TE Vwgh Beschluss 2022/4/11 Ra 2021/07/0095

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Veröffentlicht am 11.04.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs3
VwGG §63 Abs1
WRG 1959 §12 Abs2

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2022/07/0007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revisionen der B GmbH in K, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Kärnten jeweils vom 26. August 2021, Zlen. 1. KLVwG-1338/5/2021 (protokolliert zu Ra 2021/07/0095) und 2. KLVwG-1339/5/2021 (protokolliert zu Ra 2022/07/0007), betreffend Anträge auf Feststellung der Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren und Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Klagenfurt; mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. P W und 2. Dr. S W, beide in K und beide vertreten durch die Wohlmuth Rechtsanwalts KG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 7), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2021, Ra 2021/07/0030, 0031, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof die Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichts jeweils vom 23. Oktober 2020 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufhob. Dabei ist wesentlich, dass mit den aufgehobenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichts die Anträge der mitbeteiligten Parteien auf Feststellung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren der revisionswerbenden Partei abgewiesen worden waren.

2        Im fortgesetzten Verfahren gab das Verwaltungsgericht mit den nunmehr angefochtenen Erkenntnissen jeweils vom 26. August 2021 den Anträgen der mitbeteiligten Parteien auf Feststellung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren der revisionswerbenden Partei und auf Zustellung des Bewilligungsbescheides Folge. Die Revision erklärte es nach Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils für nicht zulässig.

3        Nach Feststellung des Sachverhalts und dazu angestellten beweiswürdigenden Überlegungen verwies das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungen übereinstimmend in rechtlicher Hinsicht darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. Juli 2021, Ra 2021/07/0030, 0031, ausgeführt habe, dass die Ausführungen des hydrogeologischen Amtssachverständigen (in seinem - nach Ansicht des Verwaltungsgerichts - plausiblen, schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten vom 17. Jänner 2020), wonach „sicherzustellen (ist), dass die zur Versickerung gelangenden Oberflächenwässer die Tiefgarage und die neu zu errichtenden Gebäude unterströmen können“, nahelegten, dass das Abwasserprojekt der revisionswerbenden Partei im Falle seiner Bewilligung und Verwirklichung ohne entsprechende Auflagen das unterliegend dem Abwasserprojekt gelegene Grundstück der mitbeteiligten Parteien potenziell beeinträchtigen könnte. Den mitbeteiligten Parteien dürfe daher nicht verwehrt werden, die Aufnahme der vom Amtssachverständigen geforderten Maßnahmen in den Bescheid und dessen Einhaltung geltend machen zu können, weshalb ihnen die Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zuzusprechen sei.

4        Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden Revisionen wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, die aufgrund ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beschlussfassung verbunden wurden.

5        Die belangte Behörde erstattete Revisionsbeantwortungen, in denen sie auf die „bestehende Aktenlage“ verwies, ohne jedoch Vorbringen zu erstatten oder Anträge auf Aufwandersatz zu stellen.

6        Die mitbeteiligten Parteien erstatteten ebenso Revisionsbeantwortungen, in denen sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revisionen beantragten.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

11       In den Zulässigkeitsbegründungen der vorliegenden Revisionen wird (übereinstimmend) zusammengefasst ein Abweichen der angefochtenen Erkenntnisse von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Ermittlungspflicht, zur Beweiswürdigung, zur Begründungspflicht und zum Überraschungsverbot, jeweils in Zusammenhang mit dem Gutachten des hydrogeologischen Amtssachverständigen vom 17. Jänner 2020, behauptet.

12       So fänden sich in den angefochtenen Erkenntnissen keine Feststellungen dahingehend, dass eine Beeinträchtigung der Rechte der mitbeteiligten Parteien „denkmöglich oder denkunmöglich“ wäre. Das Verwaltungsgericht habe seinen Entscheidungen ein - dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 2021, Ra 2021/07/0030, 0031, zufolge - unschlüssiges und unvollständiges Gutachten zu Grunde gelegt. Es habe dieses Gutachten zwar gewürdigt, sei jedoch ohne jegliche Begründung von dessen Ergebnis abgewichen bzw. habe daraus Schlüsse gezogen, welche durch dieses Gutachten in Entsprechung des genannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgebildet seien. Hätte das Verwaltungsgericht der revisionswerbenden Partei Gelegenheit zur Äußerung geboten, hätte diese aufgezeigt, dass für die Beurteilung, ob die mitbeteiligten Parteien in ihren Rechten verletzt seien, ein ergänzendes Sachverständigengutachten einzuholen gewesen wäre.

13       Nach § 63 Abs. 1 VwGG sind, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

14       Der Verwaltungsgerichtshof ist im Erkenntnis vom 6. Juli 2021, Ra 2021/07/0030, 0031, anhand des vom Verwaltungsgericht herangezogenen Gutachtens des hydrogeologischen Amtssachverständigen vom 17. Jänner 2020 zum Ergebnis gelangt, dass das Abwasserprojekt der revisionswerbenden Partei im Falle seiner Bewilligung und Verwirklichung ohne entsprechende Auflagen das unterliegend dem Abwasserprojekt gelegene Grundstück der mitbeteiligten Parteien „beeinträchtigen könnte.“ Bereits daraus ergab sich für den Verwaltungsgerichtshof, dass den mitbeteiligten Parteien, die eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 durch das Abwasserprojekt der revisionswerbenden Partei geltend gemacht haben, Parteistellung im diesbezüglichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zukam (vgl. dazu auch die im genannten hg. Erkenntnis zitierte Entscheidung VwGH 23.2.2017, Ro 2014/07/0034, 0044, in welcher klargestellt wird, dass Personen, die eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 durch das von ihnen bekämpfte Vorhaben geltend machen, Parteistellung im Verfahren bereits dann zukommt, wenn eine Berührung ihrer geltend gemachten Rechte durch die projektgemäße Ausübung des mit der behördlichen Genehmigung verliehenen Rechts der Sachlage nach nicht auszuschließen ist. Ob eine Beeinträchtigung von Rechten tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, vermag jedoch die Parteieigenschaft einer Person nicht zu berühren).

15       Dass das Gutachten des hydrogeologischen Amtssachverständigen vom 17. Jänner 2020 unschlüssig bzw. unvollständig gewesen wäre, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis - entgegen der Behauptung der revisionswerbenden Partei - nicht ausgesprochen. Die revisionswerbende Partei selbst ist diesem Gutachten im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren auch nicht entgegengetreten. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht anhand dieses Gutachtens den der Rechtsanschauung des hg. Erkenntnisses vom 6. Juli 2021, Ra 2021/07/0030, 0031, entsprechenden Rechtszustand hergestellt.

16       Die in den Zulässigkeitsbegründungen der Revisionen aufgeworfenen Rechtsfragen, die allesamt in Zusammenhang mit diesem nicht von vornherein als unschlüssig zu betrachtenden Gutachten aufgeworfen werden, gehen folglich ins Leere.

17       In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

18       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Die Revisionsbeantwortungen der mitbeteiligten Parteien sind inhaltsgleich und wurden durch dieselbe Rechtsvertretung eingebracht. Der Schriftsatzaufwand gebührt ihnen daher gemäß § 49 Abs. 6 VwGG insgesamt nur einmal, weshalb das diesbezügliche Mehrbegehren abzuweisen war (vgl. VwGH 25.1.2019, Ro 2018/02/0016 bis 0021, mwN).

Wien, am 11. April 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021070095.L00

Im RIS seit

05.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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