TE Vwgh Beschluss 2022/9/16 Ra 2019/05/0285

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Veröffentlicht am 16.09.2022
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Index

L70403 Privatzimmervermietung Niederösterreich
L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Niederösterreich
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Oberösterreich
L82000 Bauordnung
001 Verwaltungsrecht allgemein
50/01 Gewerbeordnung

Norm

BauRallg
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
PrivatzimmervermietungsG NÖ 1974 §1
ROG NÖ 2014 §20 Abs2 Z1a
ROG OÖ 1994 §22 Abs1
VwRallg
  1. GewO 1994 § 2 heute
  2. GewO 1994 § 2 gültig ab 03.01.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2017
  3. GewO 1994 § 2 gültig von 18.07.2017 bis 02.01.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2017
  4. GewO 1994 § 2 gültig von 12.08.2016 bis 17.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 82/2016
  5. GewO 1994 § 2 gültig von 10.07.2015 bis 11.08.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 81/2015
  6. GewO 1994 § 2 gültig von 29.05.2013 bis 09.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2013
  7. GewO 1994 § 2 gültig von 14.09.2012 bis 28.05.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2012
  8. GewO 1994 § 2 gültig von 01.09.2012 bis 13.09.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2011
  9. GewO 1994 § 2 gültig von 30.04.2011 bis 31.08.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2010
  10. GewO 1994 § 2 gültig von 01.01.2010 bis 29.04.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/2009
  11. GewO 1994 § 2 gültig von 27.02.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  12. GewO 1994 § 2 gültig von 01.11.2007 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 60/2007
  13. GewO 1994 § 2 gültig von 01.01.2007 bis 31.10.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2006
  14. GewO 1994 § 2 gültig von 24.01.2006 bis 31.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2006
  15. GewO 1994 § 2 gültig von 01.09.2005 bis 23.01.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2005
  16. GewO 1994 § 2 gültig von 15.01.2005 bis 31.08.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  17. GewO 1994 § 2 gültig von 30.11.2004 bis 14.01.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  18. GewO 1994 § 2 gültig von 01.08.2002 bis 29.11.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  19. GewO 1994 § 2 gültig von 01.08.2002 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  20. GewO 1994 § 2 gültig von 24.07.2002 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  21. GewO 1994 § 2 gültig von 02.12.2000 bis 23.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/2000
  22. GewO 1994 § 2 gültig von 01.06.1998 bis 01.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 116/1998
  23. GewO 1994 § 2 gültig von 01.07.1997 bis 31.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  24. GewO 1994 § 2 gültig von 01.07.1996 bis 30.06.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/1997
  25. GewO 1994 § 2 gültig von 17.10.1995 bis 30.06.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 691/1995
  26. GewO 1994 § 2 gültig von 01.07.1994 bis 16.10.1995 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 314/1994
  27. GewO 1994 § 2 gültig von 01.07.1994 bis 30.06.1994
  28. GewO 1994 § 2 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1994

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, in der Revisionssache des Gerhard Hlavac in Pram, vertreten durch Dr. Georg Retter, M.B.L., Rechtsanwalt in 3500 Krems an der Donau, Roseggerstraße 16/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 23. Juli 2019, LVwG AV 229/001 2019, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Langenlois; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde L. vom 31. Juli 2018 wurde ein Antrag des Revisionswerbers vom 20. Februar 2018 auf Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für näher genannte Umbauarbeiten an einem bestehenden Presshaus auf einem näher bezeichneten, als „GrünlandLandund Forstwirtschaft“ gewidmeten Grundstück der KG L. wegen eines Widerspruches des Bauvorhabens zur geltenden Flächenwidmung abgewiesen. Die vom Revisionswerber dagegen erhobene Berufung wies der Stadtrat der Stadtgemeinde L. (belangte Behörde) mit Bescheid vom 12. Dezember 2018 als unbegründet ab.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG) vom 23. Juli 2019 wurde die dagegen erhobene Beschwerde mit einer näher ausgeführten Spruchmaßgabe als unbegründet abgewiesen (1.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (2.).

3        Begründend führte das LVwGsoweit für das Revisionsverfahren relevantzusammengefasst aus, weder der Revisionswerber noch eine andere Person hätten ihren Wohnsitz in dem gegenständlichen Presshaus. Vielmehr wohne der Revisionswerber über zweihundert Kilometer entfernt. Im Rahmen des beantragten Umbaus solle unter anderem das Dachgeschoß ausgebaut werden, wobei das Obergeschoß der Privatzimmervermietung dienen und aus zwei Gästeräumen, einem Vorraum und einem Bad beziehungsweise WC bestehen solle.

4        In rechtlicher Hinsicht führte das LVwG aus, ein derartiger Umbau sei einerseits nur im Hofverband und anderseits nur, sofern die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung erfolge, zulässig. Unter dem Begriff des „Hofverbandes“ sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die unmittelbare Nähe des Wohnhauses zu den für den Betrieb wichtigen Wirtschaftsgebäuden zu verstehen. Diese Definition sei auch für die Privatzimmervermietung nach § 20 Abs. 2 Z 1a NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) einschlägig. Es müsse eine räumliche und funktionelle Nahebeziehung vorliegen. Häusliche Nebenbeschäftigungen müssten zudem ihrer Art nach geeignet sein, im eigenen Haushalt durchgeführt zu werden. Die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung erfordere somit, dass der Betreiber im eigenen Haushalt tatsächlich wohne. Da der Revisionswerber über zweihundert Kilometer entfernt wohne, könne weder von einem Hofverband noch von einer häuslichen Nebenbeschäftigung ausgegangen werden.

5        Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst fehlende Rechtsprechung zu der Frage, ob der Betreiber einer Privatzimmervermietung zwingend in unmittelbarer Nähe zu derselben wohnen müsse, geltend macht. Zudem sei fraglich, ob eine Hofgemeinschaft auch aus insgesamt nur zwei Gebäuden auf verschiedenen Liegenschaften begründet werden könne.

6        Die belangte Behörde und die Niederösterreichische Landesregierung erstatteten im vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren keine Revisionsbeantwortung.

7        In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

8        § 20 Abs. 2 Z 1a NÖ Raumordnungsgesetz 2014 - NÖ ROG 2014, LGBl. Nr. 3/2015 idF LGBl. Nr. 71/2018, lautet auszugsweise:

§ 20.

Grünland

(1) [...]

(2) Das Grünland ist entsprechend den örtlichen Erfordernissen und naturräumlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:

1a.  Land- und Forstwirtschaft: Flächen, die der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung dienen. Auf diesen ist die Errichtung und Abänderung von Bauwerken für die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft einschließlich deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung 1994 sowie für die Ausübung des Buschenschankes im Sinne des NÖ Buschenschankgesetzes, LGBl. 7045, zulässig.

[...]

Weiters sind im Hofverband zur Befriedigung der familieneigenen Wohnbedürfnisse des Betriebsinhabers, wenn er Eigentümer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist oder der dort wohnenden Betriebsübergeber, sowie für die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung bis höchstens 10 Gästebetten zulässig:

-    Zubauten und bauliche Abänderungen

-    die Wiedererrichtung bestehender Wohngebäude

-    die zusätzliche Neuerrichtung eines Wohngebäudes

[...]“

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       Eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nicht vor, wenn diese durch zur früheren Rechtslage ergangene und auf die aktuelle Rechtslage übertragbare Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt wurde. Dasselbe gilt, wenn die Frage durch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu anderen Normen, die sich in den entscheidenden Teilen nicht von den im konkreten Fall anzuwendenden Normen unterscheiden, beantwortet wurde (vgl. etwa VwGH 12.5.2022, Ro 2019/05/0025, mwN). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ist gemäß dem Auslegungsprinzip der Einheit der Rechtsordnung und der Rechtssprache weiters im Allgemeinen davon auszugehen, dass in der Rechtssprache geprägte Begriffe jeweils die gleiche Bedeutung haben (vgl. etwa VwGH 14.3.2022, Ro 2022/10/0001, mwN).

13       Die Privatzimmervermietung in Niederösterreich war zunächst im zwischenzeitlich aufgehobenen NÖ PrivatzimmervermietungsG geregelt, wobei nach dessen § 1 ebenso wie nunmehr in § 20 NÖ ROG 2014 auf das Erfordernis der „häuslichen Nebenbeschäftigung“ abgestellt wurde.

14       Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem zum Oö. Raumordnungsgesetz 1994 ergangenen Erkenntnis vom 24. Mai 2022, Ro 2021/05/0012, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, bereits ausführlich mit dem Begriff der Privatzimmervermietung und insbesondere dem Begriff der „häuslichen Nebenbeschäftigung“ auseinandergesetzt und dazu u.a. ausgeführt, dass dieser Begriff als Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit verwendet worden ist.

15       Auch der niederösterreichische Gesetzgeber hatte betreffend das NÖ Privatzimmervermietungsgesetz in den Materialien auf die Abgrenzung zwischen der Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung zu den Angelegenheiten des Gewerberechtes verwiesen (vgl. Motivenberichte der NÖ Landesregierung vom 18. Juni 1968, V/1-Allg.69/22-1968 und vom 11. Dezember 1973, V/1-Allg.69/101-1973). Da das NÖ ROG 2014 zur Zulässigkeit der Privatzimmervermietung ebenfalls auf die Voraussetzung der häuslichen Nebenbeschäftigung abstellt, kann die zum Oö. ROG 1994 ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Rechtslage nach dem NÖ ROG 2014 übertragen werden.

16       Nach § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 ist die Gewerbeordnung auf nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallende und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebene Erwerbszweige nicht anzuwenden. Es kommt hinsichtlich der häuslichen Nebenbeschäftigung im Wesentlichen auf die Eigenart und die Betriebsweise an. Eine Tätigkeit ist somit nicht als häusliche Nebenbeschäftigung anzusehen, wenn die geübte Betriebsweise für eine häusliche Nebenbeschäftigung nicht typisch ist. Auch wenn das Merkmal des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, dass die Beschäftigung eine „häusliche“ zu sein hat, nicht zu eng ausgelegt werden darf, so muss es sich dennoch insofern um eine „häusliche“ Beschäftigung handeln, als sie im Rahmen des eigenen Hausstandes auszuüben ist (vgl. VwGH 24.5.2022, Ro 2021/05/0012, mwN).

17       Die Annahme des Revisionswerbers, dass die Vermietung von Gästezimmern auch gänzlich ohne räumlichen Bezug zum Hausstand des Revisionswerbers im Rahmen der Privatzimmervermietung zulässig sei, entfernt sich daher vom äußerst möglichen Begriffsinhalt der „häuslichen Nebenbeschäftigung“ (vgl. in diesem Sinne wiederum VwGH 24.5.2022, Ro 2021/05/0012).

18       Eine Privatzimmervermietung nach § 20 Abs. 2 lit. 1a Nö. ROG 2014 setzt somit neben dem Erfordernis des Vorliegens eines Hofverbandes voraus, dass die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung erfolgt, womit jedenfalls ein räumlicher Bezug zum Hausstand des Revisionswerbers erfüllt sein muss. Da ein solcher im vorliegenden Fall unstrittig nicht vorliegt, war die Revision bereits aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 16. September 2022

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019050285.L00

Im RIS seit

20.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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