TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/21 94/08/0113

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Veröffentlicht am 21.05.1996
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
AVG §9;
GmbHG §49 Abs2;
GmbHG §5;
GmbHG §51 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 7. Februar 1994, Zl. 120.772/5-7/93, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Steiermärkische Gebietskrankenkasse in Graz, Josef-Pongratz-Platz 1, 2. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Wien II, Friedrich-Hillegeist-Straße 1,

3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Wien XX, Adalbert-Stifter-Straße 65), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Wiener Gebietskrankenkasse leitete mit Schreiben vom 29. März 1990 die bei ihr eingelangte Versicherungsanmeldung des Beschwerdeführers als Bürokaufmann der Z. Gesellschaft ab 1. Jänner 1990 an die erstmitbeteiligte Gebietskrankenkasse weiter, weil diese zur Durchführung der Versicherung des Beschwerdeführers zuständig sei. Die Erhebungsabteilung der erstmitbeteiligten Partei übergab am 18. Oktober 1990 dem Beschwerdeführer einen Fragebogen zur Überprüfung der Voraussetzungen der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht des Beschwerdeführers aufgrund seiner Tätigkeit bei der Z. Gesellschaft in S. In einem Aktenvermerk wurde die Übergabe des Fragebogens an den Beschwerdeführer angeführt und festgehalten, daß die genannte Anschrift nur eine Briefkastenanschrift sei.

In dem den Beschwerdeführer betreffenden Fragebogen wurde die Frage, ob "Ihre Ges.m.b.H. im Handelsregister bereits eingetragen" sei, bejaht und angeführt, daß "(der) Handelsregisterauszug folgt. Firmensitzverlegung von Wien nach Graz, Umwandlung B Ges.m.b.H. auf Z Ges.m.b.H.". Mit diesem Fragebogen wurden vier die B. Gesellschaft mit dem Sitz in Wien betreffende Aktenstücke in Kopie übermittelt, und zwar:

1. Gesuch vom 5. Februar 1990 an das Handelsgericht Wien-Handelsregister der Antragsteller VZ und DE als Geschäftsführer der B. Gesellschaft mit Sitz in Wien um Eintragungen von Änderungen in das Handelsregister hinsichtlich der genannten Gesellschaft; 2. der in diesem Gesuch angeführte notarielle Abtretungsvertrag vom 5. Februar 1990, womit DE einen Teil seines Geschäftsanteiles an VZ abgetreten hat. Im Gesuch wurde darüber hinaus ausgeführt, daß in der Generalversammlung der B. Gesellschaft beschlossen worden sei, den Firmenwortlaut in Z. Gesellschaft zu ändern. 3. ein weiteres Gesuch vom 27. August 1990 der genannten Antragsteller als Geschäftsführer der B. Gesellschaft um Eintragung der Sitzverlegung in das Handelsregister an das Handelsgericht Wien sowie 4. das im Gesuch genannte notariell beurkundete Protokoll vom 27. August 1990 über die außerordentliche Generalversammlung der B. Gesellschaft. Die Gesellschafter, VZ und DE, die das gesamte Stammkapital der Gesellschaft vertreten, haben demnach einstimmig beschlossen, den Sitz der Gesellschaft von Wien nach S zu verlegen und demgemäß den Gesellschaftsvertrag vom 10. November 1982 in Punkt I.2. aufzuheben und neu zu fassen. Im Gesuch wurde der Antrag gestellt, bei der B. Gesellschaft einzutragen, 1. die Verlegung des Sitzes von Wien nach S und 2. Änderung des Punktes I.2. des Gesellschaftsvertrages vom 10. November 1982.

Im März 1991 wurde der erstmitbeteiligten Partei neuerlich eine Fotokopie des genannten Gesuches vom 5. Februar 1990 sowie ein Schreiben des Landesgerichtes als Handelsgericht Graz vom "4. Jänner 1991" mit folgendem Wortlaut übermittelt:

"Eingetragen wurde in das Firmenbuch, Abteilung B, unter der Nummer 27 HRB 3815, die Firma "B" Gesellschaft m.b.H. Spalte 1 (Nummer der Eintragung): 1

Spalte 2a (Firma): "B" Gesellschaft m.b.H.

