TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/15 VGW-111/055/17933/2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.03.2022
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Entscheidungsdatum

15.03.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L82009 Bauordnung Wien

Norm

AVG §13 Abs8
VwGVG 2014 §17
BauO Wr §76 Abs10
BauO Wr §79 Abs6
BauO Wr §80
BauO Wr §92
BauO Wr §94
BauO Wr §134
BauO Wr §134a
  1. AVG § 13 heute
  2. AVG § 13 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 13 gültig von 01.01.2012 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 13 gültig von 01.01.2011 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  5. AVG § 13 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 13 gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  7. AVG § 13 gültig von 01.03.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  8. AVG § 13 gültig von 20.04.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  9. AVG § 13 gültig von 01.01.2002 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  10. AVG § 13 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  11. AVG § 13 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Forster über die Beschwerde des Herrn Ing. A. B., vertreten durch Rechtsanwälte, vom 15. Dezember 2021 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei – …, vom 8. November 2021, Zl. MA 37/…2-2020-1, mit welchem gemäß § 70 BO iVm § 54 BO sowie in Anwendung des Wr. Garagengesetzes 2008 die Bewilligung für die Errichtung eines Bürogebäudes auf der Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 14, erteilt wurde (mitbeteiligte Partei als Bauwerberin bzw. Liegenschaftseigentümerin: E. GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. März 2022,

zu Recht:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das mit Ansuchen vom 17. April 2020 beantragte Bauvorhaben entsprechend den als Bestandteil dieses Erkenntnisses anzusehenden, mit dem Sichtvermerk des Verwaltungsgerichtes Wien versehenen modifizierten Schnittplänen (Plannummern: 2019-05/22-01-006, 2019-05/22-01-007 und 2019-05/22-01-008, Plotdatum: 3. Februar 2022), welche insofern an die Stelle der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Schnittpläne (Plannummern: 2019-05/22-01-006, 2019-05/22-01-007 und 2019-05/22-01-008, Plotdatum: 1. November 2021) treten, bewilligt wird. Unter Beachtung der Präzisierung bzw. Einschränkung durch die Antragstellerin im Rahmen der Beschwerdeverhandlung am 3. März 2022 erfolgt diese Bewilligung mit der Maßgabe, dass 1. die in der Grundrissdarstellung des Erdgeschoßes weiß dargestellte Fläche vor dem gartenseitigen Büro an der Grenze zur Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 12, im gestuften Bereich mit senkrecht eingesetzten Stahlplatten, welche mit Humus hinterfüllt und mit Gräsern bepflanzt werden, und im nicht gestuften Bereich bepflanzt ausgeführt wird und 2. die im Innenhof des 1. Kellergeschoßes projektierte rechteckige, befestige Fläche (mit einer Länge von ca. 5,7 m und einer Breite von ca. 1,2 m) zwischen der Teeküche und dem vor der Teeküche befindlichen rechteckigen begrünten Innenhofbereich mit im Sandbett verlegten Pflastersteinen und räumlich reduziert auf die Fläche unterhalb des darüber befindlichen Erkers ausgeführt wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom 8. November 2021, Zl. MA 37/…2-2020-1, erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei – …, gemäß § 70 BO iVm § 54 BO sowie in Anwendung des Wr. Garagengesetzes 2008 die Bewilligung für die Errichtung eines Bürogebäudes auf der Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 14, EZ …0, Gst. Nr. …4, Kat. Gem. D..

2. In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde vom 15. Dezember 2021 (am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangt) rügt der Beschwerdeführer zunächst einen Verstoß gegen die maximale bauliche Ausnutzbarkeit des Bauplatzes. Hierzu sei zu bemerken, dass im Einreichplan eine Fläche des Bauplatzes von 139,993 m2 ausgewiesen sei, während der Bescheid eine Fläche von 139,95 m2 nenne. Des Weiteren sei die gemeinsame Grundgrenze im Lageplan zur Umwandlung in den Grenzkataster vom 24. Juni 2021, Zl. …9A, entlang der vorhandenen Mauer eingetragen. Für die Umwandlung in den Grenzkataster seien aber nicht nur die Naturmaße, sondern auch die im Archiv des Vermessungsamtes aufliegenden Dokumente heranzuziehen – wobei dem Archiv zwar kein Parzellierungsplan aber doch ein Anmeldungsbogen mit den eingemessenen Häusern und Grundgrenzen aus dem Jahr 1899 zu entnehmen wäre. Aus diesem Anmeldungsbogen ergebe sich für die Bauliegenschaft und für die Liegenschaft des Beschwerdeführers jeweils eine Breite an der Straßenseite von 16 m, was sich mit den vom Geometer erhobenen 16,03 m und 16,04 m decke, hinsichtlich der Gartenseite sei dem Anmeldungsboden hingegen eine Breite der Bauliegenschaft von 15,80 m und eine Breite der Liegenschaft des Beschwerdeführers von 15,90 m zu entnehmen. In Widerspruch dazu weise der Geometerplan für die Bauliegenschaft an dieser Stelle eine Breite von 15,95 m + 0,44 m = 16,39 m aus, was zu einer Vergrößerung der Grundstücksfläche um 8 m2 führe. Diese Änderung der Fläche finde sich nicht im Lageplan zur Umwandlung in den Grenzkataster vom 24. Juni 2021; vielmehr sei die Fläche des Grundstückes Nr. …4 zuvor im Lageplan zur Qualitätsverbesserung vom 22. Dezember 2020, Zl. …9, von 415 m2 (laut damaligem Grundbuchsstand) auf 423 m2 geändert worden. Ausgehend von einer Liegenschaftsgröße von 415 m2 betrage die zulässige Drittelverbauung 138,33 m2, was im vorliegenden Fall überschritten werde. Zudem sei auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer niemals seine Zustimmung zum Grenzverlauf erteilt habe, wie er in der Grenzverhandlung am 9. Juli 2020 erörtert worden sei. Da weder die Liegenschaft des Beschwerdeführers noch die Bauliegenschaft im Grenzkataster eingetragen seien, existiere derzeit kein rechtsverbindlicher Grenzverlauf.

Darüber hinaus seien dem Projekt zufolge überbordende Terrassen und Wegführungen vorgesehen, durch welche insgesamt 35 Prozent der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche von 280 m2 entzogen würden. Gleichzeitig seien 15 Prozent durch die Herstellung einer mangelhaften Vegetationsschicht vorschriftswidrig ausgeführt. In diesem Zusammenhang habe die Behörde die Vorgabe des § 79 Abs. 6 BO nur unzureichend geprüft. Ebenfalls unzureichend geprüft worden seien auch die Tragfähigkeit des Bauwerks im Brandfall iSd § 92 Abs. 2 BO und die Vorbeugung der Ausbreitung von Feuer auf andere Bauwerke iSd § 94 Abs. 2 BO. Hierbei müsse gewährleistet sein, dass es durch den Einsturz des Bauwerkes oder von Bauwerksteilen nicht zu Schäden auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers komme. Außerdem müssten die Außenwände des Gebäudes so ausgeführt sein, dass ein Übergreifen des Brandes auf die Nachbarliegenschaft verhindert werde, wobei ein besonderes Augenmerk auf die geologischen Verhältnisse und die Tragfähigkeit zu legen sei. Da das auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers befindliche Gebäude nicht unterkellert sei, brauche es ein Bodengutachten sowie ein Baugrubensicherungskonzept.

3. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde sowie den Akt des Verwaltungsverfahrens vor, wo der Bescheid und die Beschwerde am 22. Dezember 2021 einlangten.

4. Mit Schriftsatz vom 5. Jänner 2022 brachte das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde der Bauwerberin zur Kenntnis und gab dieser Gelegenheit, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme zum Vorbringen des Beschwerdeführers zu erstatten. Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2022 machte die – nunmehr rechtsfreundlich vertretene – Bauwerberin von dieser Gelegenheit Gebrauch und trat dem Vorbringen der Beschwerde inhaltlich entgegen, wobei sie zum Teil modifizierte Parien vorlegte und beantragte, die Baubewilligung entsprechend der darin dargestellten Modifikation zu erteilen. Diese Stellungnahme wurde mit Schriftsatz vom 9. Februar 2022 an die weiteren Verfahrensparteien übermittelt.

5. Mit Eingabe vom 1. März 2022 erstattete der Beschwerdeführer ein weiteres Vorbringen. Diese Stellungnahme wurde mit Schriftsatz vom 2. März 2022 an die übrigen Verfahrensparteien zur Kenntnisnahme übermittelt.

6. Am 3. März 2022 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien in der gegenständlichen Beschwerdesache eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in deren Rahmen die Parteien ihre Standpunkte vortrugen und Frau Dipl.-Ing. F. das Zustandekommen der Vermessungsergebnisse erörterte.

II. Sachverhalt

Für das Verwaltungsgericht Wien steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

1. Mit Eingabe vom 17. April 2020, eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am 27. April 2020, ersuchte die E. GmbH gemäß § 70 BO um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Bürogebäudes auf der in ihrem Alleineigentum stehenden Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 14, EZ …0, Kat. Gem. D. (Bauliegenschaft). Diesem Ansuchen war unter anderem ein geotechnisches Gutachten der G. GmbH vom 14. Juli 2021 angeschlossen, in dem die Untergrundverhältnisse untersucht und Gründungsvorschläge, bauliche Hinweise sowie Hinweise für die Herstellung der Baugrube dargelegt werden. Darüber hinaus wurden von Seiten der Bauwerberin eine statische Vorberechnung und eine „Statische Berechnung Baugrubensicherung“ vorgelegt.

2. Die Bauliegenschaft weist – unter Beachtung einer Neufestlegung der Grenzen zu den benachbarten Liegenschaften Wien, C.-gasse ONr. 16, und Wien, H.-gasse ONr. 15, welcher die betroffenen Eigentümer zugestimmt haben, und einer Vermessung durch Frau Dipl.-Ing. F., welche in einen Lageplan zur Umwandlung in den Grenzkataster vom 24. Juni 2021, Zl. …9A, eingeflossen ist – eine Größe von 423 m2 auf. Diese Liegenschaftsgröße wurde auch bereits im Grundbuch ersichtlich gemacht.

Für die Eintragung der Liegenschaft in den Grenzkataster fanden am 9. Juli 2020 und am 8. Juni 2021 Grenzverhandlungen statt, wobei der Beschwerdeführer nur bei der zweiten erschienen ist. In der Folge gab der Beschwerdeführer als Eigentümer der ebenfalls benachbarten Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 12, bekannt, dem Grenzverlauf, wie er im Vermessungsgutachten festgehalten ist, nicht zuzustimmen. Als Konsequenz daraus wurde von Frau Dipl.-Ing. F. ein Verfahren beim Vermessungsamt anhängig gemacht, welches noch nicht abgeschlossen ist. Insofern sind bisher weder die Bauliegenschaft noch die Liegenschaft im Eigentum des Beschwerdeführers im Grenzkataster eingetragen.

Die Bauliegenschaft ist gegenüber der Liegenschaft des Beschwerdeführers (Wien, C.-gasse ONr. 12) durch eine auf dessen Liegenschaft an der Grundgrenze situierte Feuermauer und eine anschließende Einfriedung abgegrenzt. Bei der zweiten Grenzverhandlung war das Gebäude auf der Bauliegenschaft bereits abgetragen und die Mauer an der Grenze zur Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 12, sohin gut ersichtlich.

Schon zuvor wurden die Gst. Nr. …2 und …4 (inneliegend EZ …0, Kat. Gem. D.) mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 8. September 2020, Zl. MA 64 – …1/2020, gemäß § 13 Abs. 2 lit. b BO als „ein“ Bauplatz bewilligt (Rechtskraftbestätigung vom 19. Oktober 2020). In der Folge wurden die Gst. Nr. …2 und …4 zum Grundstück …4 (inneliegend EZ …0, Kat. Gem. D.) vereinigt (vgl. hierzu auch die einlagenbezogene Trennstücktabelle des Bezirksgerichtes vom 7. Jänner 2021, Zl. …). In einer Mitteilung vom 8. September 2020, Zl. MA 64 – …1/2020, erkannte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, keine Bedenken gegen diese Grundstücksvereinigung.

3. Im Hinblick auf das Ansuchen vom 17. April 2020 erteilte die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid gemäß § 70 BO iVm § 54 BO sowie in Anwendung des Wr. Garagengesetzes 2008 die Bewilligung für die Errichtung eines mit zwei Geschoßen unterkellerten, zweistöckigen Bürogebäudes mit einem ausgebauten Dachgeschoß auf der Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 14. Ausweislich der Einreichpläne weist das Vorhaben eine bebaute Fläche von 139,98 m2 auf. Zur Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 12, soll eine Feuermauer an der gemeinsamen Grundgrenze in Stahlbetonbauweise mit entsprechender Gründung errichtet werden. Das Bauvorhaben beinhaltet keine Inanspruchnahme der Liegenschaft des Beschwerdeführers, wie etwa durch eine Unterfangung.

Im Zuge des Bauvorhabens sollen auf dem gärtnerisch auszugestaltenden Bereich der Bauliegenschaft Weg- und Stufenanlagen mit einer Breite von meist 1,20 m zur Erschließung der im 1. Kellergeschoß projektierten Aufenthaltsräume errichtet werden, deren Anordnung vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Höhe des Geländes auf der Bauliegenschaft zu sehen ist. Im Bereich des Erdgeschoßes geht diese Wegführung, die gleichzeitig als Fluchtweg vorgesehen ist, vor der Baulinie an der C.-gasse in eine Terrasse mit einer Größe von 39,41 m2 über, auf der die Müllbehälter aufgestellt werden sollen und über die weitere Aufenthaltsräume mit der Wegführung verbunden sind. Vor dem gartenseitigen Büro im Erdgeschoß an der Grenze zur Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 12, ist nach dem gartenseitigen Ausgang – zum größten Teil innerhalb des mit Baufluchtlinien umgrenzten bebaubaren Bereiches, zum Teil aber auch darüber hinausreichend – eine Fläche vorgesehen, welche in eine Stufenanlage zur Überwindung des Geländeanstieges übergeht. Über den unterirdischen Bauteilen ist (abgesehen von drei Oberlichten der Aufenthaltsräume im 1. Kellergeschoß) durchgehend eine Vegetationsschicht mit einer Mächtigkeit von zumindest 40 cm vorgesehen.

