TE Lvwg Erkenntnis 2022/5/4 LVwG-2022/37/0469-1, LVwG-2022/37/0470-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.2022
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Entscheidungsdatum

04.05.2022

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren
89/07 Umweltschutz

Norm

WRG 1959 §12
WRG 1959 §102
WRG 1959 §105
AVG §8
32005D0370 AarhusKonvention Art2
32005D0370 AarhusKonvention Art3
32005D0370 AarhusKonvention Art6
32005D0370 AarhusKonvention Art9
VwGVG 2014 §24
VwGVG 2014 §28

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der AA (Erstbeschwerdeführerin), Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z als Bezirksverwaltungsbehörde (= belangte Behörde) vom 06.12.2021, Zl ***, und des BB (Zweitbeschwerdeführer), Adresse 2, **** Z, vertreten durch CC, Rechtsanwalt in **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z als Bezirksverwaltungsbehörde (= belangte Behörde) vom 06.12.2021, Zl ***, jeweils betreffend einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung in einem Verfahren nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Z, Abteilung ***),

zu Recht:

1.       Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 03.01.2019, Zl ***, hat die Stadtgemeinde Z unter Vorlage des Einreichprojektes mit der Bezeichnung „DD Hochwasserschutz; Abschnitt Adresse 3 bis Adresse 4, Flkm 2,016 bis Flkm 2,410“ um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die im Projekt näher bezeichneten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Erneuerung des Hochwasserschutzes an der DD angesucht. Dieses Verfahren ist derzeit bei der belangten Behörde zur Zl ***, anhängig. Im Rahmen dieses Verfahrens fand am 13.07.2020 die mündliche Verhandlung statt.

Mit Schriftsatz vom 03.12.2020, Zl ***, hat die Stadtgemeinde Z, vertreten durch das Referat EE, in Bezug auf das bereits eingereichte Projekt „DD Hochwasserschutz; Abschnitt Adresse 3 bis Adresse 4, Flkm 2,016 bis Flkm 2,410“ um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für einen (Teil)Abschnitt, der vorgezogen ausgeführt werden soll, angesucht. Grundlage dieses Ansuchens war das Einreichprojekt 2020 mit der Bezeichnung „Instandhaltungsmaßnahmen DD – Vorgezogene Baumaßnahme Flkm 2,016 – Flkm 2,070 rechts“, vom 30.11.2020, Projektnummer ***, verfasst von FF, Ingenieurbüro für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft.

Zu diesem neu angesuchten Projektabschnitt haben sich über Ersuchen der belangten Behörde der wasserbautechnische Amtssachverständige mit E-Mail vom 16.12.2020 und der gewässerökologische Amtssachverständige mit Schriftsatz vom 17.02.2020 (richtig: 17.12.2020), Zl ***, geäußert. Der wasserbautechnische und der gewässerökologische Amtssachverständige haben dabei vollinhaltlich auf die von ihnen bereits abgegebenen Stellungnahmen vom 13.07.2020, Zl *** (LL), und vom 15.07.2020, Zl *** (Gewässerökologie), verwiesen. Das öffentliche Wassergut, vertreten durch den Landeshauptmann von Tirol, hat mit Schriftsatz vom 16.12.2020 ein mit der Antragstellerin abgeschlossenes Übereinkommen übermittelt und dessen Beurkundung gemäß § 111 Abs 3 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) beantragt. Die (weitere) von diesem Vorhaben betroffene Grundeigentümerin JJ– KK GmbH & Co KG– hat dem Vorhaben zugestimmt.

Mit Bescheid vom 26.01.2021, Zl ***, hat der Bürgermeister der Stadt Z als Wasserrechtsbehörde der Stadtgemeinde Z die wasserrechtliche Bewilligung für die geplanten vorgezogenen Maßnahmen am Hochwasserschutz DD – Abschnitt Adresse 3 bis Adresse 4 im Bereich Flkm 2,016 bis 2,070 unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt (Spruchpunkt I.), die Fertigstellung der bewilligten Bauarbeiten bis 31.03.2022 angeordnet (Spruchpunkt II.), eine gewässerökologische Bauaufsicht bestellt (Spruchpunkt III.) und das zwischen der Republik Österreich (öffentliches Wassergut) und der Stadt Z als Antragstellerin abgeschlossene Übereinkommen gemäß § 111 Abs 3 WRG 1959 beurkundet (Spruchpunkt IV.).

