TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/24 92/13/0158

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Veröffentlicht am 24.04.1996
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;
33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §68 Abs4 idF 1983/587;
BewG 1955 §68 Abs4 Z1 idF 1988/402;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §3;
UStG 1972 §6 Z1;
UStG 1972 §6 Z2;
UStG 1972 §6 Z3;
UStG 1972 §7 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der X AG in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat III) vom 8. Mai 1992, Zl. 6/2 - 2030/89-05, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1986, 1987 und 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine auf die Finanzierung von Außenhandelsgeschäften spezialisierte Bank. In den Erklärungen zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1986, 1987 und 1988 setzte sie bestimmte Gruppen von Forderungen ("Wechselforderungen aus Ausfuhrumsätzen gemäß § 68 Abs. 4 BewG", "Ausleihungen aus Ausfuhrumsätzen gemäß § 68 Abs. 4 BewG") mit 85 % ihres Nennwertes an.

Bei Feststellung des Einheitswertes des Betriebesvermögens zu den genannten Stichtagen brachte das Finanzamt diese Forderungen mit dem Nennwert in Ansatz und führte zur Begründung aus, die Bestimmung des § 68 Abs. 4 BewG sei nicht anwendbar, weil die Forderungen nicht mit Ausfuhrumsätzen im Sinne dieser Bestimmung im Zusammenhang stünden.

In der Berufung gegen die Bescheide, mit denen der Einheitswert des Betriebsvermögens zu den genannten Stichtagen festgestellt wurde, brachte die Beschwerdeführerin vor, gemäß § 68 Abs. 4 BewG seien Forderungen aus Ausfuhrumsätzen mit 85 % des Nennwertes anzusetzen, sofern nicht besondere Umstände gemäß § 14 BewG einen geringeren Wert begründen würden, wobei als Ausfuhrumsätze auch Leistungen gelten würden, die im Ausland an ausländische Abnehmer erbracht würden. Die Kreditgewährung führe einerseits zu Rückforderungsansprüchen aus der Zurverfügungstellung des Kapitals und andererseits zu Zinszahlungsansprüchen. Die Kreditgewährung stelle aber einen einheitlichen Vorgang dar, sodaß zum Zwecke der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens nicht zwischen Kapitalforderung und Zinsforderung unterschieden werden dürfe. Da Wechselforderungen bzw. Ausleihungen bewertungsfähige Kapitalforderungen darstellten, seien sie - "sofern sie im Ausland an einen ausländischen Abnehmer erbracht werden" - zur Gänze unter § 68 Abs. 4 BewG zu subsumieren und mit 85 % des Nennwertes anzusetzen. Die Beschwerdeführerin beantrage daher die erklärungsgemäße Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens.

Mit Vorhalt vom 14. August 1991 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, den wirtschaftlichen Hintergrund der "Wechselforderungen und Ausleihungen aus Ausfuhrumsätzen gemäß § 68 Abs. 4 BewG" darzustellen.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom 11. September 1991 teilte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit:

"Ein internationales Finanzierungsinstrument ist der Ankauf von Wechseln und Forderungen (Ausleihungen), deren Grundgeschäft ein Warengeschäft ist. Die aus dem Warengeschäft resultierenden Forderungen oder Wechsel werden von dem Lieferanten der Ware regressfrei an die X (Beschwerdeführerin) verkauft.

Der Vorteil für den Verkäufer der Forderungen bzw. Wechsel ist insbesondere im folgenden gegeben:

-

Abwälzung des wirtschaftlichen bzw. des politischen Risikos eines Schuldners

-

Entlastung der Bilanzposition "Forderungen"

