TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/29 96/13/0028

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Veröffentlicht am 29.05.1996
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §9 Abs1;
FinStrG §1;
FinStrG §115;
FinStrG §157;
FinStrG §161 Abs1;
FinStrG §33;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
FinStrG §83;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftsführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde des Ing. G in H, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Jänner 1996, Zl. GA 10 - 759/95, betreffend Einleitung des Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist folgendes zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer hatte gemeinsam mit Ralf E. am 1. Dezember 1983 die A.-Gesellschaft m.b.H. gegründet und gemeinsam mit dem zweiten Gesellschafter bis zum 13. November 1989 auch als Geschäftsführer der Gesellschaft fungiert; mit 13. November 1989 wurden die Gesellschafter als Geschäftsführer abberufen und Heinz J. als Geschäftsführer bestellt. Nach den vom Beschwerdeführer in einer Niederschrift vom 31. August 1995 gemachten Angaben handelt es sich bei dem am 13. November 1989 als Geschäftsführer bestellten Heinz J. um einen langjährigen Bekannten des Beschwerdeführers, welchem die Geschäftsführerposition eine leichtere Ausreise aus der ehemaligen DDR ermöglicht hatte. Schon mit 11. Oktober 1989 hatte Heinz J. dem Beschwerdeführer eine Vollmacht ausgestellt, welche den Beschwerdeführer berechtigte, ihn in allen Angelegenheiten der A.-Gesellschaft m.b.H. zu vertreten.

Nachdem das Finanzamt davon Kenntnis erlangt hatte, daß die A.-Gesellschaft m.b.H. Umsätze aus Bautätigkeiten sowie Provisionserlöse erzielt hatte, welche dem Finanzamt nicht bekanntgegeben worden waren, wurde sowohl gegen den Beschwerdeführer als auch gegen Heinz J. ein Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eingeleitet. In seiner gegen den Einleitungsbescheid erhobenen Administrativbeschwerde bestritt der Beschwerdeführer jede Verantwortung für die abgabenrechtlichen Belange der A.-Gesellschaft m.b.H. mit der Erklärung, die ihm ausgestellte Vollmacht betreffe lediglich Heinz J., nicht aber die A.-Gesellschaft m.b.H.

Die Administrativbeschwerde des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß auf Grund des Vorbringens der Administrativbeschwerde lediglich zu untersuchen sei, ob im Zeitpunkt der Einleitung des Finanzstrafverfahrens der Verdacht des Vorliegens einer Abgabenhinterziehung gegeben gewesen sei. Die Ergebnisse des förmlichen Untersuchungsverfahrens seien nicht vorwegzunehmen. Da der Beschwerdeführer als langjähriger Geschäftsführer der A.-Gesellschaft m.b.H. nunmehr auch auf Grund seiner faktischen Tätigkeit, gestützt auf eine Vollmacht des im fraglichen Zeitraum nominierten Geschäftsführers, als für die abgabenrechtlichen Belange der Gesellschaft Verantwortlicher von seiner Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen gewußt haben müsse, habe die Finanzstrafbehörde erster Instanz im Zeitpunkt der Einleitung des Finanzstrafverfahrens das Vorliegen des Verdachtes einer Abgabenhinterziehung zu Recht angenommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf als verletzt zu erachten, daß gegen ihn ein Finanzstrafverfahren nicht ohne Vorliegen eines begründeten Verdachtes eingeleitet werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde geäußerte Rechtsansicht, sie habe in der Entscheidung über die Administrativbeschwerde gegen einen Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens lediglich zu untersuchen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Einleitungsbescheides der Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben gewesen sei, widerspricht, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt erkannt hat, dem Gesetz (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1995, 95/13/0158, mit weiteren Nachweisen).

Die Unrichtigkeit dieses von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid geäußerten Rechtsstandpunktes verhilft der Beschwerde im vorliegenden Fall aber deswegen zu keinem Erfolg, weil die vom Beschwerdeführer seinem Vorbringen nach in der Administrativbeschwerde vorgetragenen Umstände noch nicht geeignet waren, den von der Finanzstrafbehörde erster Instanz gewonnenen Verdacht in einer Weise zu entkräften, welche die im angefochtenen Bescheid entschiedene Bestätigung des Einleitungsbescheides rechtswidrig erweisen würde. Rechtswidrig wäre der angefochtene Bescheid nämlich nur dann gewesen, wenn entweder der Finanzstrafbehörde erster Instanz schon keine Umstände vorgelegen wären, die es erlaubt hätten, den Verdacht der Begehung eines Finanzvergehens zu rechtfertigen, oder wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Administrativbeschwerde einen von der Finanzstrafbehörde erster Instanz mit Recht angenommenen Verdacht ausreichend entkräftet hätte. Weder das eine noch das andere liegt im Beschwerdefall vor.

Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß der Behörde Tatsachen zur Kenntnis gelangen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. für viele erneut das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1995, 95/13/0158). Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß dem Finanzamt Umsätze der A.-Gesellschaft m.b.H. verschwiegen worden waren. Ebensowenig bestreitet der Beschwerdeführer seine Eigenschaft als Gesellschafter und vormalig langjähriger Geschäftsführer der A.-Gesellschaft m. b.H. Er stellt auch nicht in Abrede, daß ihm vom Geschäftsführer Heinz J. eine Vollmacht ausgestellt worden war, welche sich auf die Angelegenheiten der A.-Gesellschaft m.b.H. bezogen hatte. Der Beschwerdeführer setzt der Annahme eines gegen ihn bestehenden Verdachtes lediglich die Auffassung entgegen, daß eine ihm von der Person des Geschäftsführers ausgestellte Vollmacht keine solche der Gesellschaft selbst sei, weshalb es nicht zulässig wäre, ihn dieser Vollmacht wegen für die abgabenrechtlichen Belange der Gesellschaft als verantwortlich anzusehen. Dieses Vorbringen war und ist aber nicht geeignet, das Vorliegen eines zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer ausreichenden Verdachtes zu entkräften. Der Beschwerdeführer übersieht mit seinen die Rechtswirkungen der ihm ausgestellten Vollmacht untersuchenden Ausführungen nämlich, daß es zur finanzstrafrechtlichen Haftung weder eines Vollmachtsverhältnisses noch einer formellen Vertretung des Abgabenschuldners bedarf, sondern dafür auch schon die bloß faktische Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Abgabepflichtigen genügt (vgl. etwa Dorazil/Harbich, Finanzstrafgesetz, Anm. 5 zu § 33 FinStrG).

Ob es tatsächlich der Beschwerdeführer war, der die abgabenrechtlichen Angelegenheiten der A.-Gesellschaft m.b.H. in bezug auf jene Vorfälle wahrgenommen hat, hinsichtlich derer der Verdacht des objektiven Tatbestandes des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG offensichtlich ist, wird im finanzstrafbehördlichen Untersuchungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen und nach den Ergebnissen des Untersuchungsverfahrens sachlich und rechtlich im Lichte der objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen zu würdigen sein. Für die Annahme eines gegen den Beschwerdeführer bestehenden Verdachtes einer ihn treffenden finanzstrafrechtlichen Verantwortlichkeit am Verschweigen der von der A.-Gesellschaft m.b.H. erzielten Umsätze gegenüber dem Finanzamt reichen die der belangten Behörde bekannt gewordenen und dem Tatsächlichen nach vom Beschwerdeführer unwiderlegt gebliebenen Umstände zunächst aus.

Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996130028.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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