TE Vwgh Beschluss 2022/9/7 Ra 2022/17/0120

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Veröffentlicht am 07.09.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
22/02 Zivilprozessordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg
ZPO §500
ZPO §501
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VwGG § 28 heute
  2. VwGG § 28 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. VwGG § 28 gültig von 01.01.2017 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2017
  4. VwGG § 28 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 28 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 28 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 28 gültig von 01.01.1991 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  8. VwGG § 28 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990
  1. VwGG § 34 heute
  2. VwGG § 34 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 34 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 34 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 34 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 34 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 34 gültig von 01.09.1997 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/1997
  8. VwGG § 34 gültig von 05.01.1985 bis 31.08.1997
  1. ZPO § 500 heute
  2. ZPO § 500 gültig ab 19.01.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2013
  3. ZPO § 500 gültig von 01.07.2009 bis 18.01.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2009
  4. ZPO § 500 gültig von 01.01.2002 bis 30.06.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2001
  5. ZPO § 500 gültig von 01.01.1998 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 140/1997
  6. ZPO § 500 gültig von 01.08.1989 bis 31.12.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 343/1989
  1. ZPO § 501 heute
  2. ZPO § 501 gültig ab 01.07.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2009
  3. ZPO § 501 gültig von 01.01.2002 bis 30.06.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2001
  4. ZPO § 501 gültig von 01.01.1998 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 140/1997
  5. ZPO § 501 gültig von 01.08.1989 bis 31.12.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 343/1989

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Dr. Schwarz und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des D O in W, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Mai 2022, I405 1403248-4/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem Asylgesetz 2005 und dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein 1990 geborener Staatsangehöriger Nigerias, stellte nach seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 11. November 2008 einen Antrag auf internationalen Schutz, der (zuletzt mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27. April 2009) vollinhaltlich - verbunden mit einer Ausweisung nach Nigeria - abgewiesen wurde.

2        Am 30. November 2009 beantragte er neuerlich internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde (zuletzt mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 1. April 2010) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Revisionswerber neuerlich nach Nigeria ausgewiesen.

3        Der Revisionswerber war ungeachtet dieser Entscheidungen im Bundesgebiet verblieben. Hier wurden über ihn mit rechtskräftigen Urteilen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27. April 2009, 29. September 2010 und 28. November 2018 wegen der Begehung von Suchtmitteldelikten Freiheitsstrafen verhängt. Im erstgenannten Fall war die Freiheitsstrafe zum Teil bedingt nachgesehen, bei der zweiten und dritten Verurteilung waren unbedingte Freiheitsstrafen verhängt worden.

4        Mit Bescheid vom 29. Dezember 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag des Revisionswerbers vom 30. Mai 2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurück. Es erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG, stellte nach § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei, und setzte gemäß § 55 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise fest.

5        Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 18. März 2019, schriftlich ausgefertigt mit 11. Oktober 2019, als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4. März 2020, Ra 2019/21/0372, als unzulässig zurück.

6        Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. Februar 2020 wurde der Revisionswerber wegen des Vergehens nach § 146 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe verurteilt.

7        Am 11. Mai 2020 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005. Am 13. Juli 2020 wurde der Revisionswerber zur Wahrung des Parteiengehörs vor der belangten Behörde einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen.

8        Mit Bescheid vom 2. November 2021 wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers vom 11. Mai 2020 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurück. Es erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG und stellte nach § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Ferner wurde gegen ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

9        Mit dem angefochtenen, nach mündlicher Verhandlung ergangenen Erkenntnis wies das BVwG die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erweist sich als unzulässig:

10       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13       Mit dem Zulässigkeitsvorbringen, das BVwG sei „[...] in keiner Weise auf die Antworten des Revisionswerbers [...]“ auf Fragen zu seinen persönlichen Lebensumständen sowie zu seinem Privat- und Familienleben eingegangen, richtet sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.

14       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 11.12.2019, Ra 2019/01/0465, mwN; 4.12.2020, Ra 2020/01/0269; 13.6.2022, Ra 2021/17/0201 bis 0204). Eine derartige krasse Fehlbeurteilung zeigt die Revision mit dem bloß pauschalen Vorwurf der angeblich fehlenden Auseinandersetzung mit den Beweisergebnissen nicht auf.

15       In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit weiters vorgebracht, das BVwG habe seine Ermittlungspflicht in mehrfacher Hinsicht verletzt: Es habe sich nicht mit der Bedrohungssituation, mit welcher der Revisionswerber im Fall seiner allfälligen Rückkehr in sein Herkunftsland konfrontiert sei, insbesondere mit dem Gesundheitszustand und den Behandlungsmöglichkeiten sowie mit dem relevanten Privat- und Familienleben des Revisionswerbers im Sinne des Art. 8 EMRK und seiner langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet auseinandergesetzt.

16       Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Feststellungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 10.9.2021, Ra 2021/14/0256, mwN). Eine diesen Anforderungen entsprechende Relevanzdarlegung, vor allem auch dazu, warum entsprechende Feststellungen eine Änderung des Sachverhaltes in entscheidungsrelevanter Hinsicht dargestellt hätten, lässt die Revision mit ihrem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen in ihrer Zulässigkeitsbegründung vermissen (vgl. zum Erfordernis einer Relevanzdarlegung auch VwGH 15.7.2020, Ra 2019/01/0511).

17       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 7. September 2022

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022170120.L00

Im RIS seit

20.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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