TE Lvwg Erkenntnis 2022/9/20 LVwG-2022/32/2072-5

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Veröffentlicht am 20.09.2022
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Entscheidungsdatum

20.09.2022

Index

41/01 Sicherheitsrecht
82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

SPG 1991 §81 Abs1
COVID-19-SchutzmaßnahmenV 04te 2021 §3
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §8 Abs3 Z1
AVG §62 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, Adresse 1, **** Z gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z vom 18.07.2022, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz nach der Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung

I.

zu Recht erkannt:

1.       Der Beschwerde wird nach der Maßgabe der nachfolgenden 2 Spruchpunkte insofern Folge gegeben, wonach die verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 150,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen) auf Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) herabgesetzt wird.

2.       Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat es bei der Nennung der verletzten Verwaltungsvorschriften (§ 44a Z 2 VStG) anstelle der der Zeichen- und Wortfolge „§ 3 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung – 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II Nr 58/2021 i.d.g.F“ nunmehr „§ 3 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021“ zu lauten“.

3.       Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat es bei der Nennung der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) wie folgt zu lauten:

„§ 8 Abs 2 Z 1 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 23/2021

4.       Dem entsprechend wird der Beitrag zu den behördlichen Verfahrenskosten mit Euro 10,00 neu festgesetzt.

5.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Weiters wird der

II.

Beschluss gefasst:

6.       Der obige Spruchpunkt 3. des Erkenntnisses wird dahingehend berichtigt, wonach es anstelle von „Abs 2“ richtig „Abs 3“ zu lauten hat.

7.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z vom 18.07.2022, Zahl ***, wurde dem Beschuldigten wie folgt zu Last gelegt:

„Sie, AA, geb. am XX.XX.XXXX, haben am 15.02.2021 um 16:15 Uhr in Z, vor dem Wohnhaus Adresse 2, im BBbus der Linie ****, folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Sie haben zu oben angeführter Zeit ein Massenbeförderungsmittel, nämlich den BBbus der Linie **** in Richtung Y, benützt ohne eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard getragen zu haben, obwohl nach § 3 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung - 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl. II Nr. 58/2021 i.d.g.F. in Massenbeförderungsmitteln eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen ist.“

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschuldigten gemäß § 8 Abs 2 Z 1 COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG, BGBl I Nr 12/2020 i.d.g.F. eine Geldstrafe der Höhe von Euro 150,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen) verhängt.

Zudem wurde ein Beitrag zu den behördlichen Verfahrenskosten festgesetzt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte zulässig und rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und darin wie folgt ausgeführt:

„Das Delikt lautet (in Kürze) "Nichttragen einer FFP2-Maske".

Das führte zum einen zu einer Übertretung nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz, zum anderen zur Erregung öffentlichen Ärgernisses nach dem Sicherheitspolizeigesetz.

Die Straftat ist ein und dieselbe.

De-facto ist/war jedes Nichttragen einer FFP2-Maske in öffentlichen Verkehrsmitteln sowohl eine Übertretung nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz als auch eine Erregung öffentlichen Ärgernisses nach dem Sicherheitspolizeigesetz.

Es handelt sich nicht bloß um eine weitere Anzeige, sondern die Nichtberücksichtigung, dass es nur eine Straftat war.

Für die Sicherheit der Bevölkerung und die Verhinderung der Verbreitung des Covid-19-Virus genügt (wie außerhalb Österreichs bekannter, siehe ECDC) ein gewöhnlicher Mund-Nasen-Schutz.

Ich erhebe somit Beschwerde gegen den Bescheid der Straferkenntnis.

Außerdem beharre ich auf einer juristischen Erklärung, warum es sich Ihrer Erkenntnis nach um keine Doppelbestrafung handeln würde.

Mit freundlichen Grüßen

AA

Adresse 1

**** Z“

Es wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer nicht erschienen ist. Teilgenommen haben Vertreter der belangten Behörde. Kurz vor der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer dem Landesverwaltungsgericht Tirol bei E-Mail mitgeteilt, dass er aus gesundheitlichen Gründen den Ladungstermin nicht wahrnehmen könne.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol verkündet.

Der Beschwerdeführer nach dem verwaltungsgerichtlichen Hinweis vom 07.09.2022 im Sinn des § 29 Abs 2a VwGVG rechtzeitig die Ausfertigung der Entscheidung beantragt.