Mit Schriftsatz vom 04.10.2021 hat die Erstbeschwerdeführerin sich zum gegenständlichen Verfahren geäußert und davon ausgehend beantragt:

„-   die Zustellung eines allenfalls ergangenen Bescheides über die wasserrechtliche Genehmigung des Abschnittes Adresse 3 bis Adresse 5

-    die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dieses Antrages in Bezug auf weitere bauliche Maßnahmen (sofortiger Bau- und Rodungsstopp) bis zur Entscheidung über die Zustellung des Bescheides gegen allfällige ordentliche und außerordentliche Rechtsmittel und Rechtsbehelfe dagegen (einschließlich Beschwerden an den VfGH bzw VwGH und EuGH)

-    Vorlage der verfahrensrelevanten (Vor-) Frage zur Vorabentscheidung, ob mit der gegenständlichen Teilung des Verfahrens ein rechtswirksamer Rechtsschutz im Sinne der einschlägigen EU-Richtlinien verhindert wird, an den EuGH.“

Die Erstbeschwerdeführerin hat diese Anträge für sich aber auch in Vertretung weiterer Personen eingebracht. Ein Vorbringen gleichen Inhaltes erstattete der rechtsfreundlich vertretene Zweitbeschwerdeführer mit Schriftsatz vom 04.10.2021. Darin stellte der Zweitbeschwerdeführer zudem Anträge, die wörtlich mit jenen der Erstbeschwerdeführerin übereinstimmten. Über Aufforderung der belangten Behörde vom 13.10.2021, für alle in der Eingabe vom 05.08.2021 (richtig: 05.10.2021) angeführten Personen eine Vollmachtsurkunde vorzulegen, hat die Erstbeschwerdeführerin mit E-Mail vom 25.10.2021 eine Liste übermittelt, die neben der Unterschrift der Erstbeschwerdeführerin auch die Unterschriften der weiteren angeführten Personen enthielt.

Mit Bescheid vom 06.12.2021, Zl ***, hat die belangte Behörde den Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Zuerkennung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zur Zl ***, betreffend die Erneuerung des Hochwasserschutzes an der DD als Instandhaltungsmaßnahme auf der orografisch rechten Uferseite von Flkm 2,016 bis Flkm 2,070 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und deren darüber hinaus vorgebrachte Anträge und Einwände als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II). Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, dass eine Berührung der unter § 102 WRG 1959 zu subsumierenden Rechte der Erstbeschwerdeführerin nicht erwiesen sei, folglich scheide deren Parteistellung im gegenständlichen Verfahren aus. Die Wahrung öffentlicher Interessen obliege allein der Behörde. Das Übereinkommen von Aarhus sei auf die gegenständliche Fallkonstellation nicht anzuwenden.

Mit Bescheid vom 06.12.2021, Zl ***, hat die belangte Behörde den Antrag des Zweitbeschwerdeführers auf Zuerkennung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zur Zl ***, betreffend die Erneuerung des Hochwasserschutzes an der DD als Instandhaltungsmaßnahmen auf der orografisch rechten Uferseite von Flkm 2,016 bis Flkm 2,070 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dessen darüber hinaus vorgebrachte Anträge und Einwände als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II.) Die Begründung der belangten Behörde stimmt mit jener des Bescheides vom 06.12.2021, Zl ***1, überein.

Mit den – inhaltsgleichen – Bescheiden vom 06.12.2021, Zlen *** bis ** sowie ** und **, wurden die Anträge weiterer Personen auf Zuerkennung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zur Zl ***, betreffend die Erneuerung des Hochwasserschutzes an der DD als Instandhaltungsmaßnahmen auf der orografisch rechten Uferseite von Flkm 2,016 bis Flkm 2,070 abgewiesen (Spruchpunkte I.) und deren darüber hinaus vorgebrachte Anträge und Einwände als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkte II.).

Mit Schriftsatz vom 03.01.2022, hat der Zweitbeschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z vom 06.12.2021, Zl ***, Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Beschwerdeführer die Parteistellung im Verfahren ***, zuerkannt und vorläufiger Rechtschutz durch Anordnung der sofortigen Beendigung der Baumaßnahmen gewährt wird und der zuständige Rechtsträger (Bund für die in mittelbarer Bundesverwaltung tätige Stadtgemeinde Z – vgl. VwGH vom 28.03.2018 zu Ra 2015/07/0055) zum Ersatz der Kosten an den Beschwerdeführer verpflichtet wird.“ Der Zweitbeschwerdeführer beantragte auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Schriftsatz vom 05.01.2022 hat die Erstbeschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 06.12.2021, Zl ***, Beschwerde erhoben. Die darin gestellten Anträge stimmen mit jenen des Zweitbeschwerdeführers in dessen Beschwerde vom 03.01.2022 überein.