Spalte 2b (Sitz): jetzt: S

Spalte 2c (Gegenstand des Unternehmens): ...

Spalte 3 (Stammkapital): ...

Spalte 4 (Geschäftsführer):VZ, Fliesenleger,

         Marburg/Jugoslawien; DE, Fliesenleger,

         Ptuj/Jugoslawien

Spalte 6 (Rechtsverhältnisse): Gesellschaft mit beschränkter

         Haftung. Der Gesellschaftsvertrag ist mit Beschluß der

         Generalversammlung vom 10.11.1982 grundlegend geändert

         und neu gefaßt worden und wurde in weiterer Folge

         geändert, zuletzt mit Beschluß der Generalversammlung

         vom 27.8.1990 in Punkt I Abs. 2. Der Sitz ist von Wien

         nach S verlegt. Die Gesellschaft wird - wenn mehrere

         Geschäftsführer bestellt sind - durch zwei

         Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen von ihnen

         gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. ...

Spalte 7a (Tag der Eintragung und Unterschrift: 10. Januar 1991 Spalte 7b (Bemerkungen): Gesellschaftsvertrag in der Neufassung

vom 10.11.1982, AS 71ff; Generalversammlungsprotokoll vom 29.10.1986 (Kapitalanpassung) AS 117ff; Generalversammlungsprotokoll vom 27.8.1990, AS 215ff, vergleiche 22 HRB 1173 und 7 HRB 41.678 des Handelsgerichtes Wien."

Mit Bescheid vom 23. September 1991 lehnte die erstmitbeteiligte Partei gemäß § 410 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG die für den Beschwerdeführer per 1. Jänner 1990 als Bürokaufmann erstattete Versicherungsanmeldung sowie die per 10. Juni 1991 erstattete Versicherungsabmeldung ab.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch, den er als Berufung bezeichnete. Zur Begründung führte er aus, die Z. Gesellschaft sei Rechtsnachfolger der B. Gesellschaft. Bei der Abwicklung der Objekte Zollfinanz und Landesgericht Wien sei er schon seinerzeit Angestellter gewesen, wobei er auch bis zum "Abmeldungszeitraum" der B. Gesellschaft sämtliche Tätigkeiten und Arbeiten verrichtet habe. Daß die Z. Gesellschaft Probleme mit ihrem Firmensitz bzw. mit der Firmensitzverlegung habe, habe ihn als Angestellten nicht zu berühren. Er habe nach seinen Informationen ordnungsgemäße Auskunft gegeben. Daraus sei ersichtlich, daß die Z. Gesellschaft eine ordnungsgemäße, im Handelsregister eingetragene Firma sei, die aktiv gearbeitet und Rechnungen fakturiert habe.

Die erstmitbeteiligte Partei legte mit Schreiben vom 5. Dezember 1991 den Einspruch dem Landeshauptmann von Steiermark vor und führte in einer Stellungnahme zur Einspruchsbegründung aus, daß bis dato weder eine

Z. Gesellschaft noch eine Einzelfirma Z in das Firmenbuch des Landes- als Handelsgerichtes Graz eingetragen worden sei. Es stehe fest, daß die B. Gesellschaft infolge der Verlegung ihres Sitzes nach Wien vom 20. Juli 1989 gelöscht worden sei. Von ausschlaggebender Bedeutung sei somit, daß eine Z. Gesellschaft überhaupt nicht gegründet worden sei. Mangels Existenz eines Dienstgebers habe kein Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit entstehen können. Ferner stehe fest, daß an der auf der Versicherungsan- und abmeldung angegebenen Betriebsadresse kein Betrieb existiert habe.

