TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/23 95/05/0219

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Veröffentlicht am 23.04.1996
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BauO OÖ 1875;
BauO OÖ 1976 §29 Abs1;
BauO OÖ 1976 §29 Abs3;
BauO OÖ 1976 §30 Abs6 lita;
BauO OÖ 1976 §32 Abs2;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 litd;
BauO OÖ 1976 §49 Abs2;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der A in N, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Juni 1995, Zl. BauR - 011447/2 - 1995 Um/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: Karl und Theresia K, N), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.940,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 108/3, L-Straß 68, der Liegenschaft EZ 354, KG G. Dieses Grundstück grenzt im Norden an das den mitbeteiligten Parteien je zur Hälfte gehörige Grundstück Nr. 108/2. Beide Grundstücke grenzen im Westen an die öffentliche Verkehrsfläche Grundstück Nr. 2201/1. Im bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde Neuhofen i.I. sind diese Grundstücke als Wohngebiet ausgewiesen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Neuhofen i.I. wurde dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin auf Grund seines Ansuchens vom 5. Oktober 1965 die Baubewilligung zum "Bau eines Wohnhauses" auf dem Grundstück Nr. 108/3 unter Hinweis auf den vorgelegten Bauplan des Dipl.-Ing. G erteilt. Auf Grund dieses Planes war vorgesehen, an das projektierte Wohngebäude im Norden eine Garage mit einer Länge von 5,70 m und einer Breite von 3,20 m (jeweils Innenmaße) und einer Raumhöhe von 2,20 m derart anzubauen, daß die nördliche Längsseite dieser Garage 1 m von der Grundstücksgrenze zu Grundstück Nr. 108/2 entfernt ist. Die Höhe der Garage ist vom Fußboden gemessen mit 2,50 m ausgewiesen.

Mit Ansuchen vom 9. Dezember 1994 beantragte die Beschwerdeführerin die Baubewilligung für den "Umbau des Wohnhauses sowie Anbau einer Garage und eines überdachten Abstellplatzes" auf ihrem Grundstück Nr. 108/3 auf Grund des Einreichungsplanes der L-GesmbH & Co KG. Demnach ist im südlichen Bereich des Grundstückes ein überdachter Abstellplatz geplant. An der Südwestseite des bestehenden Wohnhauses soll eine Garage in Massivbauweise mit Massivdecke an das bestehende Wohnhaus angebaut werden. An der Südostseite des bestehenden Wohnhauses soll im Erdgeschoß das bestehende Schlafzimmer im Ausmaß von 4,2 m x 3 m vergrößert und das bestehende Satteldach in diesem Bereich verlängert werden. Die bestehende Garage an der Nordseite des Wohnhauses soll aufgestockt und sodann derart überdacht werden, daß dieser Gebäudeteil mit den übrigen bereits bestehenden und neu zu errichtenden Gebäudeteilen (optisch) eine Einheit bildet. Das neugeschaffene Zimmer im neu zu errichtenden Geschoß über der Garage wäre vom bestehenden Gebäude aus zu betreten.

In der mündlichen Verhandlung erhoben die mitbeteiligten Parteien gegen die Aufstockung der bestehenden Garage die Einwendung, daß diese ein Nebengebäude sei.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Neuhofen i.I. vom 3. Februar 1995 wurde die beantragte Baubewilligung unter Nebenbestimmungen erteilt, die Einwendung der mitbeteiligten Parteien "als unzulässig abgewiesen". Die bestehende Garage an der Nordseite des Wohnhauses, welche zusammen mit dem Wohnhaus im Jahre 1965, gestützt auf die Bauordnung 1946, welche keine Abstandsbestimmungen zu den Grundgrenzen von Hauptgebäuden angeführt habe, genehmigt worden sei, könne nicht als Nebengebäude im Sinne des Bautechnikgesetzes angesehen werden, da sie gleichzeitig mit dem Wohnhaus als Einheit errichtet worden sei und damals Wohnobjekte näher als 3 m zur Grundgrenze errichtet werden durften. § 6 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes gestatte die Vergrößerung von Hauptgebäuden der Höhe nach. Daß die bestehende Garage zum Hauptgebäude gehöre, ergebe sich auch daraus, daß die Bauordnungsnovelle 1946 eine Traufenhöhe von 2,60 m festgelegt habe, die bestehende Traufenhöhe an der Garage jedoch mit 2,90 m festgestellt worden sei.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Neuhofen i.I. vom 7. April 1995 wurde der dagegen erhobenen Berufung der mitbeteiligten Parteien keine Folge gegeben. Die Berufungsbehörde stützte sich ebenfalls auf § 6 Abs. 1 Z. 6 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes. Die Garage sei kein selbständiges Nebengebäude, sondern als Gebäudeteil des Gesamtbaukörpers zu qualifizieren.

Mit Bescheid vom 12. Juni 1995 wurde der Vorstellung der mitbeteiligten Parteien mit der Feststellung Folge gegeben, "daß durch den angefochtenen Bescheid Rechte der Vorstellungswerber verletzt werden". Weiters wurde ausgesprochen:

"Der angefochtene Bescheid wird daher aufgehoben und die Angelegenheit in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Neuhofen i.I. zurückverwiesen."

In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu im wesentlichen aus, die Vorstellung richte sich ausschließlich gegen die geplante Aufstockung der Garage, nicht aber gegen die weiteren im Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 3. Februar 1995 bewilligten Bauvorhaben (Anbau einer Garage, Errichtung eines überdachten Abstellplatzes). Da im zuletzt genannten Bescheid mehrere trennbare Bauvorhaben bewilligt worden seien, sei - soweit diesbezüglich eine Beurteilung auf Grund der Aktenlage möglich sei - davon auszugehen, daß hinsichtlich der nicht bekämpften Bauvorhaben Teilrechtskraft eingetreten sei. Gegenstand des Vorstellungsverfahrens sei somit ausschließlich die Aufstockung der Garage.

Im Hinblick auf die Übergangsbestimmung des § 58 Abs. 1 der Oö. BauO 1994 und des § 66 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes sei auf das gegenständliche Bauvorhaben noch die Oö. BauO 1976 anzuwenden, da das gegenständliche Bauverfahren vor Inkrafttreten der vorgenannten Gesetze eingeleitet worden sei.

Die Ausnahmebestimmung des § 32 Abs. 2 Oö. BauO 1976 betreffend die Zulässigkeit eines Zubaues, der eine Vergrößerung des Gebäudes der Höhe nach bezwecke, könne dann nicht angewendet werden, wenn es sich bei jenem Gebäudeteil, der "aufgestockt" werden soll, um einen solchen handle, dessen Errichtung ohnedies auch auf den grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 2 leg. cit. von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen zulässig sei. Durch die privilegierende Ausnahmebestimmung des § 32 Abs. 2 Oö. BauO 1976 betreffend die Aufstockung von Altbeständen habe keine Umgehungsmöglichkeit für den - nur bezüglich ausdrücklich angeführter Ausnahmen - durchbrochenen Grundsatz des Verbotes der Bebauung des Bauwichs geschaffen werden sollen. Eine Aufstockung zu Wohnzwecken in der beantragten Form wäre nur dann zulässig, wenn es sich beim gegenständlichen Gebäudeteil, der aufgestockt werden soll, nicht um ein Nebengebäude im Sinne des § 29 Abs. 3 leg. cit. und nicht um eine Garage im Sinne des § 30 Abs. 6 lit. a leg. cit. handeln würde. Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines Nebengebäudes sei die Funktion des in Frage stehenden Gebäudeteiles. Es ergebe sich zweifelsfrei aus den vorliegenden Unterlagen, daß jener Gebäudeteil, der nunmehr aufgestockt werden soll, die Funktion einer "Garage" habe. Er weise sämtliche Merkmale eines Nebengebäudes im Sinne des § 29 Abs. 1 Oö. BauO 1976 auf. Die Aufstockung einer im "Bauwich" errichteten Garage für Wohnzwecke sei mit dem Verwendungszweck einer Garage nicht zu vereinen, sodaß eine derartige bauliche Maßnahme nicht durch den Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 6 lit. a Oö. BauO 1976 gedeckt sei. Da der gegenständliche Zubau eine Vergrößerung des Gebäudes auch der Breite nach bezwecke, seien für die Aufstockung die Abstandsvorschriften des § 32 Abs. 2 lit. b Oö. BauO 1976 maßgeblich. Das gegenständliche Bauvorhaben widerspreche daher den Abstandsvorschriften der vorgenannten Gesetzesstelle. Durch die Bewilligung des beantragten Bauvorhabens seien somit subjektiv-öffentliche Rechte der mitbeteiligten Parteien verletzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin trägt in ihrer Beschwerde vor, die Vorstellung der mitbeteiligten Parteien sei "bei der falschen Behörde" eingebracht worden.

