbständigkeit auszugehen wäre. Eine solche Konsequenz lasse sich aber weder aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften noch deren Zweck entnehmen, insbesondere deshalb, weil jegliche Tätigkeit eines Asylbewerbers im Rahmen seines Asylverfahrens als positiv beurteilt und zum Nachweis der Integration und der Selbsterhaltungsfähigkeit gefordert werde. Es fehle daher höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Arbeitsmarktzugangs von Asylwerbern im Rahmen ihrer Ausübung eines angemeldeten Gewerbes.

6        Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen behaupten die revisionswerbenden Parteien weder, dass das Landesverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Tätigkeiten der Asylwerber nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt als in einem Beschäftigungsverhältnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erbracht, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, noch, dass es dabei die geltende Gesetzeslage unrichtig angewendet hätte. Entgegen den Zulässigkeitsausführungen fehlt es auch nicht an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Arbeitsmarktzugang von Asylwerbern (siehe dazu ausführlich VwGH 28.4.2020, Ro 2019/09/0011). Ferner ist der bloß formale Umstand, dass ein Ausländer im Besitz einer Gewerbeberechtigung ist, für die Beurteilung einer sachverhaltsmäßig festgestellten Tätigkeit dahingehend, ob eine Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegt oder nicht, nicht maßgeblich (vgl. VwGH 17.8.2022, Ra 2022/09/0056, mwN). Weder ist jedoch die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an Asylwerber per se ausgeschlossen (siehe § 4 Abs. 1 Z 1 AuslBG), noch ihnen durch das Ausländerbeschäftigungsgesetz die Aufnahme einer tatsächlich selbständigen Tätigkeit untersagt.

7        Das in der Revision schließlich geforderte „Vorabprüfungsverfahren“ der Sozialversicherungsträger anlässlich einer Anmeldung mit Blick auf eine „Scheinselbständigkeit“ vermag schon deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage im vorliegenden Verfahren wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes aufzuwerfen, weil die Behörden - und die Verwaltungsgerichte - in diesem Verfahren an eine von der Sozialversicherung vorgenommene Einstufung nicht gebunden sind (vgl. etwa VwGH 30.3.2016, Ra 2016/09/0027, mwN).

8        In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen war.

Wien, am 7. Oktober 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022090113.L00

Im RIS seit

02.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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