TE Vwgh Erkenntnis 1973/10/16 0265/73

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Veröffentlicht am 16.10.1973
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Index

Baurecht - Slbg
L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
ROG Slbg 1968 §17 Abs7 litc idF 1973/126
ROG Slbg 1968 §19 Abs3 idF 1973/126

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Striebl und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Leibrecht, Dr. Hrdlicka und Dr. Straßmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Ministerialoberkommissär Dr. Gancz, über die Beschwerde des JI und des AK, beide in B, beide vertreten durch Dr. Walther Dillersberger und Dr. Rudolf Zitta, Rechtsanwälte in Salzburg, Kaigasse 10, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 8. Jänner 1973, Zl. I-9671/5-1972, betreffend Verweigerung der Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Bad Hofgastein, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit sie vom Erstbeschwerdeführer erhoben wurde, als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, zurückgewiesen.

Der Zweitbeschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach der Aktenlage ist beim Bürgermeister der Gemeinde Bad Hofgastein das Ansuchen der Mitglieder der „Jagdgesellschaft V“, GB, AK und JI, - die beiden letzteren sind die Beschwerdeführer - vom 6. September 1971 um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Jagdhütte auf einem Teil der Parzelle 1133 der Katastralgemeinde V anhängig. In dem Ansuchen ist als Eigentümer des Baugrundstückes JI bezeichnet.

Mit Eingabe vom 3. November 1971 beantragten die Beschwerdeführer bei der Gemeindevertretung der Gemeinde Bad Hofgastein die Bewilligung der Ausnahme vom Flächenwidmungsplan gemäß § 19 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1968, LGBl. für Salzburg Nr. 78/1968, - im folgenden kurz „ROG“ - für eine Teilfläche der Parzelle „1033“ (offenbar richtig „1133“) der Katastralgemeinde V, um das oben bezeichnete Vorhaben verwirklichen zu können.

Die Gemeindevertretung faßte in ihrer Sitzung vom 21. Juli 1972 den Beschluß, die beantragte Ausnahmebewilligung zu erteilen; sie beantragte sodann bei der Salzburger Landesregierung, die gemäß § 19 Abs. 3 ROG hiefür erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigung zu erteilen. Die Aufsichtsbehörde führte am 20. September 1972 in Anwesenheit eines Vertreters der Gemeinde Bad Hofgastein und eines Amtssachverständigen für Raumordnung und Landesplanung eine mündliche Verhandlung durch, bei der letzterer ein Gutachten erstattete. Sie holte weiters im aufsichtsbehördlichen Verfahren eine Stellungnahme eines Amtssachverständigen für Forst- und Jagdwesen ein.

Mit dem Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 23. Oktober 1972 wurde dem Beschluß der Gemeindevertretung der Gemeinde Bad Hofgastein vom 21. Juli 1972 gemäß § 19 Abs. 3 ROG die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt. In der Begründung des Bescheides hieß es, es pflichte die Behörde den vorliegenden Gutachten der Sachverständigen bei. Nach dem Gutachten des Sachverständigen für Raumordnung und Landesplanung liege die Grundfläche, für die die Ausnahmebewilligung angestrebt werde, im Almgebiet, bzw. in einem geschlossenen landwirtschaftlich genutzten Grünland. Sekundär werde dieses Gebiet für Jagdzwecke genutzt. Nutzung im Sinne des Raumordnungsgesetzes könne bei Grünland nur die Bewirtschaftung sein, wozu im Bereich der Jagd auch die Hegetätigkeit gehöre. Die Errichtung einer Jagdhütte, also eines nachgewiesenermaßen der Jagdbewirtschaftung dienenden Objektes, könne nur dem „Eigentümer der Jagd“ selbst, nicht jedoch den - zahlreichen und wechselnden - Jagdpächtern zugestanden werden. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, daß Bauvorhaben, bei welchen keine Gewähr dafür gegeben sei, daß sie dem ursprünglich der Ausnahme zugrunde gelegten Zweck dienten und die jederzeit der Möglichkeit einer Widmungsänderung in ein Wohnhaus innerhalb des Grünlandes auf einer Hochalm unterlägen, nicht auf die gegebene Struktur (§ 17 Abs. 7 lit. 6 ROG) Bedacht nähmen. Im Gutachten des Sachverständigen für Forst- und Jagdwesen habe es unter anderem geheißen, es dienten die Jagdhütten in der Regel der Nächtigung in schwer und „langwierig“ begehbaren Gebieten sowie der Unterbringung von auswärtigen Gästen. Da jedoch das in Rede stehende Jagdgebiet durch eine Straße erschlossen sei und die Pächter in Bad Hofgastein wohnhaft seien, sei die Errichtung einer Jagdhütte nur bedingt notwendig.