Mit Schriftsatz vom 17.02.2022, Zl ***, hat die belangte Behörde den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde der AA als auch des rechtsfreundlich vertretenen BB dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

II.      Beschwerdevorbringen und Vorbringen der belangten Behörde:

1.       Beschwerdevorbringen:

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer weisen darauf hin, dass sie Miteigentümer der Liegenschaft Adresse 6, **** Z, seien, die sich bei
Flkm 2,300 auf der orografisch rechten Uferseite der DD befinde. Die belangte Behörde habe zutreffend erkannt, dass mit ihren Eingaben vom 05.10.2021 und 06.10.2021 ein Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zur Zl ***, betreffend die Erneuerung des Hochwasserschutzes an der DD auf der orografisch rechten Uferseite von Flkm 2,016 bis Flkm 2,070 gestellt worden sei. Die belangte Behörde habe die jeweiligen Anträge jedoch zu Unrecht abgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer heben hervor, dass ihnen sehr wohl Parteistellung zuzuerkennen sei. Der vom Vorhaben betroffene Uferabschnitt sei Lebensraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. In der Biotopkartierung Tirol seien naturnahe bachbegleitende Gehölze ausgewiesen. Das Vorhaben betreffe den gesamten Uferbereich einschließlich der Uferböschung. Bei Durchführung der verfahrensgegenständlichen Maßnahmen werde die gesamte Ufervegetation und die gesamte ca zwei Meter hohe Uferböschung entfernt. Eine mögliche Verletzung einschlägiger EU-Richtlinien – die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer verweisen dabei auf die Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL), die Richtlinie 2009/147/EG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten und insbesondere das in Art 4 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie – WRRL) verankerte Verschlechterungsverbot – sei offensichtlich.

Mit der einer Richtlinie zuerkannten verbindlichen Wirkung sei es unvereinbar, es grundsätzlich auszuschließen, dass sich betroffene Personen auf eine durch eine Richtlinie auferlegte Verpflichtung berufen könnten. Die praktische Wirksamkeit der WRRL und deren Ziel des Umweltschutzes verlange, dass sich Einzelne vor Gericht auf diese Richtlinie berufen und folglich die nationalen Gerichte sie als Bestandteil des Unionsrechts berücksichtigen könnten, um die Einhaltung der aus Art 4 WRRL resultierenden Verpflichtung durch die nationalen Behörden überprüfen zu können. Die Gerichte der Mitgliedsstaaten hätten gemäß den in
Art 4 Abs 3 EUV genannten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit den gerichtlichen Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen würden. Die Mitgliedsstaaten seien zudem durch Art 19 Abs 1 EUV verpflichtet, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen ein wirksamer Rechtsschutz gewährleistet sei.

Wer unter den Begriff der „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne des Art 2 Abs 5 Aarhus-Übereinkommen falle, müsse in einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht neben den nationalen Rechtsvorschriften auch die unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Umweltrechts der Union geltend machen können. Der Ausdruck „etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien in Art 9 Abs 3 Aarhus-Übereinkommen“ bedeute zwar, dass die Mitgliedstaaten bei der Durchführung dieser Bestimmungen einen Gestaltungsspielraum hätten. Kriterien, die derartig streng seien, dass es für Mitglieder der Öffentlichkeit praktisch unmöglich sei, Handlungen und Unterlassungen im Sinne von
Art 9 Abs 3 Aarhus-Übereinkommen anzufechten, seien aber gemäß der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu Rs-C-664/15 nicht zulässig. Dementsprechend hätten die nationalen Behörden das anzuwendende Verfahrensrecht im Einklang mit Art 9 Abs 3 Aarhus-Übereinkommen dahingehend auszulegen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit möglich sei, eine möglicherweise dem Umweltrecht der Union widersprechende Entscheidung vor einem Gericht anzufechten. Dementsprechend heißt es wörtlich in den beiden Beschwerden:

„Sollte eine unionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich sein, müsste die nationale Behörde die nationale Verfahrensvorschrift nach der das Mitglied der Öffentlichkeit Parteistellung haben muß, um einen Bescheid anfechten zu können, mit dem möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60, eine Verschlechterung des Zustandes des Wasserkörpers zu verhindern, verstoßendes Vorhaben bewilligt wird, in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit unangewendet lassen (EuGH Rs C-664/15 Protect Rn 54f). Stellt das nationale Recht eine Verknüpfung zwischen der Stellung als Partei im Verwaltungsverfahren und dem Recht, bei einem Gericht einen Rechtsbehelf einzulegen, her, kann die Stellung als Partei nicht verwehrt werden, sonst hätte dieses Recht keine praktische Wirksamkeit, ja wäre ausgehöhlt, was nicht mit Art 9 Abs 3 Aarhus-Übereinkommen iVm Art 47 der Charta vereinbar wäre
(EuGH Rs C-664/15 Protect Rn 69).“

