TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/21 96/11/0118

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Veröffentlicht am 21.05.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §38;
AVG §58 Abs2;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §73 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde der K in J, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 8. März 1996, Zl. VI/2-V-2167/5-1996, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit diesem im Instanzenzug ergangenen Bescheid (in teilweiser Bestätigung des Erstbescheides der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 26. Juli 1995) gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die bis 22. November 1995 befristete Lenkerberechtigung der Beschwerdeführerin für Kraftfahrzeuge der Gruppe B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen wurde, daß ihr bis 17. Juli 1998 (d.s. drei Jahre von der vorläufigen Abnahme des Führerscheines an) keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Grund für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, daß die Beschwerdeführerin am 17. Juli 1995 eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 (Alkoholgehalt der Atemluft 0,93 mg/l) begangen hat. Die Bestrafung wegen dieser Verwaltungsübertretung ist rechtskräftig (Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 18. Dezember 1995). Bei der Wertung dieser bestimmten Tatsache und der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 berücksichtigte die belangte Behörde die in den Jahren 1985 bis 1993 erfolgten Begehungen vier weiterer Alkoholdelikte, die insgesamt zwei vorübergehende Entziehungen der Lenkerberechtigung nach sich gezogen hatten, sowie einen weiteren Vorfall vom 13. September 1995, bei dem die Beschwerdeführerin, ohne im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung zu sein, ein Kraftfahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt haben soll. Die Bestrafung wegen dieses Vorfalles sei infolge Berufung der Beschwerdeführerin an den unabhängigen Verwaltungssenat noch nicht rechtskräftig.

Die Beschwerdeführerin ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Administrativbehörde an rechtskräftige Bestrafungen gebunden ist, daß es ihr aber gemäß § 38 AVG freisteht, die Begehung einer Verwaltungsübertretung als Vorfrage selbst zu beurteilen. Es kann daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zur Folge haben, wenn die Erstbehörde die Begehung der Verwaltungsübertretung vom 17. Juli 1995 als Vorfrage mangels einer rechtskräftigen Entscheidung der Strafbehörde selbst beurteilt, die belangte Behörde sich als Berufungsbehörde jedoch auf die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegebene Bindung an den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 18. Dezember 1995 berufen hat. Von einer derartigen Bindung ist auch in Ansehung jenes der vier ersten Alkoholdelikte (vom 19. September 1993) auszugehen, welches nicht zum Anlaß einer "Maßnahme gemäß § 73 oder § 74 KFG" genommen wurde (was im übrigen nicht - wie die Beschwerdeführerin vermeint - deswegen unterblieb, weil die Bestrafung nach Auffassung der Entziehungsbehörde "ungerechtfertigt" war, sondern weil die befristete Lenkerberechtigung der Beschwerdeführerin bereits erloschen war).

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ist sehr wohl nachvollziehbar, wieso die belangte Behörde von insgesamt sechs Alkoholdelikten spricht: Neben den vier ausdrücklich aufgezählten, von denen jenes vom 19. September 1993 das letzte war, meint sie weiters das ihrer Auffassung nach gegebene vom 13. September 1995, hinsichtlich dessen die Bestrafung jedoch nicht rechtskräftig war, und das als bestimmte Tatsache im vorliegenden Entziehungsverfahren herangezogene Alkoholdelikt vom 17. Juli 1995. Die Heranziehung der ersten Alkoholdelikte erfolgte nicht als bestimmte Tatsache, sondern im Rahmen der Wertung nach § 66 Abs. 3 KFG 1967 und der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967. Dies war zulässig, weil in diesem Zusammenhang alle für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit einer bestimmten Person relevanten Verhaltensweisen berücksichtigt werden dürfen, selbst wenn sie schon längere Zeit zurückliegen, wie z.B. auch strafbare Handlungen, hinsichtlich derer die Bestrafung bereits getilgt wurde. Diese Vielzahl von Alkoholdelikten belegt die von der Beschwerdeführerin geleugnete Neigung zur Begehung solcher Verwaltungsübertretungen. Dabei spielt es keine Rolle, daß die Bestrafung wegen des Alkoholdeliktes vom 13. September 1995 nicht rechtskräftig ist, weil es im gegebenen Zusammenhang ohne ausschlaggebende Bedeutung ist, ob die Beschwerdeführerin fünf oder sechs Alkoholdelikte begangen hat. Es ist daher auch ohne Einfluß auf den Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, daß die belangte Behörde die offenbar in selbständiger Vorfragenbeurteilung vorgenommene Annahme der Begehung dieses Alkoholdeliktes nicht ausreichend begründet hat. Selbst die Annahme, die Beschwerdeführerin hätte am 13. September 1995 kein Alkoholdelikt begangen, hätte nicht zur Folge gehabt, daß die "Entziehungsdauer" zum Nachteil der Beschwerdeführerin zu lang bemessen worden wäre.

Gerade weil es sich um die dritte Entziehung der Lenkerberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit im Zusammenhang mit Alkoholdelikten handelt und bisher zumindest fünf Alkoholdelikte von der Beschwerdeführerin begangen worden sind, kam für die belangte Behörde eine weitere bloß vorübergehende Entziehung nicht mehr in Frage, haben doch die beiden bisher erfolgten vorübergehenden Entziehungen keine Änderung der relevanten Sinnesart der Beschwerdeführerin bewirkt.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996110118.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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