Mit dem Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde Bad Hofgastein vom 21. November 1972 wurde dem Ansuchen der Beschwerdeführer vom 3. November 1971 um Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 19 Abs. 3 ROG keine Folge gegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bedürfe gemäß § 19 Abs. 3 ROG die im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu erteilende Ausnahmebewilligung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Landesregierung. Diese habe jedoch der Gemeinde die Genehmigung versagt. Die Gemeinde sei an die Entscheidung der Aufsichtsbehörde gebunden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die Salzburger Landesregierung gemäß § 63 Abs. 4 der Salzburger Gemeindeordnung 1965, LGBl. Nr. 63, in der sie sich im einzelnen mit den im aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren abgegebenen Sachverständigengutachten auseinandersetzten. Auf den Umstand, daß die Ausnahmebewilligung vom Jagdpächter - und nicht vom „Jagdeigentümer“ - angestrebt werde, könne es nicht ankommen, weil das System des Raumordnungsgesetzes und des Baurechtes auf objektive und nicht auf subjektive Kriterien abstelle. Dies gelte auch hinsichtlich der vom Sachverständigen für Raumordnung und Landesplanung geäußerten Vermutung, daß das Objekt künftig einmal anderen Zwecken zugeführt werden könnte. Die Entscheidung der Behörde sei in sich widersprüchlich, weil im Gutachten des Sachverständigen für Forst- und Jagdwesen von einer „bedingten Notwendigkeit“ gesprochen werde.

Mit dem Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 8. Jänner 1973 wurde die Vorstellung abgewiesen. Zur Begründung führte die Behörde aus, es träten hier Jagdpächter als Ausnahmewerber (und Baubewilligungswerber) auf. Dem daraus - von den Sachverständigen - gezogenen Schluß, daß die Beispielsfolgen in Form der Errichtung weiterer Jagdhütten durch andere Jagdpächter nicht verhindert werden könnten, könne eine Berechtigung nicht versagt werden. Die gegenständliche Jagdhütte, die nach Größe und Ausstattung weit über eine zu einer Wildpfleger- und Jägerunterkunft notwendige Behausung hinausgehe, stelle ohne Zweifel einen Einbruch in die Grünlandwidmung dar. Es sei unschwer zu erkennen, daß mit der „bedingten Notwendigkeit“ einer Jagdhütte lediglich die Möglichkeit eines Bedarfes für den „Jagdeigentümer“ nach § 19 Abs. 2 ROG, aber nicht für den Jagdpächter und nicht in Form und Größe eines für den bequemen Daueraufenthalt vorgesehenen Landhauses gemeint gewesen sei. Ein Ansuchen um Ausnahmebewilligung nach § 19 Abs. 3 ROG könne nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes niemals für sich allein zum Zweck einer abstrakten Umwidmung von Grünland in Bauland eingereicht werden, sondern müsse stets mit einem ganz konkreten Ansuchen um Bauplatzerklärung und baubehördliche Bewilligung eines in Plänen und in einer Baubeschreibung dargestellten Objektes verbunden sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in nachstehend angeführten Rechten verletzt:

