TE Lvwg Erkenntnis 2022/5/10 LVwG-2022/37/0407-6

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Veröffentlicht am 10.05.2022
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Entscheidungsdatum

10.05.2022

Index

L66207 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GSLG Tir §2
AVG §13 Abs7
VwGVG 2014 §24
VwGVG 2014 §28

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 24.01.2022, Zl ***, betreffend die Einräumung eines Bringungsrechtes nach dem Güter- und Seilwege-Landesgesetz – GSLG 1970 (belangte Behörde: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei: BB),

zu Recht:

1.       Der Bescheid der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 24.01.2022,
Zl ***, wird wegen Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ersatzlos aufgehoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 16.08.2021, verbessert mit Schriftsatz vom 09.09.2021, wurde von BB, Greit 9, **** Z, die Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes zur Bewirtschaftung des Gst Nr **1, vorgetragen in EZ *** GB *** Z, über das
Gst Nr *** GB *** Z, in einer in der Natur bestehenden provisorischen Wiesenüberfahrt beantragt.

Mit Bescheid vom 24.01.2022, Zl ***, hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde zugunsten des Gst Nr **1, vorgetragenen in EZ ***, GB *** Z, ein landwirtschaftliches Bringungsrecht über das Gst Nr ***, vorgetragen in EZ ***,
GB *** Z (Eigentümer AA), eingeräumt (Spruchpunkt I.) und BB als Grundeigentümerin des begünstigten Grundstückes verpflichtet, für die Rechtseinräumung eine einmalige Entschädigung in Höhe von Euro 94,16 zu leisten (Spruchpunkt II).

Mit dem fristgerecht eingebrachten Schriftsatz vom 09.02.2022 hat AA, Adresse 1, **** Z, Beschwerde gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 24.01.2022, Zl ***, erhoben und dessen Aufhebung wegen unrichtiger Beurteilung der Sachlage und „Falschanwendung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen“ beantragt; hilfsweise wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Durchführung weiterer Ermittlungen, insbesondere zur Prüfung weiterer Alternativen der Trassenführung, an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens hat am 26.04.2022 ein Lokalaugenschein stattgefunden. In weiterer Folge hat BB beim Landesverwaltungsgericht Tirol den Schriftsatz vom 27.04.2022 eingebracht, in dem es wörtlich heißt:

„Hiermit teile ich mit, dass ich meinen Antrag vom 16.08.2021 auf Einräumung eines land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechtes nach den Bestimmungen des GSLG 1970 für das
Gst **1 EZ ***, GB *** Z mit sofortiger Wirkung zurückziehe.“

II.      Rechtslage:

1.       Güter- und Seilwege-Landesgesetz – GSLG 1970:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 2 des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes – GSLG 1970, LGBl Nr 40/1970, in der Fassung (idF) LGBl Nr 130/2013, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Voraussetzungen für die Einräumung

§ 2. (1) Auf Antrag des Eigentümers eines Grundstückes ist ein Bringungsrecht einzuräumen, wenn

[…]“

2.       Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 13 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991, idF BGBl I Nr 57/2018, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Anbringen

§ 13. (…)

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

[…]“

3.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013, idF BGBl I Nr 138/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Verhandlung

§ 24. […]

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.  der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

[…]“

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit denen ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

[…]“

III.     Erwägungen:

1.       Zur Rechtzeitigkeit:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.

Der angefochtene Bescheid vom 24.01.2022 wurde dem damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 02.02.2022 zugestellt. Der Beschwerdeführer hat sein Rechtsmittel vom 09.02.2022 am 13.02.2022 und damit jedenfalls innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der Agrarbehörde eingebracht. Die Erhebung der Beschwerde erfolgte somit fristgerecht.

2.       In der Sache:

Mit Bescheid vom 24.01.2022, Zl ***, hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde zugunsten des Gst Nr **1, vorgetragenen in EZ ***, GB *** Z, ein landwirtschaftliches Bringungsrecht über das Gst Nr ***, vorgetragen in EZ ***,
GB *** Z (Eigentümer AA), eingeräumt (Spruchpunkt I.) und BB als Grundeigentümerin des begünstigten Grundstückes verpflichtet, für die Rechtseinräumung eine einmalige Entschädigung in Höhe von Euro 94,16 zu leisten (Spruchpunkt II).

