TE Vwgh Beschluss 1996/4/23 96/08/0033

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Veröffentlicht am 23.04.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AlVG 1977 §56;
AlVG 1977 §59;
AMSG 1994 §24 Abs4;
AVG §36 Abs2;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art11 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache des Dr. G in W, gegen den Bescheid des Landesgeschäftsführers des Arbeitsmarktservice Wien vom 28. Dezember 1995, Zl. Abt. 12/7022/7100 B, 920/4145 071043, betreffend Verhängung einer Ordnungsstrafe, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landesgeschäftsführers des Arbeitsmarktservice Wien vom 28. Dezember 1995 wurde ausgesprochen, daß sich der Beschwerdeführer in seinen schriftlichen Eingaben vom 15. Juni 1995, 6. September 1995 und vom 23. Oktober 1995 einer beleidigenden Schreibweise bedient habe und daher über ihn gemäß § 34 Abs. 3 AVG eine Ordnungsstrafe von S 500,-- verhängt werde.

In der Begründung wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer in den schriftlichen Eingaben vom 15. Juni 1995 und vom 6. September 1995 sowie "in Berufungen" seiner schriftlichen Eingabe vom 23. Oktober 1995 die Leiterin des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste wiederholt als "Idiotin" bezeichnet habe. Damit habe er sich einer beleidigenden Schreibweise bedient.

Gegen diesen Bescheid sei nach der angeschlossenen Rechtsmittelbelehrung keine Berufung zulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Beschwerdeführer selbst verfaßte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, "wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges".

Gemäß § 36 Abs. 2 AVG ist gegen den Bescheid, mit dem eine Ordnungs- oder Mutwillensstrafe verhängt wird, Berufung ohne aufschiebende Wirkung an die vorgesetzte Behörde zulässig, die endgültig entscheidet. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1987, VwSlg. 12.429/A, ausgesprochen, daß es sich bei der Verhängung einer Ordnungsstrafe um einen verfahrensrechtlichen Bescheid in Vollziehung des jeweiligen Verfahrensgesetzes handle. Unter der vorgesetzten Behörde im Sinne des § 36 Abs. 2 AVG sei im Lichte des Art. 11 Abs. 4 B-VG jene Behörde zu verstehen, die in der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Angelegenheit als Berufungsbehörde, im Falle der Abkürzung des Instanzenzuges als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde einzuschreiten hätte.

"Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" ist in jedem Fall die Berufungsbehörde, darüber hinaus aber auch jede sonstige Behörde, die - bei Ausschluß eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechtes den Inhalt der Entscheidung hätte bestimmen können.

Die den Gegenstand des Verfahrens (in dem der Beschwerdeführer die obgenannten Eingaben einbrachte) bildende Angelegenheit ist eine solche des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe. Unabhängig davon, ob in einer solchen Angelegenheit die Ausübung der der Landesgeschäftsstelle zukommenden behördlichen Funktionen nach § 34 Abs. 3 AVG (vgl. zum Behördenbegriff das schon zitierte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1987) dem Landesgeschäftsführer oder dem Ausschuß für Leistungsangelegenheiten des Landesdirektoriums obliegt (§ 24 Abs. 3 AMSG, §§ 56, 59 AlVG), ist zwar nach § 24 Abs. 4 AMSG gegen einen von ihm erlassenen Bescheid keine Berufung zulässig; der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist aber "sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" im obengenannten Sinn und daher "vorgesetzte Behörde" nach § 36 Abs. 2 AVG. Durch die im Bescheid enthaltene falsche negative Rechtsmittelbelehrung wird keine Beschwerdemöglichkeit an den Verwaltungsgerichtshof eröffnet (vgl. das hg. Erkenntnis VwSlg. 164/A). Der Verwaltungsgerichtshof ist daher zufolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges zur meritorischen Entscheidung über die Beschwerde nicht berufen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Die keinem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers dienende Entscheidung über die beantragte Verfahrenshilfe hat daher zu entfallen.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter VerfahrensanordnungenBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz (siehe auch Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996080033.X00

Im RIS seit

18.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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