TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/26 95/19/0286

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Veröffentlicht am 26.03.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;
FrG 1993 §10 Abs3;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z1;
MRK Art8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. April 1995, Zl. 301.398/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. April 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Der zwingende Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG sei dadurch verwirklicht, daß der Beschwerdeführer trotz Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit über keinen entsprechenden Versicherungsschutz verfüge. Die öffentlichen Interessen überwögen die privaten Interessen des Beschwerdeführers.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung nach diesem Gesetz Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.

Nach dem Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG liegt ein Sichtvermerksversagungsgrund vor, wenn der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt.

In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, erst die Berufungsbehörde habe den Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG herangezogen, wohingegen die Behörde erster Instanz die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Grunde des § 5 Abs. 2 AufG versagt habe. Dadurch, daß dem Beschwerdeführer im Berufungsverfahren niemals die Möglichkeit zur Erstattung einer Äußerung gegeben worden bzw. die Vorlage des Nachweises des Bestehens eines Krankenversicherungsschutzes aufgetragen worden sei, habe die belangte Behörde den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu beweisen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Beweislast entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen. Von den diesbezüglichen Angaben des Fremden in seinem Bewilligungsantrag kann die Berufungsbehörde selbst dann ausgehen, wenn sie erstmals den Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 1. Fall FrG heranzieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1995, Zl. 94/18/1137). Diese zum ersten Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG entwickelte Rechtsprechung hat zufolge der Gleichartigkeit der für diese Bestimmungen maßgebenden Interessenslage auch für seinen zweiten Tatbestand zu gelten. Die belangte Behörde war demnach nicht gehalten, den Beschwerdeführer, der in seinem Antrag angab, über keine für die Dauer des Aufenthaltes alle Risken abdeckende Krankenversicherung zu verfügen, von sich aus zum Nachweis des Abschlusses einer Krankenversicherung aufzufordern.

Der Beschwerdeführer bringt lediglich vor, er sei selbständig erwerbstätig und habe die Mittel zur Deckung seines Unterhaltes initiativ nachgewiesen. Dem ist zu entgegnen, daß der von ihm vorgelegte Nachweis des Abschlusses eines Werkvertrages für sich allein nicht zwingend zu der rechtlichen Schlußfolgerung führt, der Beschwerdeführer sei in der gewerblichen Sozialversicherung pflichtversichert.

§ 2 Abs. 1 Z. 1 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) in der Fassung BGBl. Nr. 531/1979 lautet:

"Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1. die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft;"

Gemäß § 3 Abs. 2 Handelskammergesetz (HKG) in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 258/1990 sind Mitglieder jeder Kammer der gewerblichen Wirtschaft alle physischen und juristischen Personen sowie offenen Handelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften) und eingetragenen Erwerbsgesellschaften, die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs und des Fremdenverkehrs berechtigt sind.

Die Kammermitgliedschaft, auf die § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG abstellt, hängt somit von der Befugnis zur Ausübung des betreffenden Gewerbes und nicht von der bloßen Betriebsaufnahme ab (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1985, 85/08/0111, VwSlg. 11.903/A). Weder im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden, noch in seinem Vorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof legte der Beschwerdeführer dar, daß er über eine Gewerbeberechtigung verfügt. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, daß er gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG pflichtversichert ist.

Der Verweis des § 5 Abs. 1 AufG auf die Sichtvermerksversagungsgründe des Fremdengesetzes eröffnet zwar der Aufenthaltsbehörde die im § 10 Abs. 3 FrG geschaffene Möglichkeit, trotz Vorliegens des Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG einen Sichtvermerk zu erteilen, wenn aufgrund der Verpflichtungserklärung einer Person mit ordentlichem Wohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erscheint (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0551). Im Beschwerdefall ist den Verwaltungsakten zu entnehmen, daß der in Österreich lebende Cousin des Beschwerdeführers für letzteren eine "Verpflichtungserklärung" abgegeben hat. Nach dem Inhalt dieser Erklärung hat sich dieser jedoch lediglich dazu verpflichtet, für den Unterhalt des Beschwerdeführers so lange uneingeschränkt aufzukommen, bis er dazu aus eigenem Einkommen in der Lage sein werde. Damit liegt eine Verpflichtungserklärung im Sinne des § 10 Abs. 3 FrG nicht vor, weil eine solche Erklärung auch die Verpflichtung beinhalten müßte, der Republik Österreich, den Ländern, den Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, zu bezahlen. Somit kommt im Beschwerdefall auch die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG nicht in Frage.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen führt der Beschwerdeführer aus, er halte sich seit sechs Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sei selbständig erwerbstätig und verfüge über eine ortsübliche Unterkunft. Die - wenn auch knappe - Interessenabwägung der belangten Behörde bekämpft der Beschwerdeführer nicht. Sie begegnet auch keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 1 MRK, zumal dem Beschwerdeführer angesichts der behaupteten Höhe seines monatlichen Einkommens aus selbständiger Tätigkeit (S 20.000,-- bis S 30.000,--) der Abschluß einer privaten Krankenversicherung durchaus zumutbar war, ein schützenswertes Interesse des Fremden an der Fortsetzung seines Inlandsaufenthaltes ohne Versicherungsschutz daher nicht besteht.

Da somit insgesamt die von der Beschwerde geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995190286.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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