Gemäß § 102 Abs. 2 erster Satz der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1990 ist die Vorstellung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich oder telegraphisch bei der Gemeinde einzubringen.

Die Rechtsmittelbelehrung des den mitbeteiligten Parteien am 12. April 1995 zugestellten Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde Neuhofen i.I. vom 7. April 1995 enthält den Hinweis, daß gegen diesen Bescheid binnen zwei Wochen nach Zustellung "schriftlich eine Vorstellung beim Gemeindeamt Neuhofen i.I. oder beim Amt der O.ö. Landesregierung, Baurechtsabteilung Linz, eingebracht werden" könne. Die Vorstellung der mitbeteiligten Parteien langte am 20. April 1995 beim Amt der O.ö. Landesregierung ein. Die O.ö. Landesregierung hat mit Begleitschreiben vom 21. April 1995 diese der Gemeinde Neuhofen i.I. übermittelt, bei welcher dieses Schreiben mit der Vorstellung der mitbeteiligten Parteien am 25. April 1995 eingelangt ist.

Die Vorstellung der mitbeteiligten Parteien ist daher jedenfalls innerhalb der im § 102 Abs. 1 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1990 normierten 2-Wochenfrist bei der zuständigen Behörde eingelangt und damit fristgerecht eingebracht worden.

Gemäß § 60 Abs. 1 Oö. BauO 1994 und § 67 Abs. 1 Oberösterreichisches Bautechnikgesetz traten diese Landesgesetze mit 1. Jänner 1995 in Kraft. Sowohl § 58 Abs. 1 Oö. BauO 1994 als auch § 66 Oberösterreichisches Bautechnikgesetz sehen jedoch vor, daß im (zum) Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Landesgesetze anhängige individuelle Verwaltungsverfahren nach den bisher geltenden (Rechts-) Vorschriften weiterzuführen sind. Das mit Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom 9. Dezember 1994, bei der Gemeinde Neuhofen i.I. eingelangt am 22. Dezember 1994, gemäß § 43 Oö. BauO 1976 eingeleitete Verfahren ist daher nach den Bestimmungen der Oö. BauO 1976 (BO) abzuhandeln.

Gemäß § 47 Abs. 1 BO sind u.a. die Nachbarn Parteien im Baubewilligungsverfahren.

Gemäß § 46 Abs. 1 leg. cit. sind Nachbarn die Eigentümer (Miteigentümer) der Grundstücke, die unmittelbar an jene Grundstücke angrenzen, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, ...

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

Im Sinne der letztgenannten Gesetzesstelle haben die mitbeteiligten Parteien rechtzeitig (siehe § 42 AVG) Einwendungen gegen die Lage des hier zu beurteilenden Bauvorhabens, insbesonders im Hinblick auf den Abstand zu ihrem Grundstück und die projektierte Höhe des Gebäudes, erhoben. Die mitbeteiligten Parteien wenden sich gegen eine "Aufstockung" der von ihrem Grundstück rund 1 m entfernten Garage der Beschwerdeführerin, da es sich hiebei um ein Nebengebäude handle.

Gemäß § 29 Abs. 1 BO sind Nebengebäude Gebäude mit einer Traufenhöhe bis zu 3 m über dem Fußboden und einer Gesamthöhe bis zu 5 m, die im Vergleich zur gegebenen oder voraussehbaren Hauptbebauung nur untergeordnete Bedeutung haben (z.B. Flugdächer, Schuppen, Garagen und ähnliche Gebäude).

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle dürfen Nebengebäude die Bebauung des Bauplatzes mit dem Hauptgebäude nicht hindern. Das Ausmaß der mit Nebengebäuden bebauten Fläche des Bauplatzes darf, soweit im Bebauungsplan nichts anderes bestimmt ist, ein Zehntel der Gesamtfläche des Bauplatzes nicht übersteigen und höchstens 100 m2 betragen.

