TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/24 95/17/0466

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Veröffentlicht am 24.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §50 Abs1;
VStG §50 Abs2;
VStG §50 Abs6;
VStG §50 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. Juni 1995, Zl. UVS-05/K/25/00067/95, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 5. Dezember 1994 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe das näher bezeichnete Kraftfahrzeug am 18. August 1994 um 11.04 Uhr in Wien, Taborstraße 21A, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da der Parkschein fehlte. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Stunden) verhängt. In der Begründung heißt es, im Einspruch werde die Übertretung nicht in Abrede gestellt, jedoch eingewendet, der mittels Organstrafverfügung verhängte Strafbetrag sei bereits eingezahlt worden. Da der Strafbetrag zwar mittels des Originalbeleges, aber nicht bei einem Postamt zur Einzahlung gebracht worden sei, gelte diese Zahlungsweise als Verweigerung der Zahlung (Rückseite der Organstrafverfügung wörtlich zitiert: "Verspätete Zahlungen, Einzahlungen mit anderen Erlagscheinen sowie Überweisungen im Bank- oder Giroverkehr können auf Grund der geltenden Rechtslage nicht als schuldbefreiend anerkannt werden und hätten daher trotzdem die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge"). Wie die Aktenlage zeige, sei der Strafbetrag bei einer Bank eingezahlt und der Originalbeleg von der Bank nicht weitergeleitet worden. Die vom Beschwerdeführer gewählte Art der Einzahlung des Organstrafbetrages entspreche daher nicht der Bestimmung des § 50 Abs. 6 VStG, deren Zweck es sei, durch die Verwendung des Originalbeleges der Behörde den Einsatz einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage zu ermöglichen, mit deren Hilfe eine schnelle und genaue Kontrolle der ordnungsgemäßen Einzahlung der Strafbeträge sichergestellt werde.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer erneut vor, er habe, wie schon in seiner Faxmitteilung und in seinem Einspruch angegeben, die Summe von S 300,-- innerhalb der offenen Frist mit dem Originalerlagschein bar eingezahlt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Dies mit der Begründung, es werde die angelastete Übertretung nicht bestritten. Es werde lediglich die von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung bekämpft, wonach die Art der Einzahlung des Organstrafbetrages nicht der Bestimmung des § 50 Abs. 6 VStG entspreche. Aus dem Wortlaut des Gesetzes gehe hervor, daß unter "Einzahlung mittels Beleges" im Sinne des § 50 Abs. 6 VStG nur eine postalische Einzahlung im Sinne des § 50 Abs. 2 VStG zu verstehen sei, da § 50 Abs. 6 VStG durch den Klammerausdruck "Abs. 2" nach den Worten "Einzahlung mittels Beleges" ausdrücklich auf Abs. 2 verweise, wodurch der Regelungsinhalt des Abs. 2, also die "postalische Einzahlung", zum Regelungsinhalt auch des Abs. 6 werde. Daher gelte eine Einzahlung mittels Beleges, die nicht postalisch erfolgt sei, als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages im Sinne des § 50 Abs. 6 VStG. Zwar habe der Beschwerdeführer den Beleg einer Bank übergeben, doch habe er insofern nicht eine "Einzahlung mittels Beleges" vorgenommen, als die Einzahlung nicht bei der Post durchgeführt worden sei, sondern einer Bank der Einzahlungsbetrag in bar übergeben und diese beauftragt worden sei, einen entsprechenden Betrag von einem Konto dieser Bank auf das Konto des Empfängers zu überweisen. Die Unterlassung der - postalischen - Einzahlung mittels Beleges gelte daher gemäß § 50 Abs. 6 VStG als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages. Es sei daher gemäß § 50 Abs. 6 letzter Satz VStG die Anzeige an die Behörde zu erstatten gewesen, was die Einleitung und Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge haben mußte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht wegen Übertretung des Parkometergesetzes strenger als mit dem bezahlten Organstrafbetrag von S 300,-- bestraft zu werden bzw. in seinem Recht darauf, daß gegen ihn kein Strafverfahren eingeleitet werden durfte, verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist die Auslegung des § 50 Abs. 6 VStG. Diese Bestimmung lautet:

"Gegen die Organstrafverfügung ist kein Rechtsmittel zulässig. Verweigert der Beanstandete die Zahlung des Strafbetrages oder die Entgegennahme des Beleges (Abs. 2), so ist die Organstrafverfügung gegenstandslos. Die Unterlassung der Einzahlung mittels Beleges (Abs. 2) binnen einer Frist von zwei Wochen gilt als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages; der Lauf der Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Beleg am Tatort hinterlassen oder dem Täter übergeben wurde. Im Fall der Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages oder der Entgegennahme des Beleges (Abs. 2) ist die Anzeige an die Behörde zu erstatten."

Gemäß § 50 Abs. 2 VStG kann die Behörde die Organe (Abs. 1) ermächtigen, bei bestimmten Verwaltungsübertretungen an Stelle der Einhebung des Geldbetrages einen zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneten Beleg dem Täter zu übergeben oder, wenn dieser am Tatort nicht anwesend ist, am Tatort zu hinterlassen.