II.      Sachverhalt:

Am 15.2.2021 um 16.17 Uhr wurde die Streife X 2 via LLZ nach **** Z, Adresse 2 zur dortigen Bushaltestelle beordert, da sich eine männliche Person weigern würde FFP 2 Maske im Bus zu tragen und den Bus nicht verlassen wolle. Beim Eintreffen der Meldungsleger befand sich der BBbus der Linie **** in Richtung Y bei der dortigen Bushaltestelle und hatte die Warnblinkanlage aktiviert. Die Beamten begaben sich zum Bus und wurde sogleich der Busfahrer vorstellig und gab an, dass er etwa 7 bis 8 Minuten an der Örtlichkeit stehe, da er einen Fahrgast im Bus hat, welcher sich geweigert hatte, die FFP2-Maske trotz mehreren Aufforderungen aufzusetzen und diese wie vorgeschrieben zu tragen. Außerdem fügte der Busfahrer hinzu, dass der Fahrgast gerade, als die Meldungsleger eingetroffen sind, die Maske aufgesetzt hat. Weiters erklärte er, dass er den Beschwerdeführer aufgrund seines Verhaltens von der weiteren Beförderung ausgeschlossen hat und diesen nicht weiter transportieren werde. Die Beamten begaben sich in den Bus und stellten mit dem Beschwerdeführer, welcher mittlerweile die Maske trug, Kontakt her. Er wurde dazu befragt, weshalb er zuvor keine Maske trug und gab der Beschwerdeführer an, dass er nichts verbrochen habe und der Busfahrer keinen Spaß verstehen würde. Im Beisein der Beamten trug der Beschwerdeführer die FFP2-Maske.

Dem Beschwerdeführer wurde erklärt, dass ihn der Busfahrer von der weiteren Beförderung ausgeschlossen hat und wurde er durch die Beamten und den Busfahrer mehrfach aufgefordert, den Bus zu verlassen.

Der Beschwerdeführer wurde mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 16.08.2022, LVwG-*** einen ***, wegen einer Übertretung nach § 81 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz bestraft, da er den Bus auf Aufforderung des Busfahrers nicht verlassen hat, was zu einem Polizeieinsatz geführt hat.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorgenannten Sachverhaltsfeststellungen lassen sich anhand der Meldung vom 15.02.2021, Zl ***, treffen, die dem behördlichen Akt einliegt. Die Streife konnte zwar selbst nicht beobachten, dass der Beschwerdeführer keine FFP2- Maske Bus getragen hatte, jedoch hat der Busfahrer gegenüber dem Meldungsleger angegeben, dass sich der Beschwerdeführer geweigert habe, eine FFP2-Maske aufzusetzen und zu tragen. Erst kurz vor dem Eintreffen, so der Busfahrer, hat der Beschwerdeführer die Maske aufgesetzt.

Der Busfahrer hat durch seine Meldung den Kauf genommen, dass er den Fahrplan nicht weiter einhalten kann. Insofern ist für das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht im Ansatz erkennbar, dass der vom Busfahrer geschilderte Umstand, wonach der Beschwerdeführer im Bus keine FFP2-Maske getragen und diese erst kurz vor Eintreffen der Streife aufgesetzt hatte, nicht der Wahrheit entsprechen würde. Im Übrigen wird vom Beschwerdeführer gar nicht substantiell bestritten, dass er keine FFP2-Maske getragen hatte, sondern wurde von ihm im Einspruch vom 26.11.2021 selbst angegeben, dass er keine FFP2-Maske getragen hat.