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle können, soweit sich aus baurechtlichen Vorschriften und dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt, Garten- und Gerätehütten sowie ähnliche Nebengebäude mit einer verbauten Grundfläche bis zu 8 m2 auch auf den nach der festgelegten Bauweise bzw. gemäß § 32 Abs. 2 von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen, nicht jedoch im Vorgarten, errichtet werden.

Gemäß § 30 Abs. 6 lit. a leg. cit. gelten, soweit sich aus baurechtlichen Vorschriften und dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt, hinsichtlich der Lage von Stellplätzen, die nicht im Hauptgebäude untergebracht werden, folgende Bestimmungen:

a) mit Schutzdächern versehene Abstellplätze und Garagen (Nebengebäude, auch wenn sie an das Hauptgebäude angebaut sind) mit einer Nutzfläche bis zu 50 m2 können, auch wenn sie unterkellert sind, auf den nach der festgelegten Bauweise bzw. gemäß § 32 Abs. 2 von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen errichtet werden;...

Gemäß § 32 Abs. 1 leg. cit. gelten, sofern sich aus baurechtlichen Vorschriften und dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt, hinsichtlich der Lage und Höhe von baurechtlich bewilligungspflichtigen Gebäuden die Bestimmungen der folgenden Absätze.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle müssen Neubauten und solche Zubauten, die eine Vergrößerung des Gebäudes der Länge oder Breite nach bezwecken, außerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes gegen die seitlichen Grenzen des Bauplatzes (§ 2) und gegen die innere Bauplatzgrenze,

a)

wenn es sich um Hochhäuser handelt, einen Mindestabstand von der Hälfte der Gesamthöhe des Gebäudes,

b)

wenn es sich nicht um Hochhäuser handelt, einen Mindestabstand von einem Drittel der Gesamthöhe des Gebäudes, jedenfalls aber einen Mindestabstand von 3 m

erhalten. Die Gesamthöhe des Gebäudes ist jeweils vom tiefsten Punkt des Geländeanschnittes an der der Bauplatzgrenze nächstgelegenen Gebäudewand bis zum höchsten Punkt des Gebäudes zu messen.

Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen müssen mehrere selbständige Hauptgebäude auf einem Bauplatz so gelegen sein, daß für jedes Hauptgebäude ein eigener Bauplatz geschaffen werden kann. Nebengebäude müssen entweder an ein Hauptgebäude angebaut oder von diesem und von anderen Nebengebäuden einen Mindestabstand von 3 m erhalten.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Rechtsansicht, § 32 Abs. 2 BO unterscheide nicht zwischen Haupt- und Nebengebäuden, weshalb für Zubauten, die nur eine Vergrößerung des Gebäudes der Höhe nach bezwecken, keine Mindestabstände einzuhalten seien.

Aus den für Nebengebäude geltenden, oben wiedergegebenen gesetzlichen Regelungen der BO folgt, daß bestimmte Nebengebäude (siehe § 29 Abs. 3 und § 30 Abs. 6 lit. a BO), insbesondere Garagen, die nicht im Hauptgebäude untergebracht sind, auch innerhalb der gemäß § 32 Abs. 2 BO von einer Bebauung freizuhaltenden Grundfläche errichtet werden dürfen. Für solche Nebengebäude kann auch ein Zubau im Sinne des § 41 Abs. 2 lit. d BO bewilligt werden. Es ist daher jedenfalls zu klären, ob die mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Neuhofen i.I. mit Bescheid vom 30. November 1965 mitbewilligte Garage ein Nebengebäude ist.

§ 29 Abs. 1 BO sieht neben der Kombination der Gesamthöhe und Traufenhöhe über dem Fußboden für das Vorliegen eines Nebengebäudes vor, daß dieses im Vergleich zur voraussehbaren Hauptbebauung nur untergeordnete Bedeutung hat. Es darf daher zwischen dem betreffenden Gebäude und dem Hauptgebäude kein solcher bautechnischer und funktioneller Zusammenhang bestehen, daß beide Gebäude als eine Einheit betrachtet werden müssen (vgl. in diesem Sinne Neuhofer-Sapp, O.ö. Baurecht, 3. Auflage, Anm. zu § 29, Seite 139, und die dort zitierte hg. Judikatur). Nichts anderes galt im hier maßgeblichen Umfang bezüglich der Annahme eines Gebäudes als Nebengebäude im Anwendungsbereich der zum Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides der Gemeinde Neuhofen i.I. vom 30. November 1965 geltenden Rechtslage.