-

Erhöhung der Liquidität des Lieferanten

-

Ausschaltung des Wechselkursrisikos bei Forderungen in fremder Währung

-

Wegfall administrativer Tätigkeiten nach erfolgter Lieferung

In der genannten Vorhaltsbeantwortung stellte die Beschwerdeführerin auch Geschäftsfälle dar, die für ihren Tätigkeitsbereich typisch seien. Diese Geschäftsfälle bestehen einerseits darin, daß die Beschwerdeführerin von ausländischen Banken Wechselforderungen gegenüber ausländischen oder inländischen Unternehmern (Wechselschuldnern) ankauft. Im weiteren bestehen sie darin, daß die Beschwerdeführerin von ausländischen Banken "Buchforderungen" gegenüber ausländischen Unternehmern ankauft.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin habe im gegenständlichen Fall Wechsel und Forderungen (Ausleihungen), deren Grundgeschäft jeweils ein Warengeschäft sei, angekauft. Dieser Ankauf stelle ein Umsatzgeschäft dar. Nach der Auszahlung des Kaufpreises an den Verkäufer der Forderung (des Wechsels) und Abtretung der Forderung an die Beschwerdeführerin bestehe aber aus diesem Umsatzgeschäft keine zu bewertende Forderung der Beschwerdeführerin gegenüber einem ausländischen Abnehmer. Die erworbenen Forderungen würden zwar ausländische Schuldner betreffen, beruhten aber nicht auf einem Umsatzgeschäft zwischen der Beschwerdeführerin und den Schuldnern, somit nicht auf einem Exportumsatz gegenüber den ausländischen Schuldnern, sondern resultierten aus einer Zession der Forderungen. Die eingezogenen Beträge seien beim Forderungserwerber kein Entgelt für steuerbare Leistungen. Voraussetzung für die Anwendung des § 68 Abs. 4 BewG sei das Vorliegen eines Umsatzgeschäftes zwischen einem inländischen Exporteur und einem ausländischen Abnehmer. Da diese Voraussetzungen im gegenständlichen Fall nicht erfüllt sei, komme die zitierte Bestimmung nicht Anwendung. Dies ergebe sich im übrigen auch aus dem Sinn dieser Bestimmung, welcher in der Förderung der Exportwirtschaft bestehe. Der steuerliche Vorteil solle demjenigen zukommen, der auch tatsächlich eine Ausfuhrleistung unmittelbar erbracht habe.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf richtige Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens und auf richtige Anwendung des BewG, insbesondere des § 68 Abs. 4, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 68 Abs. 4 BewG idF BGBl. Nr. 587/1983 (aufgrund des BG BGBl. Nr. 402/1988 als § 68 Abs. 4 Z. 1 bezeichnet) lautet:

"Forderungen aus Ausfuhrumsätzen sind mit 85 v.H. des Nennwertes anzusetzen, sofern nicht besondere Umstände gemäß § 14 einen geringeren Wert begründen. Als Ausfuhrumsätze gelten Umsätze gemäß § 6 Z. 1 bis 3 des Umsatzsteuergesetzes 1972 sowie Leistungen, die im Ausland an ausländische Unternehmer (§ 7 Abs. 1 Z. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1972) erbracht werden."

Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die Begründung des angefochtenen Bescheides gehe auf die Forderungen aus Ausleihungen nicht ein, sondern beziehe sich ausschließlich auf die Wechselforderungen. Den Forderungen aus Ausleihungen läge eine Kreditgewährung der Beschwerdeführerin (an den Schuldner) zugrunde. Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, daß der angefochtene Bescheid in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon ausgeht, sämtliche der strittigen Forderungen seien durch Warengeschäfte Dritter entstanden und der Beschwerdeführerin lediglich abgetreten worden. Diese Sachverhaltsannahme wird in der Beschwerde nicht ausdrücklich bekämpft. Es sei aber darauf hingewiesen, daß sich diese Sachlage eindeutig aus der Vorhaltsbeantwortung der Beschwerdeführerin vom 11. September 1991 ergibt.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, § 68 Abs. 4 BewG (Z. 1) definiere als Ausfuhrumsätze einerseits Umsätze gemäß § 6 Z. 1 bis 3 UStG 1972 und andererseits Leistungen, die im Ausland an ausländische Abnehmer (§ 7 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972) erbracht würden. Daß diese im Ausland erbrachten Leistungen solche im Sinne des Umsatzsteuerrechtes sein müßten, gehe nach Ansicht der Beschwerdeführerin aus dem Gesetz nicht hervor. Das Gesetz zähle vielmehr neben den Umsätzen gemäß § 6 Z. 1 bis 3 UStG 1972 gleichwertig die Leistungen (aller Art), die im Ausland an ausländische Abnehmer erbracht werden, auf. Im übrigen wären auch solche Forderungen dem § 68 Abs. 4 (Z. 1) BewG zu subsumieren, denen Ausfuhrumsätze Dritter zugrundelägen und die im Zessionsweg erworben worden seien.

