TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/26 LVwG-AV-1322/001-2021

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Veröffentlicht am 26.03.2022
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Entscheidungsdatum

26.03.2022

Norm

AWG 2002 §73 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Warum als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 07.07.2021, Zl. ***, betreffend Behandlungsauftrag nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG sowie § 73 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der angefochtene Bescheid in seinen Punkten 1. und 2. abgeändert wird und es zu lauten hat wie folgt:

„Nachfolgende Altfahrzeuge, welche auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, Gemeinde ***, auf ungedichteter Fläche gelagert sind, nämlich:

1) PKW Volvo, 740 Turbodiesel, keine Plakette;

2) PKW Opel Mervia: FIN: ***; ehemaliges Kennzeichen: ***; Plakette Nr. ***;

3) PKW Renault Kangoo: FIN: ***; letztes Kennzeichen: ***; derzeit abgemeldet; Plakette Nr. ***;

4) PKW Landrover: FIN: ***; amtliches Kennzeichen: ***;

5) PKW Landrover: FIN: ***; amtliches Kennzeichen: ***;

und weiters die auf einer ungedichteten Fläche gelagerten Altfahrzeuge

6) PKW Opel Corsa: FIN: ***; amtliches Kennzeichen: ***; Plakette Nr. ***;

7) PKW Mercedes A-Klasse: FIN: ***; letztes amtliches Kennzeichen: ***; Plakette ***; derzeit abgemeldet;

sind als gefährlicher Abfall nach den Bestimmungen des AWG 2002 und der Altfahrzeugeverordnung umgehend, spätestens jedoch bis 31. Juli 2022

a) zu entfernen und nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen, oder

b) nachweislich gemäß dem Stand der Technik trockenzulegen und/oder auf entsprechende geeignete/genehmigte Bereiche zu verfrachten, oder

c) es sind bei Wiederverwendung jeweils gültige Prüfgutachten gemäß § 57a Kraftfahrgesetz 1967, ausgestellt von einem dazu Befugten, vorzulegen.

Die geforderten Nachweise sind unaufgefordert der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten längstens bis 5. August 2022 zu übermitteln bzw. vorzulegen.“

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Bescheid vom 7.7.2021, ***, verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (im Folgenden: Belangte Behörde) den Beschwerdeführer gemäß § 73 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), folgende Maßnahmen durchzuführen:

„1.

Nachfolgende Altfahrzeuge, welche auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, Gemeinde ***, auf ungedichteter Fläche zwischen Haus und Straße

abgelagert sind, nämlich

1.PKW Opel Corsa, Farbe silber, Plakette *** mit Lochung 7/19,

2.PKW Mercedes, Farbe silber, Plakette *** mit Lochung 7/18

3.PKW Volvo, 740 Turbodiesel, keine Plakette, nicht zu öffnen,

sind nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, umgehend, spätestens jedoch bis 30. Juli 2021 zu entfernen und nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen.

Die Entsorgungsnachweise sind der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten bis längstens 05. August 2021 vorzulegen.

2.

Nachfolgende Altfahrzeuge, welche auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, auf ungedichteter Fläche seitlich des Wohnhauses abgelagert sind, nämlich

1.PKW Opel Meriva, Farbe blaugrün, Prüfplakette *** mit Lochung 3/20 2.PKW Renault Kangoo, Farbe grün, Plakette *** mit Lochung 3/16

3.PKW Range Rover, keine Plakette

4. PKW Range Rover, keine Plakette

sind nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, umgehend, spätestens jedoch bis 30. Oktober 2021 zu entfernen und nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen

oder

umgehend, spätestens jedoch bis 30. Oktober 2021, von einem Befugten (§ 57 a KFG 1967- Begutachtungsstelle) von Schadstoffen zu entfrachten (trocken zu legen) und bis zu deren stofflichen Verwertung an einem geeigneten Standort entsprechend der Anlage 1 Punkt 2 zur Altfahrzeugeverordnung zu lagern:

Die Entsorgungsnachweise bzw. die Nachweise der Schadstoffentfrachtung und des geeigneten Lagerstandortes im Sinne der Anlage 1 Punkt 2 zur Altfahrzeugverordnung (überdachte medienbeständige Lagerfläche) sind der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten bis längstens 05. November 2021 vorzulegen.“

