TE Vwgh Beschluss 2022/8/26 Ra 2022/06/0201

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Veröffentlicht am 26.08.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VwGG §30 Abs2
  1. VwGG § 30c heute
  2. VwGG § 30c gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2022/06/0202

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. der Mag. E und 2. des M, beide vertreten durch die Dax Wutzlhofer und Partner Rechtsanwälte GmbH in 7400 Oberwart, Wienerstraße 8a, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 3. Juni 2022, E HG1/09/2017.046/046, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Stadtgemeinde Neusiedl am See; mitbeteiligte Parteien: 1. L und 2. J, beide vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler, Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72-74; weitere Partei: Burgenländische Landesregierung), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Neusiedl am See vom 15. Juni 2016 wurde den mitbeteiligten Parteien die baubehördliche Bewilligung zur Nutzungsänderung eines Nebengebäudes sowie zur Errichtung einer Volierenbox mit 5 Volieren „zur Haltung von durchschnittlich 80 Tauben, maximal 85 Tauben“ auf einem näher bezeichneten Grundstück in Neusiedl am See erteilt. Die dagegen von den Antragstellern als Nachbarn erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neusiedl am See vom 16. Dezember 2016 als unbegründet abgewiesen.

2        Mit Erkenntnis vom 3. Juni 2022 wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) die gegen diesen Berufungsbescheid von den Antragstellern erhobene Beschwerde im zweiten Rechtsgang (nach Behebung des Berufungsbescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG mit Beschluss vom 14. Juli 2017 durch das LVwG und Behebung des genannten Beschlusses des LVwG mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2019, Ra 2017/06/0202, 0203) mit einer näher ausgeführten Spruchmaßgabe als unbegründet ab.

3        Die gegen dieses Erkenntnis des LVwG vom 3. Juni 2022 an den Verwaltungsgerichtshof nunmehr erhobene außerordentliche Revision ist mit dem Antrag verbunden, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend führen die Antragsteller dazu aus, mit der Ausübung der eingeräumten Berechtigung durch die mitbeteiligten Parteien sei für die Antragsteller ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden; sie hätten bereits im Verfahren vorgebracht, durch die Tauben wegen Immissionen an ihrer Gesundheit gefährdet zu sein sowie unzumutbar belästigt zu werden; außerdem wäre ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Effektivität des Rechtsschutzes beseitigt.

4        Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

5        Nach seiner ständigen Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im Provisorialverfahren betreffend die aufschiebende Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu beurteilen und haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichts auszugehen. Unter diesen Annahmen sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. etwa VwGH 21.12.2018, Ro 2018/06/0018, 0019, mwN).

6        Darüber hinaus ist es, um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, erforderlich, dass der Antragsteller schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen (vgl. nochmals etwa VwGH 21.12.2018, Ro 2018/06/0018, 0019, oder auch 26.9.2019, Ra 2019/06/0141, jeweils mwN).

7        Mit dem genannten bloß allgemeinen Vorbringen im Aufschiebungsantrag betreffend einen behaupteten unverhältnismäßigen Nachteil durch eine nicht näher begründete Gesundheitsgefährdung bzw. unzumutbare Belästigung wird der dargelegten Konkretisierungspflicht nicht entsprochen und ein unverhältnismäßiger Nachteil, der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG Voraussetzung für die gegenständlich beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre, nicht nachvollziehbar dargetan. Hinzu kommt, dass die dem angefochtenen Erkenntnis zugrundeliegenden, auf gutachterliche Ausführungen der beigezogenen Sachverständigen gestützten Sachverhaltsannahmen nicht von vorneherein als unschlüssig zu erkennen sind.

8        Im Übrigen kann die bloße Ausübung der mit einer Bewilligung eingeräumten Berechtigung während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein nicht als unverhältnismäßiger Nachteil angesehen werden und hat im Fall des Obsiegens der Revision allein der Bauwerber die Folgen einer dann allenfalls eingetretenen Konsenslosigkeit des ausgeführten Baues und die damit verbundenen finanziellen Nachteile zu tragen (vgl. etwa VwGH 11.2.2021, Ra 2021/06/0031 oder auch 31.3.2020, Ra 2019/06/0274, jeweils mwN). Den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis schließlich, wonach die Taubenhaltung in der beantragten Form bereits gegeben sei, treten die Antragsteller nicht entgegen; ist die mit dem angefochtenen Erkenntnis erteilte Bewilligung aber bereits konsumiert, kommt auch aus diesem Grund eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht (mehr) in Betracht (vgl. etwa VwGH 29.7.2021, Ra 2021/05/0114, mwN).

9        Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 26. August 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060201.L00

Im RIS seit

17.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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