TE Lvwg Beschluss 2022/4/26 VGW-031/022/18419/2021-4

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Veröffentlicht am 26.04.2022
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Entscheidungsdatum

26.04.2022

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
82/02 Gesundheitsrecht allgemein
L94009 Sonstiges Gesundheitsrecht Wien

Norm

B-VG Art. 139 Abs1 Z1
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §4 idF BGBl. I 104/2020
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §7 Abs1 idF BGBl. I 104/2020
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §7 Abs2 idF BGBl. I 104/2020
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §8 Abs2 idF BGBl. I 23/2021
Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 idF LGBl. 18/2021 §1
Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 idF LGBl. 18/2021 §2
Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 idF LGBl. 18/2021 §3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien stellt durch sein Mitglied Dr. Andreas Lehner im Verfahren über die Beschwerde des A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 24.11.2021, Zl. MBA/.../2021, gemäß Art. 89 Abs. 2 iVm Art. 135 Abs. 4 B-VG den

ANTRAG

Der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 1 B-VG aussprechen,

dass § 1 und Anlage 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl. für Wien 18/2021, gesetzwidrig war,

in eventu,

dass die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl. für Wien 18/2021, inkl. Anhänge gesetzwidrig war.

BEGRÜNDUNG

I. Anlassfall

Mit Straferkenntnis vom 24.11.2021, Zl. MBA/.../2021, wurde der Beschwerdeführer zur Leistung einer Geldstrafe von EUR 120,— im Falle der Uneinbringlichkeit zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Stunden verpflichtet, weil er am 3.4.2021 um 17:04 Uhr als Fußgänger beim Betreten des stark frequentierten Ortes im Freien nach Anlage 1 der Verordnung LGBl. für Wien 18/2021, nämlich am Donaukanal zwischen Franzensbrücke und Friedensbrücke, am Treppelweg zwischen Salztorbrücke und Marienbrücke, keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil und keine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard getragen habe und kein Ausnahmegrund gemäß § 2 der Verordnung LGBl. für Wien 18/2021 vorgelegen sei bzw. ein solcher auch nicht glaubhaft gemacht worden sei.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien, in welcher er vorbringt, dass er lediglich kurz am Donaukanal nach einer Toilette gesucht und vergessen habe, dass dort Maskentragepflicht herrsche. Er sei dabei aber nie in der Nähe von anderen Menschen gewesen, der Mindestabstand von zwei Metern sei immer eingehalten worden und er habe daher niemanden gefährdet. Außerdem habe er nach Anhaltung durch die Polizei und Hinweis auf die Maskentragepflicht die Maske sofort aufgesetzt und auch aufbehalten. Da die Maskentragepflicht am Donaukanal erst kurz vorher in Kraft getreten sei, hätte ihn die Polizei seiner Ansicht nach nur an die Maske erinnern und nicht gleich strafen sollen, weshalb er um Einstellung des Verfahrens ersuche.

Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgericht Wien von der belangten Behörde samt dem Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom 3.3.2022 ersuchte das Verwaltungsgericht Wien den Landeshauptmann von Wien (im Folgenden: die verordnungserlassende Behörde) um Übermittlung des vollständigen Verordnungsaktes (bzw. einer vollständigen Kopie des Verordnungsaktes – Ausdruck aus dem elektronischen Aktes) betreffend die „Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19“ inkl. Beilagen, LGBl. für Wien 18/2021. Mit Schreiben vom 15.3.2022 wurde der entsprechende Verordnungsakt dem Verwaltungsgericht Wien vorgelegt.

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses sind beim Verwaltungsgericht Wien die unten näher dargelegten Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der anzuwendenden Verordnungsbestimmung entstanden.

II. Zur Rechtslage

Im vorliegenden Fall kommen die folgenden Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz), BGBl. I 12/2020, zur Anwendung:

In der Fassung BGBl. I 104/2020:

„Betreten und Befahren von bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit

§ 4. (1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten und das Befahren von

1. bestimmten Orten oder

2. öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit

geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen diese Orte betreten und befahren werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren bestimmter Orte gemäß Abs. 1 Z 1, nicht aber öffentlicher Orte in ihrer Gesamtheit gemäß Abs. 1 Z 2 untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.