4. Nach Maßgabe des am 24. Mai 2005 beschlossenen Plandokuments Nr. … ist auf der Bauliegenschaft in einem mit Baufluchtlinien umgrenzten Bereich die Widmung Bauland – Wohngebiet, Bauklasse eins, gekuppelte Bauweise, Beschränkung der zulässigen Gebäudehöhe auf 7,5 m, festgesetzt. Im restlichen Liegenschaftsteil ist die Widmung „G“ (gärtnerische Ausgestaltung) ausgewiesen.

5. Der Beschwerdeführer ist Alleineigentümer der Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 12, EZ …8, Gst. Nr. …3/1 und …3/4, Kat. Gem. D., welche von der C.-gasse gesehen rechts unmittelbar an die Bauliegenschaft anschließt und eine Größe von 412 m2 aufweist. Die Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 12, EZ …8, ist als Bauland – Wohngebiet, Bauklasse eins, gekuppelte Bauweise, Beschränkung der zulässigen Gebäudehöhe auf 7,5 m, gewidmet. Im restlichen Liegenschaftsteil ist die Widmung „G“ (gärtnerische Ausgestaltung) ausgewiesen.

6. Zur Bauverhandlung am 17. Februar 2021 wurde der Beschwerdeführer durch eine am 25. Jänner 2021 (durch persönliche Übernahme) zugestellte persönliche Verständigung geladen. Mit einem Schriftsatz vom 15. Februar 2021, der auch der in seiner Anwesenheit durchgeführten mündlichen Verhandlung zugrunde gelegt wurde, rügte der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinen Rechten gemäß § 134a Abs. 1 lit. a, b, c und d BO. Hinsichtlich der behaupteten Verletzung der Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnutzbarkeit des Bauplatzes führte der Beschwerdeführer aus, dass die projektgegenständlichen überbordenden Wegführungen und Terrassierungen gegen § 79 Abs. 6 BO verstießen. Schließlich brachte der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 15. Februar 2021 auch einen Verstoß gegen die Bestimmungen des § 92 Abs. 2 BO und § 94 Abs. 2 BO vor, wozu er neben der Berufung auf den Gesetzeswortlaut ausführte, dass ein besonderes Augenmerk auf die geologischen Verhältnisse und die Tragfähigkeit des geplanten Bauwerks zu legen sein werde. Weiters hielt der Beschwerdeführer hierzu fest, dass das auf seiner Liegenschaft befindliche Gebäude nicht unterkellert sei und lediglich über Streifenfundamente verfüge. Er widerspreche ausdrücklich einer Unterfangung seines Gebäudes und sonstigen Maßnahmen der Baugrubensicherung, welche seine Liegenschaft beeinträchtigen.

Nach einer Planadaptierung im Zuge der mündlichen Verhandlung (konkret wurde der Abstand eines Erkers von der Nachbargrundgrenze von 2,95 m auf 3 m richtiggestellt) gab die Behörde dem Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 4. März 2021 abermals Gelegenheit zur Erstattung eines Vorbringens. Der Beschwerdeführer machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und führte in einer Stellungnahme vom 23. März 2021 aus, dass ihm das Ergebnis der Grenzverhandlung nicht zur Kenntnis gebracht worden sei und er seine Zustimmung zum Grenzverlauf nicht erteilt habe. In diesem Sinn sei eine Beurteilung der Abstandsvorschriften und der Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnutzbarkeit des Bauplatzes nicht möglich. Zudem seien auch die Maßnahmen der Baugrubensicherung an der Grundstücksgrenze in einigen Punkten unklar.

Schon zuvor hatte sich der Beschwerdeführer nach Zustellung einer Verständigung gemäß § 70 Abs. 2 BO (mit Schriftsatz vom 13. November 2020, der dem Beschwerdeführer am 30. November 2020 persönlich übergeben wurde) mit einer E-Mail vom 3. Dezember 2020 gegen das beantragte Bauvorhaben gewandt und darin neben Beeinträchtigungen durch den Abbruch und den Neubau, der Forderung nach einer Beweissicherung und der Forderung nach einer Überprüfung des Ortsbildgutachtens auch eine Verletzung in seinen Rechten gemäß § 134a Abs. 1 lit. c BO behauptet, zumal der Bauplatz laut Grundbuchsauszug über eine Größe von 415 m2 verfüge. Bemessen nach dieser Größe werde die zulässige Drittelbebauung überschritten.

7. Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens – vor der mündlichen Verhandlung am 3. März 2022 – änderte die Bauwerberin die Einreichpläne insofern ab, als eine irrtümliche Eintragung des Aufbaus DA-01 (welcher sich auf das Dach bezieht) im Schnittplan durch die Ergänzung eines Aufbaus DA-05 für die Gartenfläche korrigiert wurde. Zudem erklärte die Bauwerberin im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Hintergrund des Vorbringens des Beschwerdeführers und unter Bezugnahme auf die graphische Darstellung der relevanten Bereiche in einem Schriftsatz des Beschwerdeführers, folgende Projektpräzisierungen bzw. Projektmodifikationen vorzunehmen: Zum einen werde der relevante Bereich im Erdgeschoß des Gebäudes (vor der Teeküche) mit im Sandbett verlegten Pflastersteinen und räumlich beschränkt auf den Bereich des darüber befindlichen Erkers ausgeführt (wozu die Bauwerberin erklärte, dass in diesem Bereich aufgrund der Überbauung kein Pflanzenbewuchs möglich sei). Zum anderen solle die in der Grundrissdarstellung des Erdgeschoßes weiß dargestellte Fläche vor dem gartenseitigen Büro an der Grenze zur Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 12, – entsprechend der von Seiten der Bauwerberin vorgelegten und zum Verhandlungsprotokoll genommenen graphischen Darstellung – im gestuften Bereich mit senkrecht eingesetzten Stahlplatten, welche mit Humus hinterfüllt und mit Gräsern bepflanzt werden, und im nicht gestuften Bereich bepflanzt ausgeführt werden (wozu die Bauwerberin erklärte, dass die Stufenanlage als gestalterisches Element und zur Überwindung der Geländeunterschiede vorgesehen sei).

III. Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde (sowohl in elektronischer Form als auch in Papierform), Würdigung des Beschwerdevorbringens und der weiteren Schriftsätze der Parteien, Einsichtnahme in das Grundbuch sowie in das baubehördliche geographische Informationssystem der Stadt Wien und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. März 2022, in deren Rahmen die Parteien ihre Standpunkte darlegten.

1. Die Feststellungen zum Bauansuchen, den diesem angeschlossenen Beilagen, sowie zum weiteren Verfahren vor der belangten Behörde stützen sich auf den Inhalt des Behördenaktes und sind unstrittig.

2. Die Feststellungen zur Größe der Bauliegenschaft ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Lageplan zur Umwandlung in den Grenzkataster der Frau Dipl.-Ing. F. vom 24. Juni 2021, Zl. …9A, den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Frau Dipl.-Ing. F. im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 3. März 2022, den im Akt einliegenden Grundbuchsauszügen und dem im Akt einliegenden Auszug aus dem Grundstücksverzeichnis (wo jeweils bereits die Liegenschaftsgröße von 423 m2 ausgewiesen ist). Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen der Frau Dipl.-Ing. F., welche als Ingenieurkonsulentin für Vermessungswesen und gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige über eine besondere Fachkunde verfügt, zu keiner Zeit auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und konnte auch sonst keine Zweifel an der Schlüssigkeit der fachlichen Ausführungen und dem Ergebnis der Vermessung erwecken.

Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung am 3. März 2022 vor dem Verwaltungsgericht Wien, wonach bei der Grenzverhandlung am 8. Juni 2021 auf bestimmte Polygonpunkte Bezug genommen worden sei, welche sich im Vermessungsgutachten vom 24. Juni 2021 nicht wiederfänden, konnte Frau Dipl.-Ing. F. nachvollziehbar darlegen, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer genannten Punkten nicht um Polygon-, sondern um Grenzpunkte handle und dass deren endgültige Nummern durch das Vermessungsamt vergeben würden, weshalb bei Identität der (im Koordinatenverzeichnis eingetragenen) Punkte bzw. Daten lediglich eine Neuvergabe der Nummern erfolgt sei. Des Weiteren gab Frau Dipl.-Ing. F. zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach bei den Grenzverhandlungen keine Vermessung erfolgt sei, an, dass die Vermessung schon im Vorfeld der Grenzverhandlung durchgeführt worden sei. Bei der Grenzverhandlung selbst seien die maßgeblichen Punkte (lediglich) für die Betroffenen ersichtlich gemacht worden. Zudem seien vor Erstellung der Vermessungsurkunde auch die beim Vermessungsamt aufliegenden Dokumente – darunter der vom Beschwerdeführer vorgelegte Anmeldungsbogen aus dem Jahr 1899 sowie der darauf bezogene Teilungsplan zur Zl. 26/1899 – berücksichtigt worden. Die Vergrößerung der Liegenschaftsfläche sei auf eine Neufestlegung der Grenzen zu den Liegenschaften Wien, C.-gasse ONr. 16, und Wien, H.-gasse ONr. 15, zurückzuführen, der die betroffenen Eigentümer zugestimmt hätten und der ein Plan zur Qualitätsverbesserung des Vermessungsamtes zugrundegelegen sei (vgl. die Seiten 2 f. des Verhandlungsprotokolls vom 3. März 2022). Auf explizite Nachfrage, welche inhaltlichen Zweifel er an der Richtigkeit der Vermessung habe, gab der Beschwerdeführer lediglich an, ein Laie zu sein und sich nicht auszukennen, wobei er sich ohne nähere Ausführungen darauf berief, dass die Grenze nicht vermessen worden sei (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 3. März 2022). Mit diesem und dem übrigen Vorbringen konnte der Beschwerdeführer insgesamt keine Zweifel an der Richtigkeit der auf fachlicher Expertise beruhenden Vermessung der Bauliegenschaft aufzeigen.

Hinsichtlich des behaupteten unklaren Grenzverlaufes gegenüber seiner eigenen Liegenschaft beschränkte sich der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren darauf, dem Grenzverlauf, wie er im Vermessungsplan dargestellt sei, „nicht zuzustimmen“, ohne dies auch nur ansatzweise zu begründen. Hierzu ist zu bemerken, dass der Grenzverlauf gegenüber der Liegenschaft des Beschwerdeführers durch eine auf seiner Liegenschaft an der Grundstücksgrenze befindliche Feuermauer und eine anschließende Einfriedung in der Natur ersichtlich ist. Darüber hinaus ist auch auf die Darstellung in den dem Verfahren zugrundeliegenden Bauplänen zu verweisen, aus denen keine Inanspruchnahme der Liegenschaft des Beschwerdeführers erkennbar ist (derartiges konnte vom Beschwerdeführer auch auf Nachfrage nicht konkretisiert werden). Und schließlich wurden von Seiten der Bauwerberin Konsensdokumente hinsichtlich der Bebauung auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers vorgelegt, welche die Grundstücksgrenze ebenfalls entlang der Feuermauer ausweisen.

Die Feststellungen zu den Grenzverhandlungen am 9. Juli 2020 und am 8. Juni 2021, zur Abwesenheit des Beschwerdeführers bei der ersten Verhandlung sowie zu den Umständen bei diesen Verhandlungen ergeben sich aus den im Akt einliegenden Protokollen der Grenzverhandlungen sowie aus den Ausführungen der Parteien im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl. Seite 2 des Verhandlungsprotokolls vom 3. März 2022). Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer dem Grenzverlauf nicht zustimmen wollte, ergibt sich aus der im Akt einliegenden Niederschrift des Vermessungsamtes Wien zum Ermittlungsverfahren gemäß § 18a VermG vom 30. August 2021.

3. Die (sonstigen) Feststellungen zum beantragten und mit dem angefochtenen Bescheid bewilligten Bauvorhaben gründen sich auf das im Akt einliegende Bewilligungsansuchen und die diesem Ansuchen angeschlossenen Einreichpläne, auf die Beschreibung des Bauvorhabens im angefochtenen Bescheid und auf die Erörterung des Bauvorhabens im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl. insbesondere die Seiten 5 f. des Verhandlungsprotokolls vom 3. März 2022).

4. Die Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen an der Bauliegenschaft fußen auf den im Akt einliegenden Grundbuchsauszügen und sind unstrittig.

5. Die Feststellungen zur Widmung der Bauliegenschaft ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das baubehördliche geographische Informationssystem der Stadt Wien und in das Plandokument Nr. ….

6. Die Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. 12, fußen auf den im Akt einliegenden Grundbuchsauszügen und sind unstrittig. Die Feststellungen zur Widmung dieser Liegenschaft ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das baubehördliche geographische Informationssystem der Stadt Wien und in das Plandokument Nr. …. Die Feststellungen zur Größe dieser Liegenschaft ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den darin einliegenden Grundbuchsauszügen, und sind unstrittig.

7. Die Feststellungen zur Bauverhandlung am 17. Februar 2021, zur Ladung des Beschwerdeführers, zur vorangegangenen Verständigung gemäß § 70 Abs. 2 BO und zu den vom Beschwerdeführer (mit Schriftsätzen vom 3. Dezember 2020, 15. Februar 2021 und 23. März 2021) erhobenen Einwendungen stützen sich auf den Akteninhalt und sind unstrittig.

