TE Vwgh Beschluss 2022/4/20 Ra 2022/01/0077

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Veröffentlicht am 20.04.2022
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/04 Sprengmittel Waffen Munition

Norm

PyrotechnikG 2010 §28 Abs1
VStG §22 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. Jänner 2022, Zl. LVwG-701450/2/MZ, betreffend Übertretung des Pyrotechnikgesetzes 2010 (Mitbeteiligter: M H, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4040 Linz, Obere Donaustraße 4), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. November 2021 wurde der Mitbeteiligte in zwei Spruchpunkten (1. und 2.) jeweils schuldig erkannt, am 31. Dezember 2020 zu einem näher bezeichneten Zeitpunkt an einem näher bezeichneten Ort in Linz jeweils einen näher bezeichneten pyrotechnischen Gegenstand der Kategorie F3 besessen zu haben, ohne die dafür erforderliche behördliche Bewilligung zu besitzen. Er habe dadurch jeweils § 28 Abs. 1 Pyrotechnikgesetz 2010 (PyroTG 2010) verletzt, weshalb jeweils gemäß § 40 Abs. 1 Z 3 PyroTG 2010 eine Geldstrafe in Höhe von € 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 20 Stunden 15 Minuten) verhängt wurde.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten insofern stattgegeben, als die angelasteten Tathandlungen zu einer Übertretung zusammengefasst wurden. Die Geldstrafe wurde mit € 100,--, die Ersatzfreiheitsstrafe mit 14 Stunden festgesetzt. Darüber hinaus wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (I.). Eine Revision wurde für unzulässig erklärt (II.).

3        Begründend führte das Verwaltungsgericht soweit vorliegend wesentlich aus, hinsichtlich der Zusammenfassung der im Straferkenntnis angelasteten beiden Spruchpunkte sei auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 2018, Ra 2017/01/0409, zu verweisen, wonach bei derartigen Übertretungen eine Gesamtstrafe zu verhängen sei.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Amtsrevision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob nach § 22 Abs. 2 VStG in einem Fall, in dem gleichzeitig mehrere pyrotechnische Gegenstände iSd § 28 Abs. 1 PyroTG 2010 bewilligungslos besessen würden, eine Kumulierung stattzufinden habe. Eine Antwort auf diese Rechtfrage sei der vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu entnehmen.

9        Der Verwaltungsgerichtshof hat im Beschluss vom 30. Jänner 2018, Ra 2017/01/0409, dem dortigen Revisionsvorbringen entgegengehalten,

„dass den in der Revision angeführten Erkenntnissen Konstellationen zu Grunde lagen, in denen über einen Beschuldigten wegen des Vorwurfs, durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen zu haben (illegales Beschäftigen mehrerer Ausländer, Betreiben mehrerer Spielautomaten), entgegen der Vorschrift des § 22 Abs. 2 VStG nicht mehrere Strafen nebeneinander, sondern eine (einzige) ‚Gesamtstrafe’ verhängt wurde. Diese Konstellation liegt gegenständlich aber nicht vor, zumal die Umstände des vorliegenden Einzelfalles klar erkennen lassen, dass dem Revisionswerber - ungeachtet der Formulierung (‚besessen und verwendet’) - unter Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Strafbescheides nicht mehrere selbstständige Tathandlungen angelastet wurden.“ (Unterstreichungen nicht im Original)

10       Diesem Beschluss liegt die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde, wonach dem Kumulationsprinzip des § 22 VStG zufolge über jemanden, der durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, die Strafen nebeneinander zu verhängen sind (vgl. etwa VwGH 3.2.2022, Ra 2020/17/0012, mwN; vgl. zur Ausnahme vom Kumulationsprinzip beim fortgesetzten Delikt bzw. beim Dauerdelikt VwGH 11.11.2021, Ra 2019/11/0130-0131, mwN).

11       Entgegen der Auffassung der Amtsrevisionswerberin hat es der Verwaltungsgerichtshof im obzitierten Beschluss Ra 2017/01/0409 nicht beanstandet, dass gemäß § 28 Abs. 1 PyroTG 2010 der Besitz und die Verwendung mehrerer pyrotechnischer Gegenstände der Kategorie 3 (dort: 59 Blitzknallkörper, 11 Römische Kerzen, 15 Raketen) zu einem Tatzeitpunkt an einem Tatort als (nur) eine Tathandlung angelastet wurde.

12       Dass die Übertretung der sich aus § 28 Abs. 1 PyroTG 2010 ergebenden Verpflichtung zur Einholung einer Bewilligung vor dem Besitz und der Verwendung pyrotechnischer Gegenstände und Sätze der Kategorien F3 und F4 zu einem Tatzeitpunkt an einem Tatort (nur) eine Tathandlung darstellt, hat der Verwaltungsgerichtshof auch im Erkenntnis vom 17. Dezember 2013, 2013/01/0148, zum Ausdruck gebracht (arg.: „zweimalig“).

13       Somit ist durch die dargestellte Rechtsprechung bereits geklärt, dass in einem Fall, in dem gleichzeitig (also zu einem Tatzeitpunkt an einem Tatort) mehrere pyrotechnische Gegenstände iSd § 28 Abs. 1 PyroTG 2010 bewilligungslos besessen werden, eine Tathandlung vorliegt und daher keine Kumulierung nach § 22 Abs. 2 VStG stattzufinden hat.

14       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. April 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022010077.L00

Im RIS seit

19.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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