[…]

Zuständigkeiten

§ 7. (1) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz sind vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen.

(2) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz können vom Landeshauptmann erlassen werden, wenn keine Verordnung gemäß Abs. 1 erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu einer Verordnung gemäß Abs. 1 festgelegt werden. Verordnungen gemäß § 5 bedürfen der Zustimmung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers.

(3)-(6) […]“

In der Fassung BGBl. I 23/2021:

„Strafbestimmungen

§ 8. (1) […]

(2) Wer

1. […]

2. die in einer Verordnung gemäß § 4 genannten Orte entgegen den dort festgelegten Zeiten, Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.

(3)-(6) […]“

Die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 lautete in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung LGBl. für Wien 18/2021:

„Maskentragepflicht

§ 1. Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ist beim Betreten oder Befahren der in den Anlagen 1 bis 5 planlich dargestellten stark frequentierten öffentlichen Orte im Freien von Fußgängern und Benutzern von Fortbewegungsmitteln jeglicher Art, für die keine Lenkberechtigung im Sinne des § 2 Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 48/2021 erforderlich ist, zusätzlich zu den in der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 58/2021, in der Fassung BGBl. II Nr. 139/2021, getroffenen Anordnungen eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.

Ausnahmen von der Maskentragepflicht

§ 2. (1) Die Pflicht zum Tragen einer Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder einer Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard gemäß § 1 besteht nicht, sofern ein Ausnahmegrund nach § 17 Abs. 3 bis 6 und Abs. 8 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 58/2021, in der Fassung BGBl. II Nr. 120/2021 vorliegt. Liegt eine solche Ausnahme vor, so gilt § 17 Abs. 3 bis 6 und Abs. 8 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 58/2021, in der Fassung BGBl. II Nr. 139/2021 sinngemäß.

(2) Das Vorliegen eines Ausnahmegrundes gemäß § 17 Abs. 3 bis 6 und Abs. 8 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 58/2021, in der Fassung BGBl. II Nr. 139/2021 ist auf Verlangen gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes glaubhaft zu machen.

Inkrafttreten

§ 3. Diese Verordnung tritt mit 1. April 2021 in Kraft und mit Ablauf des 10. April 2021 außer Kraft.“

Die Anlagen 1 bis 5 zu dieser Verordnung enthalten planliche Darstellungen, auf denen der konkrete Geltungsbereich der Verordnung 1.) entlang des Donaukanals, 2.) am Schwedenplatz, 3.) zwischen Museumsquartier und Burgring, 4.) im Umkreis des Stephansdoms und 5.) im Bereich Karlsplatz und Resselpark, eingezeichnet ist.

III. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.  Zur Präjudizialität und den Auswirkungen auf die Rechtssache

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Antrag iSd Art. 139 Abs. 1 Z 1 B-VG bzw. des Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückzuweisen, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. zuletzt VfGH 12.12.2018, V 16/2018 mwN).

Das im vorliegenden Fall angefochtene Straferkenntnis stützt sich ausdrücklich auf § 8 Abs. 2 Z 2 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I 12/2020 idF BGBl. I 23/2020, iVm § 1 iVm Anlage 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl. für Wien 18/2021, womit das Verwaltungsgericht Wien diese Bestimmungen in den genannten Fassungen bei der Entscheidung des Rechtsfalles anzuwenden hat (vgl. § 1 Abs. 2 VStG zur grundsätzlichen Maßgeblichkeit des Tatzeitrechts).