8. Die von der Bauwerberin im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgenommenen Änderungen bzw. bekanntgegebenen Klarstellungen gründen sich auf die verbale Beschreibung dieser Änderungen im Schriftsatz vom 3. Februar 2022, eine Einsichtnahme in die von der Bauwerberin vorgelegten adaptierten Pläne und die Ausführungen von Seiten der Bauwerberin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 3. März 2022 samt der von Seiten der Bauwerberin vorgelegten graphischen Darstellung der Änderung.

IV. Rechtsgrundlagen

Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen des Wiener Stadtentwicklungs-, Stadtplanungs- und Baugesetzbuches (Bauordnung für Wien – BO für Wien), LGBl. 1930/11 idF LGBl. 2018/69, lauten:

„Bauweisen; bauliche Ausnützbarkeit

§ 76. (1) In den Bebauungsplänen können folgende Bauweisen ausgewiesen werden:

a) […]

(10) Im Wohngebiet und im gemischten Baugebiet mit Ausnahme der Geschäftsviertel und Betriebsbaugebiete darf bei offener, bei offener oder gekuppelter, bei gekuppelter und bei der Gruppenbauweise das Ausmaß der bebauten Fläche nicht mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche betragen. Außerdem darf die bebaute Fläche von Gebäuden in der Bauklasse I nicht mehr als 470 m2, in der Bauklasse II nicht mehr als 700 m2 betragen. Bei gekuppelter Bauweise ist diese Fläche, sofern die Bauplatzeigentümer nicht nachweislich ein anderes Aufteilungsverhältnis vereinbart haben, auf die beiden Bauplätze nach dem Verhältnis der Bauplatzflächen aufzuteilen, wobei aber auf den kleineren Bauplatz in der Bauklasse I eine bebaubare Fläche von mindestens 100 m2, in der Bauklasse II eine bebaubare Fläche von mindestens 150 m2 entfallen muss; in beiden Bauklassen darf die bebaubare Fläche jedoch nicht mehr als ein Drittel der Fläche des Bauplatzes betragen. Die Vereinbarung eines anderen Aufteilungsverhältnisses ist im Grundbuch auf den Einlagen der beiden Bauplätze anzumerken.

(10a) […]

[…]

Vorgärten, Abstandsflächen und gärtnerisch auszugestaltende Flächen

§ 79. (1) […]

(6) Vorgärten, Abstandsflächen und sonstige gärtnerisch auszugestaltende Flächen sowie jene Flächen von Baulosen, die innerhalb der in Abs. 5 genannten Abstände liegen, sind, soweit auf diesen Flächen zulässige Bauwerke oder Bauwerksteile nicht errichtet werden, gärtnerisch auszugestalten und in gutem Zustand zu erhalten. Befestigte Wege und Zufahrten, Stützmauern, Stufenanlagen, Rampen uä. sind nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässig. Darüber hinaus sind Schwimmbecken bis zu einem Gesamtausmaß von 60 m3 Rauminhalt zulässig; diese müssen von Nachbargrenzen einen Abstand von mindestens 3 m haben, sofern der Nachbar nicht einem geringeren Abstand zustimmt.

(7) […]

[…]

Bebaute Fläche

§ 80. (1) Als bebaute Fläche gilt die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumergänzenden Vorbauten auf eine waagrechte Ebene; als raumbildend oder raumergänzend sind jene Bauteile anzusehen, die allseits baulich umschlossen sind oder bei denen die bauliche Umschließung an nur einer Seite fehlt. Unterirdische Gebäude oder Gebäudeteile bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht.

(2) Vor die Gebäudefront ragende Gebäudeteile der in § 84 Abs. 1 und 2 genannten Art und in dem dort bezeichneten Ausmaß bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht, gleichgültig, ob sie über Baufluchtlinien ragen oder nicht; überschreiten solche Gebäudeteile das genannte Ausmaß, sind sie zur Gänze nach Abs. 1 zu beurteilen. Erker, Balkone und Loggien, unter denen nicht überall eine freie Durchgangshöhe von mindestens 2,10 m gewährleistet ist, sind der bebauten Fläche voll zuzurechnen.

[…]

Tragfähigkeit des Bauwerkes im Brandfall

§ 92. (1) Bauwerke müssen so geplant und ausgeführt sein, dass bei einem Brand die Tragfähigkeit mindestens für den Zeitraum erhalten bleibt, der für die sichere Fluchtmöglichkeit oder Rettung der Benutzer des Bauwerks erforderlich ist. Es sind dabei alle für die sichere Flucht oder Rettung maßgeblichen Umstände zu berücksichtigen, insbesondere die Größe und der Verwendungszweck des Bauwerkes sowie die Zugangsmöglichkeiten für die Rettungsmannschaften.

(2) Sollte es auf Grund der Lage und Größe des Bauwerkes erforderlich sein, muss darüber hinaus gewährleistet werden, dass nicht durch Einsturz des Bauwerks oder von Bauwerksteilen größere Schäden an der auf Nachbargrundstücken zulässigen Bebauung entstehen können.

[…]

Ausbreitung von Feuer auf andere Bauwerke

§ 94. (1) Bauwerke müssen so geplant und ausgeführt sein, dass der Ausbreitung von Feuer auf andere Bauwerke vorgebeugt wird.

(2) Die Außenwände von Bauwerken müssen so ausgeführt werden, dass das Übergreifen eines Brandes auf andere Bauwerke verhindert wird oder, sofern dies auf Grund der Größe und des Verwendungszweckes der Bauwerke genügt, ausreichend verzögert wird. Eine solche Ausführung der Außenwände ist nicht erforderlich, wenn die Bauwerke in einem entsprechenden Abstand voneinander errichtet werden. Dabei ist auch die zulässige Bebauung auf Nachbargrundstücken zu berücksichtigen.

(3) […]

[…]

Parteien

§ 134. (1) Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder Einreicher.

(2) […]

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie, unbeschadet Abs. 4, gemäß § 70 Abs. 2 bzw. spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben. Nachbarn erlangen keine Parteistellung, wenn sie der geplanten Bauführung auf den Bauplänen oder unter Bezugnahme auf diese ausdrücklich zugestimmt haben. Das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

(4) […]

Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden ausschließlich durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken, für Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen.

(2) Bestimmungen gemäß Abs. 1 lit. e dienen dem Schutz der Nachbarn nur insoweit, als nicht ein gleichwertiger Schutz bereits durch andere Bestimmungen gegeben ist. Ein solcher gleichwertiger Schutz ist jedenfalls gegeben bei Emissionen aus Bauwerken und Bauwerksteilen mit gewerblicher Nutzung im Industriegebiet, im Gebiet für Lager- und Ländeflächen, in Sondergebieten, im Betriebsbaugebiet sowie im sonstigen gemischten Baugebiet, sofern auf sie das gewerberechtliche Betriebsanlagenrecht zur Anwendung kommt.

(3) Emissionen gemäß Abs. 1 lit. f sind nur solche, die auf der Grundlage eines behördlichen Bescheides zulässig sind. Durch solche Emissionen darf auf der zu bebauenden Liegenschaft keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit der Benützer oder Bewohner entstehen. Diesen Emissionen kann durch entsprechende Baumaßnahmen auf der zu bebauenden Liegenschaft oder mit Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) auf der Nachbarliegenschaft entgegengetreten werden.“

V. Rechtliche Beurteilung

1. Im Hinblick auf die Einbringung des Bauansuchens am 17. April 2020 ist die Bauordnung für Wien – mit ihren maßgeblichen Vorschriften – auf den vorliegenden Fall in der Fassung vor den Novellen LGBl. 2020/60, LGBl. 2020/61 und LGBl. 2021/70 anwendbar (vgl. Art. IV der Novelle LGBl. 2020/60, Art. V der Novelle LGBl. 2020/61 und Art. III der Novelle LGBl. 2021/70). Die Anwendbarkeit dieser Rechtsschicht wurde im Verfahren zu keiner Zeit in Zweifel gezogen.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht zum einen nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und zum anderen nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (u.a. VwGH 21.9.2007, 2006/05/0042; VwSlg 17.711 A/2009; VwGH 28.4.2015, 2012/05/0108).

Im Fall der Bauordnung für Wien ist hierbei auf § 134 Abs. 3 dritter Satz BO zu verweisen, wonach die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften dann als Parteien anzusehen sind, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a BO erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie – unbeschadet des § 134 Abs. 4 BO – gemäß § 70 Abs. 2 BO bzw. spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinn des § 134a BO gegen die geplante Bauführung erheben. Dabei sind nach § 134 Abs. 3 siebenter Satz BO als „benachbarte Liegenschaften“ im Bauland jene anzusehen, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Fall einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften „benachbart“, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung in § 134 Abs. 3 dritter Satz BO erlangt ein Nachbar im Verfahren nach der Bauordnung für Wien nur im Rahmen und im Umfang der rechtzeitig erhobenen rechtserheblichen Einwendungen iSd § 134a BO Nachbar- und Parteistellung, womit er auch nur insoweit in seinen Rechten verletzt sein kann und über Parteienrechte verfügt. Da die Verfahrensrechte einer Partei nicht weiter gehen als ihre materiellen Rechte, können auch Verfahrensfehler für die Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur dann von Relevanz sein, wenn damit eine Verletzung ihrer materiellen Rechte gegeben wäre (VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0282).

Gemäß § 134a Abs. 1 BO werden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften iSd § 134 Abs. 3 BO im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, ausschließlich durch folgende Bestimmungen begründet, sofern sie dem Schutz der benachbarten Eigentümer (Miteigentümer) dienen: a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche; b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe; c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten; d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien; e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken, für Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden; f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen.

Diese in § 134a BO – grundsätzlich taxativ (VwGH 28.5.2013, 2012/05/0120; 16.8.2019, Ra 2019/05/0106) – aufgezählten Nachbarrechte werden durch die darin enthaltene Tatbestandsvoraussetzung „sofern sie ihrem“ (gemeint: der Nachbarn) „Schutze dienen“ (weiter) eingeschränkt. Im Konkreten bedeutet dies, dass trotz objektiven Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht vorliegt, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Nachbarn nicht eingegriffen werden kann (vgl. etwa VwGH 25.9.2012, 2010/05/0142; 28.4.2015, 2012/05/0108).

Diese Beschränkungen sind auch vom Verwaltungsgericht zu beachten, denn: Im Rahmen einer Beschwerde von Parteien mit eingeschränkten Mitspracherechten – wie durch Nachbarn in Bauverfahren – ist das Verwaltungsgericht nur legitimiert, eine Rechtswidrigkeit innerhalb der den Beschwerdeführern zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte aufzugreifen (u.a. VwGH 27.3.2019, Ra 2018/06/0264). Wenn die Beschwerde eines Nachbarn kein Vorbringen enthält, das die Behauptung der Verletzung derjenigen subjektiv-öffentlichen Rechte zum Gegenstand hat, welche aufgrund der rechtzeitigen Einwendungen die Begründung der Parteistellung des Nachbarn bewirkt haben, ist die Beschwerde unzulässig und zurückzuweisen (VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0282).

3. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der zufolge eine Einwendung im baurechtlichen Sinn (bzw. im Sinn des § 42 Abs. 1 AVG) nur dann vorliegt, wenn das Vorbringen wenigstens die Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben erkennen lässt, was bedeutet, dass aus dem Vorbringen des Nachbarn ableitbar sein muss, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet. Es ist dabei zwar nicht notwendig, das Recht, in dem sich der Nachbar verletzt erachtet, ausdrücklich zu bezeichnen, anzugeben, auf welche Gesetzesstelle sich seine Einwendung stützt, oder die Einwendung zu begründen, jedoch muss aus dem Vorbringen des Nachbarn (zumindest) ersichtlich sein, welche Rechtsverletzung er behauptet (VwGH 30.7.2019, Ra 2018/05/0273; ferner VwGH 10.2.2012, Ra 2021/05/0021, zur Nö. BauO; VwGH 27.8.2014, Ro 2014/05/0037, und VwGH 27.2.2019, Ra 2018/05/0043, zur Oö. BauO; VwGH 17.4.2012, 2009/05/0054, zur Ktn. BauO; VwGH 19.3.1996, 95/04/0171, zu Einwendungen im Rahmen der Gewerbeordnung).

Wird keine Einwendung im oben dargestellten Sinn erhoben, verliert der Nachbar seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren bzw. kann eine solche nicht erwerben (Präklusion). Ein derartiger Verlust (bzw. Nichterwerb) der Parteistellung tritt auch dann ein, wenn von einem Nachbarn innerhalb der Einwendungsfrist nur unzulässige Einwendungen erhoben werden – worunter vor allem solche Einwendungen zu verstehen sind, mit denen Rechte geltend gemacht werden, für welche der Partei im Gesetz kein Nachbarrecht zuerkannt worden ist (VwGH 30.7.2019, Ra 2018/05/0273; ferner VwGH 10.2.2012, Ra 2021/05/0021, zur Nö. BauO; VwGH 27.2.2019, Ra 2018/05/0043, zur Oö. BauO). Das „Vorbehalten“ späterer Einwendungen ist ebenso unzulässig (VwSlg 16.427 A/2004) wie eine „Generaleinwendung“, mit der alle möglichen subjektiv-öffentlichen Rechte abgedeckt werden sollen (VwGH 14.5.2014, 2012/06/0232, zur Tir. BauO).

4. In der vorliegenden Beschwerdesache ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer als Eigentümer einer Liegenschaft, die direkt an die Bauliegenschaft angrenzt – wobei sich die Liegenschaften jeweils im Bauland befinden – als Nachbar der projektgegenständlichen Liegenschaft anzusehen ist (vgl. § 134 Abs. 3 BO). Zudem hat der Beschwerdeführer bis zum Ende der mündlichen Verhandlung rechtserhebliche Einwendungen iSd § 134a BO erhoben, durch welche er Parteistellung erlangt hat (wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Beschwerdeführer innerhalb der in der Mitteilung gemäß § 70 Abs. 2 BO gesetzten Frist als zulässige Einwendung lediglich einen Verstoß gegen die Beschränkung der bebauten Fläche auf ein Drittel der Bauplatzgröße gemäß § 76 Abs. 10 BO geltend gemacht und sämtliche weitere Einwendungen erst später ausgeführt hat).

