TE Vwgh Beschluss 2022/8/31 Ra 2022/19/0185

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Veröffentlicht am 31.08.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, über die Revision des A A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 2022, L519 2250903-1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 21. August 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er habe bei einer Antiterroreinheit gearbeitet. Iranische Milizen hätten versucht, ihn zur Zusammenarbeit zu zwingen und hätten ihn bedroht.

2        Mit Bescheid vom 21. Dezember 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung, psychischer oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt gewesen sei, oder er im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sein würde. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber von der Hisbollah oder der Miliz mit dem Tod bedroht bzw. dass seinen Söhnen mit Entführung gedroht worden sei. Der Revisionswerber sei gesund, in Bagdad geboren und habe nach dem Schulbesuch als Hilfsarbeiter sowie im staatlichen Sicherheitsapparat gearbeitet. In Bagdad und anderen Teilen des Irak hielten sich Familienangehörige des Revisionswerbers auf. Der Revisionswerber werde daher in der Lage sein, in Bagdad für seine grundlegendsten Bedürfnisse selbst aufzukommen.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst mit Verweis auf das Amtswegigkeitsprinzip vor, das BVwG hätte recherchieren müssen, ob der Revisionswerber aufgrund des am 25. Mai 2022 erlassenen Gesetzes, mit dem jegliche Kontakte zu Israelis untersagt würden, bei einer Rückkehr in den Irak wahrscheinlich staatliche Repressalien zu erwarten hätte, weil er Beziehungen zu israelischen Staatsbürgern pflege. Hätte das BVwG sich mit - näher genannten - einschlägigen Berichten befasst, so hätte es zur Konklusion gelangen müssen, dass der Revisionswerber bei einer Rückkehr in den Irak aufgrund seiner Kontakte zu israelischen Staatsbürgern einer massiven Verfolgungsgefahr ausgesetzt sein würde.

9        Der Berücksichtigung dieses erstmals in der Revision erstatteten Vorbringens steht das aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof entgegen. Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. VwGH 29.9.2021, Ra 2021/19/0223, mwN).

10       Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung des Weiteren vor, das BVwG habe vorgelegte Beweismittel, wie Ausweise des Revisionswerbers, ein Scheidungsurteil, ein weiteres den Revisionswerber betreffendes Urteil, einen Drohbrief der Hisbollah, sowie Fotos des Revisionswerbers in Militärkleidung und im Kollegenkreis nicht bzw. unrichtig gewürdigt und es unterlassen, diese Beweismittel mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers zu vergleichen. Das BVwG habe dadurch eine unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen. Jedenfalls wäre das BVwG aber auch unter Berücksichtigung aktueller Länderberichte zur Erkenntnis gelangt, dass dem Revisionswerber aufgrund der derzeitigen Lage im Heimatland der subsidiäre Schutz zuzusprechen sei und keine Rückkehrentscheidung hätte ergehen dürfen.

11       Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 9.6.2022, Ra 2022/19/0105, mwN).

12       Die Revision zeigt nicht auf, dass diese Voraussetzungen fallbezogen gegeben wären. Das BVwG setzte sich - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in welcher es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffte - mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers auseinander. Es stützte die Beurteilung, das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers sei nicht glaubhaft, auf die Steigerung des Vorbringens im Laufe des Verfahrens, sowie auf widersprüchliche und nicht nachvollziehbare Aussagen des Revisionswerbers und bezog auch die vom Revisionswerber vorgelegten Dokumente und Fotos in seine Würdigung ein.

13       Soweit die Revision darüber hinaus Verfahrensmängel geltend macht, ist auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, wonach schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden müssen. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 27.6.2022, Ra 2022/19/0020, mwN). Diesem Erfordernis wird die Revision mit ihrem pauschalen Verweis auf aktuelle Länderberichte nicht gerecht.

14       Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit schließlich vorbringt, der Revisionswerber sei politisch aktiv gewesen und habe sich gegen das Regime ausgesprochen, was einen asylrelevanten Verfolgungsgrund darstelle, entfernt sie sich begründungslos vom festgestellten Sachverhalt. Das BVwG stellte fest, dass der Revisionswerber in seinem Herkunftsstaat vor der Ausreise keine Schwierigkeiten mit staatlichen Organen, Sicherheitskräften oder Justizbehörden glaubhaft vorgebracht habe.

15       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 31. August 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022190185.L00

Im RIS seit

26.09.2022

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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