TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/21 96/05/0102

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Veröffentlicht am 21.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §74 Abs2;
AVG §76 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Marktgemeinde Wartmannstetten, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Februar 1996, Zl. R/1-V-96027, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Parteien: Dr. Felix und Elfriede H in U), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 27. März 1995 wurde den Mitbeteiligten die baurechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Biotopteiches auf dem Grundstück Nr. 256/7, KG U, erteilt. In der Folge wurde vom bautechnischen Sachverständigen festgestellt, daß der projektierte Abstand von 1 m nicht eingehalten worden sei, da während der Bauausführung eine zusätzliche Böschungssicherung und eine Anschüttung von einem halben Meter auf eine Länge von ca. 15 m vorgenommen worden sei.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 6. Juli 1995 wurde den Mitbeteiligten in Anwendung des § 109 Abs. 1 Nö Bauordnung 1976 der baupolizeiliche Auftrag erteilt, die nachträgliche baubehördliche Bewilligung der Veränderung der Höhenlage des Geländes bis längstens 15. August 1995 zu beantragen. Die dagegen von den Mitbeteiligten erhobene Berufung wurde vom Gemeinderat der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und als Termin für die Einbringung eines neuerlichen Bauansuchens der 5. Februar 1996 festgesetzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Mitbeteiligten Folge gegeben, der Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Beschwerdeführerin zurückverwiesen. Gemäß § 109 Abs. 1 leg. cit. habe die Behörde für den Fall, daß bei einer Überprüfung Mängel festgestellt werden, deren Behebung innerhalb einer angemessenen Frist anzuordnen, oder auch die Fortsetzung der Arbeiten an den davon betroffenen Teilen des Vorhabens zu untersagen. Gemäß § 109 Abs. 4 Nö Bauordnung 1976 habe die Baubehörde die Fortsetzung der Arbeiten zu untersagen und die Herstellung des konsensmäßigen Zustandes zu verfügen, wenn Abweichungen, die einer Bewilligung bedürfen, nachträglich nicht bewilligt werden können. Diese Bestimmung sei Grundlage für baupolizeiliche Aufträge während der Ausführung eines bewilligungsbedürftigen Vorhabens. Es sei zutreffend, daß es sich bei der verfahrensgegenständlichen Böschung um einen unverzichtbaren Teil des Gesamtvorhabens handle und daher ein Bauwerk im Sinne des § 2 Z. 5 Nö Bauordnung 1976 darstelle. Ein baupolizeilicher Auftrag dahingehend, daß innerhalb einer bestimmten Frist um nachträgliche baubehördliche Bewilligung anzusuchen sei, könne jedoch auf § 109 Nö Bauordnung 1976 nicht gestützt werden. Der Bürgermeister hätte vielmehr in Anwendung des § 109 Abs. 3 Nö Bauordnung 1976 bei dieser bewilligungspflichtigen Abweichung von der Baubewilligung die Fortsetzung der Arbeiten untersagen und für den Fall, daß eine nachträgliche baubehördliche Bewilligung nicht erteilt werden dürfte, die Behebung des Baumangels verfügen müssen. Da der Gemeinderat in diesem Umfang die Rechtslage verkannt habe, habe er den Berufungsbescheid mit Rechtswidrigkeit belastet und sei dieser aufzuheben gewesen. Im fortgesetzten Verfahren werde daher der Gemeinderat den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben haben. Danach werde der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. b Nö Bauordnung 1976 vorzugehen haben. § 109 Abs. 3 leg. cit. könne keine Anwendung mehr finden, da das Bauwerk - wie die Mitbeteiligten mit Schreiben vom 2. Februar 1996 mitgeteilt hätten - bereits vollendet sei. Abschließend werde darauf hingewiesen, daß die Feststellungsverhandlung vom 22. Juni 1995 aufgrund der Anrainerbeschwerde als erforderlich anzusehen sei, weshalb die Kommissionsgebühren gemäß § 77 AVG zu Recht vorgeschrieben worden seien. Es seien die Verfahrenskosten der Feststellungsverhandlung vom 22. Juni 1995 von den Mitbeteiligten zu tragen, wenn diese Verhandlung als Grundlage für das neuerliche Verfahren gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. diene.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführende Gemeinde macht geltend, daß der erstinstanzliche Bescheid vom 6. Juli 1995 nicht leserlich unterschrieben worden sei, weshalb vom Nichtvorliegen eines erstinstanzlichen Bescheides auszugehen gewesen wäre. Die Aufsichtsbehörde habe diesen Umstand nicht beachtet.

Selbst wenn es zutrifft, daß der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters nicht leserlich unterschrieben wurde und nach der hg. Judikatur (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 92/05/0323) kein Bescheid vorliegt, kann die beschwerdeführende Gemeinde dadurch in keinen Rechten verletzt sein, da auch dieser Umstand - allerdings mit einer anderen Begründung - zur Aufhebung des Berufungsbescheides geführt hätte. Auch die Bindung der Beschwerdeführerin an die tragenden Gründe der Aufhebung des angefochtenen Bescheides bewirkt keine Verletzung in deren Rechten, da danach der ergangene Auftrag inhaltlich jeder gesetzlichen Grundlage entbehre und von Beginn an zu beseitigen sei. Die Rechtsposition der beschwerdeführenden Gemeinde wird dadurch nicht beeinträchtigt, daß - sofern die Beschwerdebehauptung zuträfe - die belangte Behörde den Berufungsbescheid aus dem Grund hätte aufheben müssen, weil die Berufung mangels eines tauglichen Berufungsgegenstandes wegen Unzulässigkeit hätte zurückgewiesen werden müssen.

Die Beschwerdeführerin meint weiters, daß der Berufungsbescheid, soweit er den Ersatz von Kosten vorgeschrieben habe, nicht hätte aufgehoben werden dürfen. Auch mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der in einer Angelegenheit ergehende Spruch u.a. auch die allfällige Kostenfrage zu entscheiden. Gemäß § 74 Abs. 2 zweiter Satz AVG ist der Kostenersatzanspruch so zeitgerecht zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Ein allfälliger Ausspruch betreffend die Tragung von Kosten des Verwaltungsverfahrens steht mit dem jeweiligen Verwaltungsverfahren grundsätzlich in einem maßgeblichen Zusammenhang (vgl das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1950, Slg. Nr. 1548/A). Es können zwar allfällige Kosten des Verwaltungsverfahrens ausnahmsweise, wenn eine zeitgerechte Geltendmachung nicht möglich war, unter Umständen eigenständig NACH Erlassung des Bescheides betreffend die damit im Zusammenhang stehende Verwaltungsangelegenenheit vorgeschrieben werden. VOR Erlassung eines die Verwaltungsangelegenheit erledigenden Bescheides kommt allerdings ein Kostenabspruch - abgsehen von den Fällen, in welchen ein solcher maßgeblicher Zusammenhang fehlt (vgl. den hg. Beschluß vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/06/0181) sowie abgesehen von der Möglichkeit der Auferlegung eines Kostenvorschusses gemäß § 76 Abs. 4 AVG - über im Verwaltungsverfahren entstandene und von einer Partei zu tragende Kosten nicht in Betracht. Das vorliegende, mit den bezogenen Kosten im Zusammenhang stehende Verwaltungsverfahren ist durch die Aufhebung des Berufungsbescheides betreffend die Hauptsache wieder offen, weshalb auch der damit im Zusammenhang stehende Spruchteil betreffend die Kosten aufzuheben war. Die Beschwerdeführerin kann also auch insofern nicht als in Rechten verletzt angesehen werden.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996050102.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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