Das aus dem dem Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Neuhofen i.I. vom 30. November 1965 zugrundeliegenden Plan ersichtliche, an das Wohngebäude im Norden angebaute Garagengebäude läßt keinen Zweifel daran, daß es sich hiebei um ein Nebengebäude im Sinne der obigen Erwägungen handelt. Sowohl in seiner äußerlichen Ausgestaltung als auch in seiner bautechnischen Ausführung ist die Garage vom Wohngebäude unabhängig. Das Hauptgebäude könnte ohne diese Garage ohne Vornahme wesentlicher baulicher Veränderungen bestehen. Daß kein funktioneller Zusammenhang zwischen Garage und Wohngebäude besteht, ist evident. (Auch die Baubehörde erster Instanz ging in ihrem Baubewilligungsbescheid vom 30. November 1965 offenkundig von einem Nebengebäude aus, worauf die im zitierten Befund gewählte Formulierung "angebaute Garage" hindeutet.)

Mit dem nunmehr von der Beschwerdeführerin beantragten beschwerdegegenständlichen Projekt wird das Hauptgebäude im Erdgeschoß an der Südostseite durch eine Vergrößerung eines Zimmers und an der Südwestseite durch eine Garage, im Obergeschoß im wesentlichen durch das über der Garage im Nordosten projektierte Zimmer sowie einen Balkon erweitert. Das bestehende Satteldach wird über die nunmehr neu projektierten Teile erweitert und bildet plangemäß eine (optische) Einheit mit dem bereits vorhandenen Dach.

Den vorliegenden Projektsunterlagen ist somit eindeutig zu entnehmen, daß es sich bei den hier zu beurteilenden projektierten Baulichkeiten jedenfalls auch um einen Zubau im Sinne des § 41 Abs. 2 lit. d BO handelt. Nach dieser Gesetzesstelle ist ein Zubau die Vergrößerung eines Gebäudes der Höhe, Länge oder Breite nach. Die von der Beschwerdeführerin beantragten Änderungen an ihrem Wohnhaus, insbesondere der Zubau über der bestehenden Garage an der Nordseite ihres Grundstückes, stellt jedenfalls auch eine Vergrößerung der Breite nach dar. Die als Nebengebäude erkannte Garage wird durch das vorliegende Projekt nunmehr in bautechnischer Hinsicht in das bestehende Gebäude einbezogen und mit diesem in einen solchen Zusammenhang gebracht, daß sie eine Einheit bilden. Als Zubau, der eine Vergrößerung des Hauptgebäudes der Breite nach bezweckt, muß aber das gegenständliche Bauvorhaben nunmehr den Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 BO entsprechen. (Daß andere baurechtliche Vorschriften bzw. ein Bebauungsplan im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommen könnten, ist den vorliegenden Verwaltungsakten nicht zu entnehmen und wird auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.) Durch den geplanten Zubau des Wohnraumes über der Garage an der Nordseite des Grundstückes der Beschwerdeführerin widerspricht das gegenständliche Bauvorhaben den Abstandsvorschriften des § 32 Abs. 2 lit. b BO. Der diesbezüglich von der belangten Behörde vertretene Rechtsstandpunkt erweist sich daher im Ergebnis als richtig.