Weiters verpflichtete die belangte Behörde zur Entrichtung von Verfahrenskosten in Höhe von € 27,80.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass die Technische Gewässeraufsicht der belangten Behörde (TGA) am 1.6.2021 am verfahrensgegenständlichen Grundstück eine Erhebung durchgeführt habe, dabei seien die oben angeführten Fahrzeuge festgestellt worden. Der Opel Corsa, der Mercedes sowie der Volvo seien nicht fahrbereit, hätten keine Prüfplakette, würden umfangreiche Rostschäden aufweisen und noch sämtliche Betriebsmittel beinhalten. Abtropfverluste seien nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer habe erklärt, diese drei PKW bis Ende Juli 2021 nachweislich zu entsorgen. Der Opel Meriva, der Renault Kangoo sowie die zwei Range Rover seien ebenso nicht fahrbereit, hätten keine gültige Prüfplakette, Rostschäden und enthielten Betriebsmittel. Abtropfverluste seien nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer hätte erklärt, diese Fahrzeuge in eine Halle zu verbringen und anschließend reparieren zu wollen.

Rechtlich seien die genannten Fahrzeuge als Altfahrzeuge einzustufen gewesen, unter anderem weil diese Fahrzeuge längere Zeit auf unbefestigtem Grund abgestellt gewesen und nicht fahrbereit seien und deshalb nicht in bestimmungsgemäßer Verwendung stünden. Der tatsächliche Austritt von Betriebsmitteln aus Altfahrzeugen sei nicht erforderlich, um den objektiven Abfallbegriff zu erfüllen genüge die Möglichkeit eines Austrittes von Betriebsmitteln. Aus dem schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten der TGA ergebe sich, dass es sich bei den Fahrzeugen um Abfall im objektiven Sinn handelt.

Die Lagerung der Fahrzeuge in der gegenständlichen Form sei außerdem nicht genehmigt, die Entfernung sei außerdem im öffentlichen Interesse gelegen, weshalb die Behandlung vorgeschrieben habe werden müssen.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und darin zusammengefasst ausgeführt, dass es zwar stimme, dass die genannten Fahrzeuge auf einer nicht abgedichteten Fläche abgestellt worden seien, aber auch keine Abtropfverluste hätten festgestellt werden können. Bestritten werde, dass es sich bei den Fahrzeugen um objektiven Abfall handeln würde. Das Gutachten der TGA sei keineswegs schlüssig. Die Fahrzeuge könnten jeweils repariert und wieder in Stand gesetzt werden, ein abgelaufenes „Pickerl“ führe noch nicht zu einer Einstufung als objektiver Abfall. Die Autos „im Garten“ könne der Beschwerdeführer „jederzeit“ herrichten, er verfüge lediglich derzeit über keine Werkstätte.

3.   Feststellungen:

Der Beschwerdeführer A, wohnhaft in ***, ***, hat auf seinem Grundstück Nr. ***, KG ***, Gemeinde ***, folgende Fahrzeuge abgestellt:

1) PKW Volvo, 740 Turbodiesel:

keine Plakette; nicht zu öffnen; seit ca. 10-12 Jahren abgestellt; Komplettservice des Fahrzeuges notwendig;

aus kraftfahrzeugtechnischer Sicht handelt es sich grundsätzlich um ein erhaltenswertes Fahrzeug

2) PKW Opel Mervia:

FIN: ***; ehemaliges Kennzeichen: ***; Plakette Nr. *** mit Lochung 3/20; derzeit abgemeldet; letzte § 57a KFG-Begutachtung: 15.5.2019 mit negativem Ergebnis; Bereifung schadhaft, Licht mangelhaft, Stoßdämpfer mangelhaft, Motor mangelhaft (z.B. Steuerkettenprobleme)

3) PKW Renault Kangoo:

FIN: ***; letztes Kennzeichen: ***; derzeit abgemeldet; Plakette Nr. *** mit Lochung 3/16; Achsbruch; seit ca. 2016 nicht mehr in Verwendung;

4) PKW Land Rover:

FIN: ***; amtliches Kennzeichen: ***; keine Plakette; defekte Fensterheber; mögliche elektronische Probleme; Laufleistung ca. 230.000 km;

5) PKW Land Rover:

FIN: ***; amtliches Kennzeichen: ***; letzte Begutachtung 21.12.2015

Die genannten Fahrzeuge lagern auf dem Grundstück seit ca. Februar 2021, davor waren sie in einer vom Beschwerdeführer gemieteten Halle abgestellt.

