TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/25 95/07/0080

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.1996
beobachten
merken

Index

L37134 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Oberösterreich;
L82404 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Oberösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §52 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AWG OÖ 1990 §2 Abs1 Z2;
AWG OÖ 1990 §8;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des I in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. März 1995, UR - 255433/17 - 1995 El/Kl, betreffend Auftrag nach § 42 Abs. 3 des Oberösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. Mai 1994 (BH) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 42 Abs. 3 i. V.m. § 7 Abs. 1 des Oberösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, LGBl. Nr. 28/1991 (Oö AWG) aufgetragen, die im Bereich seines Anwesens O. 34, auf den Grundstücken Nr. 25 und 25/2, KG D., Gemeinde St. M., gelagerten Abfälle, und zwar

"1. größere Mengen von Sperrmüll (ca. 10 m3);

2.

ca. 40 Altreifen;

3.

diverse Öl- und Heizölkanister;

4.

eine größere Menge von Hausabfällen, in Plastiksäcken verpackt;

5.

Tierkadaver (totes Schwein, Geflügel völlig verwest), Schweineteile, Innereien;

6.

VW-Motor;

7.

luftgekühlter Dieselmotor samt Starter und Lichtmaschine;

8.

nicht mehr reparierfähiger Motor, der aus dem im Hof stehenden Ford-Traktor ausgebaut wurde, Motor-Nr. F422010;

9.

Elektromotoren in zerlegtem Zustand;

10.

alte Giftspritze;

11.

eine Vielzahl von stark verrosteten Dachrinnen;

12.

mehrere Waschmaschinen und Waschmaschinenrahmenteile;

13.

ein unvollständiges Kettenraupenfahrgestell, FG.Nr. nicht mehr auffindbar;

14.

eine zerlegte Zugmaschine Marke Ford, blau, FG.Nr. nicht mehr auffindbar, Motor- und Vorderachse ausgebaut, Zusatzgerät und Erntemaschine daneben gelagert;

15.

ein Mercedes W 115, Totalschaden;

16.

4-Zylinderreihenmotor samt Getriebe, Motor-Nr. nicht feststellbar;

bis spätestens 30. Mai 1994 ordnungsgemäß zu entsorgen und damit den gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen."

Begründend führte die BH aus, daß anläßlich eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung der Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik und Abfallwirtschaft im Innenhof des Vierkanthofes O. 34 sowie im unmittelbaren Bereich dieses Anwesens die im Spruchteil dieses Bescheides detailliert angeführten Abfälle vorgefunden worden seien. Die Lagerung dieser Abfälle, die wild verstreut im Innenhof und um das Gebäude herum abgelagert seien, erfolge nicht ordnungsgemäß, da dadurch sowohl die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt würde, Brand- und Explosionsgefahren herbeigeführt und das Auftreten und die Vermehrung von schädlichen Tieren und Pflanzen sowie von Krankheitserregern begünstigt würden.

Gegen diesen Bescheid der BH erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. Mai 1994 Berufung. Diese begründete der Beschwerdeführer damit, daß die Punkte 3., 4., 5., 13. und 15. des Bescheidspruches der BH bereits erfüllt worden seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers in Spruchteil I. ihres Bescheides teilweise Folge und änderte den Bescheid der BH wie folgt ab:

"Herrn ... (Beschwerdeführer) wird aufgetragen, die im Bereich seines Anwesens, O. 34, auf den Grundstücken Nr. 25 und 25/2, KG D., Gemeinde St. M., gelagerten Abfälle, und zwar:

1.

größere Mengen von Sperrmüll (ca. 10 m3);

2.

ca. 40 Altreifen;

3.

diverse Öl- und Heizölkanister;

4.

nicht mehr reparierfähiger Motor, der aus dem im Hof stehenden Ford-Traktor ausgebaut wurde, Motor-Nr. F 422010;

5.

mehrere Waschmaschinen und Waschmaschinenrahmenteile;

6.

ein unvollständiges Kettenraupenfahrgestell, Fahrgestellnummer nicht mehr auffindbar;

7.

eine zerlegte Zugmaschine Marke Ford, blau, Fahrgestellnummer nicht mehr auffindbar, Motor- und Vorderachse ausgebaut, Zusatzgerät Erntemaschine daneben gelagert;

8.

ein Mercedes W 115, Totalschaden;

bis spätestens 30.4.1995 ordnungsgemäß zu entsorgen und somit den gesetzmäßigen Zustand wieder herzustellen.

Spruchteil II.:

Den Einwendungen des .... (Beschwerdeführer) betreffend eine größere Menge von Hausabfällen, in Plastiksäcken verpackt, Tierkadaver (totes Schwein, Geflügel völlig verwest), Schweineteile, Innereien; wird FOLGE GEGEBEN.

Die weiteren Einwendungen hinsichtlich größeren Mengen von Sperrmüll (ca. 10 m3); ca. 40 Altreifen; diversen Öl- und Heizölkanistern; nicht mehr reparierfähiger Motor, der aus dem im Hof stehenden Ford-Traktor ausgebaut wurde,

Motor-Nr. F 422010; mehreren Waschmaschinen und Waschmaschinenrahmenteilen; eines unvollständigen Kettenraupenfahrgestells, Fahrgestellnummer nicht mehr auffindbar; einer zerlegten Zugmaschine Marke Ford, blau, Fahrgestellnummer nicht mehr auffindbar, Motor und Vorderachse ausgebaut; Zusatzgerät und Erntemaschine daneben gelagert sowie eines Mercedes W 115, Totalschaden, werden als unbegründet abgewiesen."

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, daß von ihr im Beisein von Amtssachverständigen für Maschinen- und Elektrotechnik sowie Abfallwirtschaft am 12. September 1994 ein Lokalaugenschein auf dem Anwesen des Beschwerdeführers mit anschließender Befundaufnahme durchgeführt worden sei. Im Zuge dieses Lokalaugenscheines habe festgestellt werden können, daß die im Bescheid der BH angeführten Punkte 4., 5., 6., 7., 9., 10., 11. und 16. erfüllt worden seien. Die in den restlichen Punkten des Spruches angeführten Abfälle seien noch immer auf dem Anwesen des Beschwerdeführers gelagert. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft ergebe sich, daß die Lagerung bzw. Ablagerung der im Spruch angeführten Abfälle weder den im § 7 des Oberösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (Oö AWG) normierten allgemeinen Regeln noch den Grundsätzen des § 8 leg. cit entspreche. Da es sich bei den im Spruch angeführten Gegenständen um Abfälle im Sinne des Oö AWG handle und der Beschwerdeführer diese entgegen den Bestimmungen des Oö AWG gelagert bzw. abgelagert habe, sei mit Bescheid die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen und somit spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit der Erklärung beantragt, sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf, mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen keinem Auftrag nach § 42 Abs. 3 Oö AWG zu unterliegen, als verletzt zu erachten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer führt aus, daß die vom angefochtenen Bescheid umfaßten beweglichen Sachen nicht als Abfälle im Sinne des § 2 Oö AWG qualifiziert werden könnten. Dies deshalb, da er sich dieser Sachen weder entledigen habe wollen oder entledigt habe und auch nicht gesagt werden könne, daß die Erfassung und Behandlung dieser Sachen als Abfall im öffentlichen Interesse geboten sei. In diesem Zusammenhang stehe in keiner Weise fest, daß die Voraussetzungen des § 8 Oö AWG in bezug auf diese Sachen gegeben sein könnten. All diese beweglichen Sachen würden sich auch schon begrifflich nicht als typischer Abfall darstellen, es handle sich vielmehr offenkundig um Gegenstände, die ursprünglich dem Betrieb der Landwirtschaft gedient hätten und auf dieser in erster Linie als Ersatzteillager verblieben seien. Auch dafür, daß sich der Beschwerdeführer als Eigentümer dieser beweglichen Sachen entledigen habe wollen, seien im angefochtenen Bescheid Gründe nicht angeführt.

Gemäß § 42 Abs. 3 Oö AWG ist unabhängig von einer Bestrafung, einer Schadenersatzpflicht oder einer sonstigen Geldleistungsverpflichtung demjenigen, der dieses Landesgesetz übertreten hat, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Falle des § 15 Abs. 1 bzw. 4 von der Gemeinde, mit Bescheid aufzutragen, den gesetzmäßigen Zustand innerhalb einer angemessenen Frist (wieder)herzustellen. Bei Gefahr im Verzug hat dies die Behörde unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.

Gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. sind Abfälle im Sinne dieses Landesgesetzes bewegliche Sachen,

1.

deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder

2.

deren geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 8) geboten ist.

Die geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung des Abfalls im öffentlichen Interesse kann auch dann geboten sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

Nach § 2 Abs. 2 Oö AWG ist eine geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung im Sinne dieses Landesgesetzes jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 8) geboten,

1.

als eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.

solange sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht oder

3.

solange die Sache nach dem Ende ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung im unmittelbaren Bereich des Haushaltes bzw. der Anstalt, des Betriebes oder der sonstigen Arbeitsstelle auf eine zulässige Weise verwendet oder verwertet wird.

Die Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 8) geboten, wenn diese im Rahmen eines inländischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

Gemäß § 8 des Oö AWG sind unter Beachtung der Ziele des § 3 Abfälle nach Maßgabe des jeweiligen Standes der Technik so zu lagern, zu sammeln und abzuführen, zu befördern oder zu behandeln, daß insbesondere

1.

das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet werden,

2.

Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen nicht verursacht werden,

3.

die Umwelt (Boden, Luft und Wasser) über das unvermeidliche Ausmaß hinaus nicht verunreinigt wird,

4.

keine Brand- und Explosionsgefahren herbeigeführt werden,

5.

Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder andere Belästigungen nur im zumutbaren Ausmaß verursacht werden,

6.

das Auftreten und die Vermehrung von schädlichen Tieren und Pflanzen sowie von Krankheitserregern nicht begünstigt werden,

7.

Interessen des Natur-, Landschafts- und Ortsbildschutzes, wie sie im Oö Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 und im Oö Ortsbildgesetz umschrieben sind, berücksichtigt werden,

8.

die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gestört wird.

Nach § 4 Abs. 1 des Oö Ortsbildgesetzes, LGBl. Nr. 4/1990, sind Verunstaltungen des Ortsbildes verboten. Als Verunstaltung gilt auch eine das Ortsbild beeinträchtigende, nicht nur vorübergehende Lagerung von Gegenständen und Materialien, wie Autowracks, Verpackungsmaterial etc., sowie eine infolge mangelnder Pflege eingetretene Verwahrlosung.

Stellt die Behörde gemäß § 4 Abs. 3 des Oö Ortsbildgesetzes einen Verstoß gegen das Verbot gemäß Abs. 1 fest, so hat sie den in Betracht kommenden Verfügungsberechtigten über das Grundstück bzw. die bauliche Anlage, die Beseitigung der Verunstaltung - außer bei Gefahr in Verzug - unter Setzung einer angemessenen Frist mit Bescheid aufzutragen. Vor Erlassung des Bescheides ist die Ortsbildkommission (§ 14) zu hören.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. j des Oö Natur- und Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 80/1982 i.d.F. LGBl. Nr. 2/1995, bedarf unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen - sofern nicht die §§ 5, 6 oder 9 anzuwenden sind - die Verwendung einer Grundfläche zum Ablagern oder Lagern von Abfall, ausgenommen für die Lagerung von biogenen Abfällen auf Grundflächen von weniger als 1000 m2 einer Bewilligung der Behörde.

Die belangte Behörde stützte sich im angefochtenen Bescheid, da sie zur Entledigungsabsicht des Beschwerdeführers im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 Oö AWG keine Feststellungen getroffen hat, auf den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z. 2 Oö AWG. Danach sind Abfälle im objektiven Sinn bewegliche Sachen, deren geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 8) geboten ist.

Was als Abfall im Sinne von § 2 Abs. 1 Z. 2 Oö AWG zu gelten hat, stellt eine Rechtsfrage dar. Zur Auslegung des objektiven Abfallbegriffs betreffend das öffentliche Interesse sind durch die ausdrückliche Verweisung des § 2 Abs. 1 Z. 2 Oö AWG auf § 8 leg. cit. die dort genannten Grundsätze heranzuziehen. In einem ersten Prüfungsschritt ist somit zu ermitteln, ob Gefahren im Sinne des § 8 AWG von den gegenständlichen beweglichen Sachen ausgehen. Erst bei Bejahung dieses Umstandes kann von Abfällen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 Oö AWG gesprochen werden.

Die belangte Behörde führt in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, daß sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft ergebe, daß die Lagerung bzw. Ablagerung der im Spruch angeführten Abfälle den Grundsätzen des § 8 Oö AWG nicht entspreche.

Diese Schlußfolgerung kann jedoch auf Grund der festgestellten und im vorgelegten Verwaltungsakt dokumentierten Ermittlungsergebnisse derzeit nicht gezogen werden. Im Amtsvermerk über den Lokalaugenschein am 7. Juli 1993 stellt der Sachverständige lediglich fest, daß die im Befund angeführten beweglichen Sachen, die mit Ausnahme der Altreifen mit dem im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten beweglichen Sachen nicht übereinstimmen, entgegen der Bestimmung des § 7 Oö AWG gelagert seien. Es findet sich jedoch keine gutachterliche Aussage, die den Schluß zuließe, daß die in § 8 Oö AWG genannten Gefährdungen und Belästigungen von den im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten beweglichen Sachen ausgingen, was diese erst zu Abfall im Sinne des Oö AWG machen würde.

Auch anläßlich des Lokalaugenscheines vom 2. Februar 1994 wurden von den Sachverständigen der belangten Behörde zu dieser für den Beschwerdefall relevante Frage keine Ausführungen gemacht.

Das aufgrund des Lokalaugenscheines vom 12. September 1994 erstellte Gutachten des Amtssachverständigen für Elektrotechnik beschränkt sich auf die Frage des Vorliegens von gefährlichen Abfällen nach dem "Bundesabfallwirtschaftsgesetz". Der Amtssachverständige für Abfallwirtschaft beschränkt seine gutachterlichen Äußerungen ebenfalls auf die gefährlichen Abfälle, wenn er davon spricht, daß alle übrigen beschriebenen Ablagerungen als sonstige Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 7 Oö AWG anzusehen seien. Er kommt zu diesem Subsumptionsergebnis jedoch, ohne sich vorher mit der Frage auseinandergesetzt zu haben, ob allenfalls von diesen beweglichen Sachen die in § 8 Oö AWG genannten Gefährdungen und Belästigungen ausgehen.

Wenn der Amtssachverständige für Abfallwirtschaft schließlich feststellt, daß die Ablagerungen beim Anwesen des Beschwerdeführers "eine erhebliche Störung des Natur- und Landschaftsbildes darstellen" und somit den Forderungen des § 1 Abs. 3 Z. 8 (Bundes)AWG widersprechen würden, ist dem entgegenzuhalten, daß Feststellungen darüber, inwiefern Interessen des Oö Ortsbildgesetzes, insbes. dessen § 4, nachteilig berührt sind, fehlen, und solche vom Sachverständigen auch nicht als gegeben angesehen werden. Hinzu kommt in diesem Zusammenhang, daß die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten beweglichen Sachen beim Lokalaugenschein am 2. Februar 1994 im Innenhof des derzeit bewohnten Anwesens vorgefunden worden sind. Auch hinsichtlich der nach § 8 Abs. 1 Z. 7 Oö AWG zu berücksichtigenden Interessen des Oö Natur- und Landschaftsschutzgesetzes fehlen auf sachverhaltsmäßiger Ebene sämtliche Entscheidungsgrundlagen.

Die gesetzmäßige Begründung eines Bescheides erfordert in einem ersten Schritt die Feststellung jenes in einem nach Maßgabe der Verfahrensgesetze amtswegig geführten Ermittlungsverfahren erhobenen Sachverhaltes, welchen die Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche sie im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung von Recht und Pflicht nach § 45 Abs. 2 AVG dazu bewogen hat, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnis zum Spruch des Bescheides zu führen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1995, 92/07/0184).

Die belangte Behörde vermochte ihre Behauptung, wonach den Grundsätzen des § 8 Oö AWG vom Beschwerdeführer nicht entsprochen worden sei, nicht durch einen einwandfrei erhobenen Sachverhalt zu belegen, wodurch der angefochtene Bescheid an einem Begründungsmangel leidet, bei dessen Vermeidung nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid gelangen hätte können.

Aus den dargelegten Gründen war daher der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft als "Barauslagen" deklarierten nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Schlagworte

Allgemein Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemein Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche Beurteilung freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995070080.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten