TE Lvwg Erkenntnis 2022/2/21 VGW-031/061/1474/2022

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Veröffentlicht am 21.02.2022
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Entscheidungsdatum

21.02.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG 1991 §49
ZustG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Schreiner über die Beschwerde der Frau A. B. gegen den Zurückweisungsbescheid der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 13.12.2021, Zl. VStV/.../2021, mit welchem der Einspruch vom 7.12.2021 gegen die Strafverfügung vom 17.11.2021 als verspätet zurückgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und festgestellter Sachverhalt

1.       Mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C. (im Folgenden: die belangte Behörde), vom 17.11.2021, Zl. VStV/.../2021, wurde der Beschwerdeführerin eine Übertretung des § 103 Abs. 1 Z 1 iVm § 4 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) zur Last gelegt und über sie eine Geldstrafe von € 300,— (Ersatzfreiheitsstrafe im Fall der Uneinbringlichkeit: 2 Tage und 12 Stunden) verhängt.

Diese Strafverfügung enthielt eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung und wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch an der Adresse Wien, D.-gasse, in der Post-Geschäftsstelle ... Wien hinterlegt und ab 22.11.2021 zur Abholung bereitgehalten. Eine entsprechende Hinterlegungsanzeige wurde in die Abgabeeinrichtung an der Zustelladresse eingelegt und die Strafverfügung am 22.11.2021 von der Beschwerdeführerin persönlich behoben.

Mit Schreiben vom 5.12.2021, per E-Mail am 7.12.2021 bei der belangten Behörde eingebracht, erhob die Beschwerdeführerin Einspruch gegen diese Strafverfügung.

In der Folge erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 13.12.2021, mit welchem der Einspruch vom 7.12.2021 gegen die Strafverfügung vom 17.11.2021 als verspätet zurückgewiesen wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 13.1.2022, in welcher die Beschwerdeführerin erneut die ihr zur Last gelegte Tat bestreitet. Ein Vorbringen zu der ihr im Bescheid vorgehaltenen Verspätung wurde darin nicht erstattet.

Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor.

2.       Diese Feststellungen gründen sich auf den vorliegenden Akteninhalt, an dessen Richtigkeit und Vollständigkeit das Verwaltungsgericht Wien nicht zweifelt.

Der Inhalt der Strafverfügung, insbesondere der darin enthaltenen Rechtsmittelbelehrung, ergibt sich aus einer im Akt befindlichen Kopie (AS 5ff).

Die Feststellungen zum Zustellvorgang betreffend die Strafverfügung ergeben sich aus dem im Akt befindlichen Zustellnachweis (AS 9).

Das Datum der Einbringung des Einspruchs ergibt sich aus einem Ausdruck des betreffenden E-Mails (AS 10).

II.      Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

1.       Im Fall der Zurückweisung eines Rechtsmittels durch die belangte Behörde ist Sache und Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einzig, ob dem Beschwerdeführer von der Behörde zu Recht eine Sachentscheidung verweigert wurde (vgl. VwGH 03.02.2021, Ra 2020/06/0324).

2.       Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Gemäß § 17 Zustellgesetz (ZustG) ist ein Dokument, wenn es an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen. Der Empfänger ist von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen und das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird und mit dem ersten Tag dieser Frist gelten hinterlegte Dokumente als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

3.       Im vorliegenden Fall wurde die Strafverfügung vom 17.11.2021 nach einem erfolglosen Zustellversuch postamtlich hinterlegt, ab 22.11.2021 zur Abholung bereitgehalten und in weiterer Folge auch von der Beschwerdeführerin persönlich behoben. Die Strafverfügung gilt somit gemäß § 17 ZustG mit 22.11.2021 als zugestellt.

Das Zustelldatum sowie die Verspätung wurden der Beschwerdeführerin im Zurückweisungbescheid vom 13.12.2021 vorgehalten, die Beschwerdeführerin ist darauf jedoch in ihrer Beschwerde in keiner Weise eingegangen. Es wurde weder die Tatsache, noch der Zeitpunkt der Zustellung in Zweifel gezogen und auch keinerlei Abwesenheit von der Abgabestelle behauptet. Die Strafverfügung gilt somit am 22.11.2021 als zugestellt. Die zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher an diesem Tag zu laufen und endete am 6.12.2021. Der mit E-Mail vom 7.12.2021 eingebrachte Einspruch war somit verspätet.

Bei der Einspruchsfrist handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die nicht erstreckbar ist. Für die Zurückweisung des Einspruchs als verspätet ist allein die Versäumung der Einspruchsfrist maßgeblich und nicht, ob auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung vorliegt (vgl. VwGH 11.07.1988, 88/10/0113). Dem Verwaltungsgericht Wien ist es daher nicht möglich, die Rechtzeitigkeit des Einspruchs anhand von Billigkeitserwägungen abseits des gesetzlichen Fristenlaufs zu beurteilen.

Der Einspruch vom 7.12.2021 war daher verspätet und die Zurückweisung des Einspruchs durch die belangte Behörde erfolgte zu Recht. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen.

4.       Gemäß § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG konnte von der mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Die – unvertretene – Beschwerdeführerin wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheids über das Erfordernis der Beantragung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeschriftsatz belehrt.

5.       Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Strafverfügung; Zustellung; Hinterlegung; persönliche Behebung; Einspruchsfrist; nicht erstreckbare Frist; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.031.061.1474.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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