1.) In dem Recht, daß über ein Ausnahmeansuchen nach § 19 Abs. 3 ROG nicht in einem gesonderten Bescheid, sondern nur in dem Bescheid über die beantragte Bauplatzerklärung oder Baubewilligung entschieden werde;

2.) in dem Recht auf Bauführung ohne Notwendigkeit einer Ausnahmebewilligung (§ 19 Abs. 2 ROG);

3.) in dem Recht auf Bewilligung des Ansuchens gemäß § 19 Abs. 3 ROG;

4.) in dem Recht auf vollständige Ermittlung des Sachverhaltes im Sinne der Bestimmungen des AVG 1950.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall in Betracht kommenden Bestimmungen des § 19 ROG in der Fassung der Raumordnungsgesetz-Novelle 1973, LGBl. Nr. 126, lauten:

(1) Vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes an kann

a) eine Bauplatzerklärung und

b) die Bewilligung von Hochbauten, anderen baulichen Anlagen und Herstellung von sonstigen sich auf den Raum auswirkenden Maßnahmen, auf welche die Vorschriften der im Lande Salzburg geltenden Bauordnungen oder sonstige landesgesetzliche Vorschriften anzuwenden sind, nur innerhalb des Baulandes (§ 14) und nur, wenn solche Maßnahmen der Widmung entsprechen, erteilt werden. In Aufschließungsgebieten sind die genannten Maßnahmen erst zulässig, wenn die Gemeindevertretung ausdrücklich feststellt, daß der widmungsgemäßen Verwendung öffentliche Rücksichten nicht mehr entgegenstehen. Der Nachweis, daß ein Vorhaben der betreffenden Widmung entspricht, vor allem gegebenenfalls der Nachweis, daß es sich nicht um die Errichtung von Apartmenthäusern, Feriendörfern und Wochenendsiedlungen handelt, obliegt dem Bewerber. Die Landesregierung hat unbeschadet der nach baurechtlichen Bestimmungen gegebenen diesbezüglichen Anforderungen durch Verordnung jene Unterlagen zu bestimmen, die zur genauen Beurteilung des Vorhabens erforderlich sind.

(2) Unter die Beschränkungen des Absatzes 1 fallen nicht Baumaßnahmen im Grünland (§16), welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind.

(3) Ausnahmen von den Bestimmungen des Absatzes 1 können, wenn es sich nicht um Apartmenthäuser, Feriendörfer oder Wochenendsiedlungen handelt, von der Gemeindevertretung (vom Gemeinderat), über Ansuchen des Grundstückseigentümers und nach Anhörung der Anrainer durch Bescheid bewilligt werden, wenn im Einzelfall die Fläche des Grundstückes, auf das sich das Ansuchen bezieht, 1 ha nicht übersteigt und wenn Interessen der Flächennutzung nicht entgegenstehen. Die Bewilligung bedarf der Genehmigung der Landesregierung die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht binnen sechs Wochen nach Einlangen des Beschlusses der Gemeindevertretung (des Gemeinderates) bei der Landesregierung von dieser versagt wird. Die Genehmigung darf von der Landesregierung nur versagt werden, wenn die Ausnahme gesetzwidrig ist oder einen Tatbestand des § 17 Abs. 7 bewirken würde. Abs. 1, letzter Satz, gilt sinngemäß.

Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die Beschwerdelegitimation des Zweitbeschwerdeführers in Frage gestellt, weil nur der Eigentümer eines Grundstückes zur Einbringung des Ausnahmebegehrens nach § 19 Abs. 3 ROG berechtigt sei, diese Voraussetzung aber auf den Zweitbeschwerdeführer nicht zutreffe.

Die Auffassung der belangten Behörde, wonach Ausnahmen gemäß § 19 Abs. 3 ROG nur auf Ansuchen des Grundstückseigentümers bewilligt werden können, entspricht dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Schon im Baubewilligungsansuchen vom 6. September 1971 scheint unter der Rubrik „Grundeigentümer” allein der Erstbeschwerdeführer auf. Nach dem in den Akten des Verwaltungsverfahrens enthaltenen Bericht des Bürgermeisters der Gemeinde Bad Hofgastein vom 12. April 1973 sei für die Parzelle 1133/2 der Katastralgemeinde V, die durch Teilung der Parzelle 1133 entstanden sei, unter EZ. 462 der Katastralgemeinde V eine neue Einlage eröffnet und am 25. Juli 1972 das Eigentumsrecht (1/1) für den Erstbeschwerdeführer einverleibt worden. Der Verwaltungsgerichtshof geht bei dieser Situation davon aus, daß der Zweitbeschwerdeführer nicht Eigentümer jener Grundfläche ist, für die die Ausnahmebewilligung beantragt wurde und dies auch im Zeitpunkt der Erlassung des die Ausnahmebewilligung versagenden Bescheides der Gemeindevertretung der Gemeinde Bad Hofgastein (vom 21. November 1972) und des angefochtenen Bescheides nicht war, zumal auch in der Beschwerde nichts anderes behauptet wird. Daraus ergibt sich, daß mit dem angefochtenen Bescheid und dem diesem zugrunde liegenden gemeindebehördlichen Bescheid in Rechte des Zweitbeschwerdeführers, die aus der hier angewendeten Bestimmung des § 19 Abs. 3 ROG ableitbar sind, nicht eingegriffen werden konnte. Auch dadurch, daß der Zweitbeschwerdeführer im Verwaltungsverfahren als Partei behandelt wurde, konnten solche Rechte nicht begründet werden. Fehlt aber die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1949, Slg. N.F.Nr. 756/A, vom 9. April 1965, Slg. N. F. Nr. 6659/A, und vom 4. Juli 1968, Slg. N. F. Nr. 7387/A). Die Beschwerde war daher, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG 1965 zurückzuweisen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Beschwerde, soweit sie vom Erstbeschwerdeführer erhoben wurde.

Nach dem Beschwerdevorbringen sei der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 28. Februar 1972, Zl. 81/71 und 525/71) über ein Ansuchen nach § 19 Abs. 3 ROG überhaupt kein eigener Bescheid zu erlassen sei; dies gelte auch dann, wenn die Landesregierung die Genehmigung für einen eine Ausnahme gewährenden Beschluß der Gemeindevertretung verweigere.

Damit wird wohl die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes richtig wiedergegeben. Die Beschwerde läßt jedoch außer Betracht, daß seit dem Inkrafttreten (1. Jänner 1973) der Raumordnungsgesetz-Novelle 1973, durch die § 19 Abs. 3 ROG die schon oben wiedergegebene Fassung erhielt, Ausnahmen von den Bestimmungen des Abs. 1 durch Bescheid zu erteilen sind. Daraus folgt, daß, wie in der Gegenschrift der belangten Behörde zutreffend ausgeführt wird, auch die Ablehnung einer Ausnahmebewilligung durch die Gemeindevertretung in Bescheidform zu erfolgen hat. Mit dieser Regelung wurde bewirkt, daß für den Fall des Vorliegens eines Ausnahmeansuchens nach § 19 Abs. 3 ROG zunächst hierüber rechtskräftig, abzusprechen ist bevor über das Ansuchen um Baubewilligung (Bauplatzerklärung) entschieden wird. In diesem vom Baubewilligungsverfahren (Bauplatzerklärungsverfahren) abgesonderten Verfahren hat jedenfalls der antragstellende Grundeigentümer Parteistellung. Der Bescheid der Gemeindevertretung - hier als der einzigen Instanz in der Gemeindeebene - unterliegt gemäß § 63 Abs. 4 der Salzburger Gemeindeordnung der Anfechtung im Vorstellungsverfahren. Die geänderte Rechtslage gilt auch im Beschwerdefall, weil auf diesen nach der Aktenlage die in den Übergangsbestimmungen des Art. III Abs. 2 der Raumordnungsgesetz-Novelle 1973 bezeichneten Voraussetzungen, unter welchen die bisherige Verfahrensregelung unberührt bleibt, nicht zutreffen. Die in der Beschwerde im Rahmen des ersten Beschwerdepunktes behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor.

