TE Vwgh Beschluss 2022/7/25 Ro 2022/11/0012

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Veröffentlicht am 25.07.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VwGG §30 Abs2
VwGG §30 Abs3
  1. VwGG § 30c heute
  2. VwGG § 30c gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  1. VwGG § 30c heute
  2. VwGG § 30c gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Österreichischen Tierärztekammer in Wien, vertreten durch Dr. Bernhard Eder, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 4, den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 20. Mai 2022, Zl. LVwG-AV-565/004-2020, gemäß § 30 Abs. 3 VwGG dahingehend abzuändern, dass der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 8. März 2022, Zl. LVwG-AV-565/001-2020, betreffend Aufrechnung der Altersunterstützung mit Beitragsrückständen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kuratorium der Wohlfahrtseinrichtungen der Österreichischen Tierärztekammer; mitbeteiligte Partei: Dipl.Tzt.Dr. A, vertreten durch Mag. Clemens Handler, Rechtsanwalt in 2620 Neunkirchen, Fabriksgasse 10-12), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuerkannt werde, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 3 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 18. März 2020 sprach die Antragstellerin (belangte Behörde) aus, dass die näher bezifferten Beitragsrückstände der Mitbeteiligten gegen die ihr gebührende (ebenfalls bezifferte) Altersunterstützung aufgerechnet würden und der Antrag der Mitbeteiligten auf Auszahlung der Altersunterstützung abgewiesen werde. Der dagegen erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten gab das Verwaltungsgericht mit Spruchpunkt 1.a. insofern statt, als es den Bescheid in seinem Ausspruch über die Aufrechnung aufhob; mit Spruchpunkt 1.b. wies es den Antrag der Mitbeteiligten auf Auszahlung der Altersunterstützung als unzulässig zurück.

2        Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision der Antragstellerin enthielt einen Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde darin ausgeführt, die Mitbeteiligte verfüge „über nur eingeschränkte finanzielle Mittel. Hätte die [Revisionswerberin] die verrechneten Leistungsbestandteile zur Gänze auszuzahlen, wäre die gegenständliche Revision nutzlos. Ein unverhältnismäßiger Nachteil wäre mit der Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes nicht verbunden, zwingende öffentliche Interessen liegen nicht vor“.

3        Das Verwaltungsgericht gab diesem Antrag mit Beschluss vom 20. Mai 2022 unter Hinweis auf den hg. Beschluss vom 3. März 2022, Ra 2022/08/0023, im Wesentlichen deshalb nicht statt, weil die Antragsbegründung der Konkretisierungspflicht nicht genüge.

4        Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret auszuführen. Erst die ausreichende und zudem glaubhaft dargetane Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung.

5        Als „unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber“ ist bei einer Amtsrevision eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von ihm zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen. Insoweit treten diese öffentlichen Interessen im Falle einer Amtsrevision bei der vorzunehmenden Interessenabwägung an die Stelle jener Interessenlage, die sonst bei einem „privaten“ Revisionswerber als Interesse am Aufschub des sofortigen Vollzugs des angefochtenen Erkenntnisses in die Abwägung einfließt. Der Revisionswerber hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre, wobei die Anforderungen an die Konkretisierungspflicht streng sind (vgl. etwa VwGH 12.4.2022, Ra 2022/05/0023, mwN).

6        Nach § 30 Abs. 3 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

7        Im Fall eines Antrages nach § 30 Abs. 3 VwGG ist - wenn eine wesentliche Änderung der für die Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung maßgeblichen Voraussetzungen nicht behauptet wird - grundsätzlich nur die Begründung des ursprünglichen Antrages maßgeblich. Das Verfahren nach § 30 Abs. 3 VwGG dient nicht dazu, dem Antragsteller eine „Nachbegründung“ seines Antrages zu erlauben; vielmehr soll es einerseits eine Überprüfung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes auf Basis der diesem bereits vorliegenden Entscheidungsgrundlagen und andererseits die Berücksichtigung von wesentlichen Änderungen, die auch die Stellung eines neuen Antrages rechtfertigen würden, ermöglichen (vgl. abermals etwa VwGH 12.4.2022, Ra 2022/05/0023, mwN).

8        Dem nunmehr an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Antrag auf Abänderung dieser Entscheidung nach § 30 Abs. 3 VwGG ist keine wesentliche Änderung der Voraussetzungen zu entnehmen. Vielmehr enthält der Antrag lediglich eine „Nachbegründung“, wenn darin vorgebracht wird, die Antragstellerin müsse „nach Vornahme der Auszahlung nach positiver Entscheidung über die anhängige Revision zur Rückerlangung der ausbezahlten Beträge auf den pfändbaren Teil des Einkommens der [Mitbeteiligten] greifen“. Dies könnte „zum Scheitern des Zahlungsplans führen, dessen Erfüllung erst am 15.07.2025 endet. Eine (weitere) Insolvenz der [Mitbeteiligten] wäre die mögliche Folge einer derartigen Exekutionsführung. Dies wäre nicht nur für die belangte Behörde, sondern auch für alle übrigen Gläubiger mit unverhältnismäßigen Nachteilen verbunden“.

9        Überdies sind die von der Antragstellerin als unverhältnismäßiger Nachteil geltend gemachten wirtschaftlichen Auswirkungen weiterhin nicht ausreichend konkretisiert, und ihr Vorbringen zum Vorliegen eines unverhältnismäßigen Nachteils hängt von Mutmaßungen über potentielle Verfahrensausgänge, sohin von der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ab, welche jedoch im Provisorialverfahren betreffend die aufschiebende Wirkung nicht zu prüfen ist (vgl. etwa VwGH 4.10.2021, Ro 2021/05/0034, mwN).

10       Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 25. Juli 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022110012.J00

Im RIS seit

29.09.2022

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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