Folgende zwei Fahrzeuge waren ebenfalls seit ca. Februar 2021 auf dem Grundstück abgestellt, befinden sich jedoch derzeit in einem aufgelassenen Stall an einem anderen, dem Beschwerdeführer bekannten Ort:

6) PKW Opel Corsa:

FIN: ***; amtliches Kennzeichen: ***; Plakette Nr. *** mit Lochung 7/19; fehlende Bremsleitungen; leichter Ölverlust (Öldruckschalter); Ersatzteile befinden sich im Fahrzeug

7) PKW Mercedes A-Klasse:

FIN: ***; amtliches Kennzeichen: ***; Plakette *** mit Lochung 7/18; derzeit abgemeldet; Auto dient der Ersatzteilgewinnung, die Restkarosserie soll bis Juli 2022 entsorgt werden;

Festgestellt wird, dass die Lagerungen sämtlicher Fahrzeuge durch den Beschwerdeführer erfolgen.

Die gegenständlichen Fahrzeuge sind nicht vollständig trockengelegt und schadstoffentfrachtet, in allen Fahrzeugen sind weiterhin Betriebsflüssigkeiten enthalten. Die Fahrzeuge stehen auf nicht abgedichteten Flächen. Die Reparaturkosten übersteigen jeweils den Zeitwert der Fahrzeuge.

Aus kraftfahrzeugtechnischer Sicht kann nicht ausgeschlossen werden, dass auf Grund durchgerosteter, versprödeter und poröser Flüssigkeits- und Dichtungssysteme Betriebsstoffe austreten und eine Umweltgefährdung verursachen können.

Der Beschwerdeführer beabsichtigt, den Opel Meriva, den Renault Kangoo und den Mercedes A-Klasse zu entsorgen.

4.   Beweiswürdigung:

Das erkennende Gericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, ***, darin inliegend insbesondere der Erhebungsbericht der TGA vom 1.6.2021, der angefochtene Bescheid sowie die Beschwerde. Weiters wurde am 4.3.2022 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Beschwerdeführer im Beisein des Amtssachverständigen (ASV) für Kraftfahrzeugtechnik befragt wurde. Der Entscheidung zugrunde gelegt wurde außerdem das vom ASV erstattete Gutachten.

Hinsichtlich der technischen Einstufung der verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge sowie Bewertung des jeweiligen Zustands ist auf das Gutachten des ASV für Kraftfahrzeugtechnik zu verweisen. Der ASV hat sich durch seine Anwesenheit bei der mündlichen Verhandlung und das Befragen des Beschwerdeführers ein Bild gemacht und weiters die bereits von der belangten Behörde aufgenommen Beweise, wie die Stellungnahme der TGA, seiner Bewertung zugrunde gelegt. Für das Gericht erwies sich das Gutachten als schlüssig, sodass es für die Entscheidung übernommen werden konnte. Im Übrigen ist dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden.

Betreffend die Entledigungsabsicht der Fahrzeuge Opel Meriva, Renault Kangoo und Mercedes A-Klasse ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat, diese Autos entsorgen zu wollen.

Hinsichtlich des Untergrundes in der Halle, in der der Opel Corsa sowie der Mercedes A-Klasse gelagert werden, war davon auszugehen, dass es sich nicht um eine abgedichtete Fläche handelt, zumal der Beschwerdeführer über explizites Nachfragen durch den Richter in der Verhandlung dazu schwieg. Angesichts dieser Aussageverweigerung und des fehlenden Belegs, wonach es sich um eine abgedichtete Fläche handeln würde – ein doch für den Beschwerdeführer entlastender Umstand –, war davon auszugehen, dass der Untergrund nicht abgedichtet ist, zumal es sich um einen alten, aufgelassenen Stall handelt.

