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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Ehrhart und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Borotha, Dr. Vejborn und Dr. Hrdlitzka als Richter, im Beisein des Landesregierungsrates Dr. Riemer als Schriftführer, über die Beschwerde des JK in W, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 15. Oktober 1951, Zl. 316031-III-17/51, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Erlassung eines Feststellungsbescheides in einer Gewerbesache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
Begründung
Der Beschwerdeführer ist auf Grund des Gewerbescheines vom 2. August 1929, Reg.Zl. 17.898/fr/XVIII, zum Gemischtwarenverschleiß im Standort Wien XVIII., A-straße 41, gewerbeberechtigt. Am 11. Juni 1950 richtete er an das Magistratische Bezirksamt für den XVIII. Bezirk den Antrag, festzustellen, daß er in den Jahren zwischen 1932 und 1938 den Kleinverkauf von frischem Fleisch aller Sorten in seinem Gewerbebetrieb getätigt habe und daher im Sinne des § 38 Abs. 3 Gewerbeordnung dazu auch heute auf Grund seines Gewerbescheines befugt sei. Das Magistratische Bezirksamt für den XVIII. Bezirk führte umfangreiche Erhebungen durch, die sich sowohl auf die Frage erstreckten, ob der Beschwerdeführer in den letzten zwei Jahren vor dem 1. September 1934 den Kleinverkauf von Fleisch tatsächlich betrieben hat, als auch auf die Frage, ob die gemäß § 38 Abs. 3 Gewerbeordnung weiters erforderliche Anzeige bis spätestens 1. Jänner 1935 erstattet worden ist. Auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens gelangte es zu dem Bescheid vorn 1. August 1951, mit dem es aussprach, dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgeben zu können, zugleich aber unter Bezugnahme auf die mehrfach bezeichnete Gesetzesstelle die Feststellung traf, daß der Beschwerdeführer zum Kleinverkauf von frischem Fleisch nicht berechtigt sei. Dagegen ergriff der Beschwerdeführer Berufung. Die belangte Behörde behob daraufhin gemäß § 66 Abs. 4 AVG den erstinstanzlichen Bescheid und wies den Antrag auf Feststellung mangels einer Rechtsgrundlage im Sinne des § 132 lit. a Gewerbeordnung als unzulässig zurück. Sie begründete ihre Entscheidung damit, daß in der Gewerbeordnung derartige Feststellungsbescheide nicht vorgesehen seien, die Feststellung einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung dem Gewerbestrafverfahren vorbehalten bleibe, dem nicht durch administrative Feststellungsbescheide über die Qualifikation des normwidrigen Verhaltens in unzulässiger Weise vorgegriffen werden dürfe.
Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer mit der vorliegenden Beschwerde. Er folgert aus dem Umstand, daß er eine öffentlich-rechtliche Befugnis (nämlich die Gewerbeberechtigung zum Gemischtwarenverschleiß) besitze, daß die Feststellung des Umfanges dieser Befugnis nicht nur in seinem, sondern auch im öffentlichen Interesse gelegen sei und sein Antrag daher nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen. Es könne ihm nicht zugemutet werden, es auf ein Strafverfahren ankommen zu lassen, das für ihn unter Umständen mit rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sein könnte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Feststellungsbescheides als unzulässig zurückgewiesen hat, handelt es sich im vorliegenden Streitfall nur darum, ob der Beschwerdeführer berechtigt war, die gewünschte Feststellung zu begehren.
Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich ein rechtlich geschütztes Interesse oder ein rechtlich verfolgbarer Anspruch des Beschwerdeführers auf bescheidmässige Feststellung aus den gesetzlichen Bestimmungen ableiten liesse. Es steht außer jedem Zweifel, daß der Beschwerdeführer durch den Bescheid der ersten Instanz, der hinsichtlich seiner Person ein Rechtsverhältnis feststellte, in seinen Rechten verletzt sein konnte, eine Zurückweisung seiner Berufung aus dem Grunde des mangelnden rechtlichen Interesses wäre daher rechtswidrig gewesen. So aber ist die belangte Behörde nicht verfahren, sie hat vielmehr den mit Berufung angefochtenen Bescheid aufgehoben und nicht etwa diese Berufung, sondern den der Angelegenheit zugrunde liegenden Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Die Frage nach dem rechtlichen Bestand der Berechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 38 Abs. 3 Gewerbeordnung wurde dadurch nicht berührt. Eine Verletzung seiner Rechte könnte daher nur in der Verweigerung eines Feststellungsbescheides bestehen und sie wäre eingetreten, wenn dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf bescheidmässige Feststellung zugestanden wäre. Dafür wäre Voraussetzung, daß sich ein im Sinne des § 8 AVG rechtlich geschütztes Interesse aus der Gewerbeordnung als der sachlich in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift ableiten läßt. Der Anspruch auf die vom Beschwerdeführer begehrte Feststellung, findet jedoch in den Bestimmungen der Gewerbeordnung keine Grundlage, da dort Feststellungsbescheide nur für die Fälle des § 1 c Abs. 2 und des § 36 vorgesehen sind. Das Interesse, dem durch den begehrten Feststellungsbescheid gedient würde, bestünde in der rechtskräftigen Klarstellung, ob der Beschwerdeführer seinen Betrieb in dem durch § 38 Abs. 3 Gewerbeordnung gekennzeichneten Umfang ohne das Risiko eines Zusammenstosses mit den Strafbestimmungen der Gewerbeordnung führen kann. Auch daraus ist erkenntlich, daß dem Beschwerdeführer zwar ein faktisches, niemals aber ein rechtlich geschütztes Interesse an dieser Klarstellung zugebilligt werden kann. Der Beschwerdeführer konnte daher durch die Zurückweisung seines Feststellungsantrages in seinen Rechten nicht verletzt werden. Seine Beschwerde erweist sich damit als unbegründet.
Wien, am 23. Juni 1952
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1952:1951002938.X01Im RIS seit
20.05.2022Zuletzt aktualisiert am
20.05.2022