TE Vwgh Beschluss 2022/9/16 Ra 2022/05/0140

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Veröffentlicht am 16.09.2022
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Oberösterreich
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich
L82000 Bauordnung
L82004 Bauordnung Oberösterreich
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §38
AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
BauO OÖ 1976 §45 Abs6 lita
BauO OÖ 1994 §3
BauO OÖ 1994 §30 Abs6 Z1
BauO OÖ 1994 §5 Abs1 Z2
BauRallg
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, in der Revisionssache der Mag. Dr. I E in R, vertreten durch die K M R Rechtsanwaltssocietät Dr. Longin Josef Kempf Dr. Josef Maier in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 23. Mai 2022, LVwG-153439/5/RK/MH, betreffend Abweisung eines Bauansuchens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Neuhofen im Innkreis; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Am 17. September 2020 beantragte die Revisionswerberin die Erteilung einer Baubewilligung für ein näher dargestelltes, als „Zubau Wohnhaus und Neubau Senkgrube“ bezeichnetes Bauvorhaben auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück Nr. 568/2, KG N. .

2        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde N. (belangte Behörde) vom 10. Juni 2021 wurde dieses Bauansuchen wegen Widerspruchs des Bauvorhabens zum geltenden Flächenwidmungsplan abgewiesen.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab (I.) und sprach gleichzeitig aus, dass gegen diese Entscheidung eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (II.).

4        Begründend führte das LVwG dazu zusammengefasst aus, das verfahrensgegenständliche Grundstück sei im gültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde N. als „Grünland - Land- und Forstwirtschaft“ gewidmet und in seinem östlichen Teil teilweise mit einer „Sternchenwidmung“ versehen, wobei der mit der Sternchenwidmung versehene Grundstücksteil mit einem historischen Wohnhaus bebaut sei. Auf dem verbleibenden, als Grünland gewidmeten Grundstücksteil befinde sich ein konsenslos errichtetes Gebäude. Für das im Einreichplan für den projektierten Zubau als Bestand eingezeichnete Gebäude bestehe kein Baukonsens. Das gegenständliche Bauvorhaben liege überwiegend im Bereich der Grünlandwidmung. Die projektierte Senkgrube liege entgegen dem Bauansuchen auf dem als Grünland gewidmeten (ebenfalls im Eigentum der Revisionswerberin stehenden) Grundstück Nr. 568/1, KG N. .

5        In rechtlicher Hinsicht führte das LVwG aus, der beantragte Zubau beziehe sich nicht auf ein bestehendes konsentiertes Gebäude, weshalb die Voraussetzung für einen Zubau nicht vorliege und der Baubewilligungsantrag abzuweisen sei (Verweis auf § 30 Abs. 6 Z 2 Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994). Es könne weiters dahingestellt bleiben, ob für das verfahrensgegenständliche Grundstück eine aufrechte Bauplatzbewilligung vorliege, weil das Bauvorhaben auf einer Grundstücksfläche projektiert sei, die überwiegend als Grünland gewidmet sei; eine Bauplatzbewilligung stelle lediglich die Bauplatzeigenschaft eines Grundstückes fest, ändere jedoch nichts an der Flächenwidmung als Grünland. Auch die projektierte Senkgrube befinde sich zur Gänze auf dem als Grünland gewidmeten Grundstück Nr. 568/1, KG N. . Stehe einem Bauprojekt die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungskategorie des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 - Oö. ROG 1994 - entgegen und sei dies auch bereits aus dem Antrag ersichtlich, habe die Behörde den Baubewilligungsantrag in Anwendung des § 30 Abs. 6 Z 1 Oö. BauO 1994 ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen. Eine „bestimmungsgemäße Nutzung“ für die Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 30 Abs. 5 Oö. ROG 1994 liege gegenständlich nicht vor. Die Möglichkeit einer Projektänderung sei nicht einzuräumen gewesen, da die Abweisungsgründe nicht zu beseitigen seien.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob in Bezug auf einen rechtskräftigen Bauplatzbewilligungsbescheid, der wegen Verstoßes gegen den Flächenwidmungsplan gesetzwidrig erlassen worden sei, eine Bindung für die Baubewilligung bestehe; das Erlöschen einer Baubewilligung führe nicht zum Erlöschen einer rechtskräftig erteilten Bauplatzbewilligung. Weiters liege eine grobe Fehlbeurteilung des LVwG insoweit vor, als dieses davon ausgegangen sei, dass für das im Einreichplan für den projektierten Zubau als Bestand eingezeichnete Gebäude kein Baukonsens bestehe und daher in Bezug auf den projektierten Zubau kein bestehendes konsentiertes Gebäude vorhanden sei, da „gerade hinsichtlich dieses bisher konsenslosen Bestandes als Teil des zur Genehmigung eingereichten Projektes nachträglich die baubehördliche Bewilligung als Zubau zu dem in der Natur vorhandenen bestehenden Altbau beantragt worden“ sei. Es sei somit nicht „die Genehmigung eines Zubaus zum bestehenden Gebäude beantragt“ worden, „sondern unter Einbeziehung des bestehenden (neuen) Gebäudes ein Zubau zum Altbau“.