Die belangte Behörde geht davon aus, daß eine Einzahlung mittels des am Tatort hinterlassenen Beleges innerhalb der zweiwöchigen Frist erfolgte, vermeint aber, eine nicht postalisch vorgenommene Einzahlung gelte als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages nach § 50 Abs. 6 VStG.

Diese Ansicht findet im Gesetz keine Deckung, sie ist rechtsirrig. Nach § 50 Abs. 2 VStG kann die Behörde die Organe ermächtigen, bei bestimmten Verwaltungsübertretungen an Stelle der Einhebung eines Geldbetrages einen zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages GEEIGNETEN Beleg dem Täter zu übergeben oder, wenn dieser am Tatort nicht anwesend ist, am Tatort zu hinterlassen. Damit ist keineswegs normiert, daß die Bezahlung solcher Strafbeträge nur bei der Post oder

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einzuzahlen ist auf ein PSK-Konto - bei der PSK vorzunehmen ist. Wird - wie im Beschwerdefall - ein Geldinstitut mit der Anweisung des Strafbetrages auf das in Rede stehende Konto beauftragt und langt dieser Strafbetrag dort fristgerecht ein, dann ist dieser dem Gesetz entsprechend eingezahlt. Die Einzahlung über ein Postamt ist nicht erforderlich.

Weitere Voraussetzung des § 50 Abs. 6 VStG ist allerdings auch die Einzahlung mittels Beleges. Der Gesetzgeber stellt die Fiktion auf, daß eine Einzahlung ohne den übergebenen bzw. am Tatort hinterlassenen Beleg der Unterlassung der Einzahlung gleichzusetzen ist. Eine Einzahlung von Konto zu Konto und nicht "mittels Beleges" ist daher so zu behandeln, als hätte der Beanstandete den festgesetzten Strafbetrag nicht eingezahlt (vgl. Erkenntnis vom 13. Februar 1974, VwSlg. 8552/A). Die Kontrolle der Einzahlung des mit Organstrafverfügung verhängten Strafbetrages ist - insbesondere bei Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen - wesentlich vereinfacht, wenn der vom Organ der öffentlichen Aufsicht übergebene oder hinterlassene Originalbeleg verwendet wird. Die Regelung liegt daher im Interesse einer Verwaltungsökonomie (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1980, B 341/79).

Der Beschwerdeführer hat mittels Originalbeleges das Geldinstitut zur Zahlung angewiesen und nicht bloß von Konto zu Konto eingezahlt. Der Geldbetrag ist auch fristgerecht auf dem Empfangskonto eingelangt. Bei der Zahlungsabwicklung kam es nach dem Akteninhalt jedoch zu folgender, nicht dem Regelfall entsprechenden Vorgangsweise: Der Zahlschein besteht aus zwei Abschnitten, davon verbleibt ein Abschnitt beim Zahlenden und einen Abschnitt übernimmt das angewiesene Geldinstitut. Auf dem von diesem übernommenen Abschnitt ist der Verwendungszweck

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Zahlung eines bestimmten Strafbetrages - mit einer Zahlenkombination vermerkt. Aus nicht geklärten Umständen verblieb der für das angewiesene Geldinstitut bestimmte Abschnitt des Zahlscheines beim Beschwerdeführer und das angewiesene Geldinstitut übernahm den für den Beschwerdeführer bestimmten Abschnitt ohne die Kodierung des Verwendungszweckes. Dieser zuletzt genannte Beleg gelangte, da keiner Vorschreibung zuordenbar, von dem angewiesenen Geldinstitut in Kopie zur Behörde. Das Gesetz sieht nicht vor, daß der Beleg in Original der Behörde auch zuzukommen hat, erfolgen doch die entsprechenden Buchungen auf dem Konto der PSK, so daß eine von der PSK der Behörde übermittelte Kopie des Originalbeleges nicht von vornherein als Beweismittel der Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges ausscheidet.

In Beantwortung des Auskunftsersuchens nach § 1a Wiener Parkometergesetz teilte der Beschwerdeführer durch Telefax mit, der Strafbetrag sei bereits am 19. August 1994 bezahlt worden. Als Beweis war die ebenfalls mittels Telefax übermittelte Ablichtung der Vorder- und Rückseite des beim Beschwerdeführer verbliebenen Abschnittes des Originalbeleges mit dem kodierten Verwendungszweck und dem Stempelaufdruck des Geldinstitutes mit dem Datum "19. Aug. 1994" beigelegt. Damit war die Verwechslung der Abschnitte des Originalbeleges bei der Einzahlung beim Geldinstitut offenkundig. Diese Verwechslung der beiden Abschnitte des Originalbelegs bei der Einzahlung, die ohne weiteres aufzuklären gewesen wäre, kann keineswegs als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages angesehen werden. Eine derartige Verwechslung der Abschnitte ließe sich auch bei Einzahlung an einem Post- oder PSK-Bank-Schalter nie mit Sicherheit ausschließen.

Mit der Hinterlassung eines zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneten Beleges ist das Wahlrecht des Organes, eine Organstrafverfügung zu verhängen oder eine Anzeige zu erstatten, erloschen (vgl. Erkenntnis vom 28. April 1977, Zl. 179/76). Da der Strafbetrag fristgerecht mittels des Originalbeleges eingezahlt wurde, war die Erstattung einer Anzeige an die Behörde und das folgende Strafverfahren rechtswidrig. Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995170466.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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