TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/25 95/06/0064

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Veröffentlicht am 25.04.1996
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Index

L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §31 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art139 Abs1;
RPG Vlbg 1973 §19 Abs3;
RPG Vlbg 1973 §21 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des F in B, vertreten durch Mag. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 20. Jänner 1995, Zl. VIIa-410.440, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: H in B, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in F), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 9. Februar 1994 beantragte der Mitbeteiligte u. a. die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung einer Schlosserei-Betriebsanlage in dem landwirtschaftlichen Betriebsgebäude auf dem Grundstück Nr. .375/1, GB B. Im erstinstanzlichen Verfahren fanden am 1. März und 7. Juni 1994 mündliche Verhandlungen statt. In der mündlichen Verhandlung vom 1. März 1994 wurde von den in dieser Verhandlung anwesenden Vertretern des Beschwerdeführers eingewendet, daß die Errichtung des Gebäudes nicht der seinerzeitigen Baubewilligungsverhandlung (betreffend das Bauverfahren für das bisherige landwirtschaftliche Betriebsgebäude) entspreche, insbesondere sei die Zufahrt zum Untergeschoß nicht an der Ostsondern an der Westseite angelegt worden, es solle nun ein Kamin sowie eine Wasserversorgung und eine Abwasserbeseitigung eingebaut werden und es sei kein wildbach- und lawinenschutztechnischer Amtssachverständiger zugezogen worden. Weiters dürfe das Grundstück des Beschwerdeführers durch Fahrbewegungen mit LKW u.dgl. nicht in Anspruch genommen werden. Am Schluß der Verhandlung wurde festgestellt, daß der Antragsteller noch einen Parkplatzplan, den Plan für den Öltankraum und, soweit erforderlich, eine Plan für die Errichtung einer WC-Anlage vorzulegen habe und weiters zusätzlich noch ein Gutachten des verkehrstechnischen sowie des wildbach- und lawinenschutztechnischen Amtssachverständigen und eine Stellungnahme des Arbeitsinspektorates neben dem auch erst schriftlich zu erstattenden Gutachten des hochbautechnischen Amtssachverständigen eingeholt werde. Zur Wahrung des Parteiengehörs werde "eine neuerliche Besprechung als zweckmäßig erachtet".

In der Verhandlung vom 7. Juni 1994, deren Gegenstand der Antrag auf baurechtliche und gewerberechtliche Bewilligung war, erhob der Beschwerdeführer verschiedene Einwendungen betreffend die Lärmbelästigung (aus dem Lastkraftwagenverkehr, der sich im Zusammenhalt mit dem Betrieb ergeben würde, und durch den Kompressor), weiters betreffend Geruchs- und Abgasbelästigungen (durch Schweißgeräte und vorzunehmende Lackierungsarbeiten). Es würden auch aufgrund der vom Mitbeteiligten im Betrieb verwendeten Chemikalien beim Beschwerdeführer "Toxikopien" entstehen. Abschließend stellte der Vertreter des Beschwerdeführers fest:

"Eine Baugenehmigung kann ebenfalls nicht erteilt werden, da durch die geplanten Verkehrsverhältnisse die Zufahrt zum Anwesen F.T. blockiert werden wird. Außerdem reicht die Verkehrsverbindung aufgrund des verkehrstechnischen Gutachtens für den geplanten Betriebszweck nicht aus."

Diese Verhandlung endete damit, daß weitere Gutachten (des Amtssachverständigen für Lufthygiene, des lärmschutztechnischen Amtssachverständigen und des medizinischen Amtssachverständigen), wie sie vom Beschwerdeführer verlangt worden waren, einzuholen seien.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 10. November 1994 wurde unter Spruchpunkt I die baubehördliche Bewilligung für die beantragte Schlosserei-Betriebsanlage unter Auflagen erteilt, unter Spruchpunkt II wurden die Einwendungen des Beschwerdeführers, insoweit damit die Blockierung der Zufahrt zu seinem Anwesen behauptet werde, auf den Rechtsweg verwiesen, insoweit damit gerügt werde, daß die Verkehrsverbindung für den geplanten Betriebszweck nicht ausreiche, als unzulässig zurückgewiesen. In Spruchpunkt III wurde die gewerberechtliche Genehmigung zur Errichtung des genannten Betriebes unter Auflagen erteilt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung, die sich gegen die Erteilung der Baubewilligung und der gewerberechtlichen Genehmigung richtete, machte der Beschwerdeführer ohne Differenzierung in bezug auf die beiden Verfahrensgegenstände Lärm- und Geruchsbelästigungen durch die Schweißanlagen und Schweißgeräte geltend. Aufgrund des Einsatzes der Maschinen, die für den Schlossereibetrieb unumgänglich seien, seien unzumutbare Lärmbelästigungen die Folge. Die Abgase richteten sich direkt auf sein Anwesen. Daran änderten auch die erteilten Auflagen nichts. Auch von den verschiedenen im Betrieb verwendeten Chemikalien seien unzumutbare Immissionen aufgrund von austretenden Gasen zu befürchten. Ein Schlossereibetrieb sei mit lärmintensiven Tätigkeiten verbunden. Maßnahmen zur Dämpfung der zu erwartenden Lärmbelästigungen seien nicht ausreichend und zielführend. Auf die in der Verhandlung vom 7. Juni 1994 durch den Vertreter des Beschwerdeführers aufgeworfenen Fragen sei weitgehend nicht eingegangen worden. Die erteilten Auflagen würden auch nicht ausreichen, gesundheitliche Folgen und Konsequenzen auszuschließen. Der Beschwerdeführer habe sich gegen die Umwidmung des Grundstückes von Freifläche Landwirtschaft in Baumischgebiet ausgesprochen. Es sei ihm in dieser Sache bisher kein Bescheid zugestellt worden. Der Beschwerdeführer gehe daher davon aus, daß eine Umwidmung nicht stattgefunden habe. Zusammenfassend ergebe sich, daß das Bauvorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung den Bestimmungen des Baugesetzes sowie dem Flächenwidmungsplan widerspreche, ferner durch die Genehmigungen private Interessen des Beschwerdeführers (Sicherheit, Gesundheit, unerträgliche Immissionen) verletzt würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß Spruchpunkt II wie folgt zu lauten hat:

"Gemäß § 30 Abs. 1 lit. b des Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972 i. d.g.F., werden die Einwendungen des Nachbarn Franz Tschofen, insoweit damit das Auftreten einer Lärmbelästigung durch die westseitige Zufahrt behauptet wird, als unbegründet abgewiesen, insoweit damit die Errichtung eines Kamines sowie der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, die Zuziehung des wildbach- und lawinenschutztechnischen Amtssachverständigen und das Nichtausreichen der Verkehrsverbindung für den geplanten Betriebszweck eingewendet wird, gemäß § 30 Abs. 2 BauG als unzulässig zurückgewiesen und die Einwendungen hinsichtlich der Nichtinanspruchnahme des Grundstückes von Franz und Frieda Tschofen durch Fahrbewegungen mit LKW"s u.dgl. sowie die Blockierung der Zufahrt zu dessen Anwesen gemäß § 30 Abs. 2 BauG auf den Rechtsweg verwiesen."

Der bisherige Spruchpunkt II habe zu entfallen.