Die vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen erweisen sich allerdings – nicht zuletzt unter Beachtung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgenommenen Planänderungen, welche als bloße Projektreduktion bzw. Projektpräzisierung iSd § 13 Abs. 8 AVG iVm § 17 VwGVG zulässig sind (vgl. u.a. VwGH 28.4.2015, 2012/05/0108; 25.8.2020, Ra 2019/05/0229) – als nicht berechtigt.

Hierbei ist auch auf die im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 3. März 2022 vom Vertreter der Bauwerberin zu Protokoll gegebenen verbalen Projektpräzisierungen bzw. Projektmodifikationen Rücksicht zu nehmen, welche den Rahmen des § 13 Abs. 8 AVG (iVm § 17 VwGVG) nicht überschreiten. Durch die spruchgemäße Präzisierung des Vorhabens wird diesen Änderungen Rechnung getragen, wobei auf die (allgemeine) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen ist, wonach bei einer Diskrepanz zwischen der verbalen Beschreibung im Baubewilligungsbescheid und der zeichnerischen Darstellung in den genehmigten Bauplänen im Zweifel davon auszugehen ist, dass die verbale Beschreibung des Baubewilligungsbescheides maßgeblich ist (u.a. VwGH 27.8.2014, 2013/05/0191). Insofern konnte der Verwaltungsgerichtshof auch keine Bedenken an einer verbalen Planadaptierung – wie im vorliegenden Fall – erkennen (zu einer vergleichbaren Konstellation VwGH 22.2.2005, 2003/06/0011; auch VwGH 26.9.2017, Ra 2017/05/0087; ferner VwGH 7.3.2000, 99/05/0250, sowie VwGH 7.9.2004, 2004/05/0137; Moritz, Bauordnung für Wien6 [2019] § 64 BO, Zu Abs. 1).

4. Zur Behauptung einer Überschreitung der zulässigerweise bebaubaren Fläche und einer Überbauung der Grundgrenze:

4.1. Gemäß § 76 Abs. 10 BO – in der Fassung vor der Novelle LGBl. 2021/70 – darf das Ausmaß der bebauten Fläche im Wohngebiet und im gemischten Baugebiet (mit Ausnahme der Geschäftsviertel und Betriebsbaugebiete) bei offener, bei offener oder gekuppelter, bei gekuppelter und bei der Gruppenbauweise nicht mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche betragen. Außerdem darf die bebaute Fläche von Gebäuden in der Bauklasse I nicht mehr als 470 m2, in der Bauklasse II nicht mehr als 700 m2 betragen. Bei gekuppelter Bauweise ist diese Fläche, sofern die Bauplatzeigentümer nicht nachweislich ein anderes Aufteilungsverhältnis vereinbart haben, auf die beiden Bauplätze nach dem Verhältnis der Bauplatzflächen aufzuteilen, wobei aber auf den kleineren Bauplatz in der Bauklasse I eine bebaubare Fläche von mindestens 100 m2, in der Bauklasse II eine bebaubare Fläche von mindestens 150 m2 entfallen muss; in beiden Bauklassen darf die bebaubare Fläche jedoch nicht mehr als ein Drittel der Fläche des Bauplatzes betragen. Die Vereinbarung eines anderen Aufteilungsverhältnisses ist im Grundbuch auf den Einlagen der beiden Bauplätze anzumerken.

Als Bezugsgröße für das Ausmaß der Bebauung bzw. der Bebauungsbeschränkungen ist der „Bauplatz“ festgelegt. Als solcher ist eine Grundfläche anzusehen, welche nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen oder nach den Bestimmungen der geltenden Bauordnung für Wien zum Bauplatz erklärt wurde (VwGH 16.11.2010, 2009/05/0232).

4.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Fragen des Grenzverlaufes für den Nachbarn nur dann (als subjektives Recht) relevant, wenn eine Rechtsverletzung desselben durch das beabsichtigte Bauvorhaben denkbar ist, was unter anderem dann der Fall wäre, wenn das Bauvorhaben auf einem strittigen Teilgrundstück errichtet werden soll oder wenn die Lage der Grenze für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens (etwa hinsichtlich der Einhaltung der vorgeschriebenen Abstände) notwendig ist (VwGH 25.4.1995, 94/05/0241; 27.2.1996, 95/05/0195; 15.12.2009, 2008/05/0143). Hingegen steht dem Nachbarn im Bauverfahren kein von seinen Rechten losgelöstes abstraktes Recht auf Feststellung des exakten Grenzverlaufes zu (VwGH 22.12.2010, 2010/06/0208).

Da es sich bei einem Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, kommt es bezüglich des Grenzabstandes des bewilligten Baues ausschließlich auf die in den Plänen eingezeichneten Koten und Maße der Grenzabstände an. Im Fall von zeichnerischen Differenzen betreffend Grenzabstände in den Bauplänen erweisen sich ausschließlich die in den Plänen eingezeichneten Koten und Maße der Grenzabstände als maßgeblich (VwGH 24.10.1989, 87/05/0097; 15.12.2009, 2008/05/0143).

Ergibt sich aus den der Baubewilligung zu Grunde liegenden Urkunden, insbesondere den einen Bestandteil des Bewilligungsbescheides bildenden Plänen, dass keine Grenzüberbauung und auch keine Bauführung in einem allenfalls strittigen Grenzverlauf vorgesehen ist, ist auch eine Zustimmung des Nachbarn nicht erforderlich (VwGH 15.12.2009, 2008/05/0143). Ist in den der Bewilligung zugrundeliegenden Plänen eindeutig vermerkt, dass das Bauvorhaben den vorgeschriebenen Abstand zur Grundgrenze einhält, bleibt es ohne Bedeutung, wo die Grenze tatsächlich verläuft (VwGH 25.6.1996, 95/05/0337).

Sofern die Frage des Grenzverlaufes für das Bauverfahren maßgeblich ist, hat die Baubehörde gemäß § 38 AVG über die Grundgrenze als Vorfrage zu entscheiden (u.a. VwGH 15.12.2009, 2008/05/0143; 10.12.2013, 2010/05/0207). Ein Rechtsanspruch auf Aussetzung (Unterbrechung) des Verfahrens kommt den Parteien nicht zu (VwGH 15.12.2009, 2008/05/0143).

Ist das verfahrensgegenständliche Grundstück im Grenzkataster einverleibt, welcher gemäß § 8 Z 1 VermG zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke bestimmt ist, kann sich die Behörde auf die Beweiskraft des Grenzkatasters stützen und von einer eigenständigen Beurteilung des Grenzverlaufs als Vorfrage absehen (dies gilt dann nicht, wenn ein, im Grenzkataster anzumerkendes, Berichtigungsverfahren iSd § 13 VermG eingeleitet wurde; VwSlg 16.130 A/2003). Anderes gilt dann, wenn die Grundstücke lediglich im Grundsteuerkataster (vgl. § 52 Z 1 VermG) eingetragen sein sollten, dem kein vergleichbarer Beweiswert zukommt (VwGH 10.12.2013, 2010/05/0207).