Das Landes- als Handelsgericht Graz gab der Einspruchsbehörde auf deren Ersuchen um Übermittlung einer Kopie aus dem Firmenbuch betreffend die Z. Gesellschaft vormals B. Gesellschaft bekannt, daß die Firmenwortlautänderung noch nicht durchgeführt worden sei.

Über weiteres Ersuchen wurde eine beglaubigte Abschrift aus dem Firmenbuch vorgelegt, die den Inhalt des oben wiedergegebenen Schreibens des Landes- als Handelsgerichtes Graz vom "4. Jänner 1991" hat.

Das Gemeindeamt S beantwortete eine Anfrage der Einspruchsbehörde damit, daß an der Anschrift S ein bewohnbares Objekt vorhanden sei, eine Z. Gesellschaft in der Gemeinde nie angemeldet worden sei und VZ und DE vom 5. Februar 1990 bis 22. März 1991 an dieser Anschrift gemeldet gewesen seien.

Der Beschwerdeführer teilte der Einspruchsbehörde über Ersuchen mit, daß die A Ges.m.b.H. mit der B. Gesellschaft (Namensänderung auf Z. Gesellschaft) für die Arge Zollfinanzgebäude und Landesgericht Wien einen rechtskräftigen Argevertrag, welcher auch dem Finanzamt angezeigt worden sei, geschlossen gehabt habe. Das Auftragsvolumen sei bei 35 Mio. S gelegen gewesen und habe er, da beträchtliche Arbeiten angefallen seien, den Auftrag von der Firma Z erhalten, sämtliche Arbeiten ordnungsgemäß fertigzustellen und habe er auch die Handlungsvollmacht erhalten. Er habe in dem von ihm angegebenen Zeitraum Tätigkeiten für die Z. Gesellschaft in umfangreicher Form durchgeführt, wobei in diesen Zeitraum auch eine Finanzprüfung gefallen sei. Es sei ihm daher unverständlich und unerklärlich, wie die erstmitbeteiligte Partei, obwohl ihr alle Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien, die Behauptung aufstellen könne, daß es die Z. Gesellschaft nicht gebe. Die Z. Gesellschaft, ursprünglich B. Gesellschaft, sei ja nur durch eine Namensänderung zu dem Namen Z. gekommen. Auch die Behauptung, daß die Z. Gesellschaft in S nicht existiert habe, stimme nicht, da das Haus, wo unter anderem die Firma Z. etabliert gewesen sei, in seinem Eigentum gestanden und mit Sicherheit die Z. Gesellschaft über mehrere Monate dort etabliert gewesen sei und auch an dieser Adresse Post in Empfang genommen habe. Die Handlungsvollmacht und die Tätigkeiten habe er mit dem Austritt (Abmeldungszeitpunkt) eingestellt und habe er seit damals auch keinerlei Verbindungen mehr zur Z. Gesellschaft. Der Beschwerdeführer legte eine Handlungsvollmacht vom 19. Februar 1990 vor, die - soweit hier wesentlich - lautet: " ... gebe Herrn A ... eine Handlungsvollmacht für die Firma B Ges.m.b.H. zur Zeit in Umwandlung in Firma VZ Ges.m.b.H. und im Handelsgericht noch nicht protokolliert ...".

Mit Bescheid vom 12. Juni 1992 gab der Landeshauptmann von Steiermark dem Einspruch des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid mit der Ergänzung, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Jänner 1990 bis 10. Juni 1991 in keinem der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegenden Beschäftigungsverhältnis zu Herrn VZ oder einer "VZ Ges.m.b.H."

mit dem Sitz in S gestanden sei.