Ergänzend dazu halten die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer fest, dass die in Art 14 Abs 1 der WRRL verankerte aktive Beteiligung aller interessierten Stellen nicht auf die Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete beschränkt sei. Dementsprechend sei ein Mitgliedstaat bei der Umsetzung der WRRL verpflichtet, den Wesensgehalt des Art 14 Abs 1 der zitierten Richtlinie zu achten und damit die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen an der Umsetzung der Richtlinie zu fördern. Nur die Stellung als Partei – und nicht nur als Beteiligte – ermögliche es Mitgliedern der Öffentlichkeit sowie interessierten Stellen, sich aktiv am Entscheidungsprozess zu beteiligen. Argumente zu Umweltrisiken des geplanten Vorhabens könnten als Partei detaillierter und erfolgversprechender in Gestalt von Einwendungen geltend gemacht werden. Folglich seien die einschlägigen Verfahrensvorschriften, insbesondere die Bestimmungen der §§ 8 AVG und 102 WRG 1959, im Hinblick auf Art 14 WRRL dahingehend auszulegen, dass interessierte Stellen und Mitglieder der Öffentlichkeit die Möglichkeit eingeräumt wird, sich an einem Bewilligungsverfahren, das der Umsetzung der WRRL diene, als Partei zu beteiligen. Folglich dürfe das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht im Sinnes des Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden.

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer heben hervor, dass sie als Anrainerin und Anrainer lediglich 90 m von der vom Vorhaben betroffenen Liegenschaft (orografisch rechtes DDufer) betroffen seien. Sie [= die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer] seien auch als natürliche Personen eine betroffene Öffentlichkeit im Sinne des Art 2 Abs 4 und 5 Aarhus-Übereinkommen bzw eine interessierte Stelle im Sinne der zitierten Richtlinien. Sie [= die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer] seien daher gemäß Art 9 Abs 3 und Abs 4 Aarhus-Übereinkommen iVm Art 47 der GRC berechtigt, mögliche Verletzungen von EU-Umweltrecht, insbesondere der bereits angeführten Richtlinien, wirksam als Partei und somit in Gestalt von Einwendungen im behördlichen Bewilligungsverfahren geltend zu machen. Ihnen sei daher im gegenständlichen Verfahren durch unionsrechtskonforme Auslegung oder Nicht-Anwendung der allenfalls entgegenstehenden nationalen Bestimmungen Parteistellung zuzuerkennen.

Darüber hinaus sei „im Sinne der gebotenen Wahrung der praktischen Wirksamkeit“ den Eingaben vom 05.10. und 06.10.2021 aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und die sofortige Beendigung der unter Missachtung der Parteistellung bewilligten Baumaßnahmen anzuordnen.

2.       Vorbringen der belangten Behörde:

Die belangte Behörde betont im Vorlageschreiben vom 17.02.2022, Zl ***, dass es aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 20.12.2017, C-644/15, Protect, in Österreich in Form des Aarhus-Beteiligungsgesetzes 2018, BGBl I Nr 73/2018, zu einer weitreichenden Gesetzesanpassung gekommen sei. Schwerpunkt dieser Novelle sei die Umsetzung des Art 9 Abs 3 Aarhus-Übereinkommen gewesen. Die angeführte Novelle habe in Ergänzung des § 102 Abs 2 WRG 1959 anerkannten Umweltorganisationen das ausdrückliche Recht eingeräumt, sich am Verfahren zu beteiligen, wenn erhebliche negative Auswirkungen auf den ökologischen, chemischen und/oder mengenmäßigen Zustand und/oder das ökologische Potential der betreffenden Gewässer im Sinne des § 104 Abs 1 WRG 1959 zu erwarten seien. Der neu formulierte § 102 Abs 5 WRG 1959 umschreibe die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen anerkannte Umweltorganisationen zur Beschwerde, insbesondere gegen Bescheide nach dem WRG 1959, legitimiert seien. Die eben beschriebene Novelle habe die Parteistellung oder Beschwerdelegitimation von Einzelpersonen nicht ausgedehnt. Dies erscheine auch nachvollziehbar, da Einzelpersonen bereits nach der bestehenden Rechtslage eine weitgehende Parteistellung und damit auch eine Beschwerdelegitimation zuerkannt gewesen sei.

Die belangte Behörde hält fest, dass losgelöst von den Fällen des Art 9 Abs 2 iVm Art 6 Abs 1 Aarhus-Übereinkommen gemäß Art 9 Abs 3 Aarhus-Übereinkommen den Mitgliedern der Öffentlichkeit Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren einzuräumen sei, wenn diese Mitglieder der Öffentlichkeit etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen würden. Unter Berücksichtigung der Novelle BGBl I Nr 73/2018 und des Umstandes, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer – bezogen auf den gegenständlichen Fall – nicht die im innerstaatlichen Recht für die Erhebung einer Beschwerde festgelegten Kriterien erfüllen würden, sei Art 9 Abs 3 Aarhus-Übereinkommen in der gegenständlichen Angelegenheit nicht anzuwenden.