Es liegt auf der Hand und wird auch von der Beschwerdeführerin eingeräumt, daß die Bestimmung des § 68 Abs. 4 BewG der Förderung der Exportwirtschaft dienen soll. Durch BG BGBl. Nr. 587/1983 wurde die Begünstigung, die bis dahin nur auf im Inland erbrachte, unter § 6 Z. 1

bis 3 UStG 1972 fallende Leistungen abstellte, auf Forderungen aus Leistungen, die im Ausland an ausländische Abnehmer (§ 7 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972) erbracht werden, ausgedehnt. Aus dem Bericht des Finanz- und Budgetausschusses (90 BlgNR XVI. GP, 2) ergibt sich, daß zusätzlich zu den unter § 6 Z. 1 bis 3 UStG fallenden Forderungen auch Forderungen aus nicht steuerbaren Leistungen begünstigt werden sollten. Mit dieser Erweiterung sollte somit dem Umstand Rechnung getragen werden, daß es der Zweck der Bestimmung (Exportförderung) nicht rechtfertigen konnte, nur jene "Exportleistungen" im wirtschaftlichen Sinn zu begünstigen, für die der umsatzsteuerliche Leistungsort im Inland liegt. So ist die im Ausland erbrachte Montagelieferung eines österreichischen Unternehmers (Lieferort im Sinn des § 3 UStG 1972 im Ausland) nicht minder förderungswürdig als der Versand von Waren durch denselben Unternehmer von Österreich in das Ausland (Lieferort im Sinn des § 3 UStG im Inland), sofern der Leistungsempfänger jeweils ein ausländischer Abnehmer im Sinn des § 7 Abs. 1 Z. 1 UStG ist. Den Umsätzen (das sind gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG im Inland erbrachte Leistungen) fügte der Gesetzgeber daher die im Ausland erbrachten Leistungen hinzu. Aus diesen Überlegungen und aus der Interpretation der Begriffe des § 68 Abs. 4 BewG "in ihrem Zusammenhange" (vgl. § 6 ABGB) ergibt sich, daß unter den im Ausland erbrachten Leistungen solche zu verstehen sind, die, wären sie im Inland erbracht worden, Umsätze im Sinn des § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 darstellten. Weiters ergibt sich aus dem Förderungszweck der Bestimmung, daß die Begünstigung nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Forderungsgläubiger die im Gesetz genannten Ausfuhrumsätze erbracht hat. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen, daß es der Gleichheitsgrundsatz geböte, einen exportierenden Unternehmer und eine Factoring-Bank trotz der Unterschiede im Tatsächlichen gleich zu behandeln. § 68 Abs. 4 BewG findet somit auf bloß im Zessionswege erworbene Forderungen keine Anwendung. Dieses Interpretationsergebnis findet auch dadurch eine Bestätigung, daß andernfalls beispielsweise Kaufpreisforderungen aus Warengeschäften, die weder einen sachlichen noch einen persönlichen Bezug zum Inland aufweisen, durch ihre bloße Abtretung zu solchen im Sinn des § 68 Abs. 4 BewG werden könnten, was mit dem Zweck dieser Bestimmung unvereinbar wäre.

Die Begünstigung des § 68 Abs. 4 (Z. 1) BewG steht der Beschwerdeführerin sohin dann jedenfalls nicht zu, wenn sie - im Zusammenhang mit den strittigen Forderungen - Ausfuhrumsätze im Sinne der genannten Bestimmung nicht erbracht hat.

Der Verwaltungsgerichtshof kann es nicht als rechtswidrig erkennen, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid das Vorliegen derartiger Ausfuhrumsätze der Beschwerdeführerin verneint hat:

Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin bestand im Ankauf von (Wechsel)Forderungen, wobei - wie sich aus der Vorhaltsbeantwortung vom 11. September 1991 ergibt - ein Regreß ausgeschlossen war und somit das Ausfallwagnis auf die Beschwerdeführerin überging. Eine derartige Forderungsabtretung mag zwar für den Zedenten eine Leistung im Sinn des Umsatzsteuerrechtes sein, dem Zessionar kommt jedoch als Forderungskäufer nur die Rolle des Leistungsempfängers zu (vgl. Kolacny/Mayer, UStG 1972, Seite 29; Ruppe, UStG 1994, § 1 Tz 188; Rau/Dürwächter/Flick/Geist, UStG, § 1 Tz 375 "Factoring"; Urteil des BFH vom 10. Dezember 1981, VR 75/76, BStBL 1982 II 200). Die Beschwerdeführerin hat sohin durch den Forderungskauf eine Leistung im Sinn des Umsatzsteuerrechtes nicht erbracht.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in subjektiven Rechten nicht verletzt worden ist. Weil im gegenständlichen Fall ausschließlich durch Abtretung erworbene Forderungen betroffen sind, war auf die Beschwerdeausführungen zu der Frage, ob im Falle der Kreditgewährung durch eine Bank § 68 Abs. 4 (Z. 1) BewG in der für die Streitjahre geltenden Fassung ausschließlich auf die Zinsforderung oder zusätzlich auf die Kapitalforderung anzuwenden war, nicht einzugehen.

Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1992130158.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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