TE Vwgh Beschluss 2022/3/21 Ra 2022/04/0012

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Veröffentlicht am 21.03.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
14/01 Verwaltungsorganisation
40/01 Verwaltungsverfahren
83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

UVPG 2000 §20
VwGG §30 Abs2

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2022/04/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge 1. von B und 2. des A, beide vertreten durch Mag. Wolfram Schachinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Hafengasse 16/4-5, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Dezember 2021, Zl. W113 2230957-1/36E, betreffend Abnahmeprüfung nach § 20 UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: E GmbH, vertreten durch Onz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 14. Februar 2020 stellte die Steiermärkische Landesregierung gemäß § 20 UVP-G 2000 fest, dass die Ausführung des Vorhabens Windpark H der mitbeteiligten Partei unter Berücksichtigung konkret angeführter nachträglich genehmigter geringfügiger Abweichungen dem (näher bezeichneten) Genehmigungsbescheid entspreche.

2        Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerden (sowohl der revisionswerbenden Parteien als auch der mitbeteiligten Partei) änderte das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22. Dezember 2021 diesen Bescheid in einigen Punkten (darunter hinsichtlich der Auflage 151) ab und wies die Beschwerden im Übrigen als unbegründet ab.

3        Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien außerordentliche Revision. Der damit verbundene Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde wie folgt begründet:

„Das bekämpfte Erkenntnis ist einem Vollzug zugänglich. Jedenfalls entfaltet das Erkenntnis gravierende Rechtswirkungen, die durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zumindest vorläufig gehemmt werden können.

Die Vollzugsfähigkeit besteht darin, dass der Windpark weiterhin ohne Vogelradar und somit ohne Hintanhaltung der bewussten in Kauf genommenen Tötung von geschützten Vögeln betrieben würde.

Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stehen keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen. [...]“

4        Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Stellungnahme, in der sie die Vollzugstauglichkeit des angefochtenen Erkenntnisses bestritt, zwingende öffentliche Interessen ins Treffen führte und eine Verletzung der Darlegungs- und Konkretisierungsverpflichtung monierte.

5        Nach § 30 Abs. 1 VwGG kommt einer Revision keine aufschiebende Wirkung zu. Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers jedoch die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für die revisionswerbende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

6        Nach der ständigen Rechtsprechung ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichts auszugehen. Unter den „Annahmen des Verwaltungsgerichts“ sind hierbei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. zu allem etwa VwGH 4.2.2019, Ra 2018/04/0179, Rn. 9, mwN).

7        Hinsichtlich der (im Hinblick auf die Geltendmachung der Nichterrichtung eines Vogelradars) maßgeblichen Auflage 151 hat das Verwaltungsgericht gestützt auf die von ihm als schlüssig und überzeugend angesehenen Ausführungen des beigezogene Sachverständigen aus dem Bereich Ornithologie seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass - auch ohne Errichtung eines Vogelradars - eine ausreichend beurteilbare Quantifizierung des Vogelzugs (wenn auch auf anderem Weg) stattgefunden habe und im Hinblick auf die geringe zu erwartende, aus den vorgelegten Unterlagen plausibel ableitbare Schlagopferzahl sich das Mortalitätsrisiko der Vögel gegenüber dem allgemeinen Lebensrisiko nicht erhöhe und somit nicht von der Erfüllung des Tötungstatbestandes auszugehen sei. Diesen nicht von vornherein als unschlüssig anzusehenden Annahmen treten die revisionswerbenden Parteien nicht substantiiert entgegen. Die dargestellten Ausführungen entsprechen somit nicht den Anforderungen an die Konkretisierungspflicht.

8        Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher schon deshalb nicht stattzugeben, weil die revisionswerbenden Parteien einen unverhältnismäßigen Nachteil (vgl. zum unverhältnismäßigen Nachteil im Fall einer Umweltorganisation erneut VwGH Ra 2018/04/0179, Rn. 10, mwN) nicht ausreichend konkretisiert dargelegt haben.

9        Angesichts dessen erübrigt es sich, auf das Vorbringen der mitbeteiligten Partei betreffend die (behaupteter Maßen fehlende) Vollzugstauglichkeit des angefochtenen Erkenntnisses sowie das (behauptete) Vorliegen zwingender öffentlicher Interessen einzugehen.

Wien, am 21. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022040012.L00

Im RIS seit

25.07.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.07.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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