TE Lvwg Erkenntnis 2022/4/6 LVwG-2022/11/0709-2

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Veröffentlicht am 06.04.2022
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Entscheidungsdatum

06.04.2022

Norm

AVG §13 Abs7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Präsidenten Dr. Purtscher über die Beschwerde des AA, vertreten durch BB, Rechtsanwälte in **** Z, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 09.02.2022, Zl ***, betreffend die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zu einem Kaufvertrag,

zu Recht:

1.       Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Sachverhalt:

Mit Kaufvertrag vom 29.07.2021 haben CC, DD, EE und FF die Liegenschaft in EZ *** GB Y, allein bestehend aus dem Gst **1 mit 8.382 m², um den Kaufpreis von Euro 502.920,00 an AA verkauft. Beim kaufgegenständlichen Grundstück handelt es sich um ein landwirtschaftliches Grundstück.

Mit Eingabe vom 16.08.2021 hat der rechtsfreundlich vertreten Käufer dieses Rechtsgeschäft entsprechend der Vorschrift des § 23 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (TGVG) der Bezirkshauptmannschaft Z angezeigt.

Mit Bescheid vom 09.02.2022, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Z diesem Rechtsgeschäft die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt und begründend ausgeführt, dass der landwirtschaftliche Amtssachverständige den Verkehrswert des kaufgegenständlichen Grundstückes mit Euro 287.840,00 ermittelt habe. Der vereinbarte Kaufpreis von Euro 502.920,00 übersteige den ermittelten Verkehrswert um weit mehr als 30 %, weshalb der Versagungstatbestand des § 7 Abs 1 lit c [nunmehr: lit d] TGVG verwirklicht werde und damit die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu versagen gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung hat der rechtsfreundlich vertretene Käufer fristgerecht mit näherer Begründung Beschwerde erhoben.

Mit Schriftsatz vom 30.03.2022 hat der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer den Nachtrag (zum Kaufvertrag vom 29.07.2021) vom 29.03.2022 vorgelegt. Mit diesem Nachtrag wurde der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis von Euro 502.920,00 auf Euro 374.192,00 reduziert.

II.      Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen konnten unbedenklich aufgrund der Unterlagen im Behördenakt sowie aufgrund der auf Beschwerdeebene vorgelegten Unterlagen getroffen werden. Diese Feststellungen stehen im Übrigen außer Streit.

III.     Rechtslage:

Die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (TGVG), LGBl Nr 61/1996 idF LGBl Nr 204/2021, lauten auszugsweise:

„2. Abschnitt

Rechtserwerbe an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken

§ 4

Genehmigungspflicht

(1) Der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfen Rechtsgeschäfte, die den Erwerb eines der folgenden Rechte an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken zum Gegenstand haben:

a)       den Erwerb des Eigentums;

§ 7

Besondere Versagungsgründe

(1) Im Sinn der im § 1 Abs. 1 lit. a genannten Grundsätze ist die Genehmigung nach § 4 insbesondere dann zu versagen, wenn

d)       die Gegenleistung für das zu erwerbende Recht den ortsüblichen Preis oder Bestandzins oder das sonstige ortsübliche Nutzungsentgelt um mehr als 30 v. H. übersteigt,

8. Abschnitt

Verfahren

§ 23

Anzeigepflicht

(1) Jedes Rechtsgeschäft und jeder Rechtsvorgang, das (der) nach den §§ 4, 9, 12 Abs. 1 und 14a Abs. 1 der Genehmigungspflicht bzw. der Erklärungspflicht unterliegt, ist vom Rechtserwerber binnen acht Wochen nach Abschluss des betreffenden Rechtsgeschäftes oder Rechtsvorganges der Grundverkehrsbehörde, in deren Sprengel das betreffende Grundstück liegt, schriftlich anzuzeigen; dies gilt nicht im Fall des § 15 erster Satz. Die Anzeige kann auch durch den Veräußerer erfolgen. Bei Rechtserwerben, die eines Notariatsaktes bedürfen, obliegt die Anzeigepflicht dem Notar.

§ 25

Erteilung der Genehmigung

(1) Liegen die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung für den angezeigten Rechtserwerb an einem land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück oder durch einen Ausländer vor, so hat die Grundverkehrsbehörde mit schriftlichem Bescheid die Genehmigung zu erteilen.

…“

Die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, welches gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 133/2013 idF BGBl I Nr 109/2021, auch auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG sinngemäß anzuwenden sind, lauten auszugsweise:

„3. Abschnitt: Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten

Anbringen

§ 13

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

…“

IV.      Rechtliche Erwägungen:

Durch den vorliegend im Beschwerdeverfahren von den Vertragsparteien dem Verwaltungsgericht vorgelegten „Nachtrag zum Kaufvertrag vom 29.07.2021“ und die dadurch erfolgte Reduktion des Kaufpreises auf Euro 374.192,00 (= Verkehrswert von Euro 287.840,00 plus 30 %) erhielt das dem Anbringen auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung zugrunde gelegte Rechtsgeschäft einen anderen Inhalt. Dadurch erfuhr das verfahrenseinleitende Anbringen eine wesentliche Änderung. Die Vertragsteile gaben damit eindeutig zu erkennen, dass sie durch die Vertragsänderung ihr ursprüngliches verfahrenseinleitendes Anbringen nicht mehr aufrechterhalten. Die (konkludente) Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Anbringens bewirkte den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit (so der VwGH in seinem Erkenntnis vom 05.03.2015, Ra 2014/02/0159, mwN). Anknüpfend daran war sohin das Verwaltungsgericht im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gehalten, den bekämpften Bescheid (ersatzlos) zu beheben.

Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war (vgl § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG).

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die (ordentliche) Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts ist die ordentliche Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die in der vorliegenden Rechtssache zu lösende Rechtsfrage konnten anhand der eindeutigen Rechtslage sowie der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einwandfrei einer Beantwortung zugeführt werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist nicht hervorgekommen und war daher auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Purtscher

(Präsident)

Schlagworte

Vertragsänderung,
Zurückziehung,
verfahrensleitendes Anbringen,
Nachtrag Kaufvertrag,

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.11.0709.2

Zuletzt aktualisiert am

06.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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