TE Vwgh Beschluss 2022/4/29 Ra 2019/04/0044

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Veröffentlicht am 29.04.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren
50/01 Gewerbeordnung

Norm

AVG §68 Abs1
GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §77 Abs1
GewO 1994 §79
GewO 1994 §79 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des H S in W, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Haupstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 23. November 2018, VGW-122/043/8982/2018-13, betreffend Vorschreibung einer Auflage gemäß § 79 GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit Bescheid vom 21. April 1955 erteilte die belangte Behörde die gewerbebehördliche Genehmigung für die Betriebsanlage am näher bezeichneten Standort in Wien, in der vom Revisionswerber das Gewerbe „Kraftfahrzeugtechnik (§ 94 Z. 13 GewO 1994)“ ausgeübt wird.

2        Im Zuge der Genehmigung einer Änderung der Betriebsanlage mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juli 2012 wurden dem Revisionswerber für das Arbeiten im Arbeitshof folgende Auflagen vorgeschrieben:

„7.) Das Hantieren (z.B. Umfüllen) mit wassergefährdenden Flüssigkeiten und Feststoffen darf im Freien nur innerhalb von dichten und produktbeständigen Auffangwannen erfolgen. Verschüttete wassergefährdende Stoffe sind unverzüglich aufzunehmen und so weit die Auffangwanne nicht niederschlagsgeschützt ausgeführt ist, ist diese nach Abschluss der Arbeiten zu reinigen.

8.) Im Außenbereich (Hebebühne im Freien) sind während der Tätigkeiten Bindemittel für wassergefährdende Flüssigkeiten in ausreichender Menge zumindest jedoch im Ausmaß von 50 Litern, bereitzuhalten. Verschüttete oder ausgeflossene wassergefährdende Flüssigkeiten sind unverzüglich mit dem Bindemittel zu binden. Verunreinigte Bindemittel sind als gefährlicher Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes zu entsorgen. Der Boden des Außenbereiches ist stets sauber zu halten.“

3        2. Bei einer Überprüfung der Betriebsanlage schlug der wasserbautechnische Amtssachverständige angesichts grundwassergefährdender Substanzen, die durch die oberflächige Versickerung von kontaminierten Niederschlagwässern in den Untergrund gelangen können und zu einer Gefährdung des örtlichen Grundwassers führen würden, die Erteilung zusätzlicher Auflagen vor.

4        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. Mai 2018 wurde dem Revisionswerber gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 als zusätzliche Auflage vorgeschrieben, dass Arbeiten mit gewässergefährdenden Stoffen im Bereich des Arbeitshofes (Hebebühne im Freien) nicht vorgenommen werden dürfen.

5        3. Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 23. November 2018 mit der Maßgabe ab, dass die zusätzlich vorgeschriebene Auflage wie folgt zu lauten habe:

„Arbeiten mit gewässergefährdenden Stoffen (z.B. Wascharbeiten an Kraftfahrzeugen, Arbeitsmaschinen und -geräten sowie Service- und Reparaturarbeiten an Motoren, Getrieben und Hydraulikanlagen) dürfen im Bereich des Arbeitshofes (Hebebühne im Freien) nicht vorgenommen werden.“

