TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/28 95/20/0086

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Veröffentlicht am 28.03.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Jänner 1995, Zl. 4.339.157/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, reiste am 7. Juli 1992 in das Bundesgebiet ein und stellte am 8. Juli 1992 einen Asylantrag.

Vor dem Bundesasylamt gab er an, der kurdischen Minderheit anzugehören. VON JÄNNER 1990 BIS DEZEMBER 1990 sei die gesamte Bevölkerung seines Heimatdorfes Kayaci von den türkischen Soldaten immer wieder auf dem Dorfplatz zusammengetrieben und mit Knüppeln geschlagen worden. Dem sei der Vorwurf zugrundegelegen, die Dorfbewohner hätten kurdische Guerillas, die in der Nacht in die Dörfer kamen, mit Lebensmitteln und Geld versorgt. Das habe der Wahrheit entsprochen, doch sei den Dorfbewohnern gar nichts anderes übriggeblieben, weil die kurdischen Kämpfer bewaffnet gewesen seien. Im DEZEMBER 1990 sei der Beschwerdeführer zusammen mit anderen ("wir Jungen") auf das Wachzimmer mitgenommen und dort zusätzlich geschlagen und gepeinigt worden. Sie seien im Dezember 1990 auch nach Elazig gebracht und dort zwei Tage lang in einem Schwimmbecken mit eiskaltem Wasser gefoltert worden. ZWISCHEN DEZEMBER 1990 UND MÄRZ 1992 sei der Beschwerdeführer noch mindestens 20 bis 30 mal von Soldaten in das Wachzimmer seines Heimatortes gebracht, dort jeweils zwei bis fünf Tage lang festgehalten und mit einem Gummiknüppel, mit Stecken und mit den Fäusten geschlagen worden. Er sei in winzig kleine Kojen gesteckt worden, in denen man nicht richtig habe sitzen können, weil sie so eng und niedrig gewesen seien, und nur herausgeholt worden, wenn er geschlagen wurde. Die Notdurft habe er in der Zelle vor dem Zellengenossen verrichten müssen. Diese Behandlung sei ihm mit folgenden Worten erklärt worden: "weil du Kurde bist und die Guerillas unterstützt". Bis März 1992 habe der Beschwerdeführer diese Erniedrigungen ertragen und nicht an Flucht gedacht. Im MÄRZ 1992 hätten die türkischen Soldaten aber begonnen, eine "Kontra-Guerilla-Truppe" aufzustellen. Diese Truppe habe im März 1992 begonnen, Jugendliche aus dem Heimatort des Beschwerdeführers mitzunehmen, die einige Tage später als Leichen zurückgebracht oder vom Bach angeschwemmt worden seien. Den Beschwerdeführer habe das tief bewegt. Am 5. März "1990" sei der Beschwerdeführer "abermals" von Soldaten festgenommen und nach Tunceli/Senk gebracht worden. Dort sei er 20 Tage lang festgehalten und täglich gefoltert worden, indem man ihn für etwa zwei Stunden mit einem Seil an den auf dem Rücken zusammengebundenen Händen aufgehängt habe. Mehrfach sei er auch mit dem Kopf nach unten hängend an den Füßen aufgehängt worden. Nach 20 Tagen sei er entlassen worden. Seine Mutter, die ihn während dieser Zeit gesucht habe, sei von den Soldaten so schlimm zugerichtet worden, daß sie einen Monat lang stationärer Spitalsbehandlung bedurft habe. Der Beschwerdeführer habe schließlich erkannt, daß ihnen jegliche Menschenrechte vorenthalten würden und sie immer unmenschlicher behandelt würden, und sich deshalb zur Flucht entschlossen. Bei seiner Rückkehr würde er sicherlich umgebracht werden, weil sie (die Türken) keine Kurden wollten, besonders jetzt, seit die "Kontra-Guerilla-Truppen" eingesetzt würden. Der Beschwerdeführer habe sich in seiner Heimat nicht politisch betätigt und sei nicht Mitglied einer politischen Partei oder Organisation gewesen.