Dieser Bescheid ist im wesentlichen damit begründet, daß § 30 Abs. 1 BauG jene Rechtsnormen erschöpfend aufzähle, auf die im Baubewilligungsverfahren subjektiv-öffentliche Nachbarrechte gestützt werden könnten. Voraussetzung dafür sei, daß derartige Einwendungen rechtswirksam erhoben und mit dem Anspruch auf sachliche Auseinandersetzung verbunden seien. Gemäß § 42 AVG hätten die Beteiligten ihre Einwendungen spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorzubringen, verspätete Einwendungen gälten als präkludiert und es werde der Beteiligte dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme als zustimmend angesehen. Die Präklusionsfolgen seien sowohl von der Berufungsbehörde, der Aufsichtsbehörde und dem Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof zu berücksichtigen. Der Eintritt der Präklusionsfolgen setze eine ordnungsgemäße Ladung mit Hinweis auf § 42 AVG voraus. Nach Auffassung des Mitbeteiligten seien die Einwendungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung vom 1. März 1994 unzulässig und dessen Erklärungen in der Verhandlung vom 7. Juni 1994 gemäß § 42 AVG präkludiert. Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz sei davon ausgegangen, daß es sich bei der "Besprechung vom 7.6.1994" um eine mündliche Ortsaugenscheinsverhandlung gehandelt habe. Hiefür spreche, daß nach der ersten mündlichen Verhandlung vom 1. März 1994 noch viele Fragen ungeklärt geblieben seien. Deshalb gehe auch die belangte Behörde davon aus, daß zwei mündliche Verhandlungen stattgefunden hätten. Es hätten somit auch weitere Einwendungen vorgebracht werden können. Der Formmangel der nicht gehörigen Kundmachung habe zudem zur Folge gehabt, daß der Beschwerdeführer sogar noch in der Berufung zusätzliche Einwendungen habe erheben können. In der Folge behandelte die Berufungsbehörde die ihrer Auffassung nach von der erstinstanzlichen Behörde nicht erörterten baurechtlich relevanten Einwendungen des Beschwerdeführers, die er in der ersten Verhandlung vorgetragen hatte, und begründete deren teilweise Abweisung bzw. Zurückweisung. Insbesondere zur Frage einer Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in dem gemäß § 6 Abs. 10 i.V.m. § 30 Abs. 1 lit. b Vbg. Baugesetz gewährleisteten Recht führte die belangte Behörde aus, daß das verfahrensgegenständliche Grundstück als Baufläche/Mischgebiet gewidmet sei. In einem solchen Gebiet seien nicht störende Klein- und Mittelbetriebe zulässig. Als nicht störender Betrieb gelte im Sinne der Betriebstypentheorie auch ein solcher, von dem üblicherweise nur geringfügige Störungen ausgingen, soferne diese Störungen durch geeignete Maßnahmen auf ein Maß reduziert werden könnten, das in einem Gebiet mit gemischter Struktur vertretbar sei. Die über Antrag des gewerbetechnischen Amtssachverständigen in den gewerberechtlichen Genehmigungsbescheid aufgenommenen Auflagen seien für eine Schlosserei nicht untypisch. Es sei daher die Einrichtung einer Schlosserei widmungskonform und seien die Emissionen, die sich im Rahmen des in einer solchen Widmungskategorie üblichen Ausmaßes hielten, als zumutbar anzusehen. Dies werde im konkreten Fall dadurch unterstrichen, daß die im Gewerbeverfahren zugezogenen Amtssachverständigen einhellig die Auffassung vertreten hätten, die Grenze einer zumutbaren Immissionsbelästigung würde nicht überschritten. Es seien somit nicht größere Abstände gemäß § 6 Abs. 10 Vbg. Baugesetz festzusetzen. Im übrigen setzte sich die Berufungsbehörde mit den Berufungspunkten 2.-7. auseinander und wies diese letztlich als unbegründet ab.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie der Mitbeteiligte - eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 1 Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972 in der Stammfassung (im folgenden: BauG), ist über Einwendungen der Nachbarn, die sich auf Rechte stützen, die durch folgende Vorschriften begründet werden, in der Erledigung über den Bauantrag abzusprechen:

"a)

§ 4, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

b)

§ 6, insoweit er den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm, betrifft;

c)

§ 9 Abs. 1 hinsichtlich von Einfriedungen an der Grenze eines Nachbargrundstückes;

d)

§ 12 Abs. 1, insoweit er sich auf Einrichtungen auf Nachbargrundstücken bezieht, die eines besonderen Schutzes gegen Lärm und sonstige Belästigungen bedürfen;

e)

§ 17, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

f)

§ 37 Abs. 4, soweit er dem Schutz der Nachbarn dient."

Einwendungen der Parteien, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind gemäß § 30 Abs. 2 BauG als unzulässig zurückzuweisen, Einwendungen, die sich auf das Privatrecht stützen, sind danach auf den Rechtsweg zu verweisen.

Gemäß § 6 Abs. 10 BauG kann die Behörde auch größere als in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebene Abstandsflächen und Abstände festsetzen, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten läßt.

Die belangte Behörde hat zutreffend die Auffassung vertreten, daß der Beschwerdeführer in beiden Verhandlungen (vom 1. März und 7. Juni 1994) Einwendungen erheben durfte (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1983, Zl. 82/05/0140). Da der Beschwerdeführer zur zweiten Verhandlung nicht unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG geladen wurde, ist auch in bezug auf sein Vorbringen im Berufungsverfahren keine Präklusion eingetreten. Es war daher - wie dies die belangte Behörde richtig erkannt hat - auch auf die Einwendungen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren einzugehen.

