TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/12 94/02/0158

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Veröffentlicht am 12.04.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

AAV §13 Abs2;
ArbIG 1993 §23;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 1. März 1994, Zl. Senat-MD-93-443, betreffend Bestrafung wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 1994 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er sei als Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der L. GesmbH mit dem Sitz in W dafür verantwortlich, daß am 26. Juni 1991 der Verkaufsraum in einer örtlich umschriebenen Filiale keine wirksamen Lüftungsquerschnitte von mindestens einem Fünfzigstel der Fußbodenfläche des Raumes besessen habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz in Verbindung mit § 13 Abs. 2 AAV begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, bei Bestellung eines verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen gemäß § 9 Abs. 2 VStG nicht für die Verletzung der in Rede stehenden Verwaltungsvorschriften zur Verantwortung gezogen zu werden, die in den Verantwortungsbereich des Bestellten fielen. Er ist damit im Recht:

Die Verantwortlichkeit der Filialleiterin erstreckt sich laut Bestellungsurkunde zum verantwortlichen Beauftragten vom 1. Jänner 1990 "auf alle zur Anwendung gelangenden Vorschriften, insbesondere auf ... g) der Einhaltung von Dienstnehmerschutzbestimmungen" (Punkt 2), wobei die Filialleiterin laut Punkt 3 berechtigt ist, zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten und in Ergänzung allgemein ergangener Dienstanweisungen spezielle Anweisungen für ihren Verantwortungsbereich zu erlassen.

Diese der Filialleiterin eingeräumte "Berechtigung" ist als Zuweisung einer entsprechenden Anordnungsbefugnis für den ihrer Verantwortung unterliegenden, klar abgerenzten Bereich (betreffend eine örtlich umschriebene Filiale) im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG anzusehen; sie umfaßt die Vorkehrung all jener Maßnahmen, die notwendig sind, um - hier - die Einhaltung von Dienstnehmerschutzbestimmungen zu gewährleisten. Der verantwortliche Beauftragte (Filialleiterin) hätte seine Zustimmung zur Bestellung zurückziehen müssen, wenn es ihm nicht gelungen wäre, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen; eine allfällige Verpflichtung des verantwortlichen Beauftragten, betriebsinterne Anweisungen zu befolgen, ist für die Wirksamkeit seiner Bestellung ohne Bedeutung (vgl. einen ähnlich gelagerten Fall betreffend das hg. Erkenntnis vom 12. August 1994, Zl. 94/02/0269). Es war daher auch rechtlich unerheblich, daß die Filialleiterin (verantwortliche Beauftragte) im Verwaltungsverfahren als Zeugin angab, sie hätte die ihr eingeräumten Befugnisse "sicherlich überschritten", wenn sie den in Rede stehenden baulichen Mangel beseitigt hätte. Zur Klarstellung sei allerdings gesagt, daß auf den vorliegenden Beschwerdefall das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (vgl. dessen § 23) noch nicht anzuwenden war.

Ausgehend von dieser Rechtslage war es rechtswidrig, den Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ trotz der erwähnten Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten zur Verantwortung zu ziehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994020158.X00

Im RIS seit

01.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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