III.     Sachverhalt:

1.       Projektbeschreibung:

Mit Schriftsatz vom 03.12.2020 hat die Stadtgemeinde Z unter Vorlage und nach Maßgabe der Projektunterlage mit der Bezeichnung „Instandhaltungsmaßnahmen DD – vorgezogene Baumaßnahme Flkm 2,016 – Flkm 2,070 rechts“ vom 30.11.2020, Projektnummer *** (in Folge: Teilprojekt), um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für näher beschriebene Maßnahmen im angeführten Uferabschnitt angesucht. Diese vorzuziehenden Maßnahmen stehen im Zusammenhang mit dem Projekt „DD Hochwasserschutz; Abschnitt Adresse 3 bis Adresse 4, Flkm 2,016 bis Flkm 2,410“ (in Folge: Gesamtprojekt). Das Gesamtprojekt war zum Zeitpunkt der Einreichung des Teilprojektes noch nicht entscheidungsreif.

Die vorgezogenen Baumaßnahmen betreffen den Bereich der DD zwischen Flkm 2,016 und 2,070. Die dort bestehende und beschädigte Ufermauer soll abgebrochen und durch eine insgesamt 44 m lange neue Winkelstützmauer ersetzt werden. Dieser Mauerabschnitt ist Teil des Gesamtprojektes. Die Bauarbeiten, insbesondere die Errichtung des Steindeckwerkes, welches der Stützmauer vorgelagert ist, können aus technischen Gründen ausschließlich wasserseitig, vom Flussbett der DD aus, erfolgen. Eine nachträgliche Errichtung der Stützmauer nach Fertigstellung des in Bau befindlichen Gebäudes ist technisch nicht möglich. Um das Baufeld erreichen zu können, ist die Errichtung einer temporären Baustraße mit einer Länge von ca 375 m entlang des orografisch rechten Ufers der DD erforderlich. Die Zufahrt verläuft über öffentliches Gut bzw Grundstücke der KK GmbH und Co KG sowie der Stadtgemeinde Z, ausgehend von der Adresse 4.

Der von den vorgezogenen Baumaßnahmen umfasste und im gegenständlichen Verfahren relevante Projektbereich ist im Lageplan mit der Bezeichnung „LL“, vom 30.11.2020, Plannummer ***, wie folgt dargestellt:

„Bild im Original als pdf ersichtlich“

2.       Feststellungen aus wasserbautechnischer Sicht:

Die Instandsetzung des orografisch rechten Uferschutzes ist wesentlich, um einen ausreichenden Hochwasserschutz erzielen zu können. Gemäß der aktuellen Abflussuntersuchung für die DD in der Stadtgemeinde Z ist der Hochwasserschutz am rechten Ufer auf einer Länge von rund 180 lfm nicht ausreichend gegeben.

3.       Betroffene Grundstücke:

Durch das Teilprojekt (vorgezogenen Baumaßnahmen) werden die Gste Nrn **1, **2 und **3, alle GB ***** Y, berührt. Das Gesamtprojekt erfordert die Inanspruchnahme der Gste Nrn **1, **3, **4, **5, **6, **2 und **3, alle GB ***** Y.

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind jeweils Miteigentümer(in) des Gsts Nr **7 sowie der Bauparzelle **8, beide GB ***** Y. Beide Grundstücke werden weder durch die vorgesehenen Maßnahmen des Teilprojektes noch durch jene des Gesamtprojektes baulich berührt. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind auch nicht Inhaber von nach § 12 Abs 2 WRG 1959 geschützten Wasserrechten.

IV.      Beweiswürdigung:

Die Beschreibung der mit Bescheid vom 26.01.2021, Zl ***, bewilligten vorgezogenen Maßnahmen stützen sich auf die Angaben im Ansuchen der Stadtgemeinde Z vom 03.12.2020, auf den Bescheid der belangten Behörde vom 26.01.2021, Zl ***, sowie die Angaben in Kapitel 2 „Vorgezogenen Maßnahmen 2020“ des technischen Berichtes vom 30.11.2020, Plannummer ***. Die grafische Darstellung des von den vorgezogenen Baumaßnahmen betroffenen Bereiches ist dem Lageplan mit der Bezeichnung „LL“ vom 30.11.2020, Plannummer ***, entnommen.

Ausgehend von den eben angeführten Beweismitteln trifft das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellungen des Kapitels 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.

Grundlage für die Feststellungen des Kapitels 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses bildet die wasserbautechnische Stellungnahme vom 13.07.2020, Zl ***, in Verbindung mit der wasserbautechnischen Mitteilung vom 16.12.2020.

