TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/26 95/19/1278

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Veröffentlicht am 26.03.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §3 Abs1 Z2;
AufG 1992 §3 Abs3;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch die Mutter B, diese vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. September 1995, Zl. 302.579/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. September 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 24. August 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 AufenthaltsG, BGBl. Nr. 466/1992 (AufG), abgewiesen.

Die Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß aufgrund der vorliegenden Aktenlage feststehe, daß der Beschwerdeführer als Aufenthaltszweck die Familiengemeinschaft mit seinen Eltern angegeben habe. Ungeachtet dessen, daß seinem Vater mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. August 1995 die Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei, verfüge seine Mutter, die in der Berufung auch als Vertreterin angeführt werde, über keine Aufenthaltsberechtigung. Insbesondere unter der Berücksichtigung des Alters des Beschwerdeführers, aber auch unter Bedachtnahme darauf, daß der Vater des Beschwerdeführers seiner Erwerbstätigkeit nachgehen müsse, sei gerade die Mutter jene Person, die den Haushalt führe und der vorwiegend die Obsorge und Obhut über den Beschwerdeführer zustehe, und sei somit jene Bezugsperson, nach welcher sich der Zweck der Familienzusammenführung richte. Da die Mutter des Beschwerdeführers über keine Aufenthaltsberechtigung verfüge, könne dem Beschwerdeführer keine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 i. V.m. § 4 Abs. 3 AufG erteilt werden. Ein anderer Aufenthaltszweck sei nicht angegeben worden und käme zudem nicht in Frage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG ist ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern von Fremden, die aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4 AufG eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1 AufG) vorliegt.

Gemäß § 3 Abs. 3 AufG kann die Frist von zwei Jahren verkürzt werden, wenn das Kind im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und sein Lebensunterhalt und seine Unterkunft ausreichend gesichert sind.

Abgesehen davon, daß die belangte Behörde darüber hinweggeht, daß im Antrag des Beschwerdeführers unter Punkt 4 Aufenthaltszweck lit. c "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft" und zwar mit "Vater/Mutter" angekreuzt ist, jedoch bei den folgenden Angaben zur Person dieses Familienangehörigen der Name des Vaters des Beschwerdeführers, nämlich Emrovic Siat ausgefüllt wurde, und daraus eindeutig zu ersehen ist, daß die Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft in erster Linie mit dem Vater angestrebt wird, hat die Behörde den rechtlichen Inhalt des § 3 AufG verkannt.

Denn aus dem diesbezüglich unzweifelhaften Wortlaut der Norm ist im Falle, daß sich die angestrebte Familienzusammenführung auf beide Elternteile bezieht, keine Bevorzugung der Mutter abzuleiten, sondern stehen diese gleichberechtigt nebeneinander (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0510).

Ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht, daß die Mutter im konkreten Falle diejenige Person sei, auf welche die angestrebte Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft abziele, hat sich die belangte Behörde trotz des von ihr genannten Umstandes, daß dem Vater des Beschwerdeführers die Aufenthaltsbewilligung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. August 1995 erteilt wurde, nicht damit befaßt, ob der Vater des Beschwerdeführers rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren seinen Hauptwohnsitz in Österreich habe, und sich auch nicht mit der Bestimmung des § 3 Abs. 3 AufG auseinandergesetzt. Insbesondere hat sie nicht dargetan, welche Gründe gegen die - für den Fall der Nichterfüllung des mehr als zwei Jahre dauernden rechtmäßigen Hauptwohnsitzes des Vaters - Anwendung der eingeräumten Möglichkeit der Verkürzung der Frist sprechen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit einem sekundären Verfahrensmangel behaftet und war wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Diverses Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995191278.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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