Wie bereits erwähnt, wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen wurde. Am Verhandlungstag (08:56 Uhr) ging beim Landesverwaltungsgericht Tirol die E-Mail des Beschwerdeführers ein, dass er aus gesundheitlichen Gründen den Ladungstermin - die Verhandlung war für 13:00 Uhr anberaumt - nicht wahrnehmen könne. Nachdem der E-Mail zu entnehmen war, dass diese E-Mail offensichtlich von einer Firmen-E-Mail-Adresse abgeschickt wurde (arg: @CC.at) versuchte der erkennende Richter gegen 10:13, den Beschwerdeführer in der CC GmbH telefonisch Uhr zu erreichen. Im Zuge eines Telefonates erhielt er von einer Dame die Auskunft, dass sich der Beschwerdeführer im Haus aufhalte und an einer Besprechung teilnehme. In der Folge wurde dem Beschwerdeführer mit der E-Mail des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 06.09.2022 11:27 an die vorgenannte E-Mail-Adresse mitgeteilt, dass die Verhandlung stattfindet, da sich der Beschwerdeführer offensichtlich in seiner Arbeitsstelle aufhält. Mit der E-Mail von 15:07 - sohin nach der Durchführung der Verhandlung - teilte der Beschwerdeführer dem Landesverwaltungsgericht Tirol, dass er in keiner Besprechung gewesen sei und telefonisch gut erreichbar war. Er habe die Absage deshalb formuliert, weil er zwar halbwegs arbeiten konnte, er sich aber aufgrund von Kieferschmerzen keine sonstigen Termine zumuten wollte.

Bereits aufgrund der Ausführungen der telefonisch kontaktierten Dame bei der CC GmbH, wonach sich der Beschwerdeführer im Haus, sohin an seiner Arbeitsstelle aufgehalten hat, in Zusammenschau mit der der E-Mail des Beschwerdeführers von der Firmen-E-Mail-Adresse (08:56 Uhr) stand für das Landesverwaltungsgericht Tirol fest, dass ein Entschuldigungsgrund für das Fernbleiben von der Verhandlung nicht vorgelegen hatte, weshalb auch keine Veranlassung bestand, die Verhandlung allenfalls zu verlegen. Dies hat sich mit der letzten E-Mail des Beschwerdeführers bestätigt. Es ist nicht im Ansatz erkennbar, weshalb der Beschwerdeführer zwar seinen beruflichen Tätigkeiten nachkommen konnte, ihm jedoch aus gesundheitlichen Gründen (Kieferschmerzen) die Teilnahme an der Verhandlung nicht möglich gewesen sein sollte.

III.    Rechtsgrundlagen:

COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 23/2021:

㤠8

(2) Wer

1. eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort entgegen dem in einer Verordnung gemäß § 3 festgelegten Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr betritt oder befährt oder ein Verkehrsmittel entgegen dem in einer Verordnung gemäß § 3 festgelegten Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr benutzt oder“

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 1 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 2 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.

(3) Wer

1.       eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort entgegen den in einer Verordnung gemäß § 3 festgelegten Voraussetzungen oder sonstigen an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt oder ein Verkehrsmittel entgegen den in einer Verordnung gemäß § 3 festgelegten Voraussetzungen oder sonstigen an ihn gerichteten Auflagen benutzt oder

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 1 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.

…“

4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021:

„Auf Grund der §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. I Nr. 12/2020, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 23/2021, sowie des § 15 des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 23/2021, wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats verordnet:

..

§ 3

In Massenbeförderungsmitteln und den dazugehörigen U-Bahn-Stationen, Bahnsteigen, Haltestellen, Bahnhöfen und Flughäfen zuzüglich deren Verbindungsbauwerken ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten und eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen. Ist auf Grund der Anzahl der Fahrgäste sowie beim Ein- und Aussteigen die Einhaltung des Abstands von mindestens zwei Metern nicht möglich, kann davon ausnahmsweise abgewichen werden.

Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018:

㤠5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 22

(1) Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.

§ 64

(1) In jedem Straferkenntnis ist auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

…“

Im Übrigen wird auf die Internetseite ris.bka.gv.at (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) verwiesen.

IV.      Erwägungen:

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, dass im Zusammenhang mit dem Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 16.04.2021, Zl ***, bestätigt mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 16.08.2021, Zahl LVwG-***, betreffend eine Übertretung nach § 81 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz (Störung der öffentlichen Ordnung) mit der gegenständlichen Bestrafung eine unzulässige Doppelbestrafung vorliege, ist dem – unter Hinweis auf § 22 Abs 2 VStG - wie folgt zu entgegenzutreten:

Es mag zwar zutreffen, dass das Verhalten des Beschwerdeführers in einer Lebenssituation gesetzt wurde, doch erfolgte die Bestrafung nach dem Sicherheitspolizeigesetz, da der Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Aufforderung durch den Buslenker sich geweigert hat, den hier in Rede stehenden Bus zu verlassen, während die Strafverfolgung nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz deshalb erfolgt ist, weil der Beschwerdeführer entgegen der  4.COVID-Schutzmaßnahmenverordnung zuvor beim Betreten und Aufenthalt im Bus, sohin beim Benützen des Busses die entsprechende FFP-2-Maske nicht getragen hat.