In der Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 2 Abs. 1 GmbH-Gesetz bestehe vor Eintragung in das Handelsregister eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche noch nicht und könne daher mit ihr als Dienstgeber auch kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG entstehen. Aus der vorgelegten Handlungsvollmacht gehe zweifelsfrei hervor, daß eine Z. Gesellschaft in S, im Zeitraum 1. Jänner 1990 bis 10. Juni 1991 rechtlich noch nicht existent gewesen sei. Die Anfrage beim zuständigen Landes- als Handelsgericht Graz habe ergeben, daß in diesem Zeitraum eine Z. Gesellschaft weder im Firmenbuch eingetragen gewesen noch eine diesbezügliche Namensänderung der B. Gesellschaft in Z. Gesellschaft erfolgt sei. Am behaupteten Sitz der Z. Gesellschaft habe eine solche Gesellschaft in diesem fraglichen Zeitraum nie existiert. Da eine Z. Gesellschaft im fraglichen Zeitraum rechtlich als Dienstgeber überhaupt nicht existent gewesen sei, habe der Beschwerdeführer nicht als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG für diese Gesellschaft gegen Entgelt beschäftigt werden können.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß die B. Gesellschaft seit mindestens zehn Jahren existent gewesen sei und bei vielen Großobjekten aufgetreten sei. Er sei mit diesem Unternehmen beim Großbauvorhaben Internationales Konferenzzentrum in Wien bzw. in einer Arge-Tätigkeit beim Zollfinanzgebäude und Landesgericht Wien involviert gewesen. Es sei ihm auch bekannt geworden, daß das Unternehmen sogar weitere Bundesbauten in Auftrag bekommen habe. Aufgrund von enormen Gewährleistungs- und Finanzproblemen habe er sich bereit erklärt, sämtliche noch ausstehenden Arbeiten, aber auch Abwicklungen der Verrechnungen sowohl mit dem Auftraggeber als auch mit den einzelnen Behörden durchzuführen. Hiezu habe er Handlungsvollmacht erhalten und sei auch die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse ein "integrierter Bestandteil" der Vereinbarung gewesen. Es seien ihm auch Entgeltleistungen bezahlt worden. Selbst unter der Voraussetzung, daß irgendwo bei den Eintragungen in das Handelsregister ein Fehler in der Notariatskanzlei, im Firmenbuch oder von den Eignern passiert sein sollte, habe ihn dies als Arbeitnehmer nicht zu interessieren. Es könne nicht Angelegenheit eines Arbeitnehmers sein, festzustellen, wo und wann Firmeneintragungen, Umbenennungen von Namen etc. vorgenommen worden seien. Da die B. Gesellschaft niemals liquidiert worden sei und nach seinem Wissen bei diversen Gläubigern auch einen beträchtlichen Schuldenstand verzeichne, sei ihm die Vorgangsweise der Einspruchsbehörde umso unverständlicher, weil eine Firma, die de facto nicht existiere, ja auch keine Schulden haben könne. Es sei absolut unmöglich, daß eine Firma, die einen Umsatz von rund 60 Mio. S getätigt habe, nicht existiert habe. In diesem Falle wäre er zumindest bei den nach außen hin aufgetretenen Geschäftsführern beschäftigt gewesen.

Mit einem weiteren Schreiben legte der Beschwerdeführer der belangten Behörde die notarielle Beurkundung des Protokolles vom 5. Februar 1990 über die außerordentliche Generalversammlung der Gesellschafter der B. Gesellschaft vor, worin der Name der B. Gesellschaft in Z. Gesellschaft geändert wurde.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den Einspruchsbescheid.

In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Zitierung der anzuwendenden Gesetzesstellen ausgeführt, daß im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Dienstgebereigenschaft ein wesentliches Sachverhaltselement für die Feststellung der Versicherungspflicht sei.