In diesem Zusammenhang ist zwar zu beachten, dass § 1 der angefochtenen Verordnung in der Fassung LGBl. für Wien 18/2021 von 1.4.2021 bis 10.4.2021 dem Rechtsbestand angehörte, da gemäß § 3 leg.cit. die gesamte Verordnung mit 1.4.2021 in Kraft und mit Ablauf des 10.4.2021 außer Kraft trat. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien führt dieser Umstand aber auch unter Beachtung des gemäß § 1 Abs. 2 VStG und Art. 7 EMRK gebotenen Günstigkeitsvergleiches nicht zum Entfall der Strafbarkeit und – damit einhergehend – zum Wegfall der für den gegenständlichen Antrag erforderlichen Präjudizialität (vgl. dazu VfSlg. 16.649/2002, 20.039/2016; seit der Novelle BGBl. I 33/2013 ist der Günstigkeitsvergleich auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anzustellen – vgl. dazu ua. VwGH 21.5.2019, Ra 2019/11/0017; zur Rechtslage davor hingegen VwSlg. 19.453 A/2016):

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der in § 1 Abs. 2 VStG enthaltene Grundsatz – wonach sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre – nur dann zur Anwendung, wenn die spätere Gesetzgebung zu erkennen gegeben hat, dass das Unwerturteil über das zur Zeit der Begehung strafbare Verhalten nachträglich milder einzuschätzen oder ganz weggefallen ist. Wollte der Gesetzgeber das strafrechtliche Unwerturteil über die Nichtbefolgung der in Betracht kommenden Verpflichtung hingegen weiterhin aufrechterhalten, besteht trotz der aus § 1 Abs. 2 VStG hervorleuchtenden Grundsätze keine Handhabe, das zum Zeitpunkt der Tat strafbar gewesene Verhalten anders zu beurteilen, als es zu beurteilen gewesen wäre, wenn die Entscheidung vor Inkrafttreten der Änderung erlassen worden wäre (VwGH 16.3.1994, 92/03/0106 hinsichtlich eines später aufgehobenen Haltegebots; siehe auch VwGH 26.1.1988, 96/17/0405; 19.10.1988, 88/03/0083; 24.4.2014, 012/02/0299). Aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass der Günstigkeitsvergleich in erster Linie auf eine (zwischenzeitliche) Änderung der Strafnorm abstellt und eine Änderung der Übertretungsnorm nur im Ausnahmefall zum Entfall der Strafbarkeit führen kann – nämlich dann, wenn mit der Änderung der Übertretungsnorm auch das damit vertypte Unrecht zur Gänze weggefallen ist.

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien davon auszugehen, dass der Normsetzer durch die Beseitigung der Verordnung nicht das damit verbundene Unwerturteil an sich beseitigen wollte. Vielmehr ging der Normsetzer offenkundig stets von der zeitlich befristeten Geltung der Maskenpflicht an hoch frequentierten Orten in Wien aus, deren Ziel mit einer bestimmten Reduktion der Infektionszahlen erreicht war. So war die Verordnung in der Stammfassung LGBl. 18/2021 zunächst bis zum Ablauf des 10.4.2021 in Kraft und wurde mit LGBl. 20/2021 bis zum Ablauf des 18.4.2021 und durch LGBl. 23/2021 bis zum Ablauf des 2.5.2021 verlängert. Es ist kein Grund erkennbar, dem Verordnungsgeber mit der Erreichung dieses Ziels – trotz der Übertretungen – auch einen Entfall des Unwerturteils zu unterstellen.

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und unter Beachtung der oben dargelegten Rechtsprechung zu § 1 Abs. 2 VStG erscheint es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien somit zumindest nicht „denkunmöglich“, dass die mit dem vorliegenden Fall angefochtene Bestimmung anzuwenden ist.

Dem Beschwerdeführer wird in dem beim Verwaltungsgericht angefochtenen Straferkenntnis ein Verstoß gegen § 1 iVm Anlage 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl. für Wien 18/2021, zur Last gelegt. Sollte der Verfassungsgerichtshof aussprechen, dass § 1 der Verordnung oder die Verordnung als Ganzes rechtswidrig war, könnte dem Beschwerdeführer ein Verstoß gegen diese Norm nicht mehr zur Last gelegt werden. Das angefochtene Straferkenntnis wäre daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

2.  Zum Anfechtungsumfang

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg. 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg. 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen –beseitigt werden kann (VfSlg. 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.03.2015, G 201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg. 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.06.2015, G 211/2014; 7.10.2015, G 444/2015; VfSlg. 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl. zB VfSlg. 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg. 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach § 62 Abs. 1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G 639/2015; 15.10.2016, G 103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G 79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G 324/2015; 15.10.2016, G 183/2016 ua).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

Die Bedenken des antragstellenden Gerichtes richten sich gegen § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl. für Wien 18/2021 und die darin enthaltene Vorgabe, wonach an den planlich dargestellten stark frequentierten öffentlichen Orte im Freien eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen ist. Die Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien ergeben sich hierbei – wie sogleich unter Punkt IV. dargelegt wird – im Wesentlichen aus der mangelnden Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen, insbesondere der mangelnden Dokumentation wissenschaftlicher Evidenz zur Wirkung des Tragens von Masken im Freien.