Mit Bescheid vom 28. Juli 1992 - auf den der angefochtene Bescheid hinsichtlich seiner Begründung verweist - wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers ab. In der Bescheidbegründung wurde dargestellt, was der Beschwerdeführer "im wesentlichen" behauptet habe. Dabei wurde die Haft und Folter des Beschwerdeführers in Tunceli/Senk nach seiner Festnahme am 5. März "1990" dieser in der Niederschrift aufscheinenden Jahreszahl entsprechend aus dem Zusammenhang der Erzählung des Beschwerdeführers genommen und in der Abfolge der vom Beschwerdeführer beschriebenen Ereignisse zwischen denen vom Jänner bis Dezember 1990 (Mißhandlungen im Heimatort des Beschwerdeführers) und denen vom Dezember 1990 (Folter in Elazig) eingefügt. Das letzte dem Fluchtentschluß des Beschwerdeführers vorausgehende Ereignis war in dieser Wiedergabe seiner Darstellung daher die Ermordung junger Männer aus seinem Heimatort. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die vom Beschwerdeführer beschriebene Abfolge der Ereignisse oder die niedergeschriebene Jahreszahl "1990" richtig sei, enthielt die Bescheidbegründung nicht. Die Veränderung der Reihenfolge fand keine Erwähnung.

Nach allgemein gehaltenen Rechtsausführungen traf das Bundesasylamt mit weiteren Rechtsausführungen vermischte "Feststellungen" zum Sachverhalt. Der erste Absatz dieser Ausführungen ging nicht auf den Fall des Beschwerdeführers ein. Er enthielt Aussagen darüber, daß "a priori" von einer allgemeinen Bedrohung oder einer politischen Verfolgung der Kurden "nicht ausgegangen" werden könne. Die Kurden würden (gemeint offenbar: von den türkischen Behörden) als Teil des türkischen Volkes betrachtet und daher von den ethnischen Türken nicht unterschieden, "sodaß eine persönliche Diskriminierung der Kurden nicht zu beobachten ist". Ein Hinweis auf die Art der Ermittlungen, die dies ergeben hätten, unterblieb. Es wurde nur durch Entscheidungszitate belegt, daß eine Berufung auf die allgemeine Lage der Kurden in der Türkei oder auf die bloße Zugehörigkeit zu einer (auch religiösen) Minderheit für die Anerkennung als Flüchtling nicht ausreichend sei.

Der nächste Absatz der Bescheidbegründung enthielt die Feststellung, der Beschwerdeführer sei (nicht im März 1992 oder im März 1990, sondern) "im Dezember 1990" 20 Tage lang in Tunceli/Senk inhaftiert gewesen und während dieser Zeit auch mißhandelt worden. Er sei mit einem Seil an den Händen an der Decke aufgehängt worden und man hätte ihm vorgeworfen, "Leute der PKK" zu unterstützen. "Im Dezember 1990" sei der Beschwerdeführer "wiederum" wegen seiner "Hilfeleistung für die PKK-Kämpfer" für zwei Tage inhaftiert gewesen und "abermals mißhandelt" worden (offenbar gemeint: die vom Beschwerdeführer beschriebene Folter in Elazig).

Dazu führte das Bundesasylamt aus:

"Diese Inhaftierungen und die damit verbundenen Mißhandlungen sind zwar sehr bedauerlich, liegen jedoch schon längere Zeit zurück und stellen demnach auch keine konkrete Verfolgungshandlung dar, die bis kurz bei (gemeint offenbar: vor) Ihrer Ausreise bestand. Umstände, die schon längere Zeit vor der Ausreise zurückliegen, sind nicht mehr beachtlich (Verwaltungsgerichtshof 16. Dezember 1987, Zl. 87/01/0299; 13. April 1988, Zl. 87/01/0332)."

Der Beschwerdeführer habe weiters angegeben, er sei seit Dezember 1990 noch ca. 20 bis 30 mal von Soldaten auf die Polizeistation "mitgenommen und verhört" worden. Der Beschwerdeführer sei jeweils zwei bis fünf Tage dort festgehalten und "bei Verhören geschlagen" worden.

Dies würdigte das Bundesasylamt wie folgt:

"Auch diese Tatsache gilt nicht als Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, weil Sie aufgrund Ihrer verbotenen Unterstützung der PKK damit rechnen mußten, von der Polizei festgenommen und auch verhört zu werden."

Der Beschwerdeführer sei daher nicht Flüchtling, sodaß ihm auch kein Asyl gewährt werden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Jänner 1995 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Nach einer Wiedergabe der Verfahrensdaten - wobei auf eine Darstellung des Vorbringens verzichtet wurde - und allgemein gehaltenen Rechtsausführungen widmete die belangte Behörde dem Fall des Beschwerdeführers folgende Sätze:

"Das Vorliegen Ihrer Flüchtlingseigenschaft wurde von der erkennenden Behörde gründlich geprüft, mußte aber verneint werden und konnte Ihnen deshalb kein Asyl gewährt werden.

Die Behörde übernimmt diesfalls die Sachverhaltsfeststellung und die zutreffende rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides.

Da Sie nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 sind, konnte Ihnen nicht gemäß § 3 leg. cit. Asyl gewährt werden. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer die Begründungstechnik der belangten Behörde. Er sieht es als Verfahrensmangel an, daß sich die belangte Behörde mit einer generellen Verweisung auf den erstinstanzlichen Bescheid begnügt habe, ohne selbst auf den Fall einzugehen und ohne sich mit dem Berufungsvorbringen auseinanderzusetzen.

Was das Berufungsvorbringen anlangt, so wäre darauf nur in den Grenzen des § 20 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1991 einzugehen gewesen. Daß und inwiefern einzelne Teile des vom Beschwerdeführer erhobenen "Einspruchs" auf Verfahrensmängel hinwiesen oder in anderer Weise im Sinne der erwähnten Bestimmung von Relevanz waren, zeigt die Beschwerde nicht auf. Richtig ist, daß der angefochtene Bescheid sich mit dem Fall des Beschwerdeführers nicht argumentativ auseinandersetzt. Die ausdrückliche Übernahme der Sachverhaltsfeststellung und "zutreffenden" rechtlichen Beurteilung durch das Bundesasylamt erlaubt jedoch eine inhaltliche Überprüfung des angefochtenen Bescheides. Werden damit keine im dargestellten Sinn relevanten Berufungsausführungen übergangen, so ist diese Begründungstechnik zulässig (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045, und Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 452 und S. 563).

Als Verstoß gegen Verfahrensvorschriften kritisiert der Beschwerdeführer auch die - von der belangten Behörde übernommene - Annahme des Bundesasylamtes, in der Türkei sei "eine persönliche Diskriminierung der Kurden nicht zu beobachten". Diese Kritik ist schon deshalb berechtigt, weil Ermittlungen, die zu diesem Ergebnis geführt hätten, nach dem Akteninhalt nicht stattfanden und der Inhalt der kritisierten Feststellung auch nicht notorisch ist. Der rechtlichen Beurteilung kann sie daher nicht zugrunde gelegt werden.

Entscheidend ist allerdings, wie auch der Beschwerdeführer einräumt, nicht die allgemeine Lage der Kurden in der Türkei als solche, sondern die Frage, ob der Beschwerdeführer sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht, wegen seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Minderheit und wegen der ihm vorgeworfenen Unterstützung kurdischer Guerillakämpfer verfolgt zu werden, verlassen hat. Der Beschwerdeführer beruft sich in dieser Hinsicht auf die von der belangten Behörde übernommene Feststellung, er sei "seit Dezember 1990" noch ca. 20 bis 30 mal von Soldaten auf die Polizeistation mitgenommen und verhört worden, wobei er jeweils zwei bis fünf Tage lang festgehalten und bei Verhören geschlagen worden sei. Wenn die Behörde ihm vorhalte, er habe aufgrund seiner verbotenen Unterstützung der PKK damit rechnen müssen, "festgenommen und auch verhört" zu werden, so übergehe sie die Aussage des Beschwerdeführers, daß er bei diesen Verhören geschlagen wurde. Die belangte Behörde qualifiziere die Maßnahmen der türkischen Behörden auch "als kriminelle Handlungen" (gemeint offenbar: als legitime Maßnahmen zur Verfolgung solcher Handlungen), ohne den Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 1 Asylgesetz 1991 heranzuziehen oder Feststellungen über die tatsächlichen Aktivitäten der PKK getroffen zu haben.

Die zuletzt wiedergegebene Kritik unterstellt dem bekämpften Bescheid eine Begründung, die ihm nicht entnehmbar ist. Die von der belangten Behörde übernommenen Ausführungen des Bundesasylamtes enthalten nicht die in einem früheren Fall von der belangten Behörde vertretene Ansicht, die Verfolgung von PKK-Sympathisanten sei "rechtsstaatlich nicht zu beanstanden". Sie erschöpfen sich in dem Hinweis, der Beschwerdeführer habe aufgrund seiner verbotenen Unterstützung der PKK mit Maßnahmen "rechnen müssen". Wenn darin zum Ausdruck kommt, Maßnahmen wegen eines verbotenen Verhaltens, mit dessen Ahndung gerechnet werden muß, würden allein schon aufgrund des Zusammenhanges mit einem Verbot und ihrer daraus ableitbaren Vorhersehbarkeit nicht als Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 oder der Genfer Flüchtlingskonvention in Betracht kommen, so belastet dies den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Eine derartige Einschränkung ist den genannten Rechtsquellen fremd (vgl. das Erkenntnis vom 26. Juli 1995, Zl. 94/20/0741, zur mangelnden Relevanz selbst der KENNTNIS von drohender Strafverfolgung).

Mit Recht rügt der Beschwerdeführer auch die selektive Behandlung seines Vorbringens durch den Vorhalt, er habe damit rechnen müssen, "festgenommen und auch verhört" zu werden. Seine Behandlung bei den zahlreichen Festnahmen ab Dezember 1990 beschrieb der Beschwerdeführer in der mit ihm aufgenommenen Niederschrift wörtlich wie folgt:

"Zwischen Dezember 1990 und März 1992 wurde ich noch mindestens 20 bis 30 mal von Soldaten in das Wachzimmer meines Heimatortes gebracht und dort jeweils zwischen zwei bis fünf Tage festgehalten und mit einem Gummiknüppel, mit Stecken und mit den Fäusten geschlagen. Ich wurde in winzig kleine Kojen gesteckt, wo man nicht richtig sitzen konnte, weil sie so eng und niedrig waren (Ausmaße ca. 2x2x1). Ich wurde nur herausgeholt, wenn ich geschlagen wurde. Die Notdurft mußte man in der Zelle vor dem Zellengenossen verrichten. Als ich fragte, warum man mir das antut, wurde mir gesagt, "weil du Kurde bist und die Guerillas unterstützt". "

Geht man von der Darstellung des Beschwerdeführers aus, deren Glaubwürdigkeit in der Bescheidbegründung nicht angezweifelt wird, so fehlte es den gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfolgungshandlungen im Zuge der zahlreichen Festnahmen seit Dezember 1990 daher auch nicht an der asylrechtlich erforderlichen Intensität.

Für den gegenständlichen Fall wäre dann nicht mehr entscheidend, ob die nach den Angaben des Beschwerdeführers mit schwerer Folter verbundene Haft in Tunceli/Senk nach dem klaren inhaltlichen Zusammenhang seiner Aussage dem März 1992 (statt März 1990) zuzuordnen wäre. Die von der belangten Behörde übernommene "Feststellung", diese Vorfälle hätten sich "im Dezember 1990" ereignet, ist aktenwidrig. Nach dem Inhalt der Niederschrift begann der Beschwerdeführer seine Beschreibung der fluchtauslösenden Ereignisse im März 1992 mit der Erwähnung der Ermordung Jugendlicher aus seinem Heimatort und fuhr fort, er sei "am 5. März 1990 ... abermals" festgenommen, nach Tunceli/Senk gebracht und dort während einer 20tägigen Haft in der von der belangten Behörde als erwiesen angesehenen Weise gefoltert worden. Seine Mutter, die ihn während dieser Zeit gesucht habe, sei von den Soldaten derart schlimm zugerichtet worden, daß sie einen Monat lang stationärer Spitalsbehandlung bedurft habe. Nach dem Inhalt der Niederschrift waren es diese Ereignisse, die für die Flucht des Beschwerdeführers den Ausschlag gaben. Sollten sie schon im März 1990 stattgefunden haben, so würde dies einen inhaltlichen und auch einen Widerspruch zur sonst streng chronologischen Darstellungsweise in der Niederschrift bedeuten. Ein Widerspruch bestünde auch insofern, als der Beschwerdeführer zunächst nicht angab, er sei vor Dezember 1990 schon einmal "festgenommen" worden. Die weitere Darstellung, er sei im März 1990 "abermals" festgenommen worden, würde daher keinen Sinn ergeben. Ließe sich die wohlbegründete Furcht des Beschwerdeführers vor einer Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht auf die Modalitäten seiner festgestellten Festnahmen "seit Dezember 1990" gründen, so bedürfte es - wenn nicht ein offenkundiges Versehen in der Aussage, der Übersetzung oder der Niederschrift angenommen werden sollte - einer Aufklärung dieser Widersprüche anstelle der von der Behörde gewählten Vorgangsweise einer stillschweigenden Umreihung der Ereignisse. Daran würde auch der Umstand nichts ändern, daß die Beschwerde - in Anlehnung an die Darstellung des Vorbringens im Bescheid des Bundesasylamtes, aber im Widerspruch zur dort getroffenen "Feststellung" - nun auch eine Verhaftung "am 5. 3. 1990" erwähnt.

Der vorliegende Bescheid war aber schon deshalb, weil die belangte Behörde infolge der von ihr übernommenen unrichtigen Rechtsansicht des Bundesasylamtes in bezug auf die zahlreichen Festnahmen seit Dezember 1990 zu einem falschen Ergebnis gelangte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordung BGBl. Nr. 416/1994. Ein zusätzlicher Anspruch auf den Ersatz von Umsatzsteuer aus dem Schriftsatzaufwand besteht danach nicht.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995200086.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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