Die belangte Behörde hat in den angefochtenen Bescheiden vom 06.12.2021, Zl ***1 und Zl ***, jene Grundstücke angeführt, deren Miteigentümerin/Miteigentümer unter anderem die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben die diesbezüglichen Feststellungen nicht bestritten. Sie haben auch nicht vorgebracht, Wasserberechtigte im Sinne des § 12 Abs 2 WRG 1959 zu sein. Dementsprechend lauten die Feststellungen in Kapitel 3. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses

V.       Rechtslage:

1.       Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 8 des Allgemeinen Verwaltungs-verfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 in der Stammfassung lautet samt Überschrift wie folgt:

„Beteiligte; Parteien§ 8

Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, sind Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.“

2.       Wasserrechtsgesetz 1959:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959, in den Fassungen BGBl I Nr 82/2003 (§ 12), BGBl I Nr 73/2018 (§ 102) und BGBl I Nr 14/2011 (§ 105), lauten samt Überschriften (auszugsweise) wie folgt:

„Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.§ 12

(1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

[…]“

„Parteien und Beteiligte
§ 102

(1) Parteien sind:

a)

der Antragsteller;

b)

diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

ferner

c)

im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;

d)

Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;

e)

diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen;

f)

im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83 Abs. 3 genannten Personen und Stellen;

g)

diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch ein Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) als rechtliche Interessen anerkannt wurden;

h)

das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben, nach Maßgabe des § 55 Abs. 5.

(2) Beteiligte im Sinne des § 8 AVG. sind – nach Maßgabe des jeweiligen Verhandlungsgegenstandes und soweit ihnen nicht schon nach Abs. 1 Parteistellung zukommt – insbesondere die Interessenten am Gemeingebrauch, alle an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigten, alle, die aus der Erhaltung oder Auflassung einer Anlage oder der Löschung eines Wasserrechtes Nutzen ziehen würden, und im Verfahren über den Widerstreit von Entwürfen (§ 109) alle, die bei Ausführung eines dieser Entwürfe als Partei (Abs. 1) anzusehen wären. Beteiligte sind auch nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a zu verhindern, insbesondere dann, wenn erhebliche negative Auswirkungen auf den ökologischen, chemischen und/oder mengenmäßigen Zustand und/oder das ökologische Potential der betreffenden Gewässer im Sinne des § 104 Abs. 1 lit. b zu erwarten sind.

(3) Die Beteiligten sind berechtigt, im Verfahren ihre Interessen darzulegen; in diesem Rahmen haben die nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen auch die Möglichkeit, alle von ihr für das geplante Vorhaben als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder während einer mündlichen Verhandlung oder Untersuchung mit dem Antragsteller vorzutragen. Diese sind bei der Entscheidung der Behörde angemessen zu berücksichtigen. Die Erhebung von Einwendungen steht den Beteiligten jedoch nicht zu.

(4) Im wasserrechtlichen Verfahren können sich Parteien und Beteiligte auch fachkundiger Beistände bedienen.

(5) Eine nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation ist im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung berechtigt, gegen Bescheide, die auf der Grundlage dieses Bundesgesetzes oder anderer Bundesgesetze, nach denen wasserrechtliche Bestimmungen mitangewendet werden, erlassen wurden, Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu erheben, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a geltend zu machen.“

„Öffentliche Interessen§ 105

(1) Im öffentlichen Interesse kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn:

a)

eine Beeinträchtigung der Landesverteidigung oder eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder gesundheitsschädliche Folgen zu befürchten wären;

b)

eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer und des Eises oder der Schiff- oder Floßfahrt zu besorgen ist;

c)

das beabsichtigte Unternehmen mit bestehenden oder in Aussicht genommenen Regulierungen von Gewässern nicht im Einklang steht;

d)

ein schädlicher Einfluß auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer der natürlichen Gewässer herbeigeführt würde;

e)

die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflußt würde;

f)

eine wesentliche Behinderung des Gemeingebrauches, eine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung, der Landeskultur oder eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung eines Denkmales von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung oder eines Naturdenkmales, der ästhetischen Wirkung eines Ortsbildes oder der Naturschönheit oder des Tier- und Pflanzenbestandes entstehen kann;

g)

die beabsichtigte Wasseranlage, falls sie für ein industrielles Unternehmen bestimmt ist, einer landwirtschaftlichen Benutzung des Gewässers unüberwindliche Hindernisse bereiten würde und dieser Widerstreit der Interessen sich ohne Nachteil für das industrielle Unternehmen durch Bestimmung eines anderen Standortes an dem betreffenden Gewässer beheben ließe;

h)

durch die Art der beabsichtigten Anlage eine Verschwendung des Wassers eintreten würde;

i)

sich ergibt, daß ein Unternehmen zur Ausnutzung der motorischen Kraft eines öffentlichen Gewässers einer möglichst vollständigen wirtschaftlichen Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft nicht entspricht;

k)

zum Nachteile des Inlandes Wasser ins Ausland abgeleitet werden soll;

l)

das Vorhaben den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung widerspricht.

m)

eine wesentliche Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes der Gewässer zu besorgen ist;

n)

sich eine wesentliche Beeinträchtigung der sich aus anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften resultierenden Zielsetzungen ergibt.