§ 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl. für Wien 18/2021, besteht aus nur einem Satz, eine Aufhebung von nur einem Teil des § 1 der Verordnung würde der Verordnung entweder einen völlig veränderten, dem Verordnungsgeber nicht mehr zusinnbaren Inhalt geben oder würde einen sprachlich unverständlichen Torso hinterlassen. Aus diesem Grund sieht sich das Verwaltungsgericht Wien veranlasst § 1 der Verordnung zur Gänze anzufechten. Sollte sich nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes eine allfällige Gesetzwidrigkeit durch das Erkennen der Gesetzwidrigkeit einzelner Wortfolgen (z.B. „Fußgängern und“) oder nur des Anhanges 1 beseitigen lassen wäre der Antrag im Übrigen ab- oder zurückzuweisen.

Sollte der Verfassungsgerichtshof aber der Auffassung sein, dass § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl. für Wien 18/2021, mit den übrigen Bestimmungen der Verordnung in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und daher der Hauptantrag aufgrund eines zu eng gefassten Anfechtungsumfanges zurückgewiesen werden, wird der Eventualantrag gestellt, zu erkennen, dass die gesamte Verordnung gesetzwidrig war.

IV. Bedenken

Das Verwaltungsgericht Wien hegt gegen die angefochtene Verordnungsbestimmung folgende Bedenken:

Die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 hatte ihre Rechtsgrundlage in § 4 iVm § 7 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I 12/2020 idF BGBl. I 104/2020. Gemäß § 4 leg.cit. kann beim Auftreten von COVID-19 durch Verordnung das Betreten und das Befahren von bestimmten Orten oder öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. In einer solchen Verordnung kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen diese Orte betreten und befahren werden dürfen. § 7 Abs. 2 leg.cit. ermächtigte den Landeshauptmann, Verordnungen nach diesem Bundesgesetz zu erlassen, wenn keine Verordnung vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu einer Verordnung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers festgelegt werden.

Damit hat § 4 iVm 7 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz idF BGBl I 23/2020 dem Verordnungsgeber eine weitreichende Ermächtigung übertragen, zumal der Verordnungsgeber gestützt auf die erwähnte Verordnungsbestimmung auch ermächtigt ist, mitunter umfassende Beschränkung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten anzuordnen.

Überlässt der Gesetzgeber im Hinblick auf bestimmte tatsächliche Entwicklungen dem Verordnungsgeber die Entscheidung, welche aus einer Reihe möglicher, unterschiedlich weit gehender, aber jeweils Grundrechte auch intensiv einschränkender Maßnahmen er seiner Prognose zufolge und in Abwägung der betroffenen Interessen für erforderlich hält, hat der Verordnungsgeber seine Entscheidung auf dem in der konkreten Situation zeitlich und sachlich möglichen (vgl. VfSlg. 15.765/2000) und zumutbaren Informationsstand über die relevanten Umstände, auf die das Gesetz maßgeblich abstellt, und nach Durchführung der gebotenen Interessenabwägung zu treffen. Dabei muss er diese Umstände ermitteln und dies im Verordnungserlassungsverfahren entsprechend festhalten, um eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung zu gewährleisten (darauf hat der Verfassungsgerichtshof bereits in mehrfachem Zusammenhang abgestellt, vgl. VfSlg. 11.972/1989, 17.161/2004, 20.095/2016). Determiniert das Gesetz die Verordnung inhaltlich nicht so, dass der Verordnungsinhalt im Wesentlichen aus dem Gesetz folgt, sondern öffnet er die Spielräume für die Verwaltung so weit, dass ganz unterschiedliche Verordnungsinhalte aus dem Gesetz folgen können, muss der Verordnungsgeber die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände entsprechend ermitteln und dies im Verordnungserlassungsverfahren auch nachvollziehbar festhalten, sodass nachgeprüft werden kann, ob die konkrete Verordnungsregelung dem Gesetz in der konkreten Situation entspricht (vgl. VfGH 01.10.2020, G 271/2020, V463/2020 ua, mwN).