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

6        In der Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, der Betrieb verfüge über drei Hebebühnen, wobei sich eine davon im Freien befinde. Der Bereich im Arbeitshof, in dem diese Hebebühne stehe, sei flüssigkeitsdicht (verfließt und verfugt) ausgestattet. Ein Dach über der Hebebühne bestehe nicht. Darüber hinaus existiere für die Freifläche kein Mineralölabschneider und kein Anschluss an das öffentliche Kanalsystem, sondern lediglich ein verschlammter Sickerschacht. Der Arbeitshof sei - abgesehen vom Bereich der Hebebühne im Freien - nicht durchgängig flüssigkeitsdicht ausgeführt. Niederschlags- und andere Tagwässer würden im freien Gefälle zu einer Sammelgrube bei der Einfahrt zur Werkstatt neben dem Büro führen, die auch der restlichen befestigten Fläche des Hofes sowie der Dachfläche zur Sammlung der anfallenden Wässer diene. Das dort gesammelte Wasser werde mittels Sumpfpumpe und einer in einer Rinne verlegten Schlauchleitung zu einer Grünfläche im nördlichen Bereich der Betriebsanlage gepumpt, wo es oberflächlich versickere. Diese Grünfläche diene auch als Abstellplatz für Kundenfahrzeuge. Im Arbeitshof im Bereich der Hebebühne führe der Revisionswerber kleine Reparaturarbeiten, Inspizierungen und Reifenwechsel durch. Bei der Entnahme einer Wasserprobe am 9. November 2011 aus dem verschlammten Sickerschacht habe die Analyse eine Verunreinigung mit 1,7 mg/l an Mineralölprodukten ergeben. Am 12. Februar 2010 und am 16. März 2010 seien anlässlich von Erhebungen Ölschlieren auf den Wasserlacken im Hof festgestellt worden. Die Untersuchung einer Schlammprobe aus dem damaligen Sickerschacht habe ein Ergebnis von 400 mg/kg Kohlenwasserstoff ergeben. Daraufhin sei der Bescheid vom 19. Juli 2012 mit zusätzlichen Auflagen erlassen worden. Bei Bohrungen von 18. bis 19. Februar 2014 seien geringfügige Verunreinigungen des Bodens mit alipathischen Kohlenwasserstoffen, BTEX, Benzol und polyzyklischen Kohlenwasserstoffen festgestellt worden. Der Grundwasserspiegel des Grundstückes sei in einer Tiefe von 5,2 m unter Gelände anzutreffen. Die Entnahme von Proben des Grundwassers habe keine Verunreinigung ergeben. Es liege keine wesentliche Untergrund- oder Grundwasserkontamination vor.

7        In rechtlicher Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht fest, dass sich die Vorschreibung der nachträglichen Auflage auf § 79 Abs. 1 GewO 1994 stütze. Gegenständlich bestehe unter Bedachtnahme auf die örtliche (Niederschlags-)Wasserversickerung in Zusammenhalt mit der gefahrengeneigten Tätigkeit einer Autowerkstätte ein beträchtliches Gefährdungspotential für den Boden und das Grundwasser im Fall der Versickerung von mit im Zuge von Autoreparaturen anfallenden Verunreinigungen mit gewässergefährdenden Stoffen. Die Erteilung einer nachträglichen Auflage erweise sich in Kenntnis der örtlichen Begebenheiten, insbesondere auf Grund der Versickerung der Tagwässer sowie der bestehenden gewerblichen Tätigkeit und der daraus resultierenden Gefährdung des Bodens und des Grundwassers zur Sicherstellung des Schutzes vor Verunreinigungen als notwendig und geeignet. Mit dieser Auflage solle sichergestellt werden, dass die im Freien befindliche Hebebühne nicht für Service- und Reparaturarbeiten an Motoren, Getrieben und Hydraulikanlagen verwendet werde. Dabei entstehende Verunreinigungen mit gewässergefährdenden Stoffen würden nämlich in Anbetracht der Abwassersituation in der Betriebsanlage eine konkrete Gefährdung des Grundwassers und des Bodens darstellen. Diese Gefährdung könne auch nicht durch die Auflagen 7.) und 8.) des Bescheides vom 19. Juli 2012 hintangehalten werden, weil selbst in dem vom Revisionswerber eingeschränkten Arbeitsumfang und bei Einhaltung der Auflagen geringfügige Gehalte und Spuren von Kohlenwasserstoffen im Boden festzustellen gewesen seien. Wenn Bodenkontaminationen festgestellt würden, sei auch - wie vom Amtssachverständigen für Gewässerschutz nachvollziehbar dargelegt - von einer Verunreinigung des in einer Tiefe von 5,2 m liegenden Grundwassers in Anbetracht der vorherrschenden Versickerungssituation mit hoher Wahrscheinlichkeit auszugehen.