Der Hinweis in der Beschwerde auf das hg. Erkenntnis vom 17. November 1993, Zl. 90/17/0505, und die in diesem Erkenntnis zitierte hg. Judikatur zur Stützung der Beschwerdebehauptungen, die bestehende Garage bilde kein Nebengebäude, vermögen keinen Widerspruch zur hier vertretenen Rechtsauffassung aufzuzeigen, da sich das vorzitierte hg. Erkenntnis auf § 6a Steiermärkische Bauordnung 1968 bezieht, welcher den Aufschließungsbeitrag für die in der Steiermark im Bauland gelegenen Grundstücke regelt. Es fehlt im vorliegenden Fall, wie oben bereits ausgeführt, an der untrennbaren baulichen Verbindung zwischen Hauptgebäude und Garage. Daß die Garage bautechnisch ohne Hauptgebäude nicht existenzfähig wäre, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Auch der in der Verhandlungsschrift vom 2. Februar 1995 enthaltene Befund spricht nicht gegen diese Annahme, da dieser nur die gleichzeitige Errichtung dieser Garage mit dem Wohnhaus erwähnt. Aus dem dem Baubewilligungsbescheid des Bürgermeister der Gemeinde Neuhofen i.I. vom 30. November 1965 zugrundeliegenden Plan ergibt sich eindeutig, daß die hier zu beurteilende Garage mit dem Wohnhaus bautechnisch keine Einheit bildet, vielmehr "angebaut" wird. An das unterkellerte Wohnhaus, dessen Kellergeschoß rund 60 cm über den Fußboden der Garage ragt, erfolgte der Anbau dieses nicht unterkellerten Nebengebäudes, wobei auch die Flachdecke desselben keine Einheit mit der Deckenkonstruktion des Hauptgebäudes bildet, diese vielmehr ca. 60 cm unter der Massivdecke des Hauptgebäudes an dessen nördliche Außenwand anschließt.

Schließlich rügt die Beschwerdeführerin die Spruchfassung im angefochtenen Bescheid. Aus der Formulierung, der Berufungsbescheid werde aufgehoben, und "in diesem Umfang" die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Gemeinde Neuhofen i.I. zurückverwiesen, sei unter Berücksichtigung der Begründung im angefochtenen Bescheid nicht erkennbar, ob nunmehr Teilrechtskraft hinsichtlich der anderen Teil-Bauvorhaben eingetreten sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Aus der dem Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 9. Dezember 1994 zugrundeliegenden Baubeschreibung und dem Einreichungsplan der L-GesmbH & Co KG ergibt sich, daß im Süden des Grundstückes Nr. 108/3 der Beschwerdeführerin ein vom bestehenden Wohnhaus getrennter Abstellplatz in der Größe von 8,60 m x 6,50 m errichtet werden soll. Die übrigen beantragten Baumaßnahmen stellen sich als Zu- und Umbau im Sinne des § 41 Abs. 2 lit. d und e BO am bestehenden Wohnhaus dar.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides deutet auf eine Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde Neuhofen i.I. vom 7. April 1995 zur Gänze hin. Da im Spruch selbst keine Einschränkung des Umfanges der Aufhebung enthalten ist, kann dem Beisatz "in diesem Umfang" keine weitere Bedeutung beigemessen werden. Der Begründung des angefochtenen Bescheides läßt sich jedoch entnehmen, daß die belangte Behörde die Rechtsauffassung vertritt, die mitbeteiligten Parteien hätten Rechtsmittel nur gegen die "Aufstockung" der Garage an der ihrem Grundstück zugewandten Nordseite des Grundstückes der Beschwerdeführerin erhoben. Auch die Vorstellung hätte sich nur darauf bezogen. Bezüglich der anderen, von der Beschwerdeführerin beantragten, aus dem Einreichplan ersichtlichen Baumaßnahmen sei "Teilrechtskraft" eingetreten.

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald der spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden. Demnach kann ein Vorhaben, das mehrere trennbare Projekte zum Gegenstand hat, etwa dann, wenn im nachbarrechtlichen Verfahren ausschließlich ein Projekt strittig ist, aus Gründen der Zweckmäßigkeit ein Teilbescheid erlassen werden. Die Trennbarkeit eines Bauvorhabens ist jedoch nur dann zu bejahen, wenn sich das Vorhaben in mehrere trennbare Teile zerlegen läßt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1975, Slg. Nr. 8896/A). Ein Bauvorhaben ist grundsätzlich ein unteilbares Ganzes, das nur als solches von der Behörde bewilligt oder abgelehnt werden kann. Aus der Antragsbedürftigkeit der Baubewilligung folgt nämlich, daß die Baubehörde über das Baubegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den Plänen und der Baubeschreibung ergibt, abzusprechen hat. Eine Trennbarkeit in mehrere Teile ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn eine Teilbewilligung nur durch eine - der Baubehörde verwehrten - Einflußnahme auf die Gestaltung des Bauwillens möglich ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1990, Zl. 88/06/0187). Wenn der angefochtene Teil des Bescheides vom übrigen Teil nicht trennbar ist, kann Teilrechtskraft nicht eintreten. Auch bei bloß teilweiser Anfechtung ist daher die Berufungsbehörde berechtigt und verpflichtet, über den nicht angefochtenen Teil abzusprechen, da auf Grund des engen Zusammenhanges nur ein Abspruch mit unselbständigen Teilen, von denen der Sache nach keiner für sich allein bestehen und daher auch nicht in Teilrechtskraft erwachsen kann, vorliegt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 15. Juni 1987, Zl. 86/04/0010, und vom 29. November 1988, Zl. 88/11/0015).