Mit § 4 COVID-19-Maßnahmengesetz in der hier maßgeblichen Fassung überträgt der Gesetzgeber der verordnungserlassenden Behörde einen Einschätzungs- und Prognosespielraum, ob und wieweit sie zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 auch erhebliche Grundrechtsbeschränkungen für erforderlich hält, womit der Verordnungsgeber seine Entscheidung als Ergebnis einer Abwägung mit den einschlägigen grundrechtlich geschützten Interessen der betroffenen Personen zu treffen hat. Der Verordnungsgeber muss also in Ansehung des Standes und der Ausbreitung von COVID-19 notwendig prognosehaft beurteilen, inwieweit in Aussicht genommene Maßnahmen wie die Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 geeignete (der Zielerreichung dienliche) erforderliche (gegenläufige Interessen weniger beschränkend und zugleich weniger effektiv nicht mögliche) und insgesamt angemessene (nicht hinnehmbare Grundrechtseinschränkungen ausschließende) Maßnahmen darstellen.

Der Einschätzungs- und Prognosespielraum des Verordnungsgebers umfasst insoweit auch die zeitliche Dimension dahingehend, dass ein schrittweises, nicht vollständig abschätzbare Auswirkungen beobachtendes und entsprechend wiederum durch neue Maßnahmen reagierendes Vorgehen von der gesetzlichen Ermächtigung des § 4 COVID-19-Maßnahmengesetz vorgesehen und auch gefordert ist.

Der Verordnungsgeber ist verpflichtet, die Wahrnehmung seines Entscheidungsspielraums im Lichte der gesetzlichen Zielsetzungen insoweit nachvollziehbar zu machen, als er im Verordnungserlassungsverfahren festhält, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Verordnungsentscheidung fußt und die gesetzlich vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolgt ist. Die diesbezüglichen Anforderungen dürfen naturgemäß nicht überspannt werden, sie bestimmen sich maßgeblich danach, was in der konkreten Situation möglich und zumutbar ist. Auch in diesem Zusammenhang kommt dem Zeitfaktor entsprechende Bedeutung zu. Für die Beurteilung des VfGH ist der Zeitpunkt der Erlassung der entsprechenden Verordnungsbestimmungen und die diesen zugrunde liegende aktenmäßige Dokumentation maßgeblich (vgl. dazu etwa VfGH 10.03.2021, V 573/2020 und 01.10.2020, G 271/2020, V 463/2020 ua)

Nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes mangelt es – nach Durchsicht der von der verordnungserlassenden Behörde vorgelegten Verordnungsakten – bezüglich der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl. für Wien 18/2021 und somit auch im Hinblick auf § 1 leg.cit. an einer entsprechenden aktenmäßigen Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen.

Der vorgelegte Verordnungsakt beschränkt sich auf Entwürfe der Verordnung samt Anlagen und Materialien sowie die entsprechenden Druckfahnen, Zeitungsartikel (im Wesentlichen aus März 2021) über „Corona-Parties“ und „Party-Hotspots“ in Wien sowie einem Schreiben der Magistratsdirektion, Sofortmaßnahmen und Stadtservice, betreffend „Begründung für FFP2 Maskenpflicht in öffentlichen Bereichen – COVID-19-Pandemie“. In diesem Schreiben wird der Magistratsabteilung 40 „wie im medizinischen Krisenstab am 30.3.2021 besprochen“ die Begründung für eine Verordnung bezüglich Verpflichtung zum Tragen einer FFP-2 Maske an bestimmten öffentlichen Bereichen übermittelt. In dem Schreiben wird festgehalten, dass die aufgezählten Bereiche hinsichtlich der Verbreitung von COVID-19 kritisch gesehen werden. Sie befänden sich zentral in dicht bebautem und besiedeltem Gebiet und seien sehr gut an den öffentlichen Verkehr angebunden. Da sie aufgrund der Grünräume und der attraktiven Sitz- und Verweilmöglichkeiten zu längeren Aufenthalten einladen würden, seien sie vor allem in den warmen Jahreszeiten sehr beliebte Aufenthaltsorte unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen. Im Zuge von Kontrollmaßnahmen sei häufig festgestellt worden, dass die entsprechenden Mindestabstände alleine aufgrund des begrenzten Raumangebotes sehr schwer eingehalten und das dadurch notwendige Tragen einer FFP2-Maske nicht eingehalten werde.