7        Die Revision ist unzulässig.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 3.2.2022, Ra 2022/05/0018, mwN).

12       Eine grundsätzliche Rechtsfrage liegt unter anderem dann nicht vor, wenn die in der Revision aufgeworfene Frage durch die zu früheren Rechtslagen ergangene und auf die aktuelle Rechtslage übertragbare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt wurde (vgl. VwGH 29.4.2015, Ra 2015/06/0027, mwN).

13       Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage geltend, ob ein rechtskräftiger, gesetzwidriger Bauplatzbewilligungsbescheid, „in dem die Flächenwidmungsplankonformität bereits festgestellt“ worden sei, Bindungswirkung im Baubewilligungsverfahren entfalte. Im Rahmen der Erteilung der Bauplatzbewilligung sei über die Frage der Flächenwidmungskonformität als Hauptfrage zu entscheiden gewesen und insoweit daher materielle Rechtskraft eingetreten. Eine Rechtswidrigkeit der Bauplatzbewilligung schade dem Eintritt der materiellen Rechtskraft nicht.

14       Gemäß § 3 Abs. 1 Oö. BauO 1994 darf der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden nur auf Grundflächen bewilligt werden, für die eine Bauplatzbewilligung nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 4 bis 7 leg. cit. vorliegt oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt wird. Nach § 3 Abs. 2 Z 3 leg. cit. gilt dessen Abs. 1 unter anderem nicht im Falle von Baubewilligungen für Gebäude im Grünland.

15       Gemäß § 30 Abs. 6 Z 1 Oö. BauO 1994 ist ein Baubewilligungsantrag unter anderem dann ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, dass das Bauvorhaben zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes widerspricht.

16       Bei einem Bauplatz handelt es sich um eine Grundfläche, der die Baubehörde - abstrakt - die Eignung zuerkannt hat, nach Maßgabe der Bestimmungen der Bauordnung und der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne bebaut zu werden (vgl. Pabel, Oö. Baurecht (2019) § 3 Rz 2 f und die dort zitierte hg. Judikatur). Im Rahmen der Erteilung einer Bauplatzbewilligung wird, wenngleich § 5 Abs. 1 Z 2 Oö. BauO 1994 normiert, dass die Bauplatzbewilligung im Falle eines Widerspruchs zu Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes zu versagen ist, nicht rechtskräftig darüber abgesprochen, ob ein konkretes Bauvorhaben mit dem Flächenwidmungsplan in Einklang steht (vgl. in diesem Sinne auch Pabel, Oö Baurecht (2019) § 3 Rz 4). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Bindungswirkung einer rechtskräftigen Feststellung eines Rechts bzw. Rechtsverhältnisses grundsätzlich auf die Beurteilung des betreffenden Streitgegenstandes als Hauptfrage der Entscheidung an (vgl. VwGH 17.5.2022, Ra 2020/06/0110, 0111, mwN).

17       Nach seinem eindeutigen Wortlaut verlangt § 30 Abs. 6 Z 1 Oö. BauO 1994, dass ein Bauvorhaben (unter anderem) auf seine Konformität mit den zwingenden Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes hin zu prüfen ist. Dass dieses Erfordernis und diese Bewilligungsvoraussetzung bei Vorliegen einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung entfallen würde, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

18       In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof zur Oö. Bauordnung 1976 bereits ausgesprochen, dass nach § 45 Abs. 6 lit. a leg. cit. ein Baubewilligungsansuchen ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen ist, wenn sich schon aus dem Ansuchen oder dem Bauplan ergibt, dass das Bauvorhaben zwingenden Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes widerspricht. Die Frage, ob eine Bauplatzbewilligung vorliegt oder nicht, ist in diesem Zusammenhang rechtlich völlig unerheblich (vgl. VwGH 25.6.1996, 93/05/0243, mwN). Diese Rechtsprechung ist auf die aktuelle Rechtslage nach der Oö. BauO 1994 übertragbar.

19       Die Übereinstimmung eines Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan gemäß § 30 Abs. 6 Z 1 Oö. BauO 1994 ist somit unabhängig vom Vorliegen einer allfälligen Bauplatzbewilligung zu prüfen.

20       Ausgehend von diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob dem LVwG, wie von der Revision behauptet, bei seiner Beurteilung, der beantragte Zubau beziehe sich nicht auf ein bestehendes konsentiertes Gebäude, eine Fehlbeurteilung unterlaufen ist.

21       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 16. September 2022

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022050140.L00

Im RIS seit

20.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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