TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/28 96/18/0119

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Veröffentlicht am 28.03.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. Februar 1996, Zl. SD 1131/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 2. Februar 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine indische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1

Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei im Frühjahr 1992 - wann genau, wo und wie sei von ihr nicht beantwortet worden - nach Österreich gelangt und habe am 17. Juni 1992 einen Asylantrag gestellt. Dieser sei mit Bescheid vom 29. Juni 1992 abgewiesen worden. Der dagegen erhobenen Berufung sei keine Folge gegeben worden. Das Asylverfahren sei rechtskräftig abgeschlossen. Der von der Beschwerdeführerin am 11. Juni 1993 gestellte, gemäß § 7 Abs. 7 FrG weitergeleitete Sichtvermerksantrag sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. April 1995 rechtskräftig abgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin verfüge somit über keine Aufenthaltsberechtigung. Daran ändere auch eine gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobene Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde nichts.

In Ansehung des § 19 FrG, auf den gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. Bedacht zu nehmen sei, sei bedeutsam, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin und die gemeinsamen Kinder (zwölf und sechs Jahre alt) im Bundesgebiet lebten. Es sei demnach mit der Ausweisung ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin i.S. des § 19 FrG verbunden. Der Eingriff sei jedoch zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, dringend geboten. Da die Beschwerdeführerin im Asylverfahren nicht einmal bekanntgegeben habe, wann genau, wie und wo sie in das Bundesgebiet gelangt sei, habe weder festgestellt werden können, ob sie direkt eingereist sei und ob der Asylantrag rechtzeitig gestellt worden sei. Sie sei daher schon während des Asylverfahrens als nicht zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt anzusehen gewesen. Ihr Aufenthalt sei jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes am 1. Juli 1993 nicht rechtmäßig gewesen, weil ihr der zuvor gestellte Sichtvermerksantrag keine Aufenthaltsberechtigung verschafft habe. § 13 Abs. 1 AufG sei daher nicht zum Tragen gekommen; er hätte angesichts des § 13 Abs. 2 leg. cit. auch bei Bestehen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung i.S. des Asylgesetzes nicht angewendet werden können. Der Beschwerdeführerin sei es verwehrt, rechtens einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom Inland aus zu stellen. Die Berufung der Beschwerdeführerin auf § 6 Abs. 2 AufG idF der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 sei verfehlt, weil diese Bestimmung (u.a.) nur anzuwenden wäre, wenn die Beschwerdeführerin Asyl gehabt und dieses wieder verloren hätte.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, sie habe übersehen, daß es einem Flüchtling häufig nicht zumutbar sei, über die erforderlichen topographischen Kenntnisse zu verfügen, um seinen Einreiseweg zu rekonstruieren. Allein aus "diesem Umstand" abzuleiten, daß der Beschwerdeführerin "nicht die Aufenthaltsbewilligung schon aus dem Asylgesetz zukäme", sei daher unzutreffend. Auf die Ausnahmebestimmungen des § 6 Abs. 2 AufG habe sich die Beschwerdeführerin zu Recht berufen, weil sie "tatsächlich zunächst das Asylrecht in Österreich genossen habe und ein Überleitungsfall gegeben gewesen wäre".

1.2 Mit diesem Vorbringen läßt die Beschwerde die im Grunde des § 17 Abs. 1 FrG entscheidungswesentliche Ansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde im Hinblick auf die unbestrittene Tatsachenfeststellung des rechtskräftigen negativen Abschlusses des Asylverfahrens wie auch des Aufenthaltsbewilligungsverfahrens keine Bedenken. Von daher gesehen kann es - da für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens letztlich nicht relevant - dahinstehen, ob die Beschwerdeführerin während der Anhängigkeit des Asylverfahrens zum vorläufigen Aufenthalt nach den asylrechtlichen Bestimmungen berechtigt war, oder dies, wie die belangte Behörde meint, nicht zutraf. Gegen die begründete Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die Stellung eines Antrages der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom Inland aus nicht in Betracht komme, sodaß die Ausweisung im besonderen auch unter diesem Gesichtspunkt zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes notwendig sei, bringt die Beschwerde nichts vor. Der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsanschauung, daß § 6 Abs. 2 (dritter Satz) AufG idF BGBl. Nr. 351/1995 (ausnahmsweise Zulässigkeit einer Antragstellung im Inland) nicht zum Tragen komme, ist beizupflichten. Der dagegen erhobene Beschwerdeeinwand ist verfehlt, kann doch angesichts des - von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellten - negativen Ausganges des Asylverfahrens keine Rede von einem "Verlust des Asyls" sein.

2.1. Die Beschwerde bringt weiters vor, daß der "allgemeine Verweis auf die gröbliche Störung der öffentlichen Ordnung" durch die Beschwerdeführerin unzutreffend sei. Es sei vielmehr zu berücksichtigen, daß sich die Beschwerdeführerin bereits seit vier Jahren in Österreich aufhalte, nicht straffällig geworden sei, der Republik nicht zur Last falle und sich auch sonst nichts habe zuschulden kommen lassen.

2.2. Damit vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung aus dem Blickwinkel des § 19 FrG nicht darzutun. Zum einen hat die belangte Behörde ohnehin - zu Recht - einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin angenommen. Zum anderen aber hat sie ebenso zutreffend auf den hohen Stellenwert hingewiesen, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1353, mwN). Bedenkt man zudem, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin jedenfalls zum größeren Teil nicht rechtmäßig war und auch eine allfällige vorläufige Aufenthaltsberechtigung lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen gewesen wäre, und weiters, daß, wie von der belangten Behörde richtig erkannt, eine Antragstellung der Beschwerdeführerin für eine Aufenthaltsbewilligung rechtens nur vom Ausland aus in Betracht kommt, so erweist sich die Ausweisung der Beschwerdeführerin i. S. des Gesetzesvorbehaltes des Art. 8 Abs. 2 MRK als notwendig zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und solcherart als zulässig im Grunde des § 19 FrG.

3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996180119.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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