Außerdem beinhaltet der Verordnungsakt „Erläuterungen“ in denen dargestellt wird, dass die epidemiologische Situation aufgrund der zunehmenden Verbreitung der UK-Variante (B.1.1.7) in Wien zunehmend angespannt sei und insbesondere die Rate von schweren Krankheitsverläufen zunehme. Weiters wird ausgeführt, dass sich die „UK-Virus-Variante“ als ca. 22% infektiöser herausgestellt habe, weshalb „davon auszugehen [ist], dass auch nahe Sprechkontakte im Freien einen relevanten Beitrag zur Übertragung leisten“.

Damit hat der Verordnungsgeber zwar dargelegt, weshalb aus seiner Sicht Handlungsbedarf bestand, es fehlt aber jeder Hinweis darauf, aufgrund welcher Annahme oder Evidenz davon ausgegangen wurde, dass die Verordnung einer Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken im Freien einen Beitrag zur Entschärfung der angespannten epidemiologischen Lage leisten werde. Der Verordnungsakt enthält weder eine Stellungnahme von fachkundigen Personen zur Wirkung von FFP2-Masken im Freien (obwohl es offenbar eine Besprechung dazu im medizinischen Krisenstab gab), noch wird auf andere nachvollziehbarer fachliche Quellen zu dieser Wirkung verwiesen. Die vom Verordnungsgeber durchzuführende prognosenhafte Beurteilung, inwieweit in Aussicht genommene Maßnahmen wie die Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 geeignete (der Zielerreichung dienliche) erforderliche (gegenläufige Interessen weniger beschränkend und zugleich weniger effektiv nicht mögliche) und insgesamt angemessene (nicht hinnehmbare Grundrechtseinschränkungen ausschließende) Maßnahmen darstellen ist im Rechtsschutzweg nur dann nachvollziehbar, wenn dargestellt wird, auf welche zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung zugänglich wissenschaftlich fundierte Evidenz die getroffenen Annahmen gestützt werden.

Wenngleich die Anforderungen an wissenschaftlich belegte Entscheidungsgrundlagen wie dargelegt nicht überspannt werden dürfen und sich diese Anforderungen danach richten, was in der konkreten Situation möglich und zumutbar ist, hat der Verordnungsgeber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes seiner Dokumentationspflicht nicht in ausreichendem Maße entsprochen, wenn sich in der gesamten Dokumentation kein Hinweis auf die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit der Wirkung einer getroffenen Maßnahme findet, obwohl die Verordnung zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, an dem bereits entsprechende Strukturen für die fachliche Beratung bei der Erlassung von Verordnungen vorhanden waren und die internationale wissenschaftliche Aufarbeitung der verschiedenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bereits voll im Gange war.

Das Verwaltungsgericht Wien ist daher der Ansicht, dass die angefochtene Verordnungsbestimmung des § 1 und die Anlage 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl. für Wien 18/2021, mangels entsprechender aktenmäßiger Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen seinen gesetzlichen Grundlagen

nicht entspricht und daher – weil zwischenzeitig außer Kraft getreten – gesetzwidrig war.

Schlagworte

Normprüfungsverfahren; Covid-19; FFP2-Maske; Maskentragepflicht; stark frequentierte öffentliche Orte; Verordnung; Landeshauptmann, Wien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.031.022.18419.2021.4

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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