(2) Die nach Abs. 1 vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen betreffend die Lagerung und sonstige Behandlung von Abfällen, die beim Betrieb der Wasseranlage zu erwarten sind, sowie Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und für Störfälle zu umfassen, soweit nicht I. Hauptstück 8a. Abschnitt der Gewerbeordnung Anwendung finden. Die Wasserrechtsbehörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen vom Standpunkt des Schutzes fremder Rechte oder der in Abs. 1 genannten öffentlichen Interessen keine Bedenken bestehen.

3.       Aarhus-Übereinkommen:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltanlagen samt Erklärung, BGBl III Nr 88/2005, zuletzt geändert durch BGBl III Nr 58/2014 (Anlage deutscher Vertragstext), lauten samt Überschriften wie folgt:

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens

[…]

4.   bedeutet „Öffentlichkeit“ eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;

5.   bedeutet „betroffene Öffentlichkeit“ die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse.

Artikel 3

Allgemeine Bestimmungen

(1)    Jede Vertragspartei ergreift die erforderlichen Gesetzgebungs-, Regelungs- und sonstigen Maßnahmen, einschließlich Maßnahmen zur Harmonisierung der Bestimmungen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen enthaltenen Bestimmungen über Informationen, Öffentlichkeitsbeteiligung und Zugang zu Gerichten, sowie geeignete Maßnahmen zum Vollzug, um einen klaren, transparenten und einheitlichen Rahmen zur Durchführung dieses Übereinkommens herzustellen und aufrechtzuerhalten.

(2)    Jede Vertragspartei bemüht sich, sicherzustellen, dass öffentlich Bedienstete und Behörden der Öffentlichkeit Unterstützung und Orientierungshilfe für den Zugang zu Informationen, zur Erleichterung der Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und für den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten geben.

(3)    Jede Vertragspartei fördert die Umwelterziehung und das Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit insbesondere in Bezug auf die Möglichkeiten, Zugang zu Informationen zu erhalten, sich an Entscheidungsverfahren zu beteiligen und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten zu erhalten.

(4)    Jede Vertragspartei sorgt für angemessene Anerkennung und Unterstützung von Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, und stellt sicher, dass ihr innerstaatliches Rechtssystem mit dieser Verpflichtung vereinbar ist.

(5)    Dieses Übereinkommen lässt das Recht einer Vertragspartei unberührt, Maßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen, die einen weitergehenden Zugang zu Informationen, eine umfangreichere Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und einen weitergehenden Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten ermöglichen, als dies aufgrund dieses Übereinkommens erforderlich ist.

(6)    Dieses Übereinkommen verlangt keine Verdrängung geltender Rechte auf Zugang zu Informationen, auf Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.

(7)    Jede Vertragspartei fördert die Anwendung der Grundsätze dieses Übereinkommens bei internationalen umweltbezogenen Entscheidungsverfahren sowie im Rahmen internationaler Organisationen in Angelegenheiten, die im Zusammenhang mit der Umwelt stehen.

(8)    Jede Vertragspartei stellt sicher, dass Personen, die ihre Rechte im Einklang mit diesem Übereinkommen ausüben, hierfür nicht in irgendeiner Weise bestraft, verfolgt oder belästigt werden. Diese Bestimmung berührt nicht die Befugnis innerstaatlicher Gerichte, in Gerichtsverfahren angemessene Gerichtskosten zu erheben.

(9)    Im Rahmen der einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens hat die Öffentlichkeit Zugang zu Informationen, die Möglichkeit, an Entscheidungsverfahren teilzunehmen, und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, ohne dabei wegen Staatsangehörigkeit, Volkszugehörigkeit oder Wohnsitz benachteiligt zu werden; eine juristische Person darf nicht aufgrund ihres eingetragenen Sitzes oder aufgrund des tatsächlichen Mittelpunkts ihrer Geschäftstätigkeit benachteiligt werden.“

„Artikel 6

Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten

(1)    Jede Vertragspartei

a)   wendet diesen Artikel bei Entscheidungen da rüber an, ob die in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten zugelassen werden;

b)   wendet diesen Artikel in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können. Zu diesem Zweck bestimmen die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet;

c)   kann - auf der Grundlage einer Einzelfallbetrachtung, sofern eine solche nach innerstaatlichem Recht vorgesehen ist - entscheiden, diesen Artikel nicht auf geplante Tätigkeiten anzuwenden, die Zwecken der Landesverteidigung dienen, wenn diese Vertragspartei der Auffassung ist, dass sich eine derartige Anwendung negativ auf diese Zwecke auswirken würde.