4.3. Im vorliegenden Fall bestehen vor dem Hintergrund des Akteninhaltes und des durchgeführten Beweisverfahrens keine Zweifel daran, dass die Bauliegenschaft, welche (zur Gänze) als Bauplatz bewilligt wurde, eine Fläche von 423 m2 aufweist. Zudem ist – feststellungsgemäß – davon auszugehen, dass durch das Bauvorhaben keine im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundflächen in Anspruch genommen werden (vgl. zur Feststellung einer Grundgrenze im Hinblick auf das Gutachten eines Geometers, dem der Nachbar nicht konkret entgegengetreten ist, u.a. VwGH 27.2.1996, 95/05/0195, zur Oö. BauO; darüber hinaus zu einer vergleichbaren Konstellation wie im vorliegenden Fall VwGH 15.12.2009, 2008/05/0143, zur Nö. BauO).

In diesem Sinn konnten die maßgeblichen Vorfragen durch das Verwaltungsgericht Wien eindeutig beantwortet werden – wobei hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers auch auf die Bestimmungen in § 18a und § 24 ff. VermG zu verweisen ist: Demnach hätte der Beschwerdeführer bei Bestreitung des im Antrag zur Umwandlung in den Grenzkataster dargelegten Grenzverlaufes – letztlich im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens – nachzuweisen, dass nicht dieser, sondern ein von ihm behaupteter Grenzverlauf zutrifft. Da der Beschwerdeführer bis auf den Hinweis auf einen Anmeldungsbogen aus dem Jahr 1899 (der im Zuge der Erstellung des Lageplanes zur Umwandlung in den Grenzkataster vom 24. Juni 2021, Zl. …9A, durchaus berücksichtigt wurde) kein substantiiertes Vorbringen erstattete und nicht darlegen konnte, auf welchen – anderen – Grenzverlauf er sich beruft, erscheint es nicht naheliegend, dass sein Vorbringen im Verfahren nach dem Vermessungsgesetz Erfolg haben könnte (vgl. hierzu insbesondere § 18a Abs. 2 iVm § 25 Abs. 2, 3 und 5 sowie § 27 VermG; darüber hinaus § 851 Abs. 1 ABGB).

Unter Beachtung der Bestimmung gemäß § 76 Abs. 10 erster (und vierter) Satz BO dürfte ein Drittel der Bauplatzfläche, sohin 141 m2, bebaut werden. Dieses Ausmaß wird durch das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben, welches eine bebaute Fläche von 139,98 m2 aufweist, unterschritten. In gleicher Weise wird auch den besonderen Bestimmungen im Fall der gekuppelten Bauweise entsprochen: Da die benachbarte Liegenschaft, welche ebenfalls von der Vorgabe der gekuppelten Bebauung erfasst ist, über eine Größe von 412 m2 verfügt, verbleibt ein Anteil von 50,66 Prozent für die Bauliegenschaft. Gemessen an diesem Anteil sind auch die in § 76 Abs. 10 zweiter und dritter Satz BO (in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. 2021/70) normierten Vorgaben erfüllt, wonach die bebaute Fläche von Gebäuden in der Bauklasse eins nicht mehr als 470 m2 betragen darf und diese Fläche bei gekuppelter Bauweise (sofern die Bauplatzeigentümer nicht nachweislich ein anderes Aufteilungsverhältnis vereinbart haben) auf die beiden Bauplätze nach dem Verhältnis der Bauplatzflächen aufzuteilen ist, wobei auf den kleineren Bauplatz in der Bauklasse eins eine bebaubare Fläche von mindestens 100 m2 entfallen muss (aus dem Verhältnis errechnet sich eine zulässige anteilige Fläche für die Bauliegenschaft von rund 238 m2).

5. Zur Behauptung einer unzulässigen Verbauung der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche:

5.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das subjektiv-öffentliche Recht der Nachbarn hinsichtlich der flächenmäßigen Ausnützbarkeit von Bauplätzen gemäß § 134a Abs. 1 lit. c BO auch darin begründet, dass dort, wo außerhalb des bebaubaren Bereiches die gärtnerische Ausgestaltung angeordnet ist, eine solche zu erfolgen hat – wobei es nicht darauf ankommt, wo die Liegenschaft des Nachbarn situiert ist (VwGH 27.2.2013, 2010/05/0108; 23.7.2013, 2010/05/0217; 24.4.2018, Ra 2017/05/0275; Moritz, Bauordnung für Wien6 [2019] § 134a BO, Zu Abs. 1).

Gemäß § 79 Abs. 6 BO sind Vorgärten, Abstandsflächen und sonstige gärtnerisch auszugestaltende Flächen, soweit auf diesen Flächen zulässige Bauwerke oder Bauwerksteile nicht errichtet werden, gärtnerisch auszugestalten und in gutem Zustand zu erhalten. Befestigte Wege und Zufahrten, Stützmauern, Stufenanlagen, Rampen u.ä. sind nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässig.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geht es bei dem in § 79 Abs. 6 BO normierten Tatbestandsmerkmal „im unbedingt erforderlichen Ausmaß“ nicht um die Unmöglichkeit im Sinn einer technischen Undurchführbarkeit, sondern um eine vernünftige wirtschaftliche Wertung, auch unter Einbeziehung der Interessen der Nachbarn. Der Nachbar, der die Verletzung seines Anspruches nach § 134a Abs. 1 lit. a und c BO behauptet, muss nachweisen, dass das unbedingt erforderliche Ausmaß überschritten ist (VwSlg 14.873 A/1998; VwGH 20.1.2015, 2012/05/0058; 23.6.2015, 2012/05/0203).

5.2. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage und der obigen Feststellungen sind im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich eines möglichen Verstoßes gegen die Vorgaben des § 79 Abs. 6 BO entstanden: Die projektierten Wege und Stufenanlagen sind erforderlich, um die im 1. Kellergeschoß befindlichen Aufenthaltsräume mit dem öffentlichen Gut zu verbinden, wobei sie auch als Fluchtweg dienen. Diese Weg- und Stufenanlagen überschreiten weder in Bezug auf ihre räumliche Anordnung (die vor dem Hintergrund der Geländeunterschiede auf der Bauliegenschaft zu sehen ist) noch hinsichtlich ihrer räumlichen Ausdehnung (sie weisen im Wesentlichen eine Breite von 1,20 m auf) das gemäß § 79 Abs. 6 BO zulässige Ausmaß. Wenn diese Weganlage im 1. Kellergeschoß des Gebäudes (aus gestalterischen Gründen) in geringem Ausmaß auch in einem Bereich weitergeführt wird, in dem sich keine Ausgangstüren befinden, verstößt dies nicht gegen § 79 Abs. 6 BO.

Hierbei ist zu bemerken, dass der Bestimmung des § 79 Abs. 6 BO – entsprechend der oben dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – ein

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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