Im gegenständlichen Fall sei zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im relevanten Zeitraum Dienstnehmer der Z. Gesellschaft gewesen sei. In der Generalversammlung der B. Gesellschaft sei unter anderem eine Änderung des Gesellschaftsvertrages insofern beschlossen worden, als die bestehende B. Gesellschaft in Z. Gesellschaft mit Sitz in Wien ab 5. Februar 1990 geändert worden sei. Die Z. Gesellschaft sei aber weder in das Firmenbuch des Landes- als Handelsgerichtes Graz, noch in das Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien eingetragen worden. Dienstgeber im Sinne des ASVG könne eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur dann sein, wenn sie rechtlich existent sei und als juristische Person Zurechnungssubjekt der Rechte und Pflichten eines sozialversicherungsrechtlichen Dienstgebers sein könne. Auch die Änderung eines Gesellschaftsvertrages, wie hier die Firmenumbenennung, werde erst mit der Eintragung in das Handelsregister bzw. Firmenbuch wirksam. Eine solche Eintragung sei nicht erfolgt. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung sei vor der Eintragung in das Handelsregister nicht als juristische Person anzusehen und somit auch nicht als Zurechnungssubjekt der Rechte und Pflichten eines sozialversicherungsrechtlichen Dienstgebers zu qualifizieren.

Demnach sei zu untersuchen, ob die Frage der Dienstgebereigenschaft der Rechtsvorgängerin der Z. Gesellschaft, der B. Gesellschaft, im streitgegenständlichen Zeitraum Sache des Verfahrens sei. § 68 AVG stelle darauf ab, daß die bescheidmäßige Entscheidung wirksam nur über die Sache des Verfahrens getroffen werden könne. Die Sache des Verfahrens werde in der Frage der Versicherungspflicht durch den Dienstnehmer, den Dienstgeber, den Zeitraum und die Art der strittigen Tätigkeit umschrieben. Die B. Gesellschaft scheine im Spruch des bekämpften Bescheides nicht auf. Die Dienstgebereigenschaft der B. Gesellschaft sei daher nicht Sache dieses Verfahrens; sie wäre in einem gesonderten Verfahren zu beurteilen. Da die Dienstgebereigenschaft der Z. Gesellschaft zu verneinen sei, sei ein wesentliches Sachverhaltselement der Versicherungspflicht nicht erfüllt. Die Frage der Versicherungspflicht müsse daher verneint werden, ohne daß die Frage der Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit näher zu untersuchen wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde abgesehen. Von den mitbeteiligten Parteien erstattete nur die Steiermärkische Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß eine Änderung des Gesellschaftsvertrages insofern beschlossen worden sei, als die bestehende B. Gesellschaft in Z. Gesellschaft geändert worden sei. Selbst wenn man davon ausgehe, daß diese Änderung des Firmenwortlautes nicht rechtswirksam durchgeführt worden sei, könne dies nicht ihm angelastet werden. Allenfalls wäre eben davon auszugehen, daß bis zur rechtswirksamen Eintragung in das Handelsregister die B. Gesellschaft als Dienstgeber anzusehen sei. Mit dieser Frage habe sich die belangte Behörde rechtswidrigerweise nicht auseinandergesetzt.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens bestand im relevanten Zeitraum die B. Gesellschaft. Daran vermöchte auch - entgegen der von der erstmitbeteiligten Partei auch noch in ihrer Gegenschrift vertretenen Meinung - der behauptete (aber nicht aktenkundige) Umstand, daß diese Gesellschaft im Firmenbuch beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Handelsgericht infolge der Verlegung ihres Sitzes am 20. Juli 1989 nach Wien gelöscht worden sei, nichts zu ändern. Das Gericht des neuen Sitzes hätte dann nämlich nur zu prüfen gehabt, ob der Sitz ordnungsgemäß verlegt wurde und sich die Firma der Gesellschaft von allen an dem Ort des neuen Sitzes bestehenden und in das Handelsregister eingetragenen Firmen deutlich unterschieden hat. Wären diese Voraussetzungen vorgelegen, so wäre die Sitzverlegung einzutragen gewesen. Das Gericht des neuen Sitzes hätte in einem solchen Fall die ihm mitgeteilten Eintragungen ins Handelsregister des bisherigen Sitzes ohne weitere Nachprüfung in sein Register (§ 13c Abs. 2 HGB aF) zu übernehmen gehabt. Die erfolgte Eintragung wäre dem Gericht des bisherigen Sitzes, das die erforderlichen Eintragungen von Amts wegen vorzunehmen hat, vom neuen Handelsregistergericht mitzuteilen gewesen (§ 13c Abs. 2 letzter Satz HGB aF). Der rechtliche Bestand der Gesellschaft wäre durch diese Sitzverlegung aber ebensowenig berührt worden wie durch die aktenkundige Sitzverlegung von Wien nach Graz.

Aber auch die Änderung des Firmenwortlautes einer Gesellschaft ändert nicht ihren rechtlichen Bestand. Das Rechtssubjekt bleibt trotz der Änderung des Firmenwortlautes ein und dasselbe. Es ist daher verfehlt, wenn die belangte Behörde zufolge der (behaupteten, aber im Handelsregister nicht durchgeführten) Umbenennung der B. Gesellschaft in Z. Gesellschaft jene als Rechtsvorgängerin bezeichnet. Die Änderung des Firmenwortlautes ist (nur) eine Änderung des Gesellschaftsvertrages und daher zum Handelsregister anzumelden (§ 51 Abs. 1 GmbH-Gesetz), berührt aber nicht die Identität der Gesellschaft als juristische Person. Erst die Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages, so auch des Firmenwortlautes, hat konstitutive Wirkung (§ 49 Abs. 2 leg. cit.). Da nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Änderung des Gesellschaftsvertrages in bezug auf die Firma noch nicht im Handelsregister (jetzt Firmenbuch) durchgeführt wurde, konnte der durch den Gesellschaftsvertrag gewählte neue Name im Rechtsverkehr nicht rechtens verwendet werden. Dies bedeutet aber nur, daß die B. Gesellschaft im relevanten Zeitraum nur als solche bezeichnet werden konnte und die Benennung als Z. Gesellschaft fehlerhaft gewesen ist. Dies ändert aber nichts daran, daß auch mit dem fehlerhaften Firmennamen derselbe Dienstgeber bezeichnet werden sollte, d.h. die B. Gesellschaft. Dies ergibt sich auch aus dem den Beschwerdeführer betreffenden Fragebogen vom 15. Oktober 1989, der der erstmitbeteiligten Partei übermittelt wurde. In diesem von der Z. Gesellschaft gezeichneten Schriftstück wurde unter anderem auf die "Umwandlung" der "B AUF Z Ges.m.b.H."

hingewiesen. Diesem Schriftstück war das Gesuch um Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages in bezug auf den Firmenwortlaut angeschlossen. Aus diesen Vorgängen ergibt sich, daß nicht nur bis zur Umbenennung des Firmenwortlautes durch Änderung des Gesellschaftsvertrages, sondern bis zur Eintragung dieser Änderung im Handelsregister die "B. Ges.m.b.H." genannte Gesellschaft als Dienstgeber des Beschwerdeführers auftrat. Daß die Geschäftsführer der B. Gesellschaft gegenüber der erstmitbeteiligten Partei, ohne hiezu rechtlich befugt zu sein, bereits den neuen Firmenwortlaut verwendeten, schadet nicht, weil das angesprochene Rechtssubjekt ein und dasselbe war.

Es kann daher nicht mit der belangten Behörde davon ausgegangen werden, daß die Dienstgebereigenschaft der B. Gesellschaft nicht Sache dieses Verfahrens ist. Gegenstand des gegenständlichen Verfahrens war somit die Frage der Beschäftigung des Beschwerdeführers in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zur fälschlich Z., richtig B. Ges.m.b.H. genannten Gesellschaft unter Berücksichtigung, daß diese während eines Teiles des hier streitgegenständlichen Zeitraumes ihren Sitz in Wien hatte. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Begehren auf Stempelgebührenersatz war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit (§ 110 Abs. 1 Z. 2 ASVG) abzuweisen.

Schlagworte

Besondere Rechtsprobleme Verhältnis zu anderen Normen Materien Sozialversicherung Handelsrecht Gesellschaftsrecht Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit Dienstnehmer Begriff Wirtschaftliche Abhängigkeit Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit juristische Person Personengesellschaft des Handelsrechts

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994080113.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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