5.   Rechtslage:

5.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) lauten auszugsweise:

„Ziele und Grundsätze
§ 1.

(1) – (2a) […]

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.

die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.

Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.

die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.

die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.

Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.

Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.

das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.

die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.

Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

[…]

Begriffsbestimmungen
§ 2.

(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1.

deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.

deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

1.

eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.

sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

[…]

Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer
§ 15.

(1) – (2) […]

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

(4) – (4b) […]

(5) Ist der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.

(5a) Der Abfallbesitzer ist dafür verantwortlich, dass

a)

die Abfälle an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder -behandler übergeben werden und

b)

die umweltgerechte Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle explizit beauftragt wird.

(5b) Wer Abfälle nicht gemäß Abs. 5a übergibt, kann bis zur vollständigen umweltgerechten Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle als Verpflichteter gemäß § 73 Abs. 1 mit Behandlungsauftrag in Anspruch genommen werden.

[…]

Behandlungsauftrag
§ 73.

(1) Wenn

1.

Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2.

die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.

[…]“

5.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Altfahrzeugeverordnung lauten auszugsweise:

„Begriffsbestimmungen
§ 2.

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

1.

„Fahrzeug“ Kraftfahrzeuge der Klasse M1 oder N1 gemäß § 3 Z 2.1.1, 2.1.2 und 2.2.1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 102/2002, und dreirädrige Kraftfahrzeuge, jedoch unter Ausschluss von dreirädrigen Krafträdern;

2.

„Altfahrzeug“ Fahrzeuge, die im Sinne von § 2 Abs. 1 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, als Abfall gelten; Oldtimer gelten nicht als Altfahrzeuge im Sinne dieser Verordnung;

[…]

Anlage 1 Technische Mindestanforderungen für die Behandlung von Altfahrzeugen

1.

Allgemeine Grundsätze

1.1.

Die Altfahrzeuge sind vor der weiteren Behandlung von Schadstoffen zu entfrachten, um nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern. Andere gleichwertige Vorkehrungen sind zulässig, sofern der Nachweis erbracht wird, dass hinsichtlich der Umweltauswirkungen keine Verschlechterung eintritt. Bauteile und Werkstoffe, die gemäß Anlage 2 gekennzeichnet oder auf andere Weise kenntlich gemacht sind, sind vor der weiteren Behandlung zu entfernen.

[…]

 

2.

Standorte für die Lagerung von Altfahrzeugen vor ihrer Behandlung

2.1.

Altfahrzeuge dürfen nur in geeigneten Bereichen mit undurchlässiger Oberfläche, Auffangeinrichtungen und Abscheidern für auslaufende Flüssigkeiten und fettlösende Reinigungsmittel gelagert werden.

2.2.

Bei Lagerung im Freien ist das auf der Lagerfläche anfallende Niederschlagswasser über einen Abscheider entsprechend den geltenden wasserrechtlichen Bestimmungen zu reinigen.

[…]“

6.   Erwägungen:

6.1. Wesentliche Frage dieses Verfahrens ist, ob den betreffenden Fahrzeugen die Eigenschaft als Abfall im Sinne der Bestimmungen des AWG 2002 zukommt. Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat („subjektiver Abfallbegriff“), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 nicht zu beeinträchtigen („objektiver Abfallbegriff“). Abfall im Rechtssinn liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl. VwGH 20.2.2014, 2011/07/0080).

6.2. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann sich eine Entledigungsabsicht und damit das Erfüllen des subjektiven Abfallbegriffs iSd § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 unter anderem aus einem erklärten Verwendungsverzicht (vgl. EuGH 15.1.2004, C-235/02, Saetti und Frediani, Rz 42), oder auch aus dem wirtschaftlichen Marktwert des Objekts (vgl. EuGH 12.12.2013, C-241/12 und C-242/12, Shell, Rz 46) ergeben.

Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht erklärt, die PKW Opel Meriva, Renault Kangoo und Mercedes A-Klasse entsorgen zu wollen. Dies stellt einen erklärten Verwendungsverzicht im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung dar. Außerdem ist dem Gutachten des ASV für Kraftfahrzeugtechnik zu entnehmen, dass bei den Fahrzeugen „die Reparaturkosten […] den Zeitwert [der] Fahrzeuge übersteigen bzw. ein Vielfaches übersteigen“. Daraus ist im Ergebnis zu schließen, dass in Bezug auf die Fahrzeuge Opel Meriva, Renault Kangoo und Mercedes A-Klasse der subjektive Abfallbegriff erfüllt wird.

6.3. Wie dem Gutachten des ASV ebenso zu entnehmen ist, kann bei sämtlichen verfahrensgegenständlichen Fahrzeugen nicht ausgeschlossen werden, dass auf Grund „durchgerosteter, versprödeter und poröser Flüssigkeits- und Dichtungssystemen Betriebsstoffe austreten und eine Umweltgefährdung verursachen können“. Nun reicht nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bereits die Möglichkeit einer Beeinträchtigung eines der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 normierten Schutzgüter (vgl. VwGH 15.9.2011, 2009/07/0154). Eine konkrete Gefahrensituation ist nicht nachzuweisen (vgl. VwGH 24.5.2012, 2009/07/0123). Insbesondere hat der VwGH ausgesprochen, dass bereits eine Menge von 30 ml Bremsflüssigkeit, die aus einem Altfahrzeug bei auftretenden Undichtheiten in den unbefestigten Boden und ins Grundwasser sickern kann, geeignet ist, eine Gefährdung des Grundwassers und der Umwelt herbeizuführen (vgl. VwGH 18.11.2010, 2007/07/0035).

Daraus folgt, dass die Fahrzeuge fallbezogen (auch) als objektiver Abfall im Sinne des AWG 2002 einzustufen sind und gemäß § 2 Z 2 Altfahrzeugeverordnung Altfahrzeuge darstellen. Aus dem Gutachten des ASV folgt auch, dass mangels Trockenlegung und Abstellen auf geeigneten, abgedichteten Flächen die Fahrzeuge derzeit als gefährlicher Abfall anzusprechen sind.

6.4. Gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von genehmigten Anlagen (Z 1) oder für die für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten (Z 2) nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

Dass es sich bei den Abstellflächen um genehmigte Anlagen handeln würde, wurde im Verfahren nicht behauptet und kam auch sonst nicht hervor.

Von einer geeigneten Abstellfläche für die Fahrzeuge war ebenfalls nicht auszugehen, zumal es sich um nicht abgedichtete Flächen handelt, womit jedenfalls den dafür vorgesehenen Bestimmungen der Altfahrzeugeverordnung widersprochen wird (s. deren Anlage 1, Pkt. 2).

6.5. Gemäß § 73 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 ist ein Behandlungsauftrag zu erlassen, wenn die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 geboten ist. Dabei reicht wiederum die Möglichkeit einer Beeinträchtigung (vgl. VwGH 20.2.2014, 2011/07/0080).

Wie bereits oben ausgeführt, ist eine Umweltgefährdung durch die abgestellten Fahrzeuge fallbezogen nicht auszuschließen, woraus sich die Notwendigkeit ergibt, die erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben. Diese ergeben sich aus dem Gutachten des ASV und waren unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (vgl. VwGH 9.11.2006, 2003/07/0083) fallbezogen als Alternativaufträge dem Beschwerdeführer als Verpflichteten, der die abfallrechtswidrigen Handlungen in zurechenbarer Weise gesetzt hat, aufzutragen. Die festgesetzte Leistungsfrist (Ende Juli 2022) ergibt sich ebenso aus der Stellungnahme des ASV in der mündlichen Verhandlung.

Die Beschwerde erwies sich im Ergebnis als unbegründet und war deshalb abzuweisen. Die Präzisierung des Spruches erfolgte auf Grund des Gutachtens des ASV sowie der ergänzenden Feststellungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Unpräjudiziell sei abschließend auf die Bestimmung des § 15 Abs. 5 AWG 2002 hingewiesen, wonach Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben sind, wenn der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande ist. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Übrigen waren Fragen der Beweiswürdigung zu klären.

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Behandlungsauftrag; Abfalleigenschaft; Altfahrzeug;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.1322.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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