Nach dem weiteren Beschwerdevorbringen habe die belangte Behörde die Bestimmung des § 19 Abs. 2 ROG nicht beachtet, wonach Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nicht unter die Beschränkungen des § 19 Abs. 1 ROG fielen, wenn sie für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig seien.

Der Beschwerdeführer will damit offenbar dartun, daß es einer Ausnahmebewilligung nach § 19 Abs. 3 ROG nicht bedurft hätte, weil nach seiner Auffassung auf das zu errichtende Objekt die Tatbestandsmerkmale des § 19 Abs. 2 ROG zuträfen. Er hat aber bei der Behörde ausdrücklich um die Ausnahmebewilligung angesucht und seinen Antrag, wiewohl ihm dies freigestanden wäre, nicht zurückgezogen. Wie immer daher die Frage, ob die beabsichtigte Baumaßnahme für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig ist, zu beantworten wäre, der Beschwerdeführer wurde jedenfalls dadurch, daß die Behörde über seinen Antrag eine Sachentscheidung traf, in seinem Recht auf Bewilligung des Ansuchens (§ 19 Abs. 3 ROG) nicht verletzt. Das von ihm als verletzt bezeichnete Recht kann nur im Baubewilligungsverfahren geltend gemacht werden, sofern die Baubewilligung unter Berufung auf den Flächenwidmungsplan verweigert wird. Im übrigen ergibt sich aus den folgenden Ausführungen ohne weiteres, daß die in der Beschwerde vertretene Auffassung jedenfalls nach dem Sachverhalt des Beschwerdefalles nicht begründet ist.

In der Beschwerde wird ferner vorgebracht, es dürfe die Aufsichtsbehörde die Genehmigung nur verweigern, wenn ein Tatbestand des § 17 Abs. 7 ROG bewirkt werden würde; hier käme nur der Tatbestand der lit. c dieser Bestimmung (Fehlen der Bedachtnahme auf die gegebenen Strukturverhältnisse oder auf die Sicherung der künftigen wirtschaftlichen Entwicklungen) in Betracht. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Raumordnung und Landesplanung ergebe sich schlüssig, daß die Errichtung einer Jagdhütte im Grünland mit den gegebenen Strukturverhältnissen nicht im Widerspruch stehen könne. Es komme hier nur auf objektive Gesichtspunkte an, nicht aber darauf, ob derjenige, der eine Jagdhütte errichtet, „Eigentümer der Jagd“ oder bloß Pächter sei.

Die belangte Behörde folgte im angefochtenen Bescheid zunächst der Meinung des Amtssachverständigen für Raumordnung und Landesplanung, es könne eine Ausnahme zum Zwecke der Errichtung einer Jagdhütte einzelnen Jagdpächtern wegen der möglichen Beispielsfolgen grundsätzlich nicht zugestanden werden. Hier ist anzumerken, daß dieser Gesichtspunkt - als Rechtsfrage - einer Erörterung durch einen Sachverständigen nicht bedurfte. Die belangte Behörde hat aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch die Rechtsmeinung niedergelegt, es stelle die geplante Jagdhütte ihrer Größe und Ausstattung nach einen Einbruch in die Grünlandwidmung dar. Im angefochtenen Bescheid wurde weiter zum Ausdruck gebracht, daß die rechtliche Beurteilung des Ausnahmebegehrens unter dem Gesichtspunkt einer möglicherweise entstehenden Strukturumwandlung erfolge und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend wiedergegeben, derzufolge die Ausnahmebewilligung § 19 Abs. 3 ROG nur im Zusammenhang mit einem konkreten Bauansuchen erteilt werden dürfe (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1972, Z. 2194/70, und vom 28. Februar 1972, Zl. 81/71 und 525/71, deren Grundgedanken jedenfalls in dieser Frage auch auf die durch die Raumordnungsgesetz-Novelle 1973 geänderte Rechtslage zutreffen).

Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet dem Beschwerdevorbringen insofern bei, als auch nach seiner Auffassung ein Ausnahmebegehren zum Zwecke der Errichtung einer Jagdhütte nicht schlechthin mit der Begründung, es sei als Baubewilligungswerber ein Jagdpächter eingeschritten, abgelehnt werden darf. Daß es nämlich bei der Beurteilung des Ausnahmebegehrens nicht entscheidend darauf ankommt, wer Baubewilligungswerber ist; zeigt schon die Bestimmung des § 19 Abs. 3 ROG, nach der Grundstückseigentümer - und nicht der Baubewilligungswerber - um die Ausnahme anzusuchen hat. Für die Lösung der Frage, ob die aufsichtsbehördliche Genehmigung wegen der Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 17 Abs. 7 lit. c ROG zu versagen ist, ist demnach - der Verwaltungsgerichtshof folgt auch hier der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers - der objektive Zweck der geplanten baulichen Maßnahme bestimmend. Der Beschwerdeführer muß aber diesen Grundsatz in gleicher Weise gegen sich gelten lassen. Wie die Aktenlage erkennen läßt, wurde das Ausnahmebegehren zu dem Zweck angestrebt, in einem ca. 1000 ha großen, vorwiegend der Landwirtschaft und der Jagdwirtschaft dienenden Gebiet ein zweigeschossiges, überwiegend massives Gebäude zu errichten, das unter anderem mit einem Lagerraum (65 m2), einem Abstellraum (21,20 m2), einer. Garage, einer Diele (21,30 m2) und einer „Jagdstube“ (15,30 m2) ausgestattet werden soll. Das Gebäude soll, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, als Unterkunft für „insgesamt fünf Jäger, für den Aufsichtsjäger und für die Jagdgäste“ Verwendung finden. Allein auf Grund dieses Sachverhaltes konnte die Behörde schlüssig zu dem Ergebnis gelangen, daß das Ausnahmebegehren in Wahrheit nicht der Errichtung einer „Jagdhütte“, sondern, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid und in ihrer Gegenschrift mit Recht bemerkt, nach der Form, Ausstattung und Größe des vorgesehenen Objektes, somit nach dessen objektiven Zweck, der Errichtung eines für den bequemen Daueraufenthalt mehrerer Personen geeigneten Landhauses dienen solle. Es war daher nicht rechtswidrig, daß die Behörde das dem Ausnahmebegehren zugrunde liegende Vorhaben als den gegebenen Strukturverhältnissen, welche von der belangten Behörde in Übereinstimmung mit der Aktenlage als - in der Umgebung vorhandenes - Grünland charakterisiert wurden (vgl. zum Begriff der „gegebenen Strukturverhältnisse“ auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 1972, Zl. 2301/70), widerstreitend ansah und deshalb einen Versagungsgrund gemäß § 19 Abs. 3 in Verbindung mit § 17 Abs. 7 lit. c ROG als gegeben annahm. Das weitere Beschwerdevorbringen, es sei der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben, weil - in der Beschwerde näher angegebene - besondere örtliche und persönliche Verhältnisse der Jagdausübung in diesem Bereich nicht hinreichend geprüft worden seien, betrifft nicht die für die Beurteilung nach der dargestellten Rechtslage wesentliche Frage, ob das konkrete Vorhaben nach Form, Größe und Ausstattung des zu errichtenden Objektes mit den gegebenen Strukturverhältnissen zu vereinbaren sei. Es kann schon aus diesem Grund nicht zielführend sein. Daraus ergibt sich zusammenfassend, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch in den im dritten und vierten Beschwerdepunkt bezeichneten Rechten nicht verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher, soweit sie vom Erstbeschwerdeführer erhoben wurde, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl. Nr. 427/1972.

Wien, am 16. Oktober 1973

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1973:1973000265.X00

Im RIS seit

20.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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