Die mitbeteiligten Parteien haben gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Neuhofen i.I. vom 14. Februar 1995 Berufung "bezüglich der Aufstockung einer Garage an unserer Grundgrenze in 65 cm Entfernung" Berufung erhoben. Auch ihre Vorstellung bezieht sich nur auf die beantragte "Aufstockung der bestehenden Garage".

Daß eine Trennbarkeit des Abspruches bezüglich der Bewilligung des im Süden des Grundstückes der Beschwerdeführerin zu errichtenden Abstellplatzes und der übrigen beantragten Baumaßnahmen, welche hievon völlig losgelöst sind, möglich ist, läßt sich aus den im vorgelegten Verwaltungsakt erliegenden Urkunden eindeutig entnehmen. Da sich die Anfechtungserklärung in der Berufung der mitbeteiligten Parteien auf diesen Abstellplatz nicht bezogen hat, konnte - da Trennbarkeit im Sinne der oben dargestellten Sach- und Rechtslage gegeben ist - diesbezüglich Rechtskraft eintreten. Insoweit haftet der Begründung im angefochtenen Bescheid kein Rechtsirrtum an.

Warum jedoch die übrigen, von der Beschwerdeführerin beantragten bewilligungspflichtigen Baumaßnahmen von der "Aufstockung der Garage" im Norden trennbar sein sollen und voneinander losgelöst darüber abgesprochen werden kann, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Auf Grund der vorgesehenen einheitlichen Überdachung der beantragten Baumaßnahmen mit dem vorhandenen Altbestand des Wohnhauses ist schon im Hinblick auf die von der Baubehörde gemäß § 49 Abs. 4 BO im Zusammenhang mit § 23 leg. cit. zu beachtenden öffentlichen Interessen, insbesondere in bezug auf das Orts- und Landschaftsbild, von einer Untrennbarkeit der sich auf das Hauptgebäude beziehenden, von der Beschwerdeführerin beantragten gegenständlichen Baumaßnahmen auszugehen. Eine Teilrechtskraft bezüglich der nicht die Aufstockung der Garage im Norden betreffenden beantragten bewilligungspflichtigen Änderungen am Wohnhaus der Beschwerdeführerin ist daher entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht eingetreten.

Spruch und Begründung eines Bescheides bilden eine Einheit. Im Zweifel ist daher aus dem Zusammenhalt beider der nähere Sinn und Inhalt der Entscheidung zu erschließen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1985, Zl. 85/05/0114). Dies hat nicht zur Folge, daß die Begründung eines Bescheides zur Ergänzung seines Spruches herangezogen werden dürfte, sondern nur, daß die Begründung zur Auslegung eines unklaren Spruches heranzuziehen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1985, Zl. 84/10/0105). Wenn Spruch und Begründung zueinander in Widerspruch stehen, erweist sich ein solcher Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1964, Slg. Nr. 6402/A). Mit den im angefochtenen Bescheid enthaltenen - teilweise als rechtsirrig erkannten - Begründungsdarlegungen über die Trennbarkeit des hier zu beurteilenden Baubewilligungsansuchens enthält nun die im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltene Formulierung der Zurückverweisung des Berufungsbescheides "in diesem Umfang" einen normativen Gehalt derart, daß Zweifel am Umfang der Aufhebung des Bescheides der Berufungsbehörde entstehen und der Inhalt desselben aus der mit Rechtsirrtum behafteten Begründung ausgelegt wird. Der erste Satzteil des zweiten Absatzes im Spruch des angefochtenen Bescheides, wonach der Bescheid der Berufungsinstanz - ohne nähere Einschränkung, somit zur Gänze - aufgehoben wurde, setzt sich wiederum in Widerspruch zur Begründung.

Aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchRechtskraft Besondere Rechtsprobleme Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995050219.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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