Grundlage für das mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.01.2022, Zl ***, abgeschlossene Verfahren nach dem GSGL 1970 ist der bei der Agrarbehörde am 20.08.2021 eingelangte Antrag der BB auf Einräumung eines Bringungsrechtes zwecks Bewirtschaftung des Gst Nr **1, vorgetragen in EZ ***, GB *** Z.

Bringungsrechte nach dem GSLG 1970 sind zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Rechte, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen. Diese Einräumung kann nach dem eindeutigen Wortlaut des
§ 2 Abs 1 GSLG 1970 nur über Antrag von der Agrarbehörde begründet werden (Schwamberger – Lang, Tiroler Agrarrecht III, S 21).

Nach § 13 Abs 7 AVG ? diese Bestimmung ist gemäß § 1 Agrarverfahrensgesetz,
BGBl Nr 173/1950, idF BGBl I Nr 189/2013, auch im agrarbehördlichen Verfahren anzuwenden ? können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ist auch noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend einen nach den Bestimmungen des AVG erlassenen Bescheides zulässig. Eine derartige Zurückziehung muss zur ersatzlosen Behebung des in Beschwerde gezogenen Bescheides führen [Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 42 (Stand: 01.01.2014 rdb.at)].

BB hat im Einklang mit § 13 Abs 7 AVG den (verfahrenseinleitenden) Antrag auf Einräumung eines näher beschriebenen Bringungsrechtes zwecks Bewirtschaftung eines in ihrem Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Grundstückes mit Schriftsatz vom 27.04.2022 und somit während des anhängigen Beschwerdeverfahrens zurückgezogen. Die Antragstellerin war auch unter Berücksichtigung des zwischen ihr und Rechtsanwalt CC bestehenden Vollmachtsverhältnisses gemäß § 10 Abs 6 AVG zur Abgabe dieser Erklärung berechtigt.

Aufgrund der Zurückziehung des Antrages war der Bescheid der belangten Behörde vom 24.01.2022, Zl ***, ersatzlos aufzuheben. Die ersatzlose Aufhebung stützt sich auf § 28 Abs 5 VwGVG und hat daher in Form eines Erkenntnisses zu ergehen.

3.       Ergebnis:

BB hat mit Schriftsatz vom 27.04.2022 und damit während des anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens den verfahrenseinleitenden Antrag vom 16.08.2021 auf Einräumung eines näher beschriebenen Bringungsrechtes zurückgezogen. Aufgrund der Zurückziehung dieses Antrages war der Bescheid der belangten Behörde vom 24.01.2022,
Zl ***, in der Form eines Erkenntnisses ersatzlos aufzuheben. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses.

Der Beschwerdeführer AA hat zwar in seinem Rechtsmittel die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Da das erkennende Gericht den angefochtenen Bescheid vom 24.01.2022 und die damit verfügte Einräumung eines näher beschriebenen Bringungsrechtes einschließlich der vorgeschriebenen Entschädigung aufhebt, konnte die öffentliche mündliche Verhandlung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

BB war – unter Berücksichtigung des § 10 Abs 6 AVG – gemäß § 13 Abs 7 AVG berechtigt, den von ihr eingebrachten verfahrenseinleitenden Antrag vom 16.08.2021 auf Einräumung eines näher beschriebenen Bringungsrechtes zurückzuziehen. Die Einräumung eines Bringungsrechtes setzt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs 1 GSLG 1970 einen Antrag voraus. Aufgrund des Wegfalls des verfahrensleitenden Antrages war der Bescheid der belangten Behörde vom 24.01.2022, Zl ***, nach der einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ersatzlos aufzuheben.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren waren folglich keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung zu beurteilen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol erklärt daher die ordentliche Revision für nicht zulässig (vgl Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Bringungsrecht,
Zurückziehung des verfahrensleitenden Antrages,
Aufhebung,

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.37.0407.6

Zuletzt aktualisiert am

23.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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