Die von der belangten Behörde vorgeschriebene Auflage erweise sich daher als rechtmäßig. Sie sei jedoch im Sinn des Konkretisierungsgebots, aber auch um den Bedenken des Revisionswerbers hinsichtlich der mangelnden Schlüssigkeit der im Freien erlaubten Tätigkeiten Rechnung zu tragen, entsprechend zu modifizieren und zu konkretisieren gewesen.

8        4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9        5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       6. In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von (näher bezeichneter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen mit den bisher vorgeschriebenen Auflagen hinreichend geschützt gewesen seien. Wenn Flüssigkeiten entsprechend der Bescheidauflage sogleich gebunden würden, könne es zu keinem Abtransport der auf dem flüssigkeitsdichten Boden befindlichen Verunreinigungen in den unbefestigten Boden kommen. Das Verwaltungsgericht habe nicht festgestellt, dass die geringfügige Verunreinigung des Bodens auf betriebliche Tätigkeiten des Revisionswerbers zurückzuführen sei. Selbst wenn die Verunreinigung auf die Tätigkeit des Revisionswerbers zurückzuführen wäre, sei damit noch nicht eingegrenzt, aus welcher Zeit diese Verunreinigung stamme und ob sich die Verunreinigung durch die Missachtung der Auflagen ergeben habe. Da sich die Auflage auch auf den Bereich der Hebebühne beziehe, obwohl dieser Bereich flüssigkeitsdicht ausgeführt sei und dort keine gewässergefährdenden Flüssigkeiten versickern könnten, sei die Auflage nicht verhältnismäßig. Zudem habe das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber eine im Vergleich zum angefochtenen Auflagenbescheid inhaltlich gänzlich andere Auflage vorgeschrieben und damit seine Kognitionsbefugnis überschritten, weil von den vom Verwaltungsgericht genannten Arbeiten auch Tätigkeiten umfasst seien, bei denen gewässergefährdende Stoffe nicht zum Einsatz gelängen.

13       7. Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, ermächtigt § 79 Abs. 1 GewO 1994 die Behörde die nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben.

14       § 79 Abs. 1 GewO 1994 sieht die „Anpassung“ eines rechtskräftigen Genehmigungsbescheides vor (vgl. Stolzlechner/Müller/Seider/Vogelsang/Höllbacher, GewO4 [2020] § 79 Rz 1). Voraussetzung für ein solches „Nachjustieren“ nach dieser Bestimmung ist der Umstand, dass sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind (vgl. zuletzt etwa VwGH 18.8.2021, Ra 2018/04/0193, mwN).

15       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem Begriff der Auflage in § 79 GewO 1994 kein anderer Inhalt zu, als dem der Auflage nach § 77 Abs. 1 leg. cit. und ist als Auflage jede Vorschreibung zu verstehen, durch die Gefährdungen ausgeschlossen und Belästigungen, usw. auf ein zumutbares Maß beschränkt werden (vgl. VwGH 24.8.2020, Ra 2020/04/0087, mwN).

§ 79 GewO 1994 enthält die gesetzliche Ermächtigung der Behörde für den Fall, dass das Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage abgeschlossen ist, mit den in diesem Verfahren vorgeschriebenen Auflagen aber nicht das Auslangen gefunden werden kann, um die im § 74 GewO 1994 umschriebenen Interessen hinreichend zu schützen, ungeachtet der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben. Sie ermöglicht es der Behörde, in bestehende Rechte einzugreifen, wobei es schon nach dem bloßen Wortlaut des § 79 GewO 1994 nicht darauf ankommt, worauf es zurückzuführen ist, dass nach der Genehmigung der Betriebsanlage die in Rede stehenden Interessen nicht hinreichend geschützt sind, welche Umstände also eine Situation eintreten ließen, die die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen nach Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung im Sinne dieser Gesetzesstelle erforderlich machen. Insbesondere ist nicht Voraussetzung der Vorschreibung neuer oder anderer Auflagen nach § 79 leg. cit., dass eine Änderung in dem dem Genehmigungsbescheid zu Grunde gelegenen Sachverhalt eingetreten ist (vgl. VwGH 26.9.2012, 2007/04/0151, mwN).

