TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/17 LVwG-AV-253/001-2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.03.2022
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.03.2022

Norm

AVG 1991 §57
ZustG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 01. Februar 2022, Zl. ***, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid i.A. Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich in Zusammenschau mit der Beschwerde nachstehender, unstrittiger und entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

1.1.  Mit auf § 57 AVG gestütztem Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 2021 (Aktenseite 23 ff) wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen AM und B bis einschließlich 23. Jänner 2022 entzogen; gleichzeitig wurden begleitende Maßnahmen angeordnet.

In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass gegen diesen Bescheid Vorstellung eingelegt werden könne, wobei diese binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder in jeder anderen technisch möglichen Weise bei der belangten Behörde eingebracht werden müsse.

1.2.  Dieser an die beschwerdeführende Partei adressierte Bescheid wurde laut im Akt erliegenden Rückschein (Aktenseite 28) nach einem erfolglosen Zustellversuch am 04. Jänner 2022 beim Postamt hinterlegt und ab dem 05. Jänner 2022 zur Abholung bereitgehalten. Eine Verständigung über diese Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt.

Der Beschwerdeführer behob den Mandatsbescheid am 05. Jänner 2022 persönlich.

1.3.  Mit E-Mail vom 20. Jänner 2022, am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangt, erhob der mittlerweile rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer mit näherer Begründung Vorstellung gegen den Mandatsbescheid (Aktenseite 78 ff).

1.4.  Mit dem angefochtenen Bescheid (Aktenseite 93) wurde die Vorstellung als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Dies wurde mit der Zustellung des Mandatsbescheids am 05. Jänner 2022 und der Einbringung der Vorstellung am 20. Jänner 2022 begründet.

1.5.  Mit E-Mail vom 09. Februar 2022 (Aktenseite 102) brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Vorstellungsfrist ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass im gegenständlichen Fall ein entschuldbares Versehen einer Kanzleimitarbeiterin des Beschwerdeführervertreters zur Fristversäumnis geführt habe.

1.6.  Gegen den Zurückweisungsbescheid vom 01. Februar 2022 richtet sich die vorliegende, mit E-Mail vom 23. Februar 2022 erhobene Beschwerde (Aktenseite 110), welche in ihrer Begründung auf den Wiedereinsetzungsantrag verweist.

1.7.  Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08. März 2022 (Aktenseite 117), dem Beschwerdeführer am 11. März 2022 zugestellt (Rückschein Aktenseite 121) wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

1.8.  Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11. März 2022 (Aktenseite 123) wurde dem Landesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Bescheid vom 01. Februar 2022 (Zurückweisung der Vorstellung) zur Entscheidung vorgelegt.

2.   Rechtliche Erwägungen:

2.1.1.  Eingangs ist festzuhalten, dass nur die Beschwerde gegen die mit Bescheid vom 01. Februar 2022 ausgesprochene Zurückweisung der Vorstellung als verspätet Gegenstand ist.

2.1.2.  Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 des Zustellgesetzes (ZustG) regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist gemäß § 17 Abs. 1 ZustG das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs. 2 ZustG ist der Empfänger schriftlich von der Hinterlegung zu verständigen. Das hinterlegte Dokument ist gemäß § 17 Abs. 3 ZustG mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Die in § 17 Abs. 2 ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) ist unabdingbare Voraussetzung einer Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG. Unterbleibt die Hinterlegungsanzeige, so tritt eine wirksame (fristauslösende) Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG nicht ein. Der Beweis, wonach eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO iVm § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Zustellvorgangs aufkommen zu lassen (zB VwGH vom 07. September 2020, Ra 2020/04/0099).

Aufgrund des eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweises ergibt sich, dass der Mandatsbescheid der belangten Behörde hinterlegt wurde und die Abholfrist am 05. Jänner 2022 zu laufen begann. Eine Verständigung über die Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt. Diese Verständigung enthielt auch den Hinweis, dass das Dokument als an jenem Tag zugestellt gilt, an dem es zum ersten Mal zur Abholung bereitgehalten wird.

Der Mandatsbescheid galt somit am 05. Jänner 2022 als zugestellt und wurde überdies am selben Tag vom Beschwerdeführer persönlich vom Postamt abgeholt.

Diese Umstände werden vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten.

2.1.3.  Gemäß § 57 Abs. 2 AVG kann gegen einen Bescheid nach § 57 Abs. 1 AVG (wie hier) bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung an die Partei zu laufen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 57 Rz 22 [Stand 1.7.2005, rdb.at])

Gemäß § 32 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Gemäß § 33 Abs. 1 AVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.

Der Mandatsbescheid wurde am 05. Jänner 2022 zugestellt. Die Vorstellungsfrist endete daher am 19. Jänner 2021, um 24.00 Uhr.

Die am 20. Jänner 2022 per E-Mail eingebrachte Vorstellung war somit verspätet.

Das Beschwerdevorbringen verweist auf den Antrag auf Wiedereinsetzung: Diesbezüglich wird angemerkt, dass für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist maßgeblich ist. Ob ein Verschulden an der Verspätung vorliegt, ist nur bei der Entscheidung über einen allfälligen Wiedereinsetzungsantrag von Belang (vgl. VwGH vom 28. April 1993, 93/02/0051; vgl. im vorliegenden Zusammenhang auch VwGH vom 27. Februar 1989, 88/10/0120).

2.1.4.  Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

2.1.5.  Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden; eine Verhandlung wurde auch von keiner Partei beantragt.

2.2.  Die Revision ist nicht zulässig, da sich die Entscheidung auf die zitierte und einheitliche Rechtsprechung bzw. die klare und eindeutige Rechtslage stützt (zur Unzulässigkeit der Revision bei klarer Rechtslage zB VwGH vom 15. Mai 2019, Ro 2019/01/0006).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Verfahrensrecht; Mandatsbescheid; Vorstellung; Verspätung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.253.001.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten