TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/24 95/01/0064

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Veröffentlicht am 24.04.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AVG §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Februar 1995, Zl. 4.345.852/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Februar 1995 wurde der am 31. Jänner 1995 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - einen Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation" albanischer Nationalität, der am 24. Jänner 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist - in Erledigung seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. Februar 1995 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht, daß die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefaßt habe und sie "sich den Ausführungen des Bundesasylamtes zu Ihren Fluchtgründen im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich anschließt und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhebt". Damit wurde klargestellt, daß sie die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides insoweit, als zusätzlich der Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 herangezogen wurde, nicht übernommen hat. Auch die sonstige Begründung des angefochtenen Bescheides läßt nicht erkennen, daß die belangte Behörde von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch gemacht hat. Die belangte Behörde hat vielmehr ausgeführt, daß eine Beurteilung des Vorliegens von "Ausschließungsgründen gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991" obsolet sei, da dem Beschwerdeführer bereits mangels Flüchtlingseigenschaft kein Asyl gewährt werden könne. Die Beschwerdeausführungen, die sich auf diesen Ausschließungsgrund beziehen, gehen daher von vornherein ins Leere.

Soweit der Beschwerdeführer einen Verfahrensmangel darin erblickt, daß der angefochtene Bescheid keine konkreten Feststellungen enthalte, sondern nur auf den erstinstanzlichen Bescheid verweise und darüber hinaus nur aus einer "Aneinanderreihung von Bausteinen zum Asylgesetz" bestehe, ist ihm zu entgegnen, daß die von der belangten Behörde eingehaltene Vorgangsweise bei Begründung ihres Bescheides grundsätzlich zulässig ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045), zumal durch die gebrauchte Formulierung klargestellt ist, daß sie die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zur Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers zur Gänze übernommen hat, und die von ihr vorgenommene Ergänzung dieser Begründung damit nicht im Widerspruch steht.

Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 2. Februar 1995 angegeben, als Polizist im Kosovo tätig gewesen zu sein. Er sei jedoch mit dem Regime "nicht einverstanden" gewesen und deshalb immer wieder kontrolliert worden. Im Februar 1990 sei er von einer Gruppe Polizisten bedroht und im Anschluß daran von einer Spezialeinheit eingesperrt und mißhandelt worden. Danach sei er gezwungen worden, ein Schriftstück zu unterschreiben, wonach er mit seiner Suspendierung einverstanden sei. Diese Vorgangsweise der Polizei führe er darauf zurück, daß es während seiner Dienstzeit ein "schlechtes Klima zwischen den Serben und Albanern" gegeben habe. Aufgrund dieser Vorfälle habe er sich damals jedoch noch nicht verfolgt gefühlt. In den letzten fünf Jahren sei "jede meiner Bewegungen wahrgenommen (worden), gleich ob ich auf der Straße war oder auf dem Bazar. Ich bekam manchmal auf der Straße Ohrfeigen, wurde zur Polizei mitgenommen, usw.". Er hätte bereits früher problemlos nach Österreich kommen können, sei aber so lange geblieben, weil er wisse, "was bis zum Jahr 2000 im Kosovo passieren wird", und die Bevölkerung solche Leute brauche. Am 8. oder 9. Oktober 1994 sei ihm während eines Adriaurlaubes von "Tschetniks" vorgeworfen worden, Mitglied der von Albanern gegründeten "14. Brigade" zu sein. Im Anschluß daran sei er zu einer Polizeistation gebracht worden. Er sei verhört, "mißhandelt und geschlagen" sowie bedroht worden. Über Befragen führte er aus, daß ihm zwischen 1990 und seiner endgültigen Ausreise aus dem Kosovo bis auf den geschilderten Vorfall "nichts passiert" sei. Anschließend vermeinte er jedoch, daß nach diesem Ereignis sein Haus umstellt worden sei. Er sei zur Polizei gebracht worden, wo er neuerlich beschimpft, geschlagen und mißhandelt worden sei, wobei ihm vorgeworfen worden sei, gegen den serbischen Staat zu sein. Über Vorhalt gab er zu, am 17. Oktober 1994 einen Reisepaß ausgestellt bekommen zu haben. Zu diesem Paß sei er über Vermittlung seines Schwagers, der früher Dolmetscher gewesen sei, gekommen. Er habe sich den Paß vom Polizeisekretariat in Pristina abgeholt.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde - ebenso wie schon in der Berufung - vermeint, aus seiner Suspendierung vom Dienst als Polizist im Jahre 1990 ergebe sich eine asylrelevante Verfolgung, ist der Erstbehörde (und damit der belangten Behörde) darin beizupflichten, daß es diesem Ereignis an dem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise im Jahre 1995 mangelt, zumal der Beschwerdeführer selbst ausführte, sich nach der Suspendierung nicht verfolgt gefühlt zu haben. Dem Vorbringen betreffend (weiterer) Verfolgungshandlungen zwischen der Suspendierung vom Polizeidienst und der Ausreise im Jänner 1995 hat die Erstbehörde (und damit die belangte Behörde) keinen Glauben geschenkt. Diese Beweiswürdigung begegnet im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden Schlüssigkeitsprüfung (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Zu Recht verweist die belangte Behörde auf die Widersprüchlichkeit des erwähnten Vorbringens. Der Beschwerdeführer vermeinte zunächst, in den letzten fünf Jahren ständig beobachtet worden zu sein. Er habe manchmal auf der Straße Ohrfeigen bekommen, sei zur Polizei mitgenommen worden, usw., wobei er dieses Vorbringen in keiner Weise konkretisierte. Nach der Schilderung des Vorfalles anläßlich seines Adriaurlaubes Anfang Oktober 1994 vermeinte er jedoch, daß dies das einzige "Ereignis" zwischen 1990 und seiner Ausreise gewesen sei. Da der Beschwerdeführer selbst aussagte, es wäre ihm problemlos möglich gewesen, den Kosovo bereits früher zu verlassen, kann auch die Ansicht, der Beschwerdeführer wäre bereits früher geflüchtet, wenn sich die von ihm geschilderten Vorfälle tatsächlich so ereignet hätten und er sich davon massiv bedroht gefühlt hätte, nicht als unschlüssig erkannt werden. Schließlich erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig, wenn die belangte Behörde ausführt, der Beschwerdeführer wäre aufgrund der von ihm geschilderten Vorfälle während und im Anschluß an seinen Adriaurlaub - hätten sie tatsächlich stattgefunden - nicht freiwillig einige Tage danach zum Polizeisekretariat in Pristina zur Paßabholung gekommen.

Da der Beschwerdeführer weder in den Berufungs- noch in den Beschwerdeausführungen zur Frage seiner Flüchtlingseigenschaft eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens geltend gemacht hat, eine solche auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar ist und auch sonst keiner der im § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 erwähnten Fälle vorliegt, hat die belangte Behörde ihrer Entscheidung gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. zu Recht nur das Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens - also die Angaben des Beschwerdeführers, welche nicht als unglaubwürdig erachtet wurden - zugrunde gelegt.

Da sich somit die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Parteienvernehmung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995010064.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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