Die beiden Regelungen verfolgen auch gänzlich andere Schutzziele: Während das Sicherheitspolizeigesetz darauf abzielt, einen möglichst ungestörten Ablauf ohne Störung der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten, soll durch das COVID-19-Maßnahmengesetz der Gesundheitsschutz von anderen Personen gewährleistet werden.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes hat der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung begangen, da er sich im hier gegenständlichen BBbus zur Tatzeit ohne eine FFP2-Maske zu tragen aufgehalten und ihn somit benutzt hat. Er hat somit gegen § 3 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung verstoßen, wobei festzuhalten ist, dass diese Verordnung laut ihrem Einleitungssatz auf § 3 COVID-19-Maßnahmengesetz basiert. § 8 Abs 3 Z 1 COVID-19-Maßnahmengesetz sieht eine Geldstrafe von 50 Euro bis zu 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 1 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, vor, wenn ein Verkehrsmittel entgegen den in einer Verordnung gemäß § 3 festgelegten Voraussetzungen oder sonstigen an ihn gerichteten Auflagen benutzt wird.

Im Übrigen wird dieser Umstand, nämlich das Nichttragen der FFP2-Maske um Linienbus vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht substantiell bestritten.

Zur subjektiven Tatseite

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Dies ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen.

Gegenteilig ist davon auszugehen, dass ob zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem der Busfahrer dem Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht hat, dass er im Bus eine FFP2-Maske zu tragen hat, bis zum Tragen dieser Maske kurz vor dem Eintreffen der Polizeistreife auch vorsätzliche Tatbegehung in Betracht kommt.

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als Milderungsgrund ist die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten.

Erschwerungsgründe sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

Als Verschuldensform ist zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie allfälligen Sorgepflichten hat der Beschwerdeführer nicht gemacht, obwohl ihm zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol hierzu Gelegenheit geboten worden wäre.

Insofern war nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine Einschätzung vorzunehmen, wobei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von einer zumindest durchschnittlichen wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers auszugehen war.

In Ansehung all dieser Strafzumessungsgründe kann die nunmehr verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 100,00 keinesfalls als überhöht angesehen werden, wurde doch der gesetzliche Strafrahmen (bis zu Euro 500,00) lediglich zu 20 % ausgeschöpft.

Die Verfahrenskosten waren nach § 64 Abs 2 VStG mit 10 % der verhängten Geldstrafe, sohin Euro 10,00 neu festzulegen.

Zur Berichtigung der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) und der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) war das Verwaltungsgericht verpflichtet (vgl VwGH 15.10.2013, 2010/02/0161 uva).

Zum Beschluss (II.):

Nach § 62 Abs 4 AVG können Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf den technisch mangelhaften Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von der Behörde von Amts wegen berichtigt werden können.

Diese Bestimmung ist gemäß § 38 VwGVG iVm § 24 VStG auch auf Erkenntnisse eines Verwaltungsgerichts im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis verkündet. Dabei wurde offenkundig aufgrund eines Versehens bei der Strafsanktionsnorm Abs 2 und nicht Abs 3 zitiert. Während § 8 Abs 2 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 23/2021, eine Geldstrafe von 50 Euro bis zu 1000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 2000 Euro vorsieht, sind nach Abs 3 leg cit Geldstrafen von 50 Euro bis zu 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 1000 Euro an zu verhängen. Die Offenkundigkeit des Versehens zeigt sich schon darin, dass in der nachfolgenden Begründung (vgl die Verhandlungsschrift vom 06.09.2022) auf den Strafrahmen von bis zu Euro 500,00 Bezug genommen wird. Zudem ist im Zusammenhang mit der Revisionsbelehrung ausgeführt, dass eine Revision wegen Verletzung in Rechten nicht möglich, was einen Strafrahmen von bis zu Euro 750,00 (und nicht darüber) voraussetzt ist (vgl § 25a Abs 4 VwGG). Es war daher spruchgemäß zu berichtigen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Peinstingl

(Richter)

Schlagworte

Doppelbestrafungsverbot
FFP2 Maske
Maskenpflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.32.2072.5

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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