16       Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht, indem es die im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgeschriebene Auflage lediglich konkretisierte und beispielhaft Tätigkeiten anführte, bei denen eine besondere Gefahr des Austritts gewässergefährdender Flüssigkeiten besteht, seine Kognitionsbefugnis im Sinn des § 27 VwGVG nicht überschritten (vgl. zur Prüfbefugnis der Verwaltungsgerichte gemäß § 27 VwGVG etwa VwGH 27.1.2016, Ra 2014/10/0003, mwN).

17       Das Verwaltungsgericht kam auf Basis des Gutachtens des Amtssachverständigen für Wasserbau und Gewässerschutz zum Ergebnis, dass trotz Einhaltung der bisher vorgeschriebenen Auflagen die Vorschreibung der Einschränkung von Arbeiten mit gewässergefährdenden Stoffen im Bereich des Arbeitshofes als nachträgliche Auflage zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen notwendig sei, weil bei Probeentnahmen bereits Prüfwertüberschreitungen im Boden sowie im Wasser des Sickerschachtes gemessen worden seien, die auf die bisherige betriebliche Tätigkeit des Revisionswerbers zurückzuführen seien. Eine Verunreinigung des Grundwassers sei nicht auszuschließen, zumal in der Betriebsanlage flächendeckend kein flüssigkeitsdichter Boden vorliege und es keine geregelte Abwasserversorgung gebe. Der Sickerschacht entspreche nämlich nicht dem Stand der Technik.

18       Wenn die Revision im Zulässigkeitsvorbringen rügt, die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen sei nicht erforderlich, weil durch die bisher vorgeschriebenen Auflagen ein hinreichender Schutz bestehe und bisher keine Verschmutzung des Grundwassers festgestellt worden sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass durch die Vorschreibung von (zusätzlichen) Auflagen Gefährdungen hintangehalten werden sollen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass eine Verschmutzung des Grundwassers zum Zeitpunkt der Vorschreibung der Auflagen bereits eingetreten ist.

19       Wie der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis VwGH 27.1.1999, 98/04/0176, klargestellt hat, ist unter der im § 79 Abs. 1 GewO 1994 geforderten Verhältnismäßigkeit von Auflagen die Relation zwischen einerseits dem mit der Erfüllung der Auflagen verbundenen Aufwand und andererseits dem damit gewonnenen Ausmaß an Schutz der nach § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen zu verstehen.

20       Der Revisionswerber, der angibt, im Arbeitshof im Bereich der Hebebühne kleine Reparaturarbeiten, Inspizierungen und Reifenwechsel durchzuführen, wird durch die Vorschreibung der zusätzlichen Auflage, wonach Arbeiten mit gewässergefährdenden Stoffen (zB Wascharbeiten an Kraftfahrzeugen, Arbeitsmaschinen und -geräten sowie Service- und Reparaturarbeiten an Motoren, Getrieben und Hydraulikanlagen) im Bereich des Arbeitshofes nicht vorgenommen werden dürfen, bei seiner Tätigkeit in der Betriebsanlage nicht erheblich beeinträchtigt, weil es dadurch zu keiner Änderung des Betriebsablaufes kommt und keine einschneidenden Vorkehrungen des Revisionswerbers in Bezug auf die Ausgestaltung der Betriebsanlage oder der Arbeitsabläufe verlangt werden. Mit dieser Auflage werden jedoch Tätigkeiten untersagt, durch die typischerweise und nach der Erfahrung des täglichen Lebens vorhersehbar gewässergefährdende Flüssigkeiten austreten können.

In Hinblick auf die Begebenheiten in der Betriebsanlage (kein Kanalanschluss, kein Ölabscheider, verschlammter Sickerschacht, fehlende Überdachung der Hebebühne, freie Versickerung der Niederschläge über eine - auch als Abstellplatz für Kundenfahrzeuge dienende - Grünfläche) und das Gefährdungspotential für den Boden und das Grundwasser durch Versickerung ungereinigter Abwässer ist die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine nachträgliche Vorschreibung gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 erfüllt seien, nicht zu beanstanden.

21       8. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. April 2022

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019040044.L00

Im RIS seit

02.06.2022

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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