TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/24 94/13/0020

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Veröffentlicht am 24.04.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §211 Abs1 litg;
BAO §211 Abs2;
BAO §236 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. Dezember 1993, GZ GA 7-1437/93, betreffend Nachsicht eines Säumniszuschlages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 21. Mai 1993 beantragte der Beschwerdeführer, einen mit Bescheid vom 9. Februar 1993 vorgeschriebenen Säumniszuschlag in Höhe von S 112.985,-- nachzusehen. In der Begründung des Ansuchens wurde ausgeführt, im Jänner 1993 seien zwei Abgabenschuldigkeiten fällig gewesen. Eine Abgabenschuldigkeit im Ausmaß von S 6,083.652,-- sei am 20. Jänner 1993 fällig geworden. Zu einem späteren Datum im Jänner sei eine weitere Abgabenschuldigkeit in Höhe von S 922.508,-- fällig geworden. Infolge einer Verwechslung der Einzahlungsbelege sei am 20. Jänner 1993 nur der geringere Betrag mittels Banküberweisung entrichtet worden. Am Nachmittag desselben Tages habe der Beschwerdeführer den Irrtum bemerkt und versucht, den höheren Betrag sofort zu überweisen. Da allerdings die Postsparkasse bereits um 12 Uhr ihren Zahlungsverkehr einstelle, sei die Überweisung an diesem Tag nicht mehr möglich gewesen. Da die Ursache für die Festsetzung eines Säumniszuschlages nur darin liege, daß die Überweisung bei der Österreichischen Postsparkasse auf Grund einer für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbaren Regelung nicht mehr am gleichen Tag habe erfolgen können, liege eine sachliche Unbilligkeit vor. Es sei auch auf das bisherige Verhalten des Abgabepflichtigen Rücksicht zu nehmen. Der Beschwerdeführer habe seinen Zahlungswillen und sein sichtliches Bemühen gezeigt, den Zahlungspflichten vollständig und zeitgerecht nachzukommen.

Das Nachsichtsansuchen wurde vom Finanzamt abgewiesen, wobei in der Begründung insbesondere darauf hingewiesen wurde, daß mit der Überweisung bis zum letzten Tag der Respiro-Frist zugewartet worden sei, welche Frist in erster Linie eine Bearbeitungsfrist der Banken darstelle.

In der Berufung gegen diesen Abweisungsbescheid wurde die Unbilligkeit in der Einhebung des Säumniszuschlages darin erblickt, daß es dem Beschwerdeführer innerhalb der Respiro-Frist nicht möglich gewesen sei, den Säumniszuschlag zu vermeiden.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, auf Grund der Vermögensteuerveranlagung für die Jahre 1988 bis 1992 habe sich auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers eine Nachforderung in Höhe von insgesamt S 7,005.950,-- ergeben, welche am 15. Jänner 1993 fällig gewesen sei. Die Nachforderung sei in zwei Teilbeträgen am 20. und 21. Jänner 1993 entrichtet worden. Die Vorschreibung des Säumniszuschlages sei darauf zurückzuführen, daß ein Großteil des Nachforderungsbetrages nicht innerhalb der im § 211 Abs. 2 BAO vorgesehenen dreitägigen Respiro-Frist entrichtet worden sei. Wenn der Beschwerdeführer erst am letzten Tag dieser Respiro-Frist seine Bank mit der Überweisung beauftragte, so gingen daraus resultierende Versäumnisse zu seinen Lasten.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 211 Abs. 1 lit. d BAO gelten Abgaben bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift als entrichtet. Erfolgt in einem solchen Fall die Gutschrift auf dem Postscheckkonto zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so hat die Verspätung nach Abs. 2 der Gesetzesstelle ohne Rechtsfolgen zu bleiben; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen.

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt gemäß § 217 Abs. 1 BAO - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eine Säumniszuschlages ein.

Nach § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Unbilligkeit i.S.d. § 236 Abs. 1 BAO kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein. Eine sachliche Unbilligkeit ist dabei anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ereignis eintritt. Jedenfalls muß es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit ähnlichen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1993, 93/15/0024).

Im Beschwerdefall wurde die in Rede stehende Abgabenschuldigkeit an Vermögensteuer erst nach deren Fälligkeit entrichtet. Im Vertrauen darauf, daß die Überweisung auf das Postscheckkonto der Abgabenbehörde noch am selben Tag zu einer entsprechenden Gutschrift führt, hat der Beschwerdeführer die M-Bank erst am letzten Tag der im Beschwerdefall fünf Tage betragenden sog. Respiro-Frist i.S.d.

§ 211 Abs. 2 BAO mit der Überweisung beauftragt. Sinn der letztgenannten Bestimmung ist dabei keineswegs die Einräumung einer weiteren Frist zur Abgabenentrichtung; vielmehr ist der Gesetzgeber erkennbar davon ausgegangen, daß die Bearbeitung von Banküberweisungen längere Zeit in Anspruch nehmen kann. Im Falle der Entrichtung der Abgabenschuldigkeit mittels Banküberweisung geht jedoch das Risiko einer mehr als drei Tage (unter Einrechnung von Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen, Karfreitag und 24. Dezember) späteren Gutschrift zu Lasten des Abgabenschuldners (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht II2, 190). Hat der Beschwerdeführer den Überweisungsauftrag überhaupt erst am letzten Tag der Respiro-Frist des § 211 Abs. 2 BAO erteilt, unterlief dabei hinsichtlich der Höhe des zu überweisenden Betrages ein von ihm zu verantwortender Irrtum und wurde ein weiterer - der tatsächlichen Fälligkeit entsprechender - Überweisungsauftrag erst am Nachmittag des letzten Tages der (verlängerten) Respiro-Frist erteilt, so kann in der Einhebung des durch diese Säumnis verwirkten Säumniszuschlages keine Unbilligkeit erblickt werden.

Auf das hg. Erkenntnis vom 24. November 1987, 87/14/0097, beruft sich der Beschwerdeführer zu Unrecht: In diesem Erkenntnis wurde als Voraussetzung für eine Unbilligkeit i.S.d.

§ 236 BAO gerade gefordert, daß den Abgabenschuldner an der verzögerten Erledigung eines Umbuchungsauftrages kein Verschulden treffen dürfe. Im vorliegenden Fall liegt aber ein Verschulden des Beschwerdeführers an der verspäteten Gutschrift der Abgabenschuldigkeit zweifellos vor.

Daß eine persönliche Unbilligkeit der Einhebung des Säumniszuschlages gegeben ist, wurde im Abgabenverfahren nicht dargelegt. Nach dem Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten liegt eine solche auch nicht vor. Die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten "Momente der subjektiven Billigkeit" - nämlich das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers - sind zwar Umstände, die allenfalls im Rahmen einer Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden könnten; da aber die belangte Behörde das Vorliegen einer Unbilligkeit der Einhebung als tatbestandsmäßige Voraussetzung einer im Ermessen der Behörde liegenden Nachsicht verneint hat, blieb - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - für eine Ermessensübung kein Raum.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer die Unterlassung der Ermittlung von bestimmt bezeichneten Umständen, die seiner Meinung nach für eine Ermessensentscheidung wesentlich gewesen wären. Da die belangte Behörde aber - wie eben ausgeführt - gar keine Ermessensentscheidung getroffen hat, gehen diese Einwendungen ins Leere.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994130020.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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