TE Vwgh Beschluss 2022/8/4 Ro 2022/05/0010

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Veröffentlicht am 04.08.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VwGG §30 Abs2
  1. VwGG § 30c heute
  2. VwGG § 30c gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Mag. M, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 20. Dezember 2021, VGW-111/093/6834/2021-48, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 37; weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: L GmbH, vertreten durch Mag. Gerald Göllner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 14/4), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1        Der vorliegende Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird im Wesentlichen mit dem Vorbringen begründet, dass durch die Errichtung des Bauvorhabens der Revisionswerber vor vollendete Tatsachen gestellt würde und ihm ein unverhältnismäßiger Nachteil dadurch enstehe, dass eine Beseitigung des Bauvorhabens bei festzustellender Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht mehr oder nicht rasch genug zu erwarten wäre; zudem werde seine Wohnqualität beeinträchtigt. Es stehe dem Revisionswerber keine rechtliche Möglichkeit zur Durchsetzung des Abbruchs des Dachgeschossausbaus offen. Zwingende öffentliche Interessen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen, zumal die Bauführung ein rein im privaten Interesse der mitbeteiligten Partei, der Bauwerberin, liegendes Vorhaben zur Verwertung der neu zu schaffenden zwei Dachgeschosswohnungen betreffe. Diese habe aus näher genannten Gründen auch kein besonderes Interesse an einer baldigen Bauführung gezeigt.

2        Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

3        Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa VwGH 4.5.2021, Ra 2021/05/0079, oder auch 21.12.2018, Ro 2018/06/0018, 0019, jeweils mwN).

4        Der Verwaltungsgerichtshof hat im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen, und es haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des Revisionsverfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichtes auszugehen, was jedenfalls Annahmen betrifft, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. vgl. zum Ganzen etwa VwGH 17.7.2019, Ra 2019/05/0111, oder auch 6.8.2018, Ra 2018/05/0199, jeweils mwN).

5        Im Übrigen kann die bloße Ausübung der mit einer Bewilligung eingeräumten Berechtigung während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens für sich allein nicht als unverhältnismäßiger Nachteil angesehen werden, während das Interesse eines Bauwerbers an der baldigen Umsetzung seines Bauvorhabens auf der Hand liegt. Im Fall des Obsiegens des Revisionswerbers als Nachbarn hat allein der Bauwerber die Folgen einer dann allenfalls eingetretenen Konsenslosigkeit des ausgeführten Baues und die damit verbundenen finanziellen Nachteile zu tragen und wäre die Behörde von Amts wegen verpflichtet, für die Beseitigung eines dann konsenslos errichteten Baues zu sorgen (vgl. erneut VwGH 6.8.2018, Ra 2018/05/0199, mwN).

6        Im vorliegenden Fall sind die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhaltsannahmen nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Mit dem genannten - zur Darlegung eines unverhältnismäßigen Nachteiles im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nicht ausreichend konkretisierten - Antragsvorbringen wird vor dem Hintergrund des bisher Gesagten ein unverhältnismäßiger Nachteil vom Revisionswerber nicht dargetan.

7        Aus diesen Gründen war dem Antrag nicht stattzugeben.

Wien, am 4. August 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022050010.J00

Im RIS seit

17.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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