TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/20 95/21/0714

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Veröffentlicht am 20.03.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §4 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs3;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. März 1995, Zl. 103.424/3-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 23. März 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines kroatischen Staatsangehörigen, vom 21. Juni 1994 auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 6 Abs. 3 dieses Gesetzes (AufG, BGBl. Nr. 466/1992 idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird damit begründet, daß die bisherige Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers am 15. Juni 1994 geendet habe und der Antrag auf Verlängerung der Bewilligung erst am 21. Juni 1994 eingebracht worden sei. Gemäß § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes seien Anträge auf Verlängerung jedoch spätestens vier Wochen vor Ablauf der Geltungsdauer einer Bewilligung zu stellen. Diese Frist sei vom Beschwerdeführer nicht gewahrt worden, sodaß eine Verlängerung nicht in Betracht komme. Auf das Berufungsvorbringen brauche nicht weiter eingegangen zu werden, da es sich bei der genannten Frist um eine vom Gesetz normierte Fallfrist handle, die der Behörde keinen Ermessensspielraum einräume, sondern um eine zwingend anzuwendende Norm. Auch auf das Vorbringen im Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei nicht weiter einzugehen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde läßt zwar die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde unbestritten, daß der Beschwerdeführer den Antrag auf Verlängerung seiner Bewilligung nicht vier Wochen vor Ablauf der Geltungsdauer seiner bisherigen Bewilligung gestellt hat. Bezüglich dieser Feststellung bestehen auch seitens des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken.

Die belangte Behörde hat auch richtig erkannt, daß bei Versäumung der Frist des § 6 Abs. 3 AufG in der hier maßgeblichen Fassung der Anspruch auf Verlängerung einer Bewilligung infolge der materiellrechtlichen Natur dieser Frist grundsätzlich erloschen ist. Aus diesem Umstand durfte sie aber im vorliegenden Fall nicht den Schluß ziehen, daß der Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen war. Im Lichte des in Art. 8 MRK gewährleisteten Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens führt nämlich bei Antragstellern, die sich jahre- bzw. jahrzehntelang im Bundesgebiet aufgehalten haben oder bei denen spezifische private oder familiäre Interessen vorliegen, eine relativ kurze Versäumung der Frist des § 6 Abs. 3 AufG nicht zum Untergang des Rechts auf Verlängerung einer Bewilligung gemäß § 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 zweiter Satz AufG (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, B 1611-1614/94). Den Ausführungen der Berufung zufolge hält sich der Beschwerdeführer seit dem Jahre 1969 in Österreich auf, hat in dieser Zeit im Bundesgebiet gearbeitet und ist mit einer Österreicherin verheiratet; seine beiden Kinder sind ebenfalls Österreicher. Infolge Verkennung der oben aufgezeigten Rechtslage hat sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt und belastete den angefochtenen Bescheid daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen mußte.

2. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war im Hinblick darauf abzuweisen, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur zwei Ausfertigungen der Beschwerde einzubringen waren.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210714.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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