[…]“

„Artikel 9
Zugang zu Gerichten

(1)    Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass jede Person, die der Ansicht ist, dass ihr nach Artikel 4 gestellter Antrag auf Informationen nicht beachtet, fälschlicherweise ganz oder teilweise abgelehnt, unzulänglich beantwortet oder auf andere Weise nicht in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel bearbeitet worden ist, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle hat.

Für den Fall, dass eine Vertragspartei eine derartige Überprüfung durch ein Gericht vorsieht, stellt sie sicher, dass die betreffende Person auch Zugang zu einem schnellen, gesetzlich festgelegten sowie gebührenfreien oder nicht kostenaufwendigen Überprüfungsverfahren durch eine Behörde oder Zugang zu einer Überprüfung durch eine unabhängige und unparteiische Stelle, die kein Gericht ist, hat.

Nach Absatz 1 getroffene endgültige Entscheidungen sind für die Behörde, die über die Informationen verfügt, verbindlich. Gründe werden in Schriftform dargelegt, zumindest dann, wenn der Zugang zu Informationen nach diesem Absatz abgelehnt wird.

(2)    Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

(a) die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

(b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und - sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 - sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

Absatz 2 schließt die Möglichkeit eines vorangehenden Überprüfungsverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis der Ausschöpfung verwaltungsbehördlicher Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

(3)    Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

(4)    Zusätzlich und unbeschadet des Absatzes 1 stellen die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Verfahren angemessenen und effektiven Rechtsschutz und, soweit angemessen, auch vorläufigen Rechtsschutz sicher; diese Verfahren sind fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer. Entscheidungen nach diesem Artikel werden in Schriftform getroffen oder festgehalten. Gerichtsentscheidungen und möglichst auch Entscheidungen anderer Stellen sind öffentlich zugänglich.

(5)    Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellt jede Vertragspartei sicher, dass der Öffentlichkeit Informationen über de n Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zur Verfügung gestellt werden; ferner prüft jede Vertragspartei die Schaffung angemessener Unterstützungsmechanismen, um Hindernisse finanzieller und anderer Ar t für den Zugang zu Gerichten zu beseitigen oder zu verringern.“

4.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der §§ 24 und 28 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 133/2013, jeweils in der Fassung BGBl I Nr 138/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

Verhandlung

§ 24

(1)    Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

[…]

(4)    Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

„Erkenntnisse

§ 28

(1)    Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

VI.      Erwägungen:

1.       Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.

Der Bescheid der genannten Behörde vom 06.12.2021, Zl ***, wurde der Erstbeschwerdeführerin durch Hinterlegung am 10.12.2021 zugestellt. Die Zustellung des Bescheides vom 06.12.2021, Zl ***, an den Zweitbeschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters erfolgte am 09.12.2021. Das Rechtsmittel der Erstbeschwerdeführerin ist am 07.01.2022, jenes des Zweitbeschwerdeführers am 04.01.2022 und damit jeweils innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist beim Bürgermeister der Stadt Z eingelangt. Die beiden Rechtsmittel wurden somit fristgerecht erhoben.

2.       In der Sache:

2.1.    Zum Aarhus-Übereinkommen:

Das Aarhus-Übereinkommen sieht zur angestrebten Zielerreichung, nämlich dem „Schutz des Rechts jeder männlichen/weiblichen Person gegenwärtiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer seiner/ihrer Gesundheit und seinem/ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt beizutragen“, die Einräumung von Verfahrensrechten an die Mitglieder der sogenannten „Öffentlichkeit“/„betroffenen Öffentlichkeit“ vor.

Gemäß Artikel 2 Ziffer 4 Aarhus-Übereinkommen bedeutet „Öffentlichkeit“ eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen. Diesem Begriff können Grenzen durch innerstaatliche Ausgestaltung gesetzt werden. Eine solche Einschränkungsmöglichkeit durch innerstaatliche Kriterien sieht insbesondere Artikel 9 Abs 3 Aarhus-Übereinkommen ausdrücklich vor (vergleiche Eisenberger/Dworak Bayer (Hrsg), die Aarhus-Konvention, Seite 11).

Die betroffene „Öffentlichkeit“ ist gemäß der Begriffsdefinition in Art 2 Z 5 Aarhus-Übereinkommen als „die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran“ zu verstehen. Gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit handelt es sich also um Teile derselben, die durch eine spezifische Betroffenheit definiert wird (vergleiche Epiney/Diezig Pirker/Reitemeyer, Aarhus -Konvention Handkommentar, September 2017, Rz 30 zu Art 2).

Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, wird gemäß Art 2 Z 5 Aarhus-Übereinkommen ein solches Interesse zuerkannt. Die „betroffene Öffentlichkeit“

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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