TE Vwgh Beschluss 2022/10/12 Ra 2022/08/0072

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Veröffentlicht am 12.10.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des N P in M, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria Škof und MMag. Maja Ranc, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 19. März 2021, KLVwG-1754-1755/11/2020, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis vom 1. September 2020 sprach die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land aus, der Revisionswerber habe es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der P KG zu verantworten, dass in deren Malerbetrieb am 4. Oktober 2019 auf einer Baustelle zwei namentlich genannte, in der Krankenversicherung pflichtversicherte Personen beschäftigt worden seien, ohne dass sie vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet worden seien. Er habe dadurch zwei Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs. 1 iVm. § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG begangen. Deshalb wurden über ihn zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 2.180 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 6 Tage und zwei Stunden) verhängt.

2        Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe einer vorliegend nicht relevanten Änderung der Spruchformulierung als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Landesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3        Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 28. Februar 2022, E 1554-1555/2021-6, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers mit Beschluss vom 31. März 2022 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

4        Die daraufhin ausgeführte außerordentliche Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, das Landesverwaltungsgericht habe zwar festgestellt, dass die beiden auf der Baustelle angetroffenen Personen jeweils „Inhaber selbstständiger slowenischer Einzelunternehmen“ seien und auch entsprechende Dienstleistungsanzeigen im österreichischen Dienstleistungsregister erstattet hätten. Dennoch habe das Landesverwaltungsgericht sie als abhängige Dienstnehmer behandelt, ohne sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine solche Vorgangsweise der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV entspreche. Das Landesverwaltungsgericht wäre verpflichtet gewesen, die Frage, ob selbstständige Unternehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten in Österreich als unselbständige Arbeitnehmer behandelt werden dürfen, auch wenn sie sich darauf berufen, einer selbstständigen Tätigkeit nachzugehen, dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Dem oben wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen ist zu entgegnen, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis weder den auf der Baustelle angetroffenen Personen die selbstständige Erbringung noch dem Revisionswerber die Inanspruchnahme von Dienstleistungen versagt wurde. Vielmehr hat das Landesverwaltungsgericht aufgrund der konkret festgestellten Tätigkeiten der auf der Baustelle angetroffenen Personen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung iSd § 4 Abs. 2 ASVG bejaht und gegen den Revisionswerber als Dienstgeber verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen verhängt, weil vor Arbeitsantritt keine Meldung an den zuständigen Krankenversicherungsträger erfolgt war. Schon von daher ist nicht ersichtlich, dass das angefochtene Erkenntnis in die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV eingreifen könnte (vgl. VwGH 14.2.2013, 2011/08/0115) und wird mit diesem Vorbringen - ungeachtet der mangelnden Vorlagepflicht der Verwaltungsgerichte (vgl. etwa VwGH 29.7.2021, Ra 2020/12/0002) - keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, von der die vorliegende Revision abhängt.

9        Die Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Gesamtabwägung der maßgeblich für bzw. gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechenden Umstände und Merkmale. Wurde diese auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese Gesamtabwägung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 8.3.2019, Ra 2019/08/0028, mwN).

10       Im vorliegenden Fall hat das Landesverwaltungsgericht etwa festgestellt, Gegenstand der Tätigkeit der beiden auf der Baustelle angetroffenen Personen seien Fassaden- und Malerarbeiten gewesen, die nach bearbeiteten Quadratmetern abgerechnet worden seien. Die beiden Personen seien seit Jahren ausschließlich für den Revisionswerber tätig gewesen, hätten keine anderen Auftraggeber gehabt und seien auch nicht werbend am Markt aufgetreten. Das Material und das Gerüst seien vom Revisionswerber gestellt worden. Die beiden Personen seien gemeinsam mit (weiteren) Dienstnehmern des Revisionswerbers, mit welchen sie auch gemeinsam Arbeiten verrichtet hätten, im Fahrzeug des Unternehmens des Revisionswerbers auf die Baustelle gefahren. Sie seien an die Anweisungen des Revisionswerbers - auch hinsichtlich der Arbeitszeit - gebunden gewesen. Weder werden in der Revision die Feststellungen wirksam bekämpft, noch eine Unvertretbarkeit der rechtlichen Würdigung dieser Tätigkeiten als abhängige Beschäftigung im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG aufgezeigt (vgl. insgesamt auch den hg. Beschluss vom 17. August 2022, Ra 2022/09/0056, mit dem die Revision der auch hier revisionswerbenden Partei gegen die Bestrafung nach dem AuslBG aufgrund desselben Sachverhaltes zurückgewiesen wurde).

11       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 12. Oktober 2022

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022080072.L00

Im RIS seit

02.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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