Mit der bloßen Behauptung, die Einwendungen betreffend die Lärmbelästigung seien zu Unrecht abgewiesen worden bzw. die belangte Behörde habe sich mit seinem Vorbringen, daß Lärm- und Geruchsbelästigungen schwerster Natur und Abgase mit gesundheitlichen Konsequenzen zu erwarten seien, und die aus den verschiedenen verwendeten Chemikalien des Betriebes zu erwartenden Immissionen nicht zumutbar seien, nicht auseinandergesetzt, kann der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund der von der belangten Behörde eingeholten nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachten (wie insbesondere des Gutachtens des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 1. März 1994, vom 7. Juni 1994 und der Ergänzung vom 12. Juli 1994, des verkehrstechnischen Gutachtens vom 12. April 1994 und in der Verhandlung vom 7. Juni 1994, des lufthygienischen Gutachtens des Umweltinstitutes vom 1. Juli 1994 und des medizinischen Gutachtens vom 9. August 1994) die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, die Lärm-, Geruchs- und Abgasimmissionen würden ein zumutbares Ausmaß nicht überschreiten und der verfahrensgegenständliche Betrieb sei im Bauland-Mischgebiet zulässig, nicht entkräften. Daß die angeführten Immissionen über das ortsübliche Ausmaß im Sinne des § 6 Abs. 10 leg. cit. hinausgingen, hat der Beschwerdeführer selbst weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet. Insbesondere aber ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren den eingeholten Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Auch soweit der Beschwerdeführer die Zurückweisung der Einwendungen betreffend die Errichtung eines Kamins, einer Wasserversorgung und einer Abwasserbeseitigung, die Nichtheranziehung eines wildbach- und lawinenschutztechnischen Amtssachverständigen und das Nichtausreichen der Verkehrsverbindung für den geplanten Betriebszweck rügt, ist er nicht im Recht. Es handelt sich bei diesen Einwendungen sehr wohl - wie die belangte Behörde zutreffend feststellte - um Einwendungen, mit denen die Verletzung anderer als im § 30 Abs. 1 leg. cit. genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird. Aber selbst wenn diese Einwendungen als privatrechtliche Einwendungen zu qualifizieren wären, stellt die Zurückweisung statt einer Verweisung der Einwendungen auf den Rechtsweg keine Verletzung in Rechten des Beschwerdeführers dar.

Dem Beschwerdeführer ist auch nicht zu folgen, wenn er meint, mit der Abänderung des Spruchpunktes II habe die belangte Behörde die Sache des erstinstanzlichen Verfahrens überschritten. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. "Sache" ist immer jene Angelegenheit, die den Gegenstand des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat. "Sache" der erstinstanzlichen Behörde war im vorliegenden Verwaltungsverfahren eine inhaltliche Entscheidung über den Antrag des Mitbeteiligten, dem verfahrensgegenständlichen Objekt u.a. die baubehördliche Bewilligung zu erteilen. Die zu diesem Antrag des Mitbeteiligten erhobenen Einwendungen des Beschwerdeführers im Verfahren stehen mit dieser "Sache" in einem untrennbaren Zusammenhang. Insoweit die Berufungsbehörde nach ihrer Auffassung durch die Behörde erster Instanz nicht behandelte, rechtzeitig erhobene und wirksame Einwendungen teils abgewiesen bzw. zurückgewiesen hat, hat sie die "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG nicht überschritten und den Beschwerdeführer dadurch in keinen Rechten verletzt.

Wie sich aus der Aktenlage ergibt, wurde in der Sitzung der Gemeindevertretung vom 17. März 1994 beschlossen, in bezug auf einen "Flächenbereich im Bereich" der Grundstücke Nr. 1486/1, .375/1, 1486/3, 1484 und .376 eine Änderung der Widmung im Flächenwidmungsplan von "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" in "Baufläche-Mischgebiet" vorzunehmen. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung erfolgte mit dem "Schreiben" der belangten Behörde vom 26. Juli 1994, und die Kundmachung in der Gemeinde vom 24. August bis 7. September 1994. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer im Verfahren betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes offensichtlich eine Stellungnahme abgegeben und in der Folge dazu keine Mitteilung mehr erhalten hat, kann am mittlerweile eingetretenen rechtsgültigen Bestand dieser Änderung, gegen die sonst keine Einwendungen, insbesondere keine verfahrensrechtlichen erhoben werden, nichts ändern.

Da es sich bei der vorliegenden baulichen Anlage gleichzeitig um eine gewerbliche Betriebsanlage handelte, kam gemäß § 1 lit. c der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Übertragung von Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei auf die Bezirkshauptmannschaften Bludenz, Bregenz und Feldkirch, LGBl. Nr. 21/1969, zuletzt geändert durch die Verordnung LGBl. Nr. 32/1974 und die Kundmachung LGBl. Nr. 17/1975, der Bezirkshauptmannschaft Bludenz die Zuständigkeit in erster Instanz zu.

Der Beschwerdeführer wurde somit durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht, genügt es darauf hinzuweisen, daß die Überprüfung derartiger Rechtsverletzungen gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG in Verbindung mit Art. 144 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fällt.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995060064.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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