TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/29 95/02/0570

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Veröffentlicht am 29.03.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19 Abs3;
AVG §67d Abs1;
AVG §67f Abs3;
VStG §51e Abs1;
VStG §51e Abs3;
VStG §51f Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 7. September 1994, Zl. Senat-BN-93-515, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.050,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. September 1994 wurde der Beschwerdeführer wegen einer am 18. April 1992 begangenen Übertretung der StVO für schuldig befunden und hiefür bestraft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer behauptet unter anderem, die belangte Behörde habe die "Strafbarkeitsverjährung" gemäß § 31 Abs. 3 VStG nicht beachtet. Er ist damit im Recht:

Auszugehen ist davon, daß der Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 5. Juli 1994 von der Anberaumung einer für 27. Juli 1994 vorgesehenen öffentlichen mündlichen Verhandlung verständigt wurde. Mit Schreiben vom 11. Juli 1994 reagierte der Beschwerdeführer darauf zunächst insoweit, daß er gegenüber der belangten Behörde zum Ausdruck brachte, er sehe keine Veranlassung für die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und rege die "Absetzung" derselben an. Mit einer weiteren, am 26. Juli 1994 bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe behauptete der Beschwerdeführer eine "nicht ordnungsgemäße" Ladung für die erwähnte mündliche Verhandlung, brachte aber "der Ordnung halber" vor, daß er den genannten Verhandlungstermin "wegen Erkrankung" nicht wahrnehmen könne.

Am 27. Juli 1994 wurde von der belangten Behörde die mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Parteien (es war lediglich ein Zeuge erschienen) durchgeführt, wobei am Ende der Verhandlung diese zwecks Bescheidverkündung auf den 7. Juli 1994 vertagt wurde. Eine (gesonderte) Ladung zu dieser Verhandlung erfolgte nicht.

Am 7. September 1994 erfolgte sodann die mündliche Verkündung des Berufungsbescheides, wobei außer der Verhandlungsleiterin niemand anwesend war. Schließlich wurde die schriftliche Ausfertigung des Berufungsbescheides (der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid) am 30. Oktober 1995 der Behörde erster Instanz und am 2. November 1995 dem Beschwerdeführer zugestellt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beschwerdeführer behauptet - eine ordnungsgemäße Ladung für die Verhandlung am 27. Juli 1994 erfolgte oder nicht. Denn selbst bejahendenfalls durfte die belangte Behörde im Hinblick auf die beiden erwähnten Eingaben des Beschwerdeführers vom 11. und 26. Juli 1994 jedenfalls nicht davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer "ausdrücklich" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 92/04/0276) im Sinne des § 51e Abs. 3 VStG auch auf die Teilnahme an weiteren mündlichen Verhandlungen (in Fortsetzung der für 27. Juli 1994 anberaumten) verzichtet habe, sodaß nicht weiter untersucht werden braucht, was in einem solchen Fall rechtens wäre. Es entspricht aber der hg. Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1993, Zl. 93/02/0085), daß die Vorgangsweise der belangten Behörde, die Vertagung einer Verhandlung und den neuen Verhandlungstermin lediglich in einer Verhandlung bekanntzugeben, an der die Parteien des Verwaltungsverfahrens nicht teilgenommen haben, die Parteien aber in der Folge von dem neuen Termin nicht zu verständigen, nicht den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Ladung im Sinne des § 51f Abs. 2 VStG entspricht und daß in einer so fortgesetzten Verhandlung zum neuen Termin (hier: 7. September 1994) eine Berufungsentscheidung nicht wirksam verkündet und damit erlassen werden kann.

Daraus folgt, daß mangels wirksamer Verkündung des angefochtenen Bescheides dessen Zustellung (Erlassung) nach der Frist des § 31 Abs. 